Organspende

Mumme

Verhüllter Enthüller
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Ich habe keinen Organspendeausweis. Die Krankenkasse hat mir erst vor ein paar Tagen wieder einen zugesendet. Ich werde ihn nicht ausfüllen. Wenn ich mich nach der angedachten Lösung entscheiden muss, entscheide ich mich, mich jetzt nicht zu entscheiden, falls nur ja/nein als Option stehen würde, würde ich mich für nein entscheiden.
Ich denke - gerade wieder durch die aktuelle Diskussion - schon öfter darüber nach, aber in erster Linie ist es ein Bauchgefühl. Was mir am meisten Unbehagen bereitet, ist die Frage des Todeszeitpunktes. Jemand muss für mich die Entscheidung treffen, "so jetzt isser tot - aber noch nicht so tot, dass seine Organe nicht mehr zu gebrauchen sind." Ich möchte niemals eine solche Entscheidung treffen müssen. Und ich möchte nicht, dass jemand für mich diese Entscheidung trifft/treffen muss. Auch wenn derjenige die Entscheidung nach bestem Wissen und Gewissen trifft. Eine Frage bleibt immer - bliebe zumindest für mich.
 

Caesar

C
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Muss diese Entscheidung nicht sowieso getroffen werden? Man kann doch Menschen ziemlich lange an ner Maschine hängen lassen, das Gehirn ist dafür nur bedingt nötig. Und irgendwann entscheidet jemand die auszumachen. Nur in einem Fall werden die Organe weiter benutzt, im anderen weggeworfen... Zumindest stelle ich mir das so vor.


Aber ich habe auch nur begrenzt Ahnung. Und ne Frage :D
Sehe ich das richtig, dass tatsächlich nur Organe von quasi noch lebenden benutzt werden können? Also man muss an so ne Maschine ran? Wenn jetzt der Klischee Motorradfahrer im Unfall äh... sagen wir geköpft werden sollte (womit er ja dann nun ohne Zweifel tot ist), kann man die Organe gar nicht mehr benutzen weil sie direkt anfangen abzusterben?
 

Rhonwen

Forumsköchin
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Da kann ich medizinisch nicht genau antworten, aber wenn ein Körper in die Gerichtsmedizin muss, um den genauen Unfallhergang zu konstruieren, sind die Organe natürlich nicht mehr zu gebrauchen, selbst wenn der Mensch vorher kerngesund und potentieller Spender gewesen wäre. (O-Ton einer Cousine bei der Polizei: "Was für eine Verschwendung!")
Die Diskussion um die Maschinen kommt wahrscheinlich meist deswegen auf, weil da die Planungszeiträume groß genug sind.

@ Rink
Ich frage mich halt manchmal nur... wird ja eh nie passsieren...
 

Sir Darian

Ritter des Helm
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Hmmm... *grübel*

@ Caesar:

Voraussetzung, um einen Menschen als Organspender definieren zu können, ist entweder eine freiwillige Lebenspende, oder ein durch zwei voneinander unabhängigen Ärzten festgestellter Hirntod.

Was bedeutet Hirntod?
 

Gimling

Mad Scientist
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@Rink
Mir ist klar was du meintest. Die Frage ist ob, ganz schnöde utilitaristisch betrachtet, dieses Leiden in diesem Rand-Szenario (in dem kein "echter" Schaden entsteht, wohlgemerkt) in irgend einem Verhältnis steht zu dem Leiden, das durch mögliche aber fehlende Organspenden entsteht.
 

Briza

Kühlschrankbewohnerin
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Böse (leidvoller) finde ich noch, wenn man das ganze, bewusst! an die Angehörigen abschieben will. Da schiebt man den """schwarzen Peter"" ja eigentl. nur weiter und beschäftigt sich nicht damit..bzw.will sich damit nicht beschäftigen..
 

