[Schreibwettbewerb - Runde II] Zelon Engelherz / Sheera Li

Wer hat die bessere Geschichte geschrieben?

  • Zelon Engelherz

    Stimmen: 7 41,2%
  • Sheera Li

    Stimmen: 10 58,8%

  • Umfrageteilnehmer
    17
  • Umfrage geschlossen .

Enigma

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Auf in die zweite Runde! :)

Ihr habt sechs Tage, um abzustimmen.

Weitere Veröffentlichungen schaffe ich heute leider nicht mehr - war ein anstrengender Tag. Und morgen folgt der nächste.

Gute Nacht, Forum, und viel Vergnügen!

 
 

Enigma

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Zelon Engelherz

Mjinns Körper und Geist bildeten eine Einheit.
Ihr Tritt war perfekt und führte dazu dass der Mann von den Füßen gefegt wurde und auch einige Meter weit flog, ehe er unsanft landete und Blut spuckte.
Die schaulustige Menge johlte vergnügt, der Söldner dagegen warf ihr einen Blick zu, der die Entvölkerung ganzer Landstriche versprach sobald er wieder auf seinen Füßen stand.
Mjinn ließ sich davon nicht beunruhigen, hüpfte federleicht auf einer Stelle und begann ihre Glieder zur Entspannung ein wenig zu schütteln. Sie war es auch, die ihr Gespräch davor wieder aufnahm.
,,Werdet Ihr nun für den Schaden aufkommen?’’
,,Leck mich’’, knurrte der Mann namens Kohres zurück und richtete sich langsam wieder auf.
Die Stirn der Adeptin runzelte sich recht ungehalten.
Diese unflätige Ausdrucksweise erschien ihr, selbst nach all den Monaten des Reisens, immer noch so unglaublich fremdartig und unangebracht aggressiv.
Sie glaubte nicht, sich jemals daran gewöhnen zu können.
Trotzdem wahrte sie eine ruhige Miene, während sie antwortete und gleichzeitig auch die Rufe der Dorfbewohner(“Weiter, weiter!”, “Schlag ihn die Zähne raus!”, “Zehn Kupferstücke auf die Süße in den Roben!”, “Was zum Geier ist hier eigentlich los?” usw.) zu überhören versuchte.
Ihr Kontrahent war derweil wieder auf den Beinen, wenngleich auch etwas wackelig und sichtlich um Konzentration bemüht (seine gerunzelte Stirn bot den eindeutigen Beweis dafür).
Mjinn selbst rang sich für die Zähigkeit des Mannes( die meisten wären danach schon bewusstlos gewesen) etwas Respekt ab.
Aus diesem Grund versuchte sie es noch einmal auf die zivilisierte Art.
,,Ihr könnt kaum noch stehen. Bezahlt einfach den Schaden, den ihr angerichtet habt und entschuldigt Euch. Im Gegenzug dafür, biete ich Euch meine Gastfreundschaft an, als Zeichen des Respekts unter Kämpfern. Was sagt Ihr?’’
,,Welchen Teil von “Leck mich’’ verstehst Du nicht?’’
Nein, an diese Umgangsformen würde sie sich wohl nie gewöhnen.
Plötzlich rannte Kohres auf sie zu, brüllend, geifernd und Zorn in seiner reinsten Form in seinen Augen.
Die Menge hielt kollektiv den Atem an.
Mjinn machte sich augenblicklich bereit, wurde erneut zum Zentrum des Universums, die Harmonie aller Dinge in ihren Herzen aufgewahrt.
Sie war bereit.
Kohres rannte derweil weiter auf sie zu.
Rannte weiter.
Rannte weiter und stolperte.
Rannte weiter, stolperte und fiel schließlich zu Boden.
Rannte weiter, stolperte, fiel schließlich zu Boden und stöhnte anschließend.
Rannte weiter, stolperte, fiel schließlich zu Boden, stöhnte anschließend, erhob sich noch einmal und erbrach sich auf der Erde.
Rannte weiter, stolperte, fiel schließlich zu Boden, stöhnte, erhob sich noch einmal, erbrach sich auf der Erde und fiel mit dem Gesicht voran in die übel riechende Masse.
Und diesmal blieb er liegen.
Allumfassende Stille dominierte die Szene, alle Augen auf den bewusstlosen Söldner gerichtet.
Ein Mann (übrigens auch der größte Schreihals von allen) brach sie.
,,Das war ja mal ne schlappe Nummer.’’
Gelächter aus fast allen Kehlen, Mjinn schloss sich dem nicht an, war zu hören und die Menschen begannen sich nun wieder zu verteilen als wäre nichts geschehen.
Zurück blieben die Adeptin, ihr unterlegener Gegner und der Inhalt seines Magens.
Die junge Frau manövrierte ihn kurz darauf in eine annehmbarere Position und betrachtete anschließend nachdenklich sein Gesicht.
Selbst ohne die unappetitlichen Anhängsel sah man diesen Mann an, dass er schon bessere Tage gesehen hatte. Die Ringe unter seinen Augen schien sich regelrecht in seine Haut zu fressen, die blasse Hautfarbe zeugte von wenig Schlaf und der Schweißgeruch haftete an ihn, als wäre es so etwas wie seine zweite Haut.
Allerdings unterschied ihn dies wohl auch nicht vom Rest des durchschnittlichen Bewohners der Schwertküste, wie sie sich ins Gedächtnis rief.
Sie verarbeitete das Gesehene und innerhalb von sechs, allerhöchstens zehn, Herzschlägen fällte sie ihre Entscheidung.
Die Adeptin atmete einmal tief ein und aus, sammelte die Kräfte in ihren Innern, war erneut eins mit alles und jeden uns hob ihn unter den Armen hoch. Es bereitete ihr, trotz der schweren Garderobe des Söldners, keine Schwierigkeiten ihn zu ihren Unterschlupf zu schleifen. Allerdings hielt sie dabei die ganze Zeit die Luft an und fragte sich ab der Hälfte des Weges, ob das Schicksal sie aus irgendwelchen Gründen damit prüfen wollte.

