Chinasky
Dirty old man
- Registriert
- 01.10.1999
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Lehrer Hanks Ermahnungen an die Jugend...
Da hätte ich doch am Wochenende beinahe so eine ganz süße, schnuckelige, augenwimpernschlagmäßige Französin kennengelernt, die eventuell die Frau meines Lebens... Ach! Ihr hättet sie sehen müssen. Und hören! Und sie verstehen...
Das tat ich leider nicht. Denn ich kann kein Französisch, zumindest was die Sprache angeht.
Also standen wir so ein paar Minuten nebeneinander, radebrechten uns eine peinliche Smalltalk-Version auf Englisch zusammen (das sie nur sehr schlecht sprach) und dann kam so ein schleimiger Typ vorbei, begann, sie in ihrer Heimatzunge vollzutexten - und das war’s dann.
Wer war schuld? Ich. Damals, in der Schule, als ich Französisch schnellstmöglich abwählte. Und Spanisch gar nicht erst anfing (war nur als AG angeboten). Was lernt uns das?
Leute, lernt Fremdsprachen, solange Ihr noch zur Schule geht und für den Unterricht nicht zahlen müßt!!! Die schönsten und nettesten Frauen leben im Ausland. In Italien, Frankreich, Spanien... Die haben Stil und die gewissen Innen- und Außenkurven und wenn sie nur aus dem Telefonbuch vorlesen, hat das schon eine prickelnde Erotik.
Die schönsten Männer wohnen angeblich in Jugoslawien, der Slowakei oder in Schweden. Naja, bin ich froh, keine Frau zu sein – denn in welcher Schule wird schon Serbisch angeboten?
Was ich sagen will: Lernt Sprachen! Die sind wichtiger als Bio oder Mathe oder Geschichte oder Physik/Chemie... Was Ihr in Mathe lernt, das vergeßt Ihr bis auf die Grundrechenarten und den einfachen Dreisatz eh wieder. Ich konnte auch mal virtuos mit Hyperbeln und Integralen jonglieren, ich konnte seitenlange Essays über Majose und Mitose, über die Schlacht an den Termophylen und das Wormser Konkordat verfassen. Alles längst vergessen! Und wenn mich so ein Detail heute interessiert, dann weiß ich, wo man’s nachschlagen kann – das reicht. Aber bei einer Fete, bei Kerzenschein und Closedance-Mucke kann man schlecht nachschlagen, wenn man frage möchte, ob dieses italienische Stubsnasenmodell nun einen Freund hat oder nicht... Aber wenn Ihr dann einen geistreichen Spruch auf Italienisch drauf habt, was meint Ihr, wie gut das ankommt! Wenn Ihr der Dame dann erzählt, Ihr hättet Euch seit zehn Jahren schon auf diesen Moment gefreut und Euch sprachlich darauf vorbereitet – und das alles auf Italienisch! Dann dürfte ihr Freund, so sie denn einen hat, sich schon mal nach einem Stubsnasenersatz umschauen.
Später isses verdammt schwierig, noch eine Fremdsprache zu lernen, vor allem, wenn man in der Schule außer einem mittelmäßigen Englisch nix sich angeeignet hat. Wahrscheinlich haben Euch mit ähnlichen Argumenten schon diverse Lehrer und Elternteile genervt, und Ihr fragt Euch jetzt, warum der olle Hank Euch nun auch noch mit diesem Sermon kommt?! Einzig und allein deswegen, weil diese Lehrer und Elternteile, was immer man auch gegen sie einwenden kann (und das ist sicherlich eine Menge), in diesem einen Punkt ausnahmsweise, sozusagen mit Sondergenehmigung – recht haben! Also: tragt Euch in all die Sprachkurse ein, die an Eurer Schule angeboten werden, auch wenn da mal eine Doppelstunde am Mittwochnachmittag liegt, wo man natürlich auch am Baggersee abhängen könnte... Abhängen werdet Ihr dort auch an anderen Tagen können, aber wenn Ihr erstmal nen Beruf habt, dürfte es schwer sein, den Arsch hochzukriegen, um nebenbei mal eben Französisch zu lernen. Und dann steht Ihr in fünfzehn Jahren auf irgendeinter Party und neben Euch diese brünettbeinige Jaqueline, und Ihr kriegt noch nicht mal ein „Ca va?!“ heraus und möchtet Euch am liebsten in den Hintern b... – aber lassen wir das.