Lord Snow

Lord Commander
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Im Klartext heisst das doch, dass abgesehen von dem "Leid" der Angehörigen, das aus einem schwer nachvollziehbaren Versäumnis des Verstorbenen resultiert, nichts gegen das Opt-Out Modell spricht. Beim Abwägen der Argumente gibt es da für mich einen klaren Gewinner. Nur ist die Politik halt nur mal wieder zu feige, das Richtige zu tun.
 

Chiburi

Kampfhase
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@ Rhonwen und Maus

Sorry, aber da seid Ihr auf dem Holzweg. Schwierig, auf die Schnelle Statistiken zu finden, nach der BZgA-Repräsentativbefragung 2010 haben 25% einen Organspendeausweis. Halte ich für hochgegriffen, aber selbst dann gäbe es das Potential, die Anzahl der Spenderorgane zu vervierfachen. Reicht das? Gute Frage. Besser ist es auf alle Fälle.

Und Organe verkommen zu lassen, bevor man sie Nichtspendebereiten einsetzt, hat auch niemand verlangt. Nur, dass Spendebereite bevorzugt versorgt werden sollten. Das ist nur fair, und gleichzeitig ein tolles Anreizsystem. Übrigens genau wie in der Krankenkasse. Jeder muss nach seinen Möglichkeiten Einzahlen, und alle haben was davon. Wer nicht einzahlen kann, wird trotzdem versorgt. Nur wer nicht einzahlen will (Stichwort PKV, damit die Reichen bloß nicht am Sozialsystem mittragen müssen) kriegt nichts. Oder halt erst, wenn alle anderen versorgt sind.


@ Rhonwen

hmja, und wer lässt hier Leute wegen der eigenen Borniertheit sterben? Doch all die Nicht-Spendenbereiten.
Und wie willst du mehr Leute retten, ohne die Zahl der Spenderorgane zu erhöhen? Es geht hier doch nicht darum, Menschen Organe vorzuenthalten. Nur eben um Verteilungsgerechtigkeit. Ehrlich, ist das Ignoranz oder Böswilligkeit, was du hier unterstellst?


@ Snow, Gim, Pie, Briz, C, Aldarion

stimme ich voll zu
 

Caesar

C
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@ Pie
Ja, das habe ich auch gefunden. Aber das heißt ja, dass der Spender nur Hirntot und nicht irgendwie Herz-Kreislauf tot sein darf? Bzw was wenn er wirklich Hirntot ist (Stichwort Kopf ab), dann kann man mit den Organen nix mehr anfangen?
Rhonwens Gerichtsmedizin Argument klingt aber schon mal gut...
 

Sir Darian

Ritter des Helm
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Hmmm... *grübel*

Ja, Caesar, so ist es.
 

Rhonwen

Forumsköchin
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@ Chiburi
Da habe ich mich wahrscheinlich missverständlich ausgedrückt. Nein, ich bin auf keinen Fall dafür, Organe verkommen zu lassen. Jedes verpflanzungsfähige Organ sollte jemandem das Leben retten oder zumindest lebenswert machen können. Ob der Empfänger nun selbst spendebereit ist oder nicht, spielt vielleicht bei Diskussionen eine Rolle, aber wenn ich persönlich vor die Wahl gestellt würde, würde ich da (hoffentlich) keinen Unterschied machen. Mensch ist Mensch.
Die Krankenversicherungen sind ein Fall für sich. ich kenne Fälle, da zahlen menschen die Hälfte ihres Gehaltes in die PKV ein, weil die Gesetzliche sie nicht nimmt. Einzelheiten gingen hier zu sehr ins persönliche, aber die Leute sind krank und verzweifelt.
Man wird, wahrscheinlich, selbst wenn alle Menschen eines Landes Spendebereit wären, nie alle versorgen könne, eben wegen der Gewebemerkmale. Auch grenzenübergreifend gäbe es mit der Kompatibilität wahrscheinlich noch Probleme, und ggf. kämen dann noch die begrenzten Zeitfenster hinzu. Wie man es auch nimmt, ein Ideal wird man nie erreichen.