*​

Kohres erwachte, als sie ihn einmal mit einem Eimer Wasser abspritzte.
Er schrie vor Schreck auf, die Augen weit aufgerissen und geräuschvoll nach Luft schnappend.
Er beruhigte sich allerdings schnell als er Mjinn sah und seine Augen sagten erneut mehr als tausend Worte.
Mjinn blieb davon unberührt und erwiderte den Blick mit einer Ausdruckslosigkeit, die das Feuer in seinen Iris langsam aber sicher gnadenlos erstickte und auch die letzten Aschereste im Nichts verschwinden ließ.
Geschlagen wandte er sich von ihr ab und anschließend den Boden zu.
Mjinn zeigte keine Spur von Befriedigung darüber, als sie nun das Wort an ihn wandte.
,,Wenn Ihr Euch umdreht, seht Ihr einen Waschzuber. Eine komplette Reinigung dürfte Euch gut tun. Ich bin in der Hütte und bereite eine Suppe vor. Das Wasser ist übrigens sehr kalt.’’
Sprach’s drehte sich um und kehrte in das leer stehende Haus zurück, in dem sie ,wie immer, Spinnweben und nahezu kein Mobiliar (dafür eine nutzbare Kochstelle) erwarteten.
Keine überragende Köchin, hatte sie nach kurzer Zeit das heiße Wasser im Kessel zum kochen gebracht und alles was die Bauern ihr großzügiger Weise überlassen hatten (zwei Kartoffeln, eine Mohrrübe, vier Pilze und etwas Hühnchen) nach guten Gewissen hineingeworfen.
Ab da konnte sie nur noch warten und sie beschloss die Zeit mit Meditation zu überbrücken.
Es verging eine gefühlte Ewigkeit in angenehmer Ruhe und Stille, die schlussendlich von dem wenig graziösen Schritt Kohres durchbrochen wurde, der sie akustisch zu Tode trampelte.
Mjinn füllte ihn als erstes eine Schüssel und hielt sie ihm hin.
,,Sie ist noch sehr heiß, also pustet vorher.’’
Der Söldner schien nicht ganz zu wissen was er davon halten sollte und betrachtete zunächst die Schüssel, dann Mjinns Gesicht, um dann schnell wieder zur Schüssel zu wechseln, die er dann anschließend nahm.
Ihr kam er dabei schon fast schüchtern vor. Sein leises “Danke” trug nicht dazu bei, diesen Eindruck zu zerstreuen.
Das Mahl selbst wurde von Schweigen dominiert, sah man von einem kurzen Husten Kohres einmal ab.
Nachdem beide jedoch damit fertig waren, war es erneut an ihm die Welt wieder mit Lautstärke zu füllen.
,,Warum habt Ihr mich nicht einfach liegengelassen?’’
,,Ihr seid ein Mensch im Ungleichgewicht mit sich selbst und ich möchte Euch dabei helfen es zu finden. Zu Eurem und zum Wohle aller anderen.’’
,,Ach, so einfach ist das?’’
,,Ja.’’
Er versuchte eine sarkastische Miene zu wahren, doch schmolz sein Widerstand im anschließenden Wettstarren erneut schneller als Schnee in der Sonne.
Mjinn sprach weiter.
,,Ich kann Euch einige Meditationstechniken lehren, die auch für Nichteingeweihte zugänglich sind und werde zuhören, sollte Euch das voranbringen. Es liegt ganz bei Euch, Ihr müsst es nur wollen. Ich muss jedoch erneut darum bitten, die Ware des Händlers zu bezahlen und hoffe dass wir dies nicht noch einmal diskutieren müssen.’’
Sie streckte die Rechte aus und wartete geduldig.
Geduldig, ernst, frei von allen Anzeichen von Humor.
Kohres versuchte sich dieses Mal nicht in einem Blickduell und übergab ihr seine Börse.
,,Legt noch ein bisschen was drauf’’, fügte er noch halblaut gemurmelt hinzu.
Mjinn nickte, stand auf und ging zur Tür. Sie war schon fast draußen, als er noch einmal kurz nach ihr rief.
,,Ich überleg es mir.’’
Er schaute sie erneut nicht an, also konnte er auch ihr Nicken nicht sehen.
Zurück im Dorf wollte sie der Händler belohnen, was die Adeptin schon aus reiner Selbstverständlichkeit ablehnen musste.
Gegen eine Spende in Form eines Korbes voller Nahrungsmittel, konnte auch sie allerdings nicht einwenden.
Zurück bei der Hütte fand sie den Söldner immer noch brütend vor und überließ ihn auch weiterhin sich selbst, während sie im Sonnenschein den Lehren ihrer Meister, die gebührende Ehre erwies.
Ihrer Ansicht war es ein zu schöner Tag, um ihn nur im Dunkeln zu verbringen, befand sie sich doch im Zentrum allen Seins, umgeben von wahrhaften Gleichgewicht.
Wahrer Harmonie.
Es dämmerte bereits, als sie zurückkehrte.
Kohres erwartete sie vor dem Eingang der Hütte.
Diesmal hielt er ihren Blick stand.
,,Unterrichtet mich...bitte. Ich würde es wirklich gerne versuchen.’’
Mjinns nickte.
,,Gut. Wir beginnen morgen bei Sonnenaufgang.’’

*​

In den nächsten Wochen spielte sich eine gewisse Routine ein.
Kohres machte nur langsam Fortschritte und in den ersten Tagen äußerte sich seine Frustration in Wutanfällen, die jedoch schon nach kurzer Zeit verblassten sobald sie es mit der Ruhe und Gelassenheit Mjinns aufnehmen mussten und selbstverständlich unterlagen.
Mit der Zeit begann sich der Söldner auch nützlich zu machen, indem er gelegentlich das Haus fegte, Holz hackte und auch alle zwei Tage Mjinn beim Kochen ablöse( und dabei ähnliche Erfolge wie sie erzielte).
Die Nächte waren zunächst unruhig, wurden sie doch beide von den verzweifelten Schreien Kohres geweckt, der die Zeit danach nicht in der Lage war erneut einzuschlafen.
Das erste Mal schlief Mjinn einfach weiter.
Beim zweiten und dritten Mal, nahm sie ihn in die Arme, hielt ihn fest, störte sich nicht an seinen Tränen und den reuigen Gestammel unter seinen Schluchzern.
Ein viertes Mal sollte nicht folgen.
Er gewann im Gesicht an Farbe und ein oder zweimal, sah sie ihn sogar lächeln, auch wenn sie den Unterton darin nicht zu deuten vermochte.
Abgesehen davon sprachen sie nur viel wie nötig, einigten sich jedoch beide (mehr auf Kohres Vorschlag hin, als ihrer) auf das “Du” untereinander und überließen jeden jeweils sich selbst.
Mjinn selbst, war dies Recht.
Es gab ihr die Konzentration die sie brauchte, um weiterhin mit der Umgebung eins zu sein und ihrer inneren Mitte weiterhin nahe zu sein.
Es war erneut an Kohres, den Frieden ein drittes Mal mit einer absonderlichen Aktion zu stören.
An dem schönsten aller Tage kam er zu ihr, mit einem Bündel Blumen in der Hand, lächelnd.
Er überreichte sie ihr und behauptete sie seien für sie.
Mjinns Reaktion bestand aus einem verwirrten Stirnrunzeln und ebenso fragenden Blicken.
Kohres hatte diese Reaktion scheinbar nicht erwartet, sein Lächeln verschwand und er entschuldigte sich verlegen stammelnd bei ihr.
Danach entfernte er sich mit hängenden Schultern von ihr und der Hütte.
Er kehrte erst am darauf folgenden Tag zurück.
Mjinn selbst fragte nicht weiter nach und nach zwei weiteren Tagen war der harmonische Alltag wieder zurückgekehrt.

