Wer braucht hier eine Aus-Zeit?
Pali:
Bisher habe ich Deine Filmkenntnisse hochgeachtet - aber Dein letztes Post läßt mich doch sehr zweifeln. Raimi ein Halbgott in rot, sein Beelzebubgehopse über jeden Zweifel erhaben, ein KUNSTWERK!
ICH BITTE DICH!
Glaubst Du wirklich an diesen Schmand, oder zitierst aus Spaß Du auswendig irgendwelche In-Zines nach?
1. Es gibt verschiedene Geschmäcker.
2. Es gibt verschiedene Schmerzgrenzen.
3. Es gibt keinen allgemeingültigen Standard in der Bewertung von Kunst allgemein und Filmen im besondern.
Wenn Du diese drei Punkte nicht akzeptierst ... dann scheint mir meine erste Vermutung plausibler als die zweite. Und dann hätte ich nicht mehr als eine Bowiemesserspitze Mitleid für Dich übrig. Dann müßtest Du nämlich neidlos anerkennen, daß “Titanic” wahrscheinlich best movie forever ist - soviele Fliegen, ... ähh Besucher ... können sich nicht irren. Nicht Deine Meinung. Nicht Dein Genre? Na, bitte.
Ob ich mit 14 Schwierigkeiten mit TdT gehabt hätte - keine Ahnung. Aber nachvollziehen kann ich es, denn mit 10 oder 11 hätte ich sicherlich Schwierigkeiten damit gehabt. Es kommt auf viele Faktoren an - individuelle Empfindlichkeit, besser: Sensibilität ist hier nur eine davon. Ein weiterer ist der schon hinter einem liegende Konsum. Es gibt Leute, die werden NICHT mit der Fernbedienung in der Hand geboren, sondern eher mit einem von billiger Druckerschwärze leicht getünchtem Zeigefinger. Wer als Kind mehr liest als glotzt, der hat beste Anlagen, eine ausgeprägte Phantasie zu entwickeln- und nicht eine Distanz (oder noch schlimmer: Gewöhnung bis hin zur Gewohnheit) in Bezug auf Gewaltdarstellungen. Man muß nicht unbedingt heulen, wenn Bambis Mutter in die ewigen Grünlandschaften abreitet - aber wenn Mr. Campbell mit der implantierten Motorsense loszieht oder vermoderte Skellette harmlose Touristen ausquetschen, dann fehlt der nötige Schutz, der da heißt: DAS IST NUR EIN FILM! Und explizit realistische Filme, wie Hannibal einer ist (bzw. sein will) machen eine Distanz noch ein wenig schwieriger.
Überhaupt dieser Film. Ein ganz eigenartiger Nachgeschmack. Wenn Scott meinte, dem vermeintlich grausamsten Serienkiller ein cineastisches Denkmal setzen zu müssen, indem er Gewaltdarstellungen zeigt, die im Mainstreamkino wahrscheinlich erst in einigen Jahren getoppt werden ... seine Sache, mein Achselzucken. Aber hier ging diese Gewichtung m.E. ganz klar zu Ungunsten der schauspielerischen Leistungen. Eine Julianne Moore kommt noch nicht an eine Miss Foster heran, und für den Sir Hopkins war dieser Film einer seiner schwächsten. Was verständlich ist - denn Gewalt will ebenso gezeigt werden wie die malerischen Umgebungen und die erlesene Ausstattung. Da bleiben für eindringliche Charakterstudien eben ein paar Meter Zelluloid weniger übrig. Nett anzuschauen war der Film - mehr auch nicht. Der einzige Pluspunkt ggü. dem auch nicht sehr starken, obwohl trotzdem lesenswerten Buch ist der realistischere (naja) Schluß. Mr. Lecter ist eben doch ein *böser* Killer, bei allem Feingeist. Und nicht ein weiteres Opfer einer schlimmen Gesellschaft.
Soviel dazu - eines noch. Siehst Du selbst einen ... Unterschied zwischen Scream, St.Troopers und Blade auf der einen sowie TdT auf der anderen Seite? Mit den Filmen hätte ich in Deinem damaligen Alter auch keine Probs gehabt. Für mich war im Alter von ca. 12 “1984” ein Hammer, sowohl als Film, wie auch als Buch. Das war noch in der Zeit vor dem Mauerfall, vor einem Weltretter Gorbi ... Für ein Kind oder jungen Heranwachsenden schien damals ziemlich viel möglich ... Wobei der politische Aspekt nur einer ist, wenn Du die Story kennst, dann ahnst Du vielleicht, was ich meine.
Also: etwas mehr Toleranz bitte, Pali! Keine Pauschalurteile ala “dann bist Du zu schwach für jeden Horrorfilm”. Damit disqualifierst Du eher Dich als andere. Zumal in einer Zeit der ineinander übergehenden Genres. Und bei den “gewohnten Morddrohungen” fehlt das Fränkel-Copyright, hehehe ...
Hank:
Du solltest Deine Short-Stories doch mal veröffentlichen. Prädikat 1A !