Politik, 12. Staffel

Elfchen

Flügelkobold
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"Ob Trump nun ein "Sexist" ist oder nicht ist a) subjektive Wahrnehmung und b) komplett irrelevant für einen Staatsmann."

Ähm. :hae: Aber kein bisschen ist das irrelevant. Okay, richtiger: *ich* finde das kein bisschen irrelevant. Besonders jemand, der ein ganzes Land nach außen vertritt, hat in meiner rosa-hippie-zuckerwattigen Wunschvorstellung weder sexistisch, rassistisch, homophob oder ähnliches zu sein noch Behinderte nachzuäffen oder Leuten cholerisch schreiend ins Gesicht zu lügen. (Und der Rest der Menschheit genausowenig.)

Ja, mir ist durchaus klar, dass auch andere Politiker und Staatsoberhäupter nicht meiner Wunschvorstellung entsprechend, ich wünschte mir das bei denen genauso, aber in Trumps Fall ist das einfach so schreiend und wehtuend deutlich, dass ich keine Ahnung hab, wie man diesen Menschen wirklich ... wie man ... ne, mir fällt nichtmal ein Satzende ein. Sorry.

Ich geh hier lieber wieder raus, das regt mich zu sehr auf. :o
 

Rink

Strassenköter
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Als einer der sich sehr stark informiert und die meisten Pressekonferenzen der Trump-Regierung geschaut hat, möchte ich nur kurz erwähnen: Nein, es sind nicht nur die "Massenmedien". Ich finde es auch absurd, wie viele rechtschaffene Medien, welche berichten, was effektiv passiert (New York Times, Washington Post, Wallstreet Journal, PBS, ABC, BBC) mit eher spekulativerer Berichterstattung à la CNN in den gleichen Topf geworfen werden, um sie pauschal zu diskreditieren und dies ohne konkrete Beweise von Falschmeldungen. Und dies natürlich, während Trumps Twitter und Foxnews ständig haarsträubende Falschmeldungen verbreiten, welche nur selten korrigiert werden. Im Grunde interessieren sich viele Leute gar nicht mehr für die Fakten, die Meinungen zu Trump sind auf beiden Seiten gemacht und sicherlich beidseitig zu extrem gefärbt.

Ich finde Trump durchaus charismatisch und ich bin sicher, er hat im Grunde gute Intentionen. Mein Hauptproblem ist aber, dass er die Sachen nicht durchdenkt. So hat Trump auch keinerlei konkrete Pläne/Policies für das Land, er hat ausschliesslich Ziele. Er setzt sich die Ziele zuerst, utopisch und ohne Verständnis für die komplexen wirtschaftlichen und sozialen Systeme und andere müssen den Weg dorthin erarbeiten, völlig egal, ob ein Weg dorthin überhaupt existiert. Dies haben zwei Minister in Pressekonferenzen bestätigt, dass sie die Wahlkampfrallies von Trump schauen mussten, um die Ziele für das eigene Departement festzulegen und dann selbständig Wege dorthin erarbeiten müssen.
So hat Trump in seinen Rallies ja immer betont, dass er die Steuerreform mittels grösserem Wachstum von 5%+ des BIP kompensieren will, so dass das Defizit nicht weiter wächst. So ein Wachstum ist aber grade angesichts der Vollbeschäftigung in den USA völlig unrealistisch.

Ich glaube nach dem ersten halben Jahr ohne grosse Gesetzesänderungen und mit ständigen Problemen seiner Policies, ist schon ersichtlich, dass dies nicht wirklich aufgeht (kein Mauerbau im Budget 2017, Muslim-Ban 2x geblockt, abgeschwächt und erneut angefochten, healthcare reform heftig umstritten, tax reform in den Kinderschuhen, international hat er den Ruf der USA nach ständigen diplomatischen Fehltritten mit dem Austritt aus dem Pariser Abkommen noch gänzlich gegen die Wand gefahren). Da kann man noch so die Zahlen zitieren, welche entweder aufgrund der guten Ausgangslage erreicht wurden oder aufgrund einem „Optimismus“ entstehen, dass Trump die Unternehmenssteuern senken wird und daher dort später mehr Geld zu holen ist. Es gibt durchaus Messwerte, welche zuverlässig wären, so zum Beispiel das Wachstum des BIP. Dieses ist aber einerseits eher tief ausgefallen für die ersten 6 Monate und wird daher von Trump nicht zitiert, und andererseits kann man auch hier argumentieren, dass Trump erst einen Einfluss aufs BIP haben kann, wenn er Gesetze durchbringt, welche darauf einen Einfluss haben.
Die Präsidentschaft ist halt sehr unterhaltsam, aber wir werden ständig abgelenkt und Trump gelingt es bisher erfolgreich, seine Unfähigkeit gängige Lösungen zu erarbeiten zu überdecken. Und dies notabene mit dem Unvermögen diplomatisch zu agieren oder die Wahrheit zu sagen.
Kann man so ein Land führen? Scheinbar schon.
Kann dieses Land so erfolgreich sein? Wahrscheinlich nicht.

Ich hoffe einfach, dass diese Art zu kommunizieren, mit Beleidigungen ohne sich jemals für das Fehlverhalten zu entschuldigen, mit bewussten Lügen, mit Abwerten ganzer Bevölkerungsgruppen, Religionen und Länder, so hier nicht noch weiter Einzug hält. Die Politik ist bereits schmutzig genug.