*​

Am Himmel hatte der Mond und seine Gefolgsleute, die Sterne, sein Lager errichtet, die Grillen stimmten ihre wundersamen Gesänge an und Glühwürmchen gaben der Welt etwas vom Licht des Tages zurück.
Mjinn und Kohres waren erneut vom Schweigen erfüllt, als sie gemeinsam in die Dunkelheit blickten.
Mjinn brach es.
,,Ich werde morgen abreisen.’’
Kohres antwortete nicht. Sie hörte kurz wie sein Atem schneller ging, was sie irritierte, aber er blieb still und wenn er sie anschaute sah sie es in der Dunkelheit nicht.
Sie sprach weiter.
,,Ich habe lange genug an diesem Ort verweilt und ich denke ich trage genug von seiner Harmonie in mir, um mich nun größeren Herausforderungen zu stellen. Leider bedeutet dass auch das Ende unseres Unterrichts.
Aber ich könnte dir auch so wohl nichts beibringen, ohne dir Geheimnisse meines Ordens anzuvertrauen.
Ich hoffe Du verstehst.’’
Es blieb bei seinem Schweigen.
Mjinn respektierte das und überließ ihn seinen Gedanken, so wie sie so wie sich kurz darauf den ihren hingab.
Eine gefühlte Ewigkeit verging als es nun an Kohres war, das Wort an diesem Abend zu ergreifen.
,,Träumst Du Mjinn?’’
Die Adeptin runzelte die Stirn, schüttelte dann jedoch den Kopf.
,,Nein.’’
,,Nie?’’
,,Nie.’’
Kohres schwieg erneut.
Für kurze Zeit.
,,Warum?’’
,,In meiner Welt sind sie nicht von Bedeutung, Kohres.
Ich habe meinen inneren Frieden gefunden, weswegen mir diese illusionäre Welt nichts mehr zu bieten hat. Laut meinen Meistern sind Träume ein Sinnbild für die Wünsche und Ängste der Völker Faeruns, deutliche Zeichen dafür dass ihre Wege noch lang und beschwerlich sind, ehe auch sie wahre Harmonie finden und in der Lage sind das Gleichgewicht aller Dinge zu akzeptieren.
Ich begehre nicht mehr vom Leben als zu lernen und andere so gut es geht zu lehren.
Ich fürchte mich weder vor dem Tod noch vor anderen Nichtigkeiten, denn nichts anderes ist er im kosmischen Sinne.
Ich bin eins mit der Welt und daher träume ich nicht und werde dies auch nie mehr tun.’’
Ihre Worte erfüllten sie selbst mit Zufriedenheit und auch wenn es derlei nicht bedurft hätte, spätestens in diesem Moment wäre ihr all dies bewusst geworden.
Kohres brauchte wieder etwas Zeit, bis er antwortete.
Davor entwich ein Seufzer seiner Brust.
,,Ich träume jeden Abend wie verrückt.
Meistens in der Art wie Du sie dir wohl vorstellen kannst. Ich bin kein guter Mensch, werde es nie sein und sie, die Träume mein ich, wollen mich wohl ständig daran erinnern.
Und wenn es mal kein Alptraum ist, fühlt es sich nur komisch an.
Dann glaube ich immer jemand anders zu sein, ein Typ namens Mircus oder so.
Wenn ich dann er bin oder davon träume, ich weiß es doch auch nicht, dann ist die Welt irgendwie schöner, wärmer, ruhiger.
Meistens habe ich dann auch Kinder, sogar Enkel und kann mich kaum noch bewegen, aber ich bin zufrieden.
Zumindest solange bis ich aufwache.’’
Er schnaubte.
,,Meine Laune ist dann dementsprechend und es ist wohl einer der Gründe warum ich oft so...unhöflich bin. Aber in den letzten Tagen...’’
Er hielt kurz inne.
,,...also in den letzten Tagen, träume ich auch nicht schlecht, das heißt sogar gut.
Und diesmal bin ich es Mjinn und...und es ist einfach schön.’’
Er hielt wieder inne und dieses Mal blieb ein weiterer Redefluss seinerseits aus. In Mjinns Ohren hatte er sich noch viel zu unsicher angehört, also versuchte sie ihn mit ihren folgenden Worten zu unterstützen.
,,Dann bist Du scheinbar deiner eigenen Mitte schon etwas näher gekommen. Ich freue mich für dich.’’
Das tat sie wirklich, auch wenn ihre Stimme von der gleichen, ruhigen Monotonie wie eh und je erfüllt war.
Kohres seufzte erneut.
,,Ich mich auch.’’
Sein Tonfall entlarvte seine Worte als Lügen.
,,Ich mich auch.’’

*​

Für jemanden der in der Lage war den Wind furzen zu hören, schlief Mjinn erstaunlich fest.
Kohres stand über ihr gebeugt, beobachtete jeden einzelnen Atemzug der Adeptin (und vor allem wie sich ihre Nasenflügel beim einatmen kräuselten) und lauschte wie immer dem Sägewerk, das sie aus eigener Kraft in Betrieb hielt.
Ihm wurde bewusst wie sehr er auch das vermissen würde, was sein Innerstes noch etwas mehr zusammenzog. Kurz kam ihm der Gedanke, ihr einen Kuss auf die Wange zu hauchen, aber er verwarf ihn genauso schnell wie er gekommen war.
Für solche Sachen war er nicht der richtige Typ Mensch.
Stattdessen deckte er sie noch etwas zu, betrachtete sie noch ein letztes Mal und kämpfte das was in ihm hochzukommen drohte tapfer nieder.
Dann verließ er die Hütte.
Draußen erlaubte er den Seufzer endlich in seiner ganzen Kraft zu entweichen und verharrte mit den Augen am Horizont, an dem sich die Sonne nur spärlich abzeichnete.
Schritt um Schritt entfernte er sich immer mehr von dem Haus, das in den letzten zwei Monaten zu seiner Heimat geworden war und in dem das Leben schon fast etwas Traumhaftes an sich gehabt hatte.
Ein wunderschöner Traum, der letztendlich nun auch sein Ende gefunden hatte.
Ab dem gefühlten tausendsten Schritt begann er zu lächeln.
Er fragte sich, wie lange es dauern würde bis die bösen, die dunklen Träume wieder seine Gedanken dominieren würden und wie schnell er sich das Wissen um die Meditationstechniken aus dem Schädel saufen würde.
Wahrscheinlich nicht allzu lange, so gut wie Kohres sich selbst kannte.
Und trotz alledem war der Söldner nicht unglücklich.
In weiter Ferne, erwartete ihn das Licht des kommenden Tages, dem dann die sanfte Umarmung der Nacht folgen würde.
Und er freute sich darauf Mjinn vielleicht wiederzusehen , anstatt erneut in die dunklen Gassen Baldurs Tors zurückzukehren.
Er beschloss, dass es ein schöner Tag werden würde.
 