Und kommen zum nächsten Punkt. Immer wieder tauchen hier im Forum so Literatur-Topics auf. Und zwei Drittel der dort erwähnten Bücher sind Fantasy-Romane. Und dann gehe ich in den Buchladen und schaue mir dort die Regale an, und in den Fantasy-Regalen stehen die wenigsten Bücher – weil sie alle so verdammt fette Buchrücken haben und im Schnitt um die vierhundert oder mehr Seiten. Ordentlich Lesefutter also. Aber...
Leute, das Leben ist kurz!
Lest die Klassiker!!!!
Ich habe mit meinen knapp 35 Lenzen schon fast die Hälfte rum davon, und dabei das Gefühl, noch nicht die Hälfte dessen, was zu erledigen war, schon auf die Reihe gekriegt zu haben. Vor allem, was das Lesen von guten Büchern angeht.
Lesen ist nicht gleich Lesen. Es gibt Zeiten, da hat man mehr von einem Buch, weil man sich dessen Inhalte besser merkt. So zwischen dem sechzehnten und zwanzigsten Lebensjahr hatte ich meine beste Zeit in dieser Hinsicht. Die Sachen, die ich damals gelesen habe, die sind mir heute noch relativ präsent – seien es die Edgar Wallace-Krimis, die H.Hesse-Romane oder die Kafka-Erhählungen. Was mich ärgert: Damals las ich auch solchen Schrott wie die Jason-Dark-Gruselgeschichten und Un-Literatur ähnlichen Kalibers. Vergeudete Hirn- und Zeitressourcen! Auch Edgar Wallace hätte ich lieber liegenlassen sollen, und statt dessen die Klassiker mir reintun.
Warum dieses? Weil Lesezeit auch Lebenszeit ist und diese ist nun mal begrenzt. Man hat von der gehobenen Literatur mehr als von der Dutzendware der Genre-Schreiberlinge. Beim Lesen ist es ähnlich wie in vielen Lebensbereichen: Wenn man sich etwas anstrengt und also auch ein schwieriges Buch sich zu Gemüte führt, dann ist nachher der Gewinn um so größer und befriedigender. Um es knallhart zu formulieren: Alle Salvatore-Romane zusammen bringen einem nicht halb soviel wie noch der am wenigsten tiefgründige Thomas Mann-Roman „Felix Krull“. Ich darf das sagen, denn ich habe mehr als ein Dutzend Salvatore-Büchlein in mich reingefressen. Dagegen ist ein Standard-Menü von McDonalds schiere Vollwertkost... Natürlich ist Lesen immer auch Geschmackssache, aber wer dauernd zu McDoof geht, dessen Geschmacksnerven sterben bald ab und werden durch „IchwillnenBurger!“-Nerven ersetzt. Danach erträgt man keine guten Sachen mehr, weil der Geschmack verbildet wurde. Ich habe gute Freunde, die können die guten Bücher einfach nicht mehr lesen, weil ihnen das zu anstrengend ist. Zwar ist es ihnen kein Problem, drei dicke Stephen-King-Schwarten hintereinander durchzukauen, aber wenn man ihnen Goethes „Wahlverwandtschaften“ empfiehlt, dann haben sie Ausreden wie: Die Sprache sei doch so veraltet und das Ganze außerdem viel zu lang... So, wie manch einem Fritten-Fan das Entrecote-Steak auch irgendwie veraltet und zu schwer zu kauen ist.
Dummerweise sind Lehrer und andere Erziehungsbeauftragte oft der Meinung, man solle/müsse ganz bestimmte Bücher lesen. Beim Schüler kommt dann ganz automatisch der „Daraufhabbichkeinenbock“-Reflex, denn wenn ein Lehrer etwas will, dann kann das nüscht Vernünftiges sein. Was der natürliche Feind des freilebenden Schülers mag, muß demgemäß dem Schüler widerstreben, so sagt uns die Logik. Aber hier irrt die Wissenschaft! Selbst wenn die verhaßteste Deutschlehrerin behauptet, Schillers Dramen seien toll, ist dies nicht etwa eine dreiste Lüge, sondern es entspricht ausnahmsweise der Wahrheit!