Ob ich Ignoranz oder Böswilligkeit unterstelle, kann ich momentan nicht sagen. Eigentlich wollte ich keins von beiden unterstellen. Wenn ich es doch getan habe, danke ich dir, dass du mich darauf hingewiesen hast, damit ich noch mal darüber nachdenken kann.
 

Maus

Senior Member
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@Chiburi:
Auch wer nicht in die KV einzahlen will (welche auch immer) wird medizinisch versorgt, das nur am Rande (niemand fragt bei einem Unfall, ob die Verletzten auch alle krankenversichert sind; da wird auch nach Bedürftigkeit priorisiert).
Das eigentliche Problem ist doch: wenn wir eine Priorisierung der Empfänger vornehmen, warum dann nur nach der Spendenbereitschaft? Warum nicht auch, ob der Empfänger durch Selbstverschulden in die missliche Lage gekommen ist? Die Diskussion bei der Priorisierung vom Empfängern (abgesehen von der rein medizinischen Einschätzung nach bestmöglicher Kompatibilität und statistisch zu erwartenden zusätzlichen Lebensjahren) wird schnell ziemlich hässlich und es gibt immer gute und gerechte Argumente, warum der eine bevorzugt bzw. benachteiligt werden sollte (kleine Kinder, weitere abhängige Angehörige, besonders tragisches Schicksal, Geld, Nutzen für die Gesellschaft...).
Umgekehrt ist dann auch die Frage, was mit den Leuten ist, die nicht spenden können (HIV-Infizierte, sonstige blutübertragenen Infektionskrankheiten). Eigentlich müssten die schon auch Empfänger werden dürfen, oder? Und dann haben wir eine nette Diskussion, unter welchen Umständen man nicht mehr als Spender in Frage kommt und trotzdem (potentieller) Empfänger bleibt. Privatpatentienten müssen nicht Spender sein, weil sie mit großen Rechnungen ja die Hauptlast der Finanzierung des Gesundheitssystems tragen (klingt auf den ersten Blick dämlich, aber was war nochmal das Argument, warum Ärzte Privatpatienten bevorzugt behandeln dürfen?)

Die Frage nach Gerechtigkeit wird dann schon arg strapaziert werden. Und das Fass bei der Priorisierung der Organempfänger möchte ich nicht aufmachen. Vor allem wenn dann auch noch Leute anfangen, vor Gericht zu prozessieren und ein Organ nicht verpflanzt werden kann, weil über die rechtliche Seite angegriffen wird...
 

David

Moderner Nomade
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Ich glaube mit solchen Belohnungen und Bestrafungen würde man nicht sehr viel erreichen im Vergleich zu dem was man bekommen würde wenn man es wie schon öfter vorgeschlagen einfach so macht dass jeder Spender ist der sich nicht ausdrücklich dagegen entscheidet. Dann arbeitet die Faulheit der Menschen für statt wie jetzt noch gegen die Organspende.

Die aktuelle Idee wenigstens alle zu fragen ist natürlich auch schon ein großer Fortschritt, aber ich hätte nichts dagegen die Hürde zum Nicht-Spenden noch diesen kleinen Schritt höher zu legen.
Objektiv gesehen schadet eine Organspende den toten Spender schließlich nicht mehr, insofern richtet man keinen wirklichen Schaden an wenn am Ende jemand spendet der eigentlich noch widersprechen wollte und es nur vor sich hergeschoben hat. Und wem das wirklich sehr wichtig ist, der vergisst es auch nicht und widerspricht rechtzeitig.
Gegen den ausdrücklichen Willen des möglichen Spenders darf natürlich nichts passieren, das wäre ein nicht vermittelbarer Tabubruch, egal was man objektiv davon halten mag.