Enigma

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Sheera Li

Sanft blinkte die aufgehende Sonne durch die Blätter des Apfelbaumes und warf spielerische Schatten auf den fein säuberlich geharkten Steingarten. Mjinn hatte die Augen geschlossen und ließ die Harke intuitiv über den Sand gleiten. Fast zärtlich fuhren ihre kräftigen Hände über das durch vielen Gebrauch polierte Holz. Sie hatte Zeit. Umsichtig erneuerte sie Muster und Formen im Garten. Ihre Füße setzte sie mit Bedacht. Einen Schritt zurück, die Harke langsam mit einer Kreisbewegung führend. Ein halber Schritt nach vorn. Das Gewicht langsam vom hinteren, auf das vordere Bein verlagern. Ein neuer Halbkreis im Sand.
Von einem kleinen Teich in der Nähe ertönte in regelmäßigen Abständen das Klacken eines Bambusbrunnens.
Mjinn hielt inne und öffnete die Augen.
Das große Holztor, welches den Vorhof mit dem eigentlichen Kloster verband, wurde aufgeschoben. Mit wütenden Schritten und unter lautem Gepolter kam ein Soldat herein. Mjinn wusste, was ein Soldat war. Sie kleideten sich in Metall, in der Hoffnung einen Krieg zu überleben, den sie selbstverschuldet hatten. Mjinn senkte den Blick. Es war unhöflich Neuankömmlinge anzustarren.
Der Soldat würdigte sie keines Blickes. Mit einem gehetzten Ausdruck in den Augen stürmte er an ihr vorbei. Seine wilden Schritte zerstörten die Formen und Kreise im Sand.
Mjinn sah ihm mitleidig hinterher. Er war auch so einer. Jemand, der Hilfe suchte. Und seinem Aussehen nach zu urteilen, brauchte er sie schnell.

Kohres stand zitternd vor einer grauen Granitstatue. Er hatte seine Stirn gegen den Stein gepresst und suchte sich zu sammeln. Die Halle, in der er stand, war groß und nur spärlich erleuchtet. Er hatte so etwas wie einen Saal oder einen Thron erwartet. Der Anblick des Kreises aus grob behauenen Steinen und Säulen kam unerwartet. Ebenso die Abwesenheit von Personen. Die Kühle des Steins tat ihm gut. Seine Gedanken wurden klarer, der Wutausbruch ebbte ab. Zorn verlor an Kontrolle über ihn.
Ein Räuspern riss ihn aus seinen Gedanken.
Mit einem Ruck drehte Kohres sich um. Er atmete tief durch. Aus trotzigen Augen sah er den hageren Alten an, der mit überkreuzten Beinen auf einer kleinen Steinsäule saß. Ein weißer Bart kräuselte sich bis auf die Brust und unter den buschigen Augenbrauen blitzten schwarze Opale hervor. Kohres wusste nicht, wie lange der Alte dort schon saß und warum er ihn nicht bemerkt hatte. Er schüttelte den letzten Gedanken an Zerstörung und Wahnsinn ab und trat auf den Alten zu.
„Ihr seid Ga-Tan?“
Der Alte entblößte ein weißes Lächeln.
„Ja.“
Ga-Tans Stimme klang kraftvoll und tief. Etwas, dass Kohres dem alten Greis nicht zugetraut hätte.
„Ich brauche Euer Wissen Ga-Tan. Ich habe gehört, dass ihr Euch auf Traumdeutung versteht. Ich muss etwas wissen.“
„Möge dein Geist nicht verwirrt werden, deine Hände anmutige Bewegungen ausführen können und deine Seele dem Edelmut deiner Ahnen gerecht werden.“
Kohres stutzte. Er schüttelte den Kopf.
„Bitte, was?“
Ga-Tan lächelte.
„Bist du taub oder was, Bürschchen?“ Der Alte holte eine Pfeife hervor und steckte sie sich umständlich an. Kohres stand wie angewurzelt und verfolgte jede der Bewegungen des Alten. Ga-Tan zog ein paar Mal an der Pfeife und musste anschließend erbärmlich husten. Mit Tränen in den Augen wandte er sich wieder zu Kohres.
„Ich will dir mal was sagen, Bürschchen. Solche wie du kommen ständig hier her. Erklär mir dies, erklär mir das. Hilf mir hiermit, hilf mir damit.“ Er gestikulierte wild mit seiner Pfeife und kleine Tabakkrümel flogen durch die Luft.
„Also Folgendes.“ Ga-Tan sog genüsslich an der Pfeife.
„Schlaf erstmal aus. So wie du aussiehst hast du weder ein offenes Ohr für meine Worte, noch ein offenes Auge wenn wir fertig sind.“
Khores schnappte nach Luft und wollte zu einer Antwort ansetzen, doch der Alte unterbrach ihn.
„Aaah, nein! Keine Widerworte! Erst essen und schlafen, dann die Erleuchtung. Ich muss es wissen, ich habe einmal einen Tag lang nicht gegessen und nicht geschlafen um nachzudenken.“
Khores hob eine Augenbraue. „Was hat es gebracht?“
„Nichts. Ich war hundemüde und hatte einen knurrenden Magen.“ Er schloss die Augen und sog noch mal an der Pfeife. Khors Kopf schwirrte von den Worten des Alten. Er zweifelte daran, hier Antworten zu bekommen. Vor allem aber zweifelte er daran, sie von dem Alten zu bekommen.
„Mjinn!“
Kohres griff unbewusst zum Schwert, als eine kleine Gestalt mit einer Harke in der Hand hinter einer Seinsäule auftauchte und sich vor Ga-Tan verbeugte.
„Meister.“ Begann sie zögerlich.
„Mjinn, dies hier ist unser Gast auf unbestimmte Zeit.“ Ga-Tan gestikulierte ein paar Mal in Richtung Khores, der keine Anstalten machte, dies zu bemerken. Erst als eine Pfeife auf seine Rüstung prallte und ein blechernes Echo in der Halle ertönte, schrak er auf.
„Dein Name, mein Junge.“ Ungeduldig bedeutete er Kohres ihm die Pfeife zurückzugeben.
„Khores Mordis.“ Brachte der nun vollends verblüffte Söldner hervor.
„Mjinn du wirst Khores Mordis ins Novizenzimmer bringen. Die sollen ein bisschen zusammenrücken dort. Er soll essen und schlafen, aber das weißt du ja bereits.“ Die Stimme des Alten wurde eine Spur schärfer.
„Morgen wirst du mit ihm trainieren.“
„Was?“ Khores und Mjinn hatten gleichzeitig gesprochen.
„Meister, das Lehren ist nur den höheren Schülern gestattet. Ich selbst bin noch nicht bereit für diese Ehre.“
Ga-Tan musterte sie unter den buschigen Augenbrauen hervor. Ein Laut des Unmuts kam über seine Lippen.
„Du kannst das Neue erst verstehen, wenn du dir das Alte vor Augen führst Mjinn. Lerne und lehre gleichermaßen!“ Sein Ton duldete keinen weiteren Widerspruch.
Mjinn blickte zu Boden.
„Bitte kommt mit mir Kohres Mordis. Ich werde Euch zu den Novizen bringen.“
Khores presste die Hände an die Schläfen und gab einen grimmigen Laut von sich.
„Was soll das alles? Ich suche lediglich eine Antwort auf meine Frage. Ich habe nicht vor hier Novize zu werden oder sonst irgendwas.“
Mjinn sah ihm erschrocken in die Augen. Ihr Mund stand einen kleinen Spalt breit offen als wolle sie sagen: Wie kannst du nur? Doch sie blieb stumm.
Ga-Tan sprang mit einer für sein Alter erstaunlichen Beweglichkeit von der Steinsäule. Er ging Khores grade mal bis zum Kinn.
„Junge, glaubst du wirklich, dass dir irgendjemand außer dir selbst, Erkenntnisse über dich geben kann?“ Ga-Tan lachte, als hätte er soeben einen wunderbaren Scherz gemacht.
„Jetzt geht schon ihr zwei.“ Er gab den wie vom Donner gerührten Khores einen kleinen Schubs Richtung Mjinn.
„Nun geht schon ihr zwei. Ach und Mjinn!“ Sie hielt in ihrer Bewegung inne.
„Lauschen ist eine wirklich schlechte Angewohnheit!“ Mjinn nickte nur und setze ihren Weg fort, einen vollkommen verwirrten Kohres im Schlepptau.