@Ice
- EPA und NASA haben nichts miteinander zu tun ausser einer minimen Zusammenarbeit. Es ist die United States Environmental Protection Agency (EPA), welches Trump grösstenteils zusammenstreichen will.
- Glass-Steagall-Act: naja, nicht nur ist der Zusammenhang zwischen dem 1999 ersetzten Act und der 2007 einsetzenden Finanzkrise höchst umstritten und spekulativ; man muss hier auch betonen, dass dies höchstens insofern etwas mit Trump zu tun hat, als dass Trump die von Obama verschärften Gesetze für eine stabiliere Finanzbranche wieder rückgängig gemacht hat.
- globale Erwärmung: seit Trump im Amt ist, hat er die Regierung übrigens die globale Erwärmung und den Einfluss des Menschen daran nicht mehr bestritten. Einziger Streitpunkt war, dass die Trump Regierung forderte, dass wir darüber "reden" sollten, wie stark dieser Einfluss ausfalle. Was genau damit gemeint war, weiss ich nicht, denn die Bevölkerung streitet ja üblicherweise auch nicht mit Doktoren darüber, wie gross das Krebsrisiko eines Medikaments ist; dies überlassen wir idR den Experten.
 
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Val

Amazing lolcat
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Hier nochmal als Einzeiler:

Das brennende Auto der Pflegerin ist falsch, die Demonstration gegen den G20 ist richtig. Es ist durchwachsen, nicht schwarz weiß. Der öffentliche Diskurs geht allerdings nur über die Autos von sozial schwachen Menschen, obwohl man die in drei Wörtern abfrühstücken kann: Sollte nicht sein.

Fertig.

Was passiert als Nächstes?
 
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Kraven

Lernender
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Als nächstes stellt man sich die Frage, wie man verhindern kann, dass die sehr richtigen und wichtigen Proteste von radikalen Spinnern in den Dreck gezogen werden.


C: Wenn ich dich da in eine Kategorie gepackt habe, zu der du dich nicht zugehörig fühlst, tut mir das sehr leid, und ich möchte mich dafür entschuldigen. Ich habe das "ihr/euch" gewählt, weil ich auf der einen Seite das Gespräch durchaus auf einer persönlichen Ebene halten möchte (je distanzierter Thesen werden, umso fader scheinen sie mir), und weil ich dich, aufgrund deiner von mir wahrgenommenen Verteidigung von politisch motivierter Gewalt, so sie denn einem gerechten Zwecke dient, durchaus in die radikalere linke Ecke gestellt hätte. Ich wollte dich damit nicht beleidigen.

... nach dem Disclaimer war ja klar, dass ein Aber kommt.
Aber.
Wenn du politisch motivierte Gewalt als Zeichen des Protests gutheißt, bist du Teil des Problems.
Ist okay. Wir gehen das jetzt durch.

Dass du Randale nicht als gute Propaganda verkaufen wolltest, sondern als Zeichen der Verzweiflung und der Wut über die herrschenden Bedingungen, ist zur Kenntnis genommen.

Zwei Probleme mit dieser Ansage: Ob du das für gute Propaganda hältst oder nicht, ist nicht wirklich wichtig, meine Ansage ist, dass es schädliche Propaganda ist für eine eigentlich gute Sache.
"Ich bin gegen G20!" "Dann bleib mir weg mit deiner Meinung, mein Auto bleibt heil!" Jede Kritik an G20, dem System, dem Kapitalismus, such es dir aus, wird jetzt verbunden mit plündernden Idioten. Und die Linke schneidet sich ins eigentlich Fleisch, wenn sie sich nicht entschieden gegen solche Formen des politischen Ausdrucks stellt.
Das DIE Linke, als Partei, sich offiziell von den gewalttätigen Ausschreitungen distanziert, ist gut, wichtig und essentiell für das politische Überleben. Gut so.
Was ich vermehrt wahrgenommen habe, waren allerdings Meinungen wie die von Andreas Beuth. Rechtsvertreter der Roten Flora, große Figur in der autonomen Szene, und was sagt der dazu?
"Gewalt ist schon geil, aber doch nicht, wenn meine Scheiben eingeschlagen werden!" Ja, ich habe das paraphrasiert.

Oder dieser sympathische Herr aus dem Organisationsteam von Attac.
"Wenn wir die militanten Autonomen nicht einladen, lachen die doch über uns!"
Wow.
Selbst der Verfassungsschutz ist nicht tief genug gesunken für denSpruch.

Die Linke, oder, wenn dir der Term zu nichtssagend ist, die G20-Gegner kommen nicht gut weg mit solchen Sprüchen. Und sind dann letzten Endes selbst schuld, wenn mehr über die Krawallmacher berichtet wird als über die Ergebnisse des Gipfels. Sie haben nicht genug dagegen getan, dass besagte Krawallmacher in ihren Reihen aufmarschieren.

Mein zweites Problem mit der Aussage, dass Randalierer politisch motiviert agieren und mit ihren Taten ein Zeichen setzen wollen: Zum einen klingt es für mich, als würdest du mir sagen, Fußballhooligans seien einfach nur passionierte Sportfans. Erstens glaub ich das nicht. Und wenn ich es glauben würde, würde ich diese Leute allesamt in Therapie schicken, denn ihre Art, mit Frust umzugehen, ist erbärmlich.
Wenn man schon nicht aktiv hilft, sollte man wenigstens aus dem Weg gehen. Die Randalierer hingegen haben den politischen Prozess und die linksalternative Szene aktiv sabotiert.

Und die Legitmierung von Gewalt in Form von "Wir dürfen das, wir sind die Guten!" ist... gefährlich und dumm. Ich nehme meinen Hinweis auf Stalin und Konsorten darum auch nicht zurück, ich halte das für sehr wichtig:
Ich kann die schönste Rhetorik hinter jede meiner Taten stellen. Die haben alle für eine gerechtere Verteilung der Güter gekämpft, gegen die kapitalistische Unterdrückung. Das sind doch hehre Ziele! Das müssen doch dann die Guten sein!
Aber sie waren es nicht. Wir messen diese Menschen nicht an ihrer Propaganda, sondern an ihren Taten.

