Ascalon
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Wie erstelle ich einen verdammt guten NPC - Teil 2: Der NSC im Spiel
Wie kommt der Charakter ins Spiel?
Frage 10 ist die Frage, die uns jetzt beschäftigen wird: Der „junge Kämpfer auf der Suche nach Abenteuern, der sich einer gerade vorbei laufenden Gruppe anschließt“ ist ein oft benutztes Sujet: Gavin, Alora, Anomen, Garrik, Auren... ihre Zahl ist Legion.Diese Charaktere werden wenig Probleme damit haben, sich in eine Reisegruppe einzufinden und sind leicht dazu zu motivieren, mitzukommen. Dann hätten wir noch die Viconias, Solaufeins, Breagars und Nalias, die einfach nur nach vorne gehen, weil sie nicht zurück können oder die Edwins und Valygars, die sich von der Gruppe einen gewissen Nutzen erhoffen. Alle diese Rollen können nur dann wirklich ausgefüllt werden, wenn wir die Frage nach den Zukunftsträumen beantwortet haben – Ist der Charakter auf der Suche nach Ruhm und Reichtum? Liegt sein Ziel zufällig auf dem gleichen Wege wie das eines Charnames? Oder ist der Charakter gezwungen, auf die Straße zu gehen? Die erste Antwort ist auf den ersten Blick die einfachste Lösung, die letzte die komplizierteste: Wenn sich die eigenen Vorstellungen von der Zukunft wirklich grundliegend von dem unterscheiden, was die Geschichte von Baldur's Gate mit sich bringt, dann braucht der Charakter einen verdammt guten Grund, um Charname zu folgen. Und immer wieder Motivation, es auch weiterhin zu tun. Auf der anderen Seite sind solche Charaktere natürlich erstmal interessanter, da sie ziemlich viel Zündstoff mit sich bringen...
Wie mache ich den Charakter interessant?
Indem er Potential für Konflikte mit sich bringt. Konflikte, Konflike, Konflikte – Im Grunde braucht es nicht mehr als das. Konflikte mit Charname, mit seiner Umwelt, mit sich selbst, mit der Party, mit der Natur... Konflikte soll jetzt aber nicht bedeuten, dass er alles und jeden hasst und gleich mit einem Schwert/Feuerball/Bogen drauf losgeht... die Wahl, ob eine Szene gewalttätig oder gesprächsbetont oder wie auch immer gelöst wird, sollte letzten Endes beim Spieler bleiben. Also, meistens. Wenn ein, sagen wir, verrückter Kleriker des Cyric im Hafenviertel auf die Gruppe zugestürzt kommt, dann wäre es wirklich arg außerhalb des Charakters, wenn eine Saerileth da nicht sofort reinschlagen würde. Aber in Questen, die verschiedene Lösungswege anbieten, sollte nicht der Charakter sofort zur Waffe greifen. Er kann, nein, soll seine Meinung kundtun, sowohl vor der Quest als auch später bei der Lösung, aber er sollte z.B. nicht von sich aus die eine oder andere Seite angreifen und somit einem Lösungsweg forcieren.
Konflikte mit der Gruppe werden über die Banter ausgetragen, Konflikte mit sich selbst und Charname natürlich über die Dialoge mit letzterem. Das ist der nächste Schritt.
Was macht einen guten Dialog aus?
Eigentlich nur eine Sache: Der Dialog muss irgendwo hin führen. Ein Gespräch zwischen Imoen und Minsk könnte so aussehen:
- He Minsk, schönes Wetter, oder?
- Ja, aber morgen soll es wieder regnen.
- Schade.
- Finde ich auch.
- Na dann lass uns mal weitergehen.
- In Ordnung.
Das ist sinnlos, führt zu nichts und dient nur dazu, ein paar Mausklicks unter zu bringen und somit dem Spieler auf den Nerv zu gehen. Ein Gespräch zwischen Imoen und Breagar wie folgendes ist da schon etwas anders:
- He Breagar, schönes Wetter, oder?
- Hrmpf. Wenn man Sonne mag...
- Mögt Ihr denn keine Sonne? Ich find sie toll.