„Nein nein nein, noch einmal von vorne.“ Mjinn stöhnte entnervt auf, als Kohres zum hundertsten Mal die Bewegung vergaß.
„Zuerst setzt du den Bogenschritt und dann erst kommt die Handbewegung.“
Khores stand der Schweiß auf der Stirn. Seit drei Stunden stand er jetzt mit Mjinn auf dem Sandplatz und übte eine Bewegungsabfolge, der er einfach nicht Herr werden wollte. Mjinn konnte nicht anders und rollte mit den Augen. Sie bemühte sich, etwas von dem Wissen, das ihr Meister Ga-Tan vermittelt hatte, an Kohres weiterzugeben. Aber Nichts, was sie ihm sagte, fiel auf fruchtbaren Boden. Mjinn seufzte und setzte sich in den Sand.
„Mach eine Pause Kohres.“ Sie hoffte, dadurch Zeit zu gewinnen um einen neuen Lehransatz zu finden. Für sie selbst waren die Bewegungen so selbstverständlich. So weit sie sich zurück erinnern konnte, hatte sie diese Bewegungen gelernt. Immer und immer wieder. Khores schien Ähnliches zu beschäftigen.
„Lernt ihr das hier alle von Klein auf? Ich meine, hat niemand hier jemals etwas anderes gemacht?“
Er setzte sich neben Mjinn und begann Sand durch seine Hand rieseln zu lassen. Mjinn sah ihm eine Zeit lang dabei zu ehe sie antwortete.
„Kohres, Ihr seid ein Soldat nicht wahr?“
„Sicherlich. Ich kämpfe als freier Söldner für die Flammende Faust.“ Der Stolz in seiner Stimme war unverkennbar.
„Und wart ihr schon immer ein Soldat?“
„Nunja.“ Kohres dachte angestrengt nach. „Mein Vater war einer und er hat mir das Kämpfen in die Wiege gelegt, wie man so schön sagt. Ich konnte mit dem Schwert umgehen, lange bevor ich Lesen und Schreiben lernte.“
Mjinn biss sich auf die Zunge. Selbst ohne seine Rüstung wirkte dieser Mann grobschlächtig und schwerfällig. Sie traute ihm zu, einen Baum zu fällen, nicht aber Lesen und Schreiben zu können. Immerhin war er Soldat.
„Ich bin von klein auf hier im Kloster aufgewachsen. Meister Ga-Tan fand mich eines Morgens auf der Schwelle mit einer Bitte sich um mich zu kümmern. Außer mir gibt es noch viele, die aus ähnlichen Gründen hier sind. Waisen oder ungewollte Kinder. Nur eine Handvoll Novizen kam später hinzu. Sie haben sich von ihrem alten Leben verabschiedet um dem Weg der Harmonie zu folgen.“
„Ist es das was sie dir hier beibringen? Harmonie?“
Mjinn sah auf und direkt in seine grauen Augen.
„Es ist das, was ich lernen möchte.“
Kohres dachte einen Moment nach. Ihm fiel auf, dass sein Kopf sich leichter anfühlte als noch am Tag zuvor. Kein Brummen und Stechen. Nichts, was ihn an Zerstörung denken ließ. Das Klacken des Bambusbrunnens ließ ihn wie aus einer Trance erwachen.
„Und wie läuft das hier so ab? Lernt ihr bis ihr damit im Zirkus oder so auftreten könnt oder was macht ihr mit dem Gelernten?“
Mjinn ballte die Fäuste um den Sand.
„Ich werde sicher nirgendwo damit auftreten. Die Wege, die hier gelehrt werden sind Wege der Weisheit und nicht für den Zirkus gedacht.“
„Dann erzähl mir etwas über deine Weisheit. Wie weise bist du denn schon?“ Khores grinste. Er hatte nur einen Scherz machen wollen, aber Mjinn schluckte hart und warf ihm einen bitterbösen Blick zu. Als sie sprach, war sie hörbar um Fassung bemüht.
„Ihr, Kohres Mordis, werdet von Alpträumen geplant. Träume, in denen ihr Vernichtung und Tod über die Welt bringt. Ihr sucht ein ehrwürdiges Kloster auf, weil Euer beschränkter Geist nicht in der Lage ist, zu erkennen, was sich hinter diesem Traum verbirgt. Ihr glaubt, Ihr stürmt hier einfach herein, bekommt ein paar nützliche Informationen, wie Medizin und schon könnt ihr gehen und seid des Lebtags Eurer Sorgen los? Macht es Euch nicht zu einfach!“ Mjinn war mit den letzten Worten aufgesprungen. Auch Kohres erhob sich langsam. Sein Gesicht in Stein gemeißelt.
„Was weißt du über meine Träume?“
„Die Novizen haben davon erzählt. Ihr habt lebhafte Träume, Kohres Mordis! Ihr habt im Schlaf Euer Schwert umklammert und beinahe ein Unheil unter den Novizen angerichtet. Der Meister hat verboten Euch davon zu erzählen. Aber ich tue es! Ihr seid eine Gefahr!“
Mjinn war einige Schritte zurückgewichen. Ihr Herz klopfte vor Erregung. Nie hätte sie sich träumen lassen zu einem Gast solch unverfrohrenen Worte zu sagen. Sie spürte Hass und Angst in sich aufsteigen. Mehr noch, als sie an die Unterhaltung ihres Meisters mit diesem Soldaten dachte. Er hatte zu ihm gesprochen, wie zu einem Gleichgestellten. Keine verschleierten Worte. Mjinn wusste nicht wohin mit ihren Gefühlen. Einerseits wollte sie dem Willen des Meisters folgen und diesem Mann den Weg zeigen. Andererseits verabscheute sie den Gedanken, einem Unwilligen ihr heiliges Gut zu offenbaren. Perlen vor die Säue, dachte sie und hasste sich dafür.
Khores griff sich an die Stirn. Da waren sie wieder. Bohrende Kopfschmerzen und der Wunsch nach Blut. Dem Blut der kleinen Frau, die so ungeschützt vor ihm stand.
„Ah, fleißig fleißig ihr zwei. Möchtet ihr Tee trinken?“
Ga-Tan schob sich auf den Sandplatz. Er hatte die Hände hinter dem Rücken verschränkt und lächelte ein unergründliches Lächeln.
„Oh jetzt seht mich nicht an wie die Ölgötzen! Sicher seid ihr erschöpft vom Üben. Kohres Mordis, auf ein Wort. Mjinn, dich bitte ich den Steingarten wieder her zu stellen.“
Mjinn schrie vor Wut.
„Meister was soll das? Er ist eine Gefahr! Die Novizen…“
„Mjinn, ich allein entscheide, wie ich mit einem Gast verkehre. Bitte geh jetzt.“ Ga-Tans freundliches Gesicht war verschwunden. Kohres schien es, als würde er wachsen. Das war nie und nimmer ein alter tattriger Greis, der da vor ihm stand!
Mjinns Augen füllten sich mit Tränen.
„Aber Meister, ich verstehe nicht! Wieso werden ihm die Ehren zuteil, für die andere unseres Klosters...“
„Sprich für dich selbst!“ donnerte der Meister.
Mjinn fuhr erschrocken auf.
„Ist es nicht so, dass du dich selbst ungerecht behandelt fühlst? Ist es nicht so, dass dein Jähzorn dich beherrscht?“
Mjinn stand wie vom Donner gerührt. Keine Worte fielen ihr ein. Nichts, womit sie sich hätte rechtfertigen können.
Kohres blickte abwechselnd vom Meister zu Mjinn. Was ging hier vor? War sie eifersüchtig auf ihn?
Noch bevor Kohres ein Wort hervorbringen konnte, hob der Meister abwehrend die Hand.
„Ich wünsche nicht, heute noch weiter von dir unterbrochen zu werden Mjinn. Bedenke, dass ich das Vertrauen dieses Menschen besitze.“
Er deutete zu Kohres.
„Und ebenso sollte ich dein Vertrauen besitzen. Und als dein Meister, sollte ich auch deine Liebe besitzen. Beides jedoch könnte deinem Herzen nicht ferner sein. Ich spreche zu ihm, wie er mich versteht und ich spreche zu dir, wie du mich verstehst Mjinn. Lass nicht zu, dass deine Gefühle deinen Verstand trüben.“
In ihren Ohren rauschte das Blut. Ihre Kehle brannte und sie senkte den Blick. Stunden schienen es ihr, die sie auf dem Übungsplatz stand. Irgendwann trugen sie ihre Füße zum Steingarten.
Kein Mondlicht fiel in dieser Nacht in den Klosterhof. Dunkle Wolken zogen, getrieben von einem starken Westwind, wie schwarze Reiter am Himmel entlang.
Mjinn harkte den Sand im Steingarten. Immer wieder fuhr die Harke ein und dieselbe Stelle nach und trieb eine tiefe Kuhle in den Sand. Mjinn jedoch starrte ins Leere. Verbittert bearbeiteten ihre Hände den Stiel. Warum nur bekam sie keine klaren Aussagen? Kohres war nicht einmal einen Tag in diesem Kloster und der Meister lud ihn zum Tee.
Keine Rätsel, sondern ein offenes Gespräch. Mjinns Hände packten den Stiel fester.
Er war nur ein einfacher Soldat. Sie hingegen war eine der besten Schülerinnen in dem Kloster. Ihr Griff wurde noch fester.
Kohres hatte es überhaupt nicht verdient mit dem Meister zu reden. Seine Weisheit war nicht für grobschlächtige und uneinsichtige Kreaturen. Der Stiel zerbrach in Mjinns Händen.
Erschrocken sah sie darauf. Ein wenig Blut quoll zwischen ihren zusammengepressten Fäusten hervor. Holzsplitter steckten in der Haut. Der Schmerz brachte sie zur Besinnung.
Da war sie wieder. Diese unbändige Wut, die sie seit Kohres Ankunft spürte.
Plötzlich fühlte Mjinn sich erbärmlich. Kohres war ein Neuankömmling. Sein Geist war noch nicht stark genug, alles zu verstehen. Unendliche Geduld war eines der großen Ziele. Und sie hatte es nicht einmal einen Tag lang geschafft den Soldaten zu unterrichten. Keine Geduld. Kohres hatte noch alle Zeit der Welt. Sie übte bereits seit über zwanzig Jahren. Über zwanzig Jahre hinweg hatte sie nichts gelernt.
Und welche Ausrede hatte sie?
Mjinn bekam Gänsehaut.
Die Überreste der Harke glitten ihr aus den Händen. Mit hängendem Kopf und leerem Blick verließ sie den Steingarten. Ein leises Klacken des Bambusbrunnens tönte durch den Sturm. Die Träne, welche sich heimlich über Mjinns Gesicht stahl, fiel ungehört auf den Sandboden.
 