Ich mach den Vergleich mal eine Nummer kleiner: Ich muss kein einziges Wort von Pegida hören, keine einzige Zeile. Ich muss mir nur anschauen, was sie tun. Ich sehe Mobs, die sich vor ankommenden Flüchtlingsbussen scharen und kleinen Kindern Angst machen. Ich brauche keine einzige Zeile von politischer Motivation, um mir das erklären zu lassen. Diese Menschen sind nicht die Guten.

Wenn ein marodierender Mob aus frustrierten Autonomen und gelangweilten Wohlstandskindern durch die Schanze zieht und an ihren Problemen Unbeteiligten Schaden zufügt... jo. Das sind nicht die Guten.

Und dein Srebrenica-Vergleich greift nicht. Es sei denn natürlich, in diesen Läden hätten sich Zivilisten massakrierende Soldaten verschanzt. Oder Putin mit seiner Biker-Gang. Oder der Zwillingsklon von Hitler, irgendwas in der Art.
Aber das war nicht der Fall.

Und die autonome Szene tut sich schwer damit, sich von derartigen Aktionen abzugrenzen. Weil Straßenschlachten mit der Polizei halt inzwischen einfach dazugehören. Weil Revolutionen sexy sind. Weit mehr als der langweilige politische Prozess, der ewig braucht, aus nervtötenden Kompromissen besteht und einfach nichts dieses wunderschöne Narrativ bieten kann, das einer Revolution innewohnt. "Wir sind die Guten, dann haben wir alle Bösen erschlagen, und jetzt ist die Welt eine bessere!"
So funktioniert es nicht.

... ich bin mir unsicher, ob ich meinen Punkt gerade deutlich mache, und ich hab heute Abend eigentlich auch noch Dinge vor. Später vielleicht nochmal mehr.
 

Ice

Technomage
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Astaldo:
Habe ich hier https://kerzenburg.baldurs-gate.eu/showpost.php?p=1069229&postcount=2121 getan. Es gibt IMHO noch mehr, aber irgendwie ist es müssig hier das anzuführen, da a) von vielen Leuten Trump und egal was er tut eh nur durchwegs als negativ angesehen wird und b) ich dann als Trump-Jubler (oder Schlimmeres) betitelt werde. Hatten wir Beides schon.

Rink:
Nur weil gewisse Medien einen etwas anständigeren Ton anschlagen, heisst das noch lange nicht, dass diese nicht auch sehr tendenziös agieren. NIcht nur US-Medien gehören ganz wenigen Konzernen - und bei derat wichtigen Themen wie Politik und insbesondere Berichterstattung zu den Aktionen des Präsidenten gibt's da garantiert "Befehle von Oben". Sieht man an der Einseitigkeit der Berichterstattung.
"Im Grunde interessieren sich viele Leute gar nicht mehr für die Fakten, die Meinungen zu Trump sind auf beiden Seiten gemacht und sicherlich beidseitig zu extrem gefärbt."
Das ist leider nur allzu wahr.

Trump agiert eben wie ein Ami-Manager. Shoot first, clean up later... ;) Das stört mich auch (nicht nur bei Trump), ist aber der generellen Erwartungshaltung der Leute an Führungskräfte geschuldet. In den USA ist beispielsweise bei einem neuen Chef der new-CEO-move in den ersten 2 Wochen sehr wichtig, während dessen in Europa sich niemand daran stört, wenn ein neuer Chef erst mal 3 Monate lang nichts unmittelbar Sichtbares macht.
Mit "Muslim-Ban 2x" bin ich nicht einverstanden. Den Bürgern aus 7 Ländern wurden Beschränkungen bezüglich der Einreise in die USA auferlegt. Das ist weder ein "travel ban" noch ein "Muslim-Ban". Es hat rein gar nichts mit der Religion zu tun, wieso wird die Einreise-Beschränkung von Trump-Gegnern selektiv an der Religion festgemacht? Ist IMO eine Manipulation per se.
Mit den "durchgebrachten" Geetzen als Gradmesser hast Du recht, aber ich weiss nicht wie einfach oder schwer es für den Präsidenten der USA ist, Gesetze einfach so "durchzubringen" Weiss jemand wie das bei Bush oder Obama aussah? (Ich geh' später mal googeln)
Du hast das richtig formuliert: Der Austritt (oder die Absichts-Erklärung Trumps dazu) aus dem grösstenteils unverbindlichen und schwammig formulierten Pariser Klima-Abkommen ist vor allem ein Image-Problem.
Trump ist vor allem ein "persuader" (wie sagt man das neutral auf Deutsch? Überredungskünstler.), er wirkt vor allem durch Beeinflussung der Leute.
Ein "Abwerten ganzer Bevölkerungsgruppen, Religionen und Länder" findet IMHO vor allem in den Köpfen der Zuhörer/Leser statt. Wenn man alles was Trump sagt/schreibt durch die Negativ-Brille sieht, dann ja - dann ist er ein Despot/Lügner/Unfähiger/etc...

Die NASA-Budget-Kürzung http://thehill.com/policy/technology/324323-trump-nasa-budget-cuts-earth-climate-science-programs und die EPA-Budget-Kürzung https://www.washingtonpost.com/nati...11db20-09a5-11e7-a15f-a58d4a988474_story.html sind zwei veschiedene Dinge.

Trump hat meines Wissens nach erst CAGW (Catastrophic Anthropogenic Global Warming) komplett negiert (meines Erachtens nach ein Testballon) und ist dann zurückgerudert. Man kann das nun negativ als Schwäche sehen, ich denke aber eher, er wollte die Reaktionen testen und sehen, in welchen Ämtern und wo die Klima-Warm-Gläubigen alle sitzen.