- Wie kann man etwas mögen, das einen blendet, den Helm so sehr aufheizt, - dass einem der Schweiß in die Augen läuft und dann noch einen Sonnenbrand verpasst?
- Ihr seid aber auch nie zufrieden, was?
- Doch, wenn wir Nachts reisen oder uns dort befinden, wo anständige Zwerge sich befinden sollten: In einer Mine.
Auch dieses Gespräch hat nicht viel „Inhalt“, entwickelt aber die Charaktere ein wenig weiter und hebt den Unterschied zwischen Breagar und Imoen hervor. Also lautet die Faustregel: Jeder Dialog sollte irgendeine neue Information übermitteln oder eine alte Information vertiefen. Somit wäre auch ein Gespräch zwischen Breagar und Minsk wie folgendes sinnlos:
- He Minsk, ich sehe, ihr habt einen Hamster.
- Ja, das ist Boo. Er hilft mir, Sitefeltritte gegen das Böse auszuteilen.
- Ihr kämpft gerne gegen das Böse, was?
- Gerne? Es ist meine Lebensaufgabe!
Auf den ersten Blick gar nicht so verkehrt, aber... warum muss der Spieler diesem Gespräch folgen? Es wurden keine Informationen ausgetauscht, die der Spieler noch nicht kannte: Minsk hat 'nen Hamster und verhaut gern böse Leute, wer wusste es noch nicht? Also gilt die Faustregel hier: Je länger ein Dialog, desto mehr neue Informationen müssen gegeben werden.
Dann noch eine Frage, die mir sehr am Herzen liegt:
Was für Charaktere braucht die Schwertküste/Amn denn noch?
Jeder Charakter lässt sich guten Gewissens mit einem einzigen Satz beschreiben. Sogar mit einem einzigen Hauptsatz. Natürlich nicht in allen Facetten, aber wenn wir die Essenz eines Charakters zusammenfassen, dann müssen wir das auch gar nicht. So etwas könnte so aussehen:
Minsk: Guter Waldläufer, der seinen Schützling auf einer Tour begleitet
Tiax: Böser Gnomenkleriker, der sich für den Auserwählten Cyrics hält
Ajantis: Paladin, der die Schrecken der Schwertküste abwenden will
Viconia: Verstoßene Drow, die an die Oberfläche geflohen ist.
Solaufein: Verstoßener Drow, der freiwillig an die Oberfläche gegangen ist.
…
Wenn der Kernsatz des neuen NSCs bereits von einem der anderen NSCs „belegt“ ist, dann braucht Baldur's Gate diesen NSC nicht sonderlich. So einfach ist das, Punkt. Natürlich kann man auch noch 30 weitere vertriebene Drow einführen, aber diese sorgen zum einen nicht wirklich für eine Bereicherung, zum anderen leben jetzt schon gefühlt mehr bekehrte Drow an der Oberfläche als im Unterreich. Und das ist ja auch nicht gerade Zweck der Sache.
Natürlich kann man dieses Problem umgehen, indem man schlechterdings einen Kernsatz prägt wie:
Hphm'Prxlq-Tschjinijiji'Prlrprsch: Prinz einer Planaren Ebene, der nur mal frische Brötchen kaufen will
ABER: Braucht Baldur's Gate so etwas? Also, mal im Ernst, mal so unter uns: Ist wirklich jemand der Meinung, das Spiel wird dadurch besser, dass ich es mit Extraplanaren, irgendwelchen Halbwesen, Dämonen, bekehrten Dies und Das, Vampiren und sonstigen, ich nenne sie mal Freaks besiedele? Hier tut sich ein gewaltiger Fallstrick auf, den man nicht außer Acht lassen sollte: Die Geschichte von Baldur's Gate ist die Geschichte des Bhaalskindes, das als Waisenkind von Gorion aufgenommen wurde und seinen Weg von Kerzenburg bis zum Thron des Bhaal geht. Und das sollte auch die Geschichte bleiben! NSCs sind nicht nur Nicht-Spieler-Charaktere, sondern auch Neben-Spieler-Charaktere. Sie sollen die Geschichte bereichern, nicht an sich reißen.
Zumal bei Exoten meistens die Verlockung nahe liegt, dass der Autor sich nur noch auf den Exotenbonus verlässt und die Figur dahinter abflacht.