Zelon Engelherz

Wachritter des Helm
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Und zum dritten Mal steht fest: Sheera schreibt die bessere Geschichte. Da kann ich nicht mithalten(wobei ich auch dachte, dass ich mehr geschrieben hätte^^).

Mjinn ist bei mir mehr ein steifer Stockfisch mit Lippen, Sheera gibt ihr richtig Tiefe und ist auch stilistisch überlegen. Einziger Kritikpunkt ist für mich, dass ich jetzt wissen will was Kohres(nicht Khores, wobei sich darüber ja auch streiten lässt:p ) und Meister Ga-Tan zu besprechen haben. Kommt mir wie ein ganz böser Cliffhanger vor:D.

Daher kriegt Sheera auch den Punkt von mir*Hut zieh*.

Ehre wem Ehre gebürt(auch wenn ich es beim Punkte zählen später bestimmt wieder bereue;) ).
 
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Durin

Schlachtenwüter
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Also .... hm. Zelons Geschichte lies mich mit einem großen Fragezeichen zurück. Erstmal ist das Schwert das nach dem Charakterhintergrund ja wahrscheinlich irgendwie plotzentral ist wieder mit keinem Wort erwähnt, aber auch sonst: Wir erfahren, dass er Alpträume hatte. Und manchmal auch sehr friedliche Träume eines Mircus - und dass treibt ihn in den Wahnsinn - oder wahrscheinlich doch eher die Alpträume. Also ich hätte schon in dieser Geschichte etwas mehr Info über Mircus erhofft, aber das ist ja jetzt ehe egal, denn es geht ihm ja besser. Auch wenn beiden klar sein sollte, das die Therarapierfolge nicht von Dauer sind. ;) ... Zumindest Kohres weiß es ja, drum frage ich mich, wieso er dann freudig dem Sonnenuntergang entgegenreitet, in der Gewissheit, das sein Leben sich schon bald wieder in den Lebenden Alptraum verwandelt, anstatt ... sagen wir ... mal zu fragen wo das nächste Zen- Kloster ist in dem er dann nach der Demo-Version von "Still Mind (Ex)" endlich regulär den Mönch multiclassed, wenn das offensichtlich für ihn klappt.
Der fehlende Bezug der einen vielleicht storyrelevanten Information, das Ende das sinnlos fatalistisch war - das war irgendwie seltsam.