Gruss, Ice
 

Caesar

C
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@ Ribalt (und einige andere die Sexismus schlimm finden): Schöne Posts :), aber das hat doch keinen Zweck :/

@G20

Wie wäre es am Anfang mit ein paar Zahlen zum Bürgerkrieg in HH.
1. Warum hat immer noch niemand die toten Autos gezählt? Ist das so aufwändig? Ist das eine Zahl die in keinen Taschenrechner mehr passt? Oder interessiert es vllt doch eigentlich niemanden? (Oder bin ich weiter zu blöd für google?)
2. DIe Anzahl der verletzten Polizisten wurde von 476 auf 231 korrigiert. Ein Schelm wer böses dabei denkt. Darin enthalten sind die, die aus Gründen die gar nichts mit Demos zu tun hatten auch nur irgendwie verletzt wurden. Man stelle sich vor 20.000 Menschen rennen 5 Tage lang durch HH, wie viele verletzte gäbe es da wohl? Von den 476 Verletzten (die es wohl tatsächlich gab aber die aich auch schon in der Vorbereitung verletzten, vllt beim zu viel Saufen und öffentlich Geschlechtsverkehr haben....) waren 21 am Tag danach nicht dienstfähig. Wie viele davon nun schlussendlich von einem der brutalen militanten Demonstranten verletzt wurden weiß niemand.
Warum langweilige Zahlen? Weil das ein gutes Beispiel für die völlig verzerrte Darstellung ist. Wer seine Bürgerkriegsphantasien durch Phantasiezahlen belegt, und wer schaut schon ne Woche später nach ob sich an denen was änderte, der trägt für mich mindestens genauso zum Vergiften der Stimmung bei wie jemand der Autos anzündet. Oder wie jemand sagt "Polizeigewalt hat es nicht gegeben". Was ist das denn für ein völlig bescheuertes Verständnis von Polizeiarbeit? Eine Kritiklosigkeit und auch Feigheit ohne ohne Ende. Ich erwarte Differenziertheit, vor allem von Polit-Typen und auch von Bullen Pressemitteilungen (letzteres ist mehr Phantasie meinerseits...).

@Kraven Beleidige mich! Beschimpfe mich und sei persönlich! Du weißt ich würde es auch tun! Und dann weinen wir am ende beide und haben uns lieb :D Aber tue es mit guten Gründen und nicht mit schlechten! Du machst da schon den ersten Fehler, dass du alle Linksradikalen in die gleiche Ecke stellst. Die werfen alle Steine! Oder jeder der sich nicht von Gewalt distanziert übt welche aus oder will, dass sie ausgeübt wird. Das ist falsch.

Mehr Zahlen! In Frankreich brennen jedes Jahr zwischen 30.000 und 40.000 Autos ab. Letztes Silvester alleine nahezu 1000. Wenn man sich "echte" Randale und Plünderungen anschaut ist wohl Frankreich 2005 https://de.wikipedia.org/wiki/Unruhen_in_Frankreich_2005 und England 2011 https://de.wikipedia.org/wiki/Unruhen_in_England_2011 die besten Beispiele. Gerade England sehr schlimm mit einigen Toten, Plünderungen, abgebrannten Wohnhäusern und ohne jegliche politische Forderung. Weil die die in HH Randaliert haben waren ja auch keine Demonstranten sondern Kriminelle. Genau wie in Frankreich all die Jugendlichen in den Vororten einfach Kriminelle sind. Wozu führt so eine Sichtweise? Zu gar nix!
Was bringt es denn sich davon zu distanzieren, das schlimm zu finden, die alle einzusperren und noch mehr Polizeistaat zu fordern? Dann eskaliert es eben woanders. Es ist auch völlig egal, dass das ganze schädlich für die Sache der betroffenen ist. Die meisten Berichte aus HH gehen inzwischen davon aus, dass es einige Scharmützel des schwarzen Blocks mit der Polizei in der Schanze gab, dass ein Großteil der Plünderungen und Randale danach aber von nicht politisch eingebundenen Menschen passierte. Wenn du ein ordentlichers linxextremistisches straf organisierters Subjekt bist, gehst du nicht das Risiko ein fürs Bier klauen bei Rewe gefasst zu werden. Jedenfalls ist das nicht die Regel.
Soll die Antwort auf solche Aktionen in ganz Europa einfach sein "das sind halt gewalttätige Vollidioten?" Mir geht das nicht weit genug.

Und wenn das dann dazu führt, dass die berechtigte Kritik nicht durchkommt ist das schade und problematisch. Aber die Kollektivschuld daran jetzt den paar Randalierern zu geben ist wieder viel zu einfach. Wer sich von den Problemen ablenken lässt, will sie oft einfach nicht genauer anschauen. Und ich bleibe dabei, am Polizeistaat ist der Polizeistaat schuld, nicht der Kriminelle der ihn erforderlich macht. An der Todesstrafe ist auch der Staat schuld, nicht der Mörder. Weil der Staat sich die einfache Lösung sucht, anstatt die schwierige, bei der er sich evt selber hinterfragen müsste.
Wenn die NPD sagt, es gibt keine Kindergärten, dann ist das evt wahr und muss gelöst werden, auch wenn die NPD eklig ist. Nicht mit der zusammen, aber das Problem bleibt echt. Aber die Existenz des Problems "Der Kapitalismus stinkt und bringt uns mittelfristig alle um wenn wir Pech haben" wird ja völlig abgestritten. Es gab kein einziges Zeichen, dass irgendwelche Demos/Unterschriften/was weiß ich einen Effekt hatten. Es gab die gigantische Anti-TTIP Demo. 100% Friedlich. Viele viele viele Menschen. Effekt: es gibt kein TTIP weil sie Trump gewählt haben, aber jetzt wird auf die gleiche Weise etwas ähnliches mit Japan gemacht. Soll man sich da nicht verarsch vorkommen?