Über die 5% die man mit Krankenkassen-Rabatten bekommen würde kann man immer noch nachdenken wenn man die 50% (Zahlen erfunden, aber die Größenordnung kann ich mir vorstellen) hat die bisher nur aus Faulheit keinen Spendeausweis ausgefüllt haben. Was das angeht hatte ich zB jahrelang nur deshalb keinen in der Tasche weil der alte verloren gegangen war, soll wegen sowas jemand sterben müssen ?

PS.:
Meine Meinung war immer ein eindeutiges ja zur Organspende, es gibt einfach keinen rationalen Grund dagegen zu sein. Aber einen Ausweis hatte ich aus purer Faulheit trotzdem nicht immer dabei. Insofern ändert (um auf die ursprüngliche Frage zu kommen) die Neuregelung nichts an meiner Einstellung, hilft aber zumindest etwas dabei sie auch wirksam zu machen. Die Widerspruchs-Regelung wäre aber noch besser.
 
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Rhonwen

Forumsköchin
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Ich habe vor Kurzem gelernt, dass auch die Organe von Krebspatienten verpflanzt werden, nur einige Krebsarten sind ausgenommen, unter anderem schwarzer Hautkrebs. Bei weißem Hautkrebs kann einige Zeit nach der Entfernung des Tumors wieder gespendet werden.

Auch bei einigen anderen Krankheiten, die potentiell durch das neue Organ an den Empfänger weitergegeben werden können, kommt heutzutage eine Spende in Frage. Infos dazu gibts bei der Hotline der Deutschen Stiftung Organspende.
 

Falk

ChickenWizzardwing
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Nun ja, jemand der ganz oben auf der Transplantationsliste steht, steht ziemlich sicher kurz vor dem Organversagen. Da rückt die diffuse Gefahr von Krebs und anderen potenziell übertragbaren Krankheiten* in einigen Jahren in den Hintergrund. Die Regelung wäre aber vielleicht gar nicht nötig, wenn sich genug "gesunde" Spender finden würden!

*Ich vermute allerdings, dass Infektionskrankheiten immer noch ausgenommen sind.
 
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Gala

Labyrinth-Leichnam
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Naja. Die Quelle für Organspenden sind Menschen, die gestorben sind. Und zwar nicht an Altersschwäche.

Von "Gesundheit" kann man da also nicht sprechen.

Hoffen wir also mal, das die Medizin bald Mittel und Wege findet, Organe künstlich zu züchten.

Die einzige Ausnahme ist natürlich Knochenmark. Denn da ist es ja gerade der Punkt, das der Genom nicht gleich sein darf. Aber das kann ja ein normaler Mensch auch spenden.
 

Falk

ChickenWizzardwing
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Natürlich sterben die meisten nicht an guter Gesundheit. Es geht um den Unterschied, dass es hier um potenziell übertragbare Krankheiten geht. Daher die Anführungszeichen "" bei Gesunde.
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Ich meinte einfach, das die Hauptquelle für wirklich gesunde Spenderorgane Menschen sind, die gesund waren, aber an einem Unfall gestorben sind.

Sich mehr Spenderorgane zu wünschen läuft also eigentlich darauf hinaus, sich mehr tödliche Unfälle zu wünschen.

Deshalb hoffe ich, das sich das Thema dank der Fortschritte der Medizin bald erledigen wird.
 

Matthew McKane

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Sich mehr Spenderorgane zu wünschen läuft also eigentlich darauf hinaus, sich mehr tödliche Unfälle zu wünschen.

Das Problem ist wohl weniger, dass nicht "genug Menschen verunfallen". Sondern dass sowenige von denen, die verunfallt sind, einen Organspendeausweis haben.
 

Caesar

C
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Und bis reihenweise künstliche Organe gezüchtet werden wird es sicher noch einige Jahre oder sogar Jahrzehnte dauern...
 
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