Okay, dann Sheera. Die Charaktere werden interessanter hingestellt, auch weil Mjinn hier eben noch nicht Nirvana erreicht hat (Oh, das war Buddhismus und nicht Taoismus? My bad). Die Story erscheint zielgerichteter wie Mjinn mit ihrem eigenen Jähzorn konfrontiert wird, ob das aus ihr selbst kommt, oder doch supernaturelle Beeinflussung im Spiel ist - wer weiß. Ob sie klar kommt, kompensiert, oder sehr dramatisch ausflippt - wer weiß. (Edit: Stimmt, was der Meister über Kohres weiß - wer weiß #3).
Ich nicht, denn urplötzlich ist die Geschichte zu Ende und ich denk nur: Was? Mitten drin? Das ist kein offenes Ende, das ist ein offener Klimax!


Die Geschichten sind halt beide irgendwie gut, weil ich bei beiden eigentlich "mehr" will, aber dementsprechent noch unvollständig. Mehr Informationen von Zelon, warum ich mich für diese Mircus-Träume interessieren und dieses Ende akzeptieren sollte und mehr Ende von Sheera weil ihre Geschichte mittendrin einfach abbricht. :) Kann mich noch nicht entscheiden.
 
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Sheera Li

Kaleidoskop
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:) Ich gebe Zelon meinen Punkt. Und zwar, weil ich finde, er mehr Handlung in seine Geschichte packt, Mjinn zur Ruhe und Harmonie bringt, die ich vergeblich zu beschreiben versuche und weil trotz der Trennung der Beiden eine Art Happy End entsteht.

:D Und ein klitzekleines bisschen Liebesgeschichte aus der irgendwie nichts wird weil er zu rauhbeinig ist und sie nix checkt und auf so was steh ich total! :D *quiiietsch*
 

Armanz

Zeitloser Dichter
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Auch wenn beide Geschichten verschiedener nicht sein könnten, finde ich sie ähnlich. (Fragezeichen an mich selbst:D)
Mein Punkt geht an Zelon, weil seine Geschichte meiner Meinung nach das Thema getroffen hat.
Irgendwie.
Wobei die Rechtschreibefehler ein bisschen stören :P
Bei Sheera würde ich wirklich gerne wissen, was Kohres, nicht Khores oder Khors :D mit dem Meister zu besprechen haben.
Hoffentlich steigert sich Zelon nächstes Mal wieder.
 

Timestop

Running out of Time
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Hm....grübel? :D

Dank Sheeras Charakter gibt es bei Zelon mal eine klarere Erzählstruktur und die Fernostphilosophieeinflüsse wirken ein. Dadurch wird, wie auch sein Charakter, seine Geschichte bzw. Schreibstil "geheilt".:D
Vielleicht nur temporär, aber es liess sich mal gut am Stück lesen, ohne Verwirrung.
Allerdings fehlt hier ein echter Plot, wobei man das auch einigen anderen Geschichten vorwerfen müsste (hüstel) und so bleiben am Ende nur "The wise and the broken". Gemeinsam einsam.

Sheeras Text ist mit sanften Humor und ebenfalls der ruhigen klösterlichen Philosophie berreichert, hat aber den Cliffhanger und macht Kohres (dessen Namen eine größere Verwandlung durchlief als sein Charakter:D) etwas unwirscher. Während er bei Zelon eher zwischen erschöpfter Depression und extremen Durchdrehen wechselt, wirkt er hier auch bei klarem Bewusstsein oft unhöflich und aggressiv.
Aber die Idee dass hier (der) Zorn abstrahlt finde ich gelungen, der Meister ist herrlich, aber dann ein Cliffhanger.

Dass die beiden aber doch in einigen Punkten so ähnliche Ideen hatten, ein Meister-Schüler-Verhältnis aufzubauen, Khores Heilung als Thema, Konzentration auf die Philosophien. Beide mal ist der eigene Hauptcharakter (weiter) angeschlagen am Ende. Gut, manches bot sich zu sehr an, aber dennoch knuffig.:D

Trotz des Cliffhangers bekommt am Ende Sheera ganz knapp den Punkt.
 

Irotor

Member
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Ich mach es dieses Mal kurz, weil meine Vorposter das ganze schon gut zusammengefasst haben: Ähnliche Ideen, anderer Ausgang/Fokus, gute Charakterbeschreibung bei beiden, wobei den Ausschlag für mich gegeben hat, dass bei Sheera mehr Tiefgang in die Charaktere "hineingeschrieben" wurde. Der Punkt geht also an Sheera, allerdings sind beide Geschichten nicht schlecht, nur wirken halt beide etwas unvollständig, aber das hebt sich dann ja auch gegenseitig auf.
Der Punktestand ändert sich übrigens nicht, ich hatte nämlich schon heute um 2 Uhr abgestimmt, hatte um die Uhrzeit aber keine Lust mehr, etwas dazu zu schreiben ;)
 

Mantis

Heilende Hände
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Beides schöne Geschichten :)

Bei Zelon fand ich besonders die Entwicklung zwischen den beiden Charakteren schön zu lesen: wie sich die zwei näher kommen, obwohl schon klar ist, dass es nie klappen kann. Anders als hier schon erwähnt find ich Kohres´ Bemühungen und das Ende der Geschichte nicht "sinnlos fatalistisch", sondern durchaus passend zum Charakter. Klang doch - für mich zumindest - sogar optimistisch?
Fragen bleiben offen; wer ist dieser Mircus, und was hat er mit Kohres zu tun? Werden wir es jemals erfahren? ;)

Mein Punkt geht an Shee: Die Imperfektion von Mjinn, die sich doch noch nicht unter Kontrolle hat, trotz all der fernöstlichen Philosophie und des Steingartenharkens. Und dass sie, einzig aus Neid und noch fehlender geistiger Ruhe, Kohres in Sachen Jähzorn und Ungeduld durchaus ebenbürtig ist.
Und natürlich der Meister Ga-Tan :D:up: und das Ende gefiel mir auch. Schön mitten drin abgebrochen, sodass man nicht weiss, was sich da noch alles ereignen könnte.

Ah, ich merk schon, alle meine Worte sind für meine eigene Geschichte draufgegangen. ^^ Sorry. :D Aber, wie gesagt, haben mir beide sehr gut gefallen :)
 

Aurelia

Lichtbringerin*
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Ich finde beide Geschichten auch richtig gut gelungen. :):up:
Beide verstehen es, den Leser zu fesseln - Zelon mit seinem gebrochenen Helden und dem Touch L'Amour (Yay! :D:up:) und Sheera, die uns grandios die innere Zerrissenheit ihrer Mjinn schildert.