Und irgendwann ist man dann nicht mehr rational. Politik ist ja generell etwas mit viel Emotionen die durch Vernunft im Zaum gehalten werden müssen. Manchmal geht das schief. Und dann wird es eklig. Aber daran sind nicht alleine die Randalierer schuld. Und zu schlechten Menschen werden sie für mich dadurch auch nicht sofort.

Ich habe den Eindruck, dass dein Punkt ist, dass der demokratische Prozess unser aller Heilmittel ist und wir lösen bald all unsere Probleme damit. Langsam und gesittet, aber dafür nachhaltig und ordentlich. Und gemeinsam für das Wohle Aller.
Und das halte ich für naja.. naiv :)
 
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Mumme

Verhüllter Enthüller
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@Kraven: Ich frage mich, was du willst. Soweit ich sehe, sind sich alle einig, dass die Krawalle taktisch gesehen schädlich waren, von dem eigentlichen Thema ablenken und nur den Rechts-Konservativen zuspielen. Und wie Val sagt, Geschäfte plündern und wahllos Autos anzuzünden ist schlicht falsch. Und der Spass hört für mich absolut auf, wenn man Pflastersteine auf Menschen wirft und Molotow-Cocktails auf Dächer schleppt. Punkt. Und wenn du es ganz deutlich brauchst: ich distanziere mich ausdrücklich davon.

So what?

Wovon ich mich nicht distanzieren kann, ist die den Ereignissen zugrundeliegende Wut. "We are fucking angry!" Genau. Und das Schlimme ist, dass diese Wut so diffus und ungerichtet und perspektivlos ist. Wir leben in den Zeiten der Merkelschen Alternativlosigkeit. Und genauso waren die Demos in HH - zumindest nach meinem Empfinden: erschreckend unpolitisch - nur ein paar halbseidene Forderungen nach mehr Bildungsausgaben, gegen TTIP, mehr Gerechtigkeit für Afrika etc.... Das ist das Problem der Linken gerade: sie sagt zwar alles Mist, aber wo bitteschön bleiben glaubwürdige alternative Vorschläge oder wenigstens utopische Visionen?!
Und Kraven schlägt ernsthaft vor, man solle doch durch die politischen Institutionen marschieren. Klar, die Grünen haben einiges erreicht und nach wie vor finde ich viele ihrer Forderungen gut - aber was ist aus ihnen geworden? Eine Klientelpartei für Besserverdienende. Glaubst du ernsthaft es würde sich viel ändern mit Herrn Schulz oder sogar Frau Wagenknecht statt Frau Merkel? Hier und dort ein Schräubchen gelockert und ein anderes angezogen vielleicht - aber die Maschinerie liefe ungerührt weiter. Deswegen würden trotzdem noch tausende Kinder in Afrika verhungern. Und warum stellt sich Frau Merkel nicht hin und sagt sie schickt mal 3 Milliarden an den Südsudan und streicht dafür (z.B.) die Pendlerpauschale? (Eine Schande für uns alle ist es, dass sie es nicht tut!) Weil ihr die verhungernden Kinder egal sind? Nein. Wenn sie es heute verkündet, ist sie morgen abgewählt. Und zwar sowohl von dem Mercedesfahrer in Blankenese als auch von der Krankenschwester in St. Pauli. Das ist unsere schöne Demokratie! Also sag nicht, die sind unbeteiligt. Genauso wenig wie ich, du und der Rest die - wie Val treffend bemerkt hat - vor ihren supergünstig produzierten Flachbildschirmen sitzen, die 99ct Bananen in der Obstschale liegen haben und sich nachher noch ein Rindersteack oder von mir aus ein Tofu-Bratling genehmigen. Vielleicht hätten wir es alle verdient, dass uns die Autos angezündet werden - und zwar von marodierenden unterernährten Kinderscharen oder den von ihrem Land vertriebenen Indios aus Südamerika.

Aber zum Glück sind die ja weit weg.

Disclaimer: Nix persönlich gemeint, Kraven.
Danksagung: Ich habe eine Woche gebraucht, um mir darüber klar zu werden wie ich zu den G20-Krawallen stehe - mein Dank an Cäsar, Val, Kraven und auch Ender für die Hilfe dabei.

PS: Nur ums nochmal klarzustellen: ich glaube nicht das irgendwer - Autonom oder nicht - berechtigt ist, im Namen der Indios Autos anzuzünden. Es ging mir um etwas anders. Wer's versteht, versteht's und wer nicht - eben nicht.
 
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Gala

Labyrinth-Leichnam
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@Elfchen: Hmm naja das Problem an deinem Anspruch ist - es geht hier um Politiker.