Ein Grundirrtum besteht darin, daß man meint, die Klassiker zu lesen wäre eine Art von Arbeit, von Fron und Bestrafung. Genau das Gegenteil aber ist wahr! Es ist ein Genuß, gute Bücher zu lesen! Nur weil „Der Zauberberg“ von Thomas Mann sich nicht so schnell überfliegen läßt wie gleichviele Seiten aus der Feder einer Rosamunde Pilcher, meinen die Leute, der Zauberberg wäre zu schwer und sozusagen unleserlich. Aber zwei Seiten eines Thomas Mann geben mir voviel wie ein ganzer Rosamunde-Pilcher-Roman – man spart also letztendlich Zeit und Mühe, wenn man den Zauberberg liest!
Gute Bücher zu finden, ist gar nicht so schwer – nur meinen viele Leute, wenn man sie um Literaturtips bittet, sie müßten etwas besonders Originelles empfehlen, also einen Geheimtip geben. Das ist aber eigentlich überhaupt nicht nötig, denn des gibt genügend Nicht-Geheimtips: Sämtliche Klassiker! Homer, Sophokles, Goethe, Schiller, Kafka, Thomas Mann, Shakespeare, Proust, Balzac, Flaubert, Tolstoi, Dostojewski, Hemingway, Joyce... Man könnte seitenlang aufzählen. Auf deren Werken sollte überall ein Stempel: „Garantiert keine Zeitverschwendung!“ als Gütesiegel drauf sein. Wenn die klügsten Leute der letzten zweihundert Jahre immer wieder fanden, daß bestimmte Goethe-Werke klasse seien – warum soll man sich nicht einfach darauf verlassen, daß diese klügsten Leute die Wahrheit sagten?
Absichern kann man sich, indem man vor allem tote Autoren liest: Gegenwartsdichter, sogenannte lebende Klassiker, könnten gehyped sein. Wenn sich aber ein Autor und sein Werk über mehr als dreißig, vierzig Jahre gehalten haben – dann ist relativ sicher, daß es sich um gute Sachen handelt. (btw: Auch J.R.R. Tolkien ist schon eine Weile tot...)
Je früher man nun mit den guten Büchern anfängt – desto mehr hat man davon. Erstens wirkt Literatur in jungen Jahren tiefer. Zweitens schaftt man sich so Grundlagen, auf denen man später dann andere gute Bücher schneller und mit weniger Anstrengung lesen kann. Wer sich – um bei meinem Lieblingsbeispiel zu bleiben – mit siebzehn Jahren durch den „Zauberberg“ durchgearbeitet hat, den kann später eigentlich kein Roman mehr durch zu hohen Anspruch schrecken. Na gut, vielleicht der „Ulysses“ von Joyce, aber wenn man die Zähne zusammenbeißt... Man lernt so früh, genau hinzusehen, hinzumerken und hinzudenken – was zur Folge hat, daß man später alles etwas schneller erkennt, begreift und versteht. Ich erfahre das momentan bei meiner Proust-Lektüre: so genau, wie dort Details im Leben beschrieben werden, so genau habe ich Details im Leben noch nie vorher wahrgenommen. Und wenn ich nun aufgrund dieser Lektüre viele Details in meinem Leben, meiner Umgebung, genauer und eher wahrnehme, so zeigt sich, daß diese Lektüre also gewissermaßen einen Mehrwert hat: mein Leben wird interessanter, voller, reichhaltiger! Und natürlich ärgere ich mich, nicht schon vor zehn Jahren Proust gelesen zu haben, denn dann hätte ich die letzten zehn Jahre vielleicht viel intensiver gelebt...
Solchen Ärger solltet Ihr Euch eventuell ersparen.
Wenn Ihr nun diese beiden Tips vom ollen Lehrer Hank beherzigt, dann dürfte es Euch möglich sein, demnächst die „Suche nach der verlorenen Zeit“ von Marcel Proust im Original lesen zu können. Und dann wäret Ihr wahrlich zu beneiden! Und hättet garantiert mehr Zeit gewonnen als verloren.