Wie kommt der Charakter ins Spiel?
Frage 10 ist die Frage, die uns jetzt beschäftigen wird: Der „junge Kämpfer auf der Suche nach Abenteuern, der sich einer gerade vorbei laufenden Gruppe anschließt“ ist ein oft benutztes Sujet: Gavin, Alora, Anomen, Garrik, Auren... ihre Zahl ist Legion.Diese Charaktere werden wenig Probleme damit haben, sich in eine Reisegruppe einzufinden und sind leicht dazu zu motivieren, mitzukommen. Dann hätten wir noch die Viconias, Solaufeins, Breagars und Nalias, die einfach nur nach vorne gehen, weil sie nicht zurück können oder die Edwins und Valygars, die sich von der Gruppe einen gewissen Nutzen erhoffen. Alle diese Rollen können nur dann wirklich ausgefüllt werden, wenn wir die Frage nach den Zukunftsträumen beantwortet haben – Ist der Charakter auf der Suche nach Ruhm und Reichtum? Liegt sein Ziel zufällig auf dem gleichen Wege wie das eines Charnames? Oder ist der Charakter gezwungen, auf die Straße zu gehen? Die erste Antwort ist auf den ersten Blick die einfachste Lösung, die letzte die komplizierteste: Wenn sich die eigenen Vorstellungen von der Zukunft wirklich grundliegend von dem unterscheiden, was die Geschichte von Baldur's Gate mit sich bringt, dann braucht der Charakter einen verdammt guten Grund, um Charname zu folgen. Und immer wieder Motivation, es auch weiterhin zu tun. Auf der anderen Seite sind solche Charaktere natürlich erstmal interessanter, da sie ziemlich viel Zündstoff mit sich bringen...
Wie mache ich den Charakter interessant?
Indem er Potential für Konflikte mit sich bringt. Konflikte, Konflike, Konflikte – Im Grunde braucht es nicht mehr als das. Konflikte mit Charname, mit seiner Umwelt, mit sich selbst, mit der Party, mit der Natur... Konflikte soll jetzt aber nicht bedeuten, dass er alles und jeden hasst und gleich mit einem Schwert/Feuerball/Bogen drauf losgeht... die Wahl, ob eine Szene gewalttätig oder gesprächsbetont oder wie auch immer gelöst wird, sollte letzten Endes beim Spieler bleiben. Also, meistens. Wenn ein, sagen wir, verrückter Kleriker des Cyric im Hafenviertel auf die Gruppe zugestürzt kommt, dann wäre es wirklich arg außerhalb des Charakters, wenn eine Saerileth da nicht sofort reinschlagen würde. Aber in Questen, die verschiedene Lösungswege anbieten, sollte nicht der Charakter sofort zur Waffe greifen. Er kann, nein, soll seine Meinung kundtun, sowohl vor der Quest als auch später bei der Lösung, aber er sollte z.B. nicht von sich aus die eine oder andere Seite angreifen und somit einem Lösungsweg forcieren.
Konflikte mit der Gruppe werden über die Banter ausgetragen, Konflikte mit sich selbst und Charname natürlich über die Dialoge mit letzterem. Das ist der nächste Schritt.
Was macht einen guten Dialog aus?
Eigentlich nur eine Sache: Der Dialog muss irgendwo hin führen. Ein Gespräch zwischen Imoen und Minsk könnte so aussehen:
- He Minsk, schönes Wetter, oder?
- Ja, aber morgen soll es wieder regnen.
- Schade.
- Finde ich auch.
- Na dann lass uns mal weitergehen.
- In Ordnung.
Das ist sinnlos, führt zu nichts und dient nur dazu, ein paar Mausklicks unter zu bringen und somit dem Spieler auf den Nerv zu gehen. Ein Gespräch zwischen Imoen und Breagar wie folgendes ist da schon etwas anders:
- He Breagar, schönes Wetter, oder?
- Hrmpf. Wenn man Sonne mag...
- Mögt Ihr denn keine Sonne? Ich find sie toll.
- Wie kann man etwas mögen, das einen blendet, den Helm so sehr aufheizt, - dass einem der Schweiß in die Augen läuft und dann noch einen Sonnenbrand verpasst?