Der äußere Schein ist ja schön und gut, aber wir sprechen hier von einer Menschengattung die qua Beruf gezwungen ist, zu lügen (da Geheimnisträger) und die qua Beruf gezwungen ist, eigentlich völlig Untolerierbares zu tolerieren (Angelegenheiten anderer Länder, z.B. wie Nordkorea seine Bevölkerung behandelt) und die qua Beruf eigentlich völlig irrsinnige Entscheidungen treffen müssen, die ansonsten nur ein Militär treffen muß, bei dem es um Leben und Tod anderer Menschen geht (z.B. auf die aktuelle Lage in Deutschland bezogen: der Sozialstaat, vor allem auch die Rentenpolitik mit den vielen Spezialrentensysteme für bestimmte Berufsgruppen, die deutsche Zweiklassenmedizin, der deutsche Handel mit Militärgütern, die deutschen Militäreinsätze im Ausland, Ramstein die deutsche Drohnenzentrale für die USA, die Mittelmeerpolitk gegen Flüchtlinge, deutsche Entwicklungshilfe, Handelsverträge mit Entwicklungsländern - alles Entscheidungen, welche für Menschen den Tod bedeuten können. Und ja in Deutschland haben Arme weniger Lebenserwartungen als Reiche, weil sie sich von billigem Dreck aus dem Aldi ernähren müssen und in der Zweiklassenmedizin in der unteren Klasse mit der schlechteren Versorgung landen - das ist mörderisch, deshalb zähle ich auch das als Entscheidung über Leben und Tod anderer Menschen). Und es ist ein Beruf, bei denen man regelmäßig erlebt, das man nichts machen kann, wenn man z.B. in der Opposition ist.

Da wäre mir ein Politiker, der dem äußeren Schein nach weniger präsentabel ist, aber gute, menschenfreundliche Politik macht, viel lieber als jemand, der zwar äußerlich präsentabel ist, aber viel Schlechtes tut. Z.B. den relativ gemäßigten Bill Clinton mit der Lewinsky-Affäre vs Bush jr mit seinen zwei Angriffskriegen, den beginnenden Drohnenkriegen, Guanatanamo, Enron etc etc etc.
 

Lich

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@Gala
Zumindest im Fall von Clinton vs Bush jr. muss ich dir leider wiedersprechen. Clinton hatte zwar bei der Berichterstattung, die hier in Deutschland ankam schlussendlich das bessere Ansehen, aber er war verantwortlich für die Finanzmarktderegulierung in den USA, welcher wir die weltweite Finanzkrise zu verdanken haben.
 

Astaldo

Vampireslayer
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Clinton musste schon so manchen Kratzer an seinem Image einstecken. Er ist maßgeblich mit dafür verantwortlich, dass der War on Drugs eskalierte und auch "low Level drug offenders" die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekamen.

Problem ist hier, dass doch recht viel Halbwissen im Umlauf ist. Auch wenn ich die Punkte von Ice mir anschaue, die er als Erfolge Trumps verkaufen will, dann seh ich das da nicht wirklich geprüft wird.

Ein Beispiel wegen den Arbeitsplätzen: Das Ford in den USA investiert ist schön. Das Trump das Erfolg verkauft, dass er verhindert hat, dass die Investition in Mexiko stattfindet, ist aber eine Lüge. Die Arbeitsplätze waren nie für Mexiko gedacht und Ford baut dennoch 2 Fabriken in Mexiko.
http://money.cnn.com/2017/02/17/news/companies/ford-mexican-plants/index.html

Ford got a lot of attention last month when it dropped its plans to build a $1.6 billion assembly plant in San Luis Potosi, Mexico. But the small car production originally planned for the discontinued San Luis Potosi plant is shifting to an existing Ford Mexican assembly plant, not returning to the U.S.




Ford (F) never claimed to be bringing work back, but onlookers could be forgiven for getting confused. On that same day, Ford announced plans for a $700 million investment and 700 new jobs to build electric and self-driving cars at a Michigan plant.

Fields said the investment was a "vote of confidence" in the incoming Trump administration. But that production was never supposed to go to Mexico.

Bin immer noch am Überlegen, ob ich noch ausführlicher schreibe, aber ich weiß nicht ob das überhaupt Sinn macht, da ich vermute das Ice Trump allein schon deswegen heiligt, weil er bei seinem Steckpferd "Klimaerwärmung" in seinem Sinne agiert.
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Ich wollte Bill Clinton jetzt auch nicht als den ultimativen makellosen Politiker hinstellen. Er hat u.a. mit diesem Gesetz auch Fehler gemacht. Aber im Gegensatz zu Bush jr war er ein guter Diplomat und hat in der Regel nichts vom Pferd erzählt. Was er zugegebenerweise sofort tut, sobald man ihn über dieses spezielle Gesetz befragt.



Fefe: Zu den gewaltigen Horden offiziell gemeldeter verletzter Polizisten in Hamburg (über 400) hat Fefe diesen Link gefunden:
[...] Mehr als die Hälfte der Verletzungen meldeten die Polizisten schon vor den Protesten. [...]

Insgesamt seien 476 Polizisten "während der erweiterten Einsatzphase", also vom 22. Juni bis zum 10. Juli, verletzt worden oder erkrankt. [...]

Zudem sind etliche Verletzungen nicht auf die Demonstranten zurückzuführen. So zählte die Polizei zum Beispiel Kreislaufprobleme ebenfalls zu den gemeldeten Verletzungen. [...]

Mehr als 95 Prozent der als verletzt erfassten Polizisten konnten bereits nach kurzer Behandlung vor Ort wieder weiter arbeiten, zeigen die Recherchen von BuzzFeed News. [...]

Von den 476 gemeldeten Polizisten wurden insgesamt 21 Beamte so verletzt, dass sie auch noch am Folgetag oder länger nicht einsatztauglich waren. Offiziell als schwer verletzt gelten zwei Beamte der Bundespolizei. Die 16 Bundesländer meldeten auf Anfrage keine schwer verletzten Polizisten.

Der Gesamteinsatzleiter Hartmut Dudde, der hinter dem als "Hamburger Linie" bekannt gewordenen harten Durchgreifen steht, hatte auf der Abschluss-Pressekonferenz noch einen anderen Eindruck erweckt. Zwischen dem 22. Juni und dem 9. Juli habe die Polizei 476 verletzte Kollegen gehabt: "Darunter Gesichtstreffer durch Pyrotechnik, Fahrrad von der Brücke geworfen, Gehirnerschütterung, mit Steinen beworfen, Flaschenbewurf, Splitter unterm Visier." [...]