Da hätte ich doch am Wochenende beinahe so eine ganz süße, schnuckelige, augenwimpernschlagmäßige Französin kennengelernt, die eventuell die Frau meines Lebens... Ach! Ihr hättet sie sehen müssen. Und hören! Und sie verstehen...
Das tat ich leider nicht. Denn ich kann kein Französisch, zumindest was die Sprache angeht.
Also standen wir so ein paar Minuten nebeneinander, radebrechten uns eine peinliche Smalltalk-Version auf Englisch zusammen (das sie nur sehr schlecht sprach) und dann kam so ein schleimiger Typ vorbei, begann, sie in ihrer Heimatzunge vollzutexten - und das war’s dann.
Wer war schuld? Ich. Damals, in der Schule, als ich Französisch schnellstmöglich abwählte. Und Spanisch gar nicht erst anfing (war nur als AG angeboten). Was lernt uns das?
Leute, lernt Fremdsprachen, solange Ihr noch zur Schule geht und für den Unterricht nicht zahlen müßt!!! Die schönsten und nettesten Frauen leben im Ausland. In Italien, Frankreich, Spanien... Die haben Stil und die gewissen Innen- und Außenkurven und wenn sie nur aus dem Telefonbuch vorlesen, hat das schon eine prickelnde Erotik.
Die schönsten Männer wohnen angeblich in Jugoslawien, der Slowakei oder in Schweden. Naja, bin ich froh, keine Frau zu sein – denn in welcher Schule wird schon Serbisch angeboten?
Was ich sagen will: Lernt Sprachen! Die sind wichtiger als Bio oder Mathe oder Geschichte oder Physik/Chemie... Was Ihr in Mathe lernt, das vergeßt Ihr bis auf die Grundrechenarten und den einfachen Dreisatz eh wieder. Ich konnte auch mal virtuos mit Hyperbeln und Integralen jonglieren, ich konnte seitenlange Essays über Majose und Mitose, über die Schlacht an den Termophylen und das Wormser Konkordat verfassen. Alles längst vergessen! Und wenn mich so ein Detail heute interessiert, dann weiß ich, wo man’s nachschlagen kann – das reicht. Aber bei einer Fete, bei Kerzenschein und Closedance-Mucke kann man schlecht nachschlagen, wenn man frage möchte, ob dieses italienische Stubsnasenmodell nun einen Freund hat oder nicht... Aber wenn Ihr dann einen geistreichen Spruch auf Italienisch drauf habt, was meint Ihr, wie gut das ankommt! Wenn Ihr der Dame dann erzählt, Ihr hättet Euch seit zehn Jahren schon auf diesen Moment gefreut und Euch sprachlich darauf vorbereitet – und das alles auf Italienisch! Dann dürfte ihr Freund, so sie denn einen hat, sich schon mal nach einem Stubsnasenersatz umschauen.
Später isses verdammt schwierig, noch eine Fremdsprache zu lernen, vor allem, wenn man in der Schule außer einem mittelmäßigen Englisch nix sich angeeignet hat. Wahrscheinlich haben Euch mit ähnlichen Argumenten schon diverse Lehrer und Elternteile genervt, und Ihr fragt Euch jetzt, warum der olle Hank Euch nun auch noch mit diesem Sermon kommt?! Einzig und allein deswegen, weil diese Lehrer und Elternteile, was immer man auch gegen sie einwenden kann (und das ist sicherlich eine Menge), in diesem einen Punkt ausnahmsweise, sozusagen mit Sondergenehmigung – recht haben! Also: tragt Euch in all die Sprachkurse ein, die an Eurer Schule angeboten werden, auch wenn da mal eine Doppelstunde am Mittwochnachmittag liegt, wo man natürlich auch am Baggersee abhängen könnte... Abhängen werdet Ihr dort auch an anderen Tagen können, aber wenn Ihr erstmal nen Beruf habt, dürfte es schwer sein, den Arsch hochzukriegen, um nebenbei mal eben Französisch zu lernen. Und dann steht Ihr in fünfzehn Jahren auf irgendeinter Party und neben Euch diese brünettbeinige Jaqueline, und Ihr kriegt noch nicht mal ein „Ca va?!“ heraus und möchtet Euch am liebsten in den Hintern b... – aber lassen wir das.