- Ihr seid aber auch nie zufrieden, was?
- Doch, wenn wir Nachts reisen oder uns dort befinden, wo anständige Zwerge sich befinden sollten: In einer Mine.
Auch dieses Gespräch hat nicht viel „Inhalt“, entwickelt aber die Charaktere ein wenig weiter und hebt den Unterschied zwischen Breagar und Imoen hervor. Also lautet die Faustregel: Jeder Dialog sollte irgendeine neue Information übermitteln oder eine alte Information vertiefen. Somit wäre auch ein Gespräch zwischen Breagar und Minsk wie folgendes sinnlos:
- He Minsk, ich sehe, ihr habt einen Hamster.
- Ja, das ist Boo. Er hilft mir, Sitefeltritte gegen das Böse auszuteilen.
- Ihr kämpft gerne gegen das Böse, was?
- Gerne? Es ist meine Lebensaufgabe!
Auf den ersten Blick gar nicht so verkehrt, aber... warum muss der Spieler diesem Gespräch folgen? Es wurden keine Informationen ausgetauscht, die der Spieler noch nicht kannte: Minsk hat 'nen Hamster und verhaut gern böse Leute, wer wusste es noch nicht? Also gilt die Faustregel hier: Je länger ein Dialog, desto mehr neue Informationen müssen gegeben werden.
Dann noch eine Frage, die mir sehr am Herzen liegt:
Was für Charaktere braucht die Schwertküste/Amn denn noch?
Jeder Charakter lässt sich guten Gewissens mit einem einzigen Satz beschreiben. Sogar mit einem einzigen Hauptsatz. Natürlich nicht in allen Facetten, aber wenn wir die Essenz eines Charakters zusammenfassen, dann müssen wir das auch gar nicht. So etwas könnte so aussehen:
Minsk: Guter Waldläufer, der seinen Schützling auf einer Tour begleitet
Tiax: Böser Gnomenkleriker, der sich für den Auserwählten Cyrics hält
Ajantis: Paladin, der die Schrecken der Schwertküste abwenden will
Viconia: Verstoßene Drow, die an die Oberfläche geflohen ist.
Solaufein: Verstoßener Drow, der freiwillig an die Oberfläche gegangen ist.
…
Wenn der Kernsatz des neuen NSCs bereits von einem der anderen NSCs „belegt“ ist, dann braucht Baldur's Gate diesen NSC nicht sonderlich. So einfach ist das, Punkt. Natürlich kann man auch noch 30 weitere vertriebene Drow einführen, aber diese sorgen zum einen nicht wirklich für eine Bereicherung, zum anderen leben jetzt schon gefühlt mehr bekehrte Drow an der Oberfläche als im Unterreich. Und das ist ja auch nicht gerade Zweck der Sache.
Natürlich kann man dieses Problem umgehen, indem man schlechterdings einen Kernsatz prägt wie:
Hphm'Prxlq-Tschjinijiji'Prlrprsch: Prinz einer Planaren Ebene, der nur mal frische Brötchen kaufen will
ABER: Braucht Baldur's Gate so etwas? Also, mal im Ernst, mal so unter uns: Ist wirklich jemand der Meinung, das Spiel wird dadurch besser, dass ich es mit Extraplanaren, irgendwelchen Halbwesen, Dämonen, bekehrten Dies und Das, Vampiren und sonstigen, ich nenne sie mal Freaks besiedele? Hier tut sich ein gewaltiger Fallstrick auf, den man nicht außer Acht lassen sollte: Die Geschichte von Baldur's Gate ist die Geschichte des Bhaalskindes, das als Waisenkind von Gorion aufgenommen wurde und seinen Weg von Kerzenburg bis zum Thron des Bhaal geht. Und das sollte auch die Geschichte bleiben! NSCs sind nicht nur Nicht-Spieler-Charaktere, sondern auch Neben-Spieler-Charaktere. Sie sollen die Geschichte bereichern, nicht an sich reißen.
Zumal bei Exoten meistens die Verlockung nahe liegt, dass der Autor sich nur noch auf den Exotenbonus verlässt und die Figur dahinter abflacht.