"Die Verletzten-Zahl muss dringend relativiert und eingeordnet werden", sagt auch Rafaehl Behr, Professor an der Akademie der Polizei in Hamburg. "Es gab zum Beispiel allein am Freitag mehrere Dutzend Beamte, die wegen Dehydrierung als verletzt gemeldet wurden." [...]

Der Großteil der Polizisten (rund 130) wurde in der Nacht von Samstag auf Sonntag beim Einsatz im Bereich „Schulterblatt“ durch Reizgaseinwirkung seitens des Störerklientels verletzt", so ein Sprecher. [...]

Rafael Behr, Professor an der Akademie der Polizei in Hamburg, hat daran Zweifel: "Mit höchster Wahrscheinlichkeit sind das Beamte, wo die Autonomen die Geschosse mit dem Reizstoff einfach wieder zurück geworfen haben."
BWAHAHAHAHAHAHAHAHAHA LOLz !!!! :fies: Das sind mal wieder alle Klischees erfüllt worden.

Der Dudde hat offensichtlich einfach gelogen, das sich die Balken biegen.

Sogar Polizisten, die einfach bloss normal erkrankt sind, wurden in der Statistik erfasst.

Oder wegen Überlastung durch den Personalmangel. Denn laut Medienberichten wurden wenigstens manche Polizisten 48 Stunden am Stück eingesetzt. Das man danach medizinische Probleme bekommen kann, verwundert mich nicht. Das die in der Verletzungsstatistik landen, leider auch nicht.

Der Reizstoff muß btw nicht zurückgeworfen werden, da muß nur der Wind falsch stehen oder der Polizist sich besonders dämlich hinstellen usf. Ich habe damals bei der EZB eröffnung auch erlebt, das man einfach das Reizgas mit den Wasser vermischt und damit verteilt hat. Da gabs definitiv keine Geschosse zum Zurückwerfen. Es gab danach aber immer noch Polizisten, die vom eigenen Reizgas verletzt wurden. Das ist eben Gas, das verteilt sich halt und unterscheidet nicht zwischen Freund und Feind.

Es scheint unterm Strich nicht herausbringbar zu sein, wieviele Polizisten überhaupt tatsächlich nennenswert von Demonstranten (und nicht etwa versehendlich von agent provocateur, die es ja nachweislich gegeben hat) verletzt wurden. Ich wäre nicht übermäßig überrascht, wenn das genau null wären. Die haben schließlich wirklich alle Faktoren auf ihrer Seite - Rüstungen und sonstige Ausrüstung, Ausbildung, Training, Organisation, Auskundschaftung z.B. per Hubschrauber, Hilfsfahrzeuge wie Wasserwerfer und Truppenstärke auf ihrer Seite. Denen kann eigentlich nicht so leicht was passieren.

Die offizielle Statistik ist jedenfalls wie immer völlig ohne jede Aussage. Absolut unseriös.
 

Ender

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Ahh es hat ja also im Grunde garkeine durch Demonstanten verletzte Polizisten gegeben.
Die es gab litten unter gesundheitlichen Problemen und die anderen wurden durch false Flag Leute verletzt.
Die Zillenschüße,Molis Pyrotechnik Flaschen etc gab es nicht :rolleyes:
Es ist nur Glück und der Schutzkleidung zu verdanken das es keine schwereren verletzungen oder Tote gab,drauf angelegt wurde es.
Man kann seine Rechtfertigungen auch übertreiben...........
 

Ribalt

Ork-Metzler
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Die Polizei hat (absichtlich) falsche Zahlen rausgegeben.
Warum hat Sie das nötig? Warum reicht es nicht die zum Teil durchaus schweren Attacken zu zeigen/dokumentieren?

Sie zerstört sich damit einfach wunderbar die eigene Glaubwürdigkeit und schadet sich selber.
Ca. so wie der Schwarze Block, beim "Normalbürger", wenn überhaupt einen, einen schlechten Effekt für die Linken Ideen/Ideologien hat.
 
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Val

Amazing lolcat
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Editierung: was Mumme sagt, finde ich auch.

Editierung Ende.

Ironiefreies Vorwort: das ist meine subjektive Meinung. Ich sehe die Zerstörung von dem Auto einer sozial Schwachen Person als Fehler, genauso wie die Zerstörung von Privateigentum einer sozial Schwachen Person. Denn in der Gesellschaft muss die sozial schwache Person das Privateigentum durch Ausbeutung (Mindestlohn, Zeitarbeit etc.) wiedererwerben um sich sein Existenzrecht zu verdienen. Ich habe die Regeln nicht gemacht, das ist unser System. Im Rahmen des Systems muss man die sozial schwachen, ehrlichen Arbeiter schützen. Es gibt schon viel zu viel Ausbeutungsmechanismen. Wie z.b "man darf Firmengewinn nicht versteuern, sonst hauen sie ab."

Dann: "Selbstzerstörung des schwarzen Blocks" sehe ich eher als unkritisches Hinterfragen der Ereignisse. Wie sehr deckt es sich denn mit den linken Idealen, wenn man das Auto einer Pflegekraft anzündet?

Wenn dann bildet sich der Betrachter ein Bild vom Geschehen, wenn er dies differenziert macht, ist es keine Selbstzerstörung des schwarzen Blocks.

Wie sehr vertritt das denn die Aussage des schwarzen Blocks, das Privateigentum der sozial Schwachen zu demolieren?