Und kommen zum nächsten Punkt. Immer wieder tauchen hier im Forum so Literatur-Topics auf. Und zwei Drittel der dort erwähnten Bücher sind Fantasy-Romane. Und dann gehe ich in den Buchladen und schaue mir dort die Regale an, und in den Fantasy-Regalen stehen die wenigsten Bücher – weil sie alle so verdammt fette Buchrücken haben und im Schnitt um die vierhundert oder mehr Seiten. Ordentlich Lesefutter also. Aber...
Leute, das Leben ist kurz!
Lest die Klassiker!!!!
Ich habe mit meinen knapp 35 Lenzen schon fast die Hälfte rum davon, und dabei das Gefühl, noch nicht die Hälfte dessen, was zu erledigen war, schon auf die Reihe gekriegt zu haben. Vor allem, was das Lesen von guten Büchern angeht.
Lesen ist nicht gleich Lesen. Es gibt Zeiten, da hat man mehr von einem Buch, weil man sich dessen Inhalte besser merkt. So zwischen dem sechzehnten und zwanzigsten Lebensjahr hatte ich meine beste Zeit in dieser Hinsicht. Die Sachen, die ich damals gelesen habe, die sind mir heute noch relativ präsent – seien es die Edgar Wallace-Krimis, die H.Hesse-Romane oder die Kafka-Erhählungen. Was mich ärgert: Damals las ich auch solchen Schrott wie die Jason-Dark-Gruselgeschichten und Un-Literatur ähnlichen Kalibers. Vergeudete Hirn- und Zeitressourcen! Auch Edgar Wallace hätte ich lieber liegenlassen sollen, und statt dessen die Klassiker mir reintun.
Warum dieses? Weil Lesezeit auch Lebenszeit ist und diese ist nun mal begrenzt. Man hat von der gehobenen Literatur mehr als von der Dutzendware der Genre-Schreiberlinge. Beim Lesen ist es ähnlich wie in vielen Lebensbereichen: Wenn man sich etwas anstrengt und also auch ein schwieriges Buch sich zu Gemüte führt, dann ist nachher der Gewinn um so größer und befriedigender. Um es knallhart zu formulieren: Alle Salvatore-Romane zusammen bringen einem nicht halb soviel wie noch der am wenigsten tiefgründige Thomas Mann-Roman „Felix Krull“. Ich darf das sagen, denn ich habe mehr als ein Dutzend Salvatore-Büchlein in mich reingefressen. Dagegen ist ein Standard-Menü von McDonalds schiere Vollwertkost... Natürlich ist Lesen immer auch Geschmackssache, aber wer dauernd zu McDoof geht, dessen Geschmacksnerven sterben bald ab und werden durch „IchwillnenBurger!“-Nerven ersetzt. Danach erträgt man keine guten Sachen mehr, weil der Geschmack verbildet wurde. Ich habe gute Freunde, die können die guten Bücher einfach nicht mehr lesen, weil ihnen das zu anstrengend ist. Zwar ist es ihnen kein Problem, drei dicke Stephen-King-Schwarten hintereinander durchzukauen, aber wenn man ihnen Goethes „Wahlverwandtschaften“ empfiehlt, dann haben sie Ausreden wie: Die Sprache sei doch so veraltet und das Ganze außerdem viel zu lang... So, wie manch einem Fritten-Fan das Entrecote-Steak auch irgendwie veraltet und zu schwer zu kauen ist.
Dummerweise sind Lehrer und andere Erziehungsbeauftragte oft der Meinung, man solle/müsse ganz bestimmte Bücher lesen. Beim Schüler kommt dann ganz automatisch der „Daraufhabbichkeinenbock“-Reflex, denn wenn ein Lehrer etwas will, dann kann das nüscht Vernünftiges sein. Was der natürliche Feind des freilebenden Schülers mag, muß demgemäß dem Schüler widerstreben, so sagt uns die Logik. Aber hier irrt die Wissenschaft! Selbst wenn die verhaßteste Deutschlehrerin behauptet, Schillers Dramen seien toll, ist dies nicht etwa eine dreiste Lüge, sondern es entspricht ausnahmsweise der Wahrheit!