So richtig entscheiden kann ich mich deshalb noch nicht...:hae:

Beide Geschichten sind sehr gut geschrieben - bei Sheera's Schilderungen, wie Mjinn geduldig den Steingarten harkt, habe ich regelrecht das "Om" gespürt.:D

Ich werde sie nochmal lesen und mich dann entscheiden - also hoffentlich.:shine:


Edit: Gaaaaaaanz knapper Punkt an Zelon. Aber Sheera ist auch toll.:up:
 
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Enigma

Suchender
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Mircus ist der (oder ein) Vorbesitzer von Zorn, unter anderem hier zu finden.

 
 

skull

Thronfolger
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Punkt an Shee, weils ne super Geschichte ist und da ich diese Runde mit Cliffhangern sympathisiere.:D

Ne, ich finde Shees Geschichte einfach vom Stil her insgesamt stimmiger und besser zu lesen.

Bei Zelon stören mich Formulierungen wie "den Wind furzen hören". Das soll vielleicht die rauhbeinige Natur des Hauptcharakters unterstreichen, passt letztendlich aber gar nicht in diese Geschichte von Harmonie und aufkeimender, zum Scheitern verdammter Verliebtheit.
 

Micha

Kutte
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Hm, irgendwie hat mich die Geschichte von Zelon mehr angesprochen, auch und gerade das Ende (ich finde, seine Geschichte wird zum Schluss hin immer besser). Und das, obwohl ich an Sheeras Geschichte nichts auszusetzen habe... naja, kurze Rede, kurzer Sinn: Punkt an Zelon.

@Durin
Ich denke, Zelon wollte diese Phase der Verliebtheit beschreiben, wo man sich (noch) gut und hoffnungsvoll fühlt, obwohl man durchaus weiß, dass es damit in einigen Tagen mangels Erwiderung zuende sein wird. Und das hat er in meinen Augen sehr schön hinbekommen.
 

Rote Zora

Pfefferklinge
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Unglaublich!
Ganz, wirklich ganz knapper Punkt an Zelon, eigentlich aus den Gründen wie Micha sie genannt hatte. Dabei hat Sheere hinreißend erzählt, je länger, je lieber hätte ich von ihr lesen können. Und sie hat geschafft, dass ich mich in diese Mönchin genauso verlieben konnte wie Zelons Kohres.
Einziger kleiner Kritikpunkt ist Ga-Tan. Er ist der Meister, und er wirkt selber an vielen Punkten ungehobelt und unbeherrscht. Solche Sätze wie "Bist du taub oder was, Bürschchen?" passen nicht zu ihm, und gerade nicht zu Mijnns Eifersucht, wonach Kohres ja als Ehrengast behandelt wird.
Dagegen ist Mijnns Kampf mit dem ungehobelten Kohres, ihrer eigenen Ungeduld und Eifersucht grandios.
Ich will mehr davon, von beiden!
Könnt ihr nicht noch drei Fortsetzungen schreiben?
ZORA
 

Christa

Universaldilettantin
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Mir gefallen beide Geschichten sehr gut. :up:

Ausschlaggebend war letztendlich Zelons Liebesgeschichte, deshalb geht der Punkt an Zelon.
 

Maus

Senior Member
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Hm, Zelon hat eine nette Geschichte geschrieben; Liebesgeschichten sind allerdings nicht so mein Ding. Alles sehr harmonisch mit einem Hauch Melancholie.

Aber Sheeras Geschichte hat mich mehr gefesselt, auch wenns handlungsmäßig eher wenig war. Daher Punkt für sie. Auch wenn es bei beiden irgendwie wenig Kritikpunkte gibt.
 

Kraven

Lernender
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Gah... bedingt durch jobinduziertes Jetlag (nie wieder Früh- und Nachtschicht am selben Tag, nie wieder :c: ), fällt es mir grade schwer, die Kritik ausführlich werden zu lassen. Darum einfach mal kurz:

Zelons Geschichte ist für sich genommen eine sehr gute Arbeit. Schöne Stimmung, gut ausgearbeitete Charaktere, und die Idee gut umgesetzt. Auch der Stil hat sich verglichen mit der ersten runde stark verbessert, die Rechtschreibfehler sind weniger geworden... joah. Eigentlich gibt's da wenig zu meckern.

Aber Sheera komponiert halt nebenbei ein kleines Gemälde. Dieser Steingarten, der mit jedem geschriebenen Wort eine Ruhe sondersgleichen ausstrahlt. Sie schafft es wirklich, diesem Bild einen Rhythmus einzuverleiben, mit dem Knirschen der Harke auf Kies, mit dem Klacken des Bambusbrunnens... eine Ruhe, die dann von Kohres durchbrochen wird, und dessen Ankunft sowohl die Kreise, als auch die innere Ruhe der Protagonistin stört. Die Motive in der Geschichte sind sehr schön ausgearbeitet, die Charaktere gut integriert, und grade Mjinn gewinnt höllisch an Tiefe.

Das ist ein weiteres Mal eine Stimme, bei der es mir nicht leicht fällt, sie zu geben, weil ich bei Zelon eben nirgends mit dem Finger drauf zeigen könnte, was mich wirklich gestört hätte.
Aber Sheeras Geschichte hat mich schlicht und ergreifend in ihren Bann gezogen. Einen Punkt für einen malerischen Zengarten.
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Nach vielfachem drüber schlafen habe ich beschlossen, das Sheera - Li den Punkt bekommt.

Ich kann nicht mal mit den Kommentaren etwas anfangen, noch weniger mit den Geschichten selbst. Die sind nicht spannend, die sind nicht dramatisch, die sind nicht lustig, die sind ... was auch immer. Ich finde beim besten Willen keinen Zugang.

Aber wenigstens hat Sheera - Li mich nicht mit solchen Stilblüten gequält:
Rannte weiter.
Rannte weiter und stolperte.
Rannte weiter, stolperte und fiel schließlich zu Boden.
Rannte weiter, stolperte, fiel schließlich zu Boden und stöhnte anschließend.
Rannte weiter, stolperte, fiel schließlich zu Boden, stöhnte anschließend, erhob sich noch einmal und erbrach sich auf der Erde.
Rannte weiter, stolperte, fiel schließlich zu Boden, stöhnte, erhob sich noch einmal, erbrach sich auf der Erde und fiel mit dem Gesicht voran in die übel riechende Masse.
 

skull

Thronfolger
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Gala, du schmeisst nach einer harmlosen Kabbelei über deinen Charakter mit gefühlten 20 von denen :grmpf: hier um dich und bist zutiefst beleidigt— und dann rotzt du hier mal eben so nen derartig niedermachenden Kommentar raus, in dem du dir nichtmal das Wort 'gequält' verkneifen kannst. Denk da doch nochmal drüber nach.
 
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