Ein Grundirrtum besteht darin, daß man meint, die Klassiker zu lesen wäre eine Art von Arbeit, von Fron und Bestrafung. Genau das Gegenteil aber ist wahr! Es ist ein Genuß, gute Bücher zu lesen! Nur weil „Der Zauberberg“ von Thomas Mann sich nicht so schnell überfliegen läßt wie gleichviele Seiten aus der Feder einer Rosamunde Pilcher, meinen die Leute, der Zauberberg wäre zu schwer und sozusagen unleserlich. Aber zwei Seiten eines Thomas Mann geben mir voviel wie ein ganzer Rosamunde-Pilcher-Roman – man spart also letztendlich Zeit und Mühe, wenn man den Zauberberg liest!
Gute Bücher zu finden, ist gar nicht so schwer – nur meinen viele Leute, wenn man sie um Literaturtips bittet, sie müßten etwas besonders Originelles empfehlen, also einen Geheimtip geben. Das ist aber eigentlich überhaupt nicht nötig, denn des gibt genügend Nicht-Geheimtips: Sämtliche Klassiker! Homer, Sophokles, Goethe, Schiller, Kafka, Thomas Mann, Shakespeare, Proust, Balzac, Flaubert, Tolstoi, Dostojewski, Hemingway, Joyce... Man könnte seitenlang aufzählen. Auf deren Werken sollte überall ein Stempel: „Garantiert keine Zeitverschwendung!“ als Gütesiegel drauf sein. Wenn die klügsten Leute der letzten zweihundert Jahre immer wieder fanden, daß bestimmte Goethe-Werke klasse seien – warum soll man sich nicht einfach darauf verlassen, daß diese klügsten Leute die Wahrheit sagten?
Absichern kann man sich, indem man vor allem tote Autoren liest: Gegenwartsdichter, sogenannte lebende Klassiker, könnten gehyped sein. Wenn sich aber ein Autor und sein Werk über mehr als dreißig, vierzig Jahre gehalten haben – dann ist relativ sicher, daß es sich um gute Sachen handelt. (btw: Auch J.R.R. Tolkien ist schon eine Weile tot...)
Je früher man nun mit den guten Büchern anfängt – desto mehr hat man davon. Erstens wirkt Literatur in jungen Jahren tiefer. Zweitens schaftt man sich so Grundlagen, auf denen man später dann andere gute Bücher schneller und mit weniger Anstrengung lesen kann. Wer sich – um bei meinem Lieblingsbeispiel zu bleiben – mit siebzehn Jahren durch den „Zauberberg“ durchgearbeitet hat, den kann später eigentlich kein Roman mehr durch zu hohen Anspruch schrecken. Na gut, vielleicht der „Ulysses“ von Joyce, aber wenn man die Zähne zusammenbeißt... Man lernt so früh, genau hinzusehen, hinzumerken und hinzudenken – was zur Folge hat, daß man später alles etwas schneller erkennt, begreift und versteht. Ich erfahre das momentan bei meiner Proust-Lektüre: so genau, wie dort Details im Leben beschrieben werden, so genau habe ich Details im Leben noch nie vorher wahrgenommen. Und wenn ich nun aufgrund dieser Lektüre viele Details in meinem Leben, meiner Umgebung, genauer und eher wahrnehme, so zeigt sich, daß diese Lektüre also gewissermaßen einen Mehrwert hat: mein Leben wird interessanter, voller, reichhaltiger! Und natürlich ärgere ich mich, nicht schon vor zehn Jahren Proust gelesen zu haben, denn dann hätte ich die letzten zehn Jahre vielleicht viel intensiver gelebt...
Solchen Ärger solltet Ihr Euch eventuell ersparen.
Wenn Ihr nun diese beiden Tips vom ollen Lehrer Hank beherzigt, dann dürfte es Euch möglich sein, demnächst die „Suche nach der verlorenen Zeit“ von Marcel Proust im Original lesen zu können. Und dann wäret Ihr wahrlich zu beneiden! Und hättet garantiert mehr Zeit gewonnen als verloren.