Ich denke ein richtiger Linker wird eher nicht das Auto einer sozial schwachen Person anzünden. Wer das getan hat, war halt an dem Tag an dem es die Strassenfehde gab vor Ort, aber nicht zwingend linkspolitisch. Wird der schwarze Block den Einzelhandel eines Kleinunternehmers zertrümmern und wie sehr deckt sich das mit den Idealen des schwarzen Blocks?

Sind das linkspolitische Ideale, wenn man das Auto einer sozial Schwachen Person zerstört?

Macht das dir ganze Protestbewegung nichtig?

Das alles liegt nicht am schwarzen Block, sondern an der Fähigkeit des Betrachters differenziert zu denken. Jeder der sich vermummt, kann als schwarzer Block auftreten. Doch vertreten alle Vernummten linkspolitische Ideale? Sind alle linkspolitischen Ideale gleich und richtig oder falsch? Links ist ja auch nicht gleich links.

Nur, weil man als Betrachter schnell erkennt, dass das Auto einer sozial schwachen Person nicht brennen soll, ist damit die Denkarbeit noch nicht getan!

Denn aus der denkfaulen Komfortzone zu kommen, sich Folgegedanken zu machen, den Protest der 12.000 Demonstranten wahr- und ernstzunehmen liegt im Auge des Betrachters. Soziale Verantwortung zu übernehmen ist keine Pflicht für uns. Die gesellschaftliche Norm ist es über Themen, für die die Leute auf die Strasse gegangen sind, zu schweigen. Die Norm ist fehlerhaft. Wer sein Schweigen bricht, nur den ethischen Fehler des brennenden Pflegerautos sieht und dann wieder in die gleiche Passivität zurückfällt, wie sie durch Sozialisierung erlernt ist, bedient sich einer Doppelmoral. Keine Sorge, diese Doppelmoral ist die Norm. Wir alle liegen falsch. Die Gesellschaft in der wir leben ist einfach schlecht. Sklaverei ist fester Bestandteil unserer Struktur. Auseinandersetzung kostet Energie und ist ein Freizeitspass. Laut unserer kulturellen Identität sehen wir uns als "gute Menschen", doch wenn man die unangefochtene Sklaverei und Zerstörung der Natur mit in das Bild integriert, sind wir alle schlechte Menschen. Denn wir tragen als Kollektiv die Verantwortung dafür.

"Die Autoanzünder sind definitiv Links, der schwarze Block ist es, die Protestbewegung ist jetzt idiotisch und man kann die Chaoten nicht mehr beachten, na toll, da haben wir den Polizeistaat äh Salat. Nur wegen den Linken."

Throwing out the baby with the bathwater.

Die brennenden Pflegerautos sind ein Fehler, doch die Demo ist Notwendigkeit. Soziale und politische Verantwortung zu übernehmen und einzufordern, sich über Missstände zu empören ist eine Pflicht, wenn man in Tat und Wort aufhören will das schlechte Leben zu leben, das die Gesellschaft als Standard vorsetzt.

Nur auf der Couch zu sitzen, sich über die Autos und den schwarzen Block zu empören ist erstens keine intellektuelle Leistung und wer nur bei dieser einfachen und richtigen Erkenntnis bleibt, lebt genauso in der Norm des Schweigens wie jeder andere. Die Norm des Schweigens, die Bestandteil der Aufrechterhaltung der systemischen Missstände ist. Die Norm der Resignation. Die Norm es einfach doch zu akzeptieren und zu unterstützen. Wir alle leben dieses Leben. Wir müssten nicht und das macht uns alle zu graduell bösen Menschen. Das entspricht nicht unserem sozialisierten Selbstbild, nachdem wir alle glauben, wir seien gute Menschen. Ob ich es sage spielt auch keine Rolle. Wir sind einfach schlechte Menschen, wenn wir ein Fairphone kaufen könnten und das gleiche Geld aus Komfortgründen in ein iPhone stecken. Wir denken nicht drüber nach. Es ist halt leider so. Don't kill the messenger. Oder tötet den Messenger, doch das ändert nix an den Fakten. Wenn der Bote kommt und sagt: Im Hof sind 16 Pferde verstorben, alle wissen es eh schon, doch verdrängen es nur, dann töten man den Überbringer der Botschaft. Und die Pferde sind immer noch tot. Soylent Green ist aus Menschen gemacht!

Der Idealweg ist die Missstände friedlich anzuprangern. Die Gesellschaft zu sensibilisieren, sozialen und politischen Druck aufzubauen und eine Änderung einzuleiten. Niemand geht diesen Idealweg. Doch wir sollten, wenn wir aufhören wollen das schlechte Leben zu leben, wir sollten es mindestens probieren, so gut wir können!

Die brennenden Pflegerautos sind falsch, das System ist es auch und es liegt in unserer Hand die Misstände aufzuzeigen und eine Änderung einzuleiten. Selbst wenn die Verantwortung pro Kopf ist klein ist, so ist sie doch vorhanden. In der Masse ist sie monumental. Ich bin kein guter Mensch, wenn ich das sage. Ich spreche lediglich Fakten an, die auch vorhanden wären würde ich schweigen.

Die Demo protestiert gegen soziale Ungerechtigkeit, die brennenden Pflegerautos tun das nicht und wenn dann nicht auf gerechte Weise. Wenn man die brennenden Pflegerautos aus der Gleichung entfernt, wenn man die zerstörzen Läden der Kleinunternehmer entfernt, dann hat man immer noch ein ungerecht es System zu dessen Änderung man aktiv werden muss, indem man z.b. auf die Strasse geht oder indem man über mehr redet als brennende Pflegerautos.

Wie gesagt, für die brennenden Pflegerautos braucht es für mich drei Worte: es ist falsch.

Doch genauso wehement braucht es diese drei Worte auch für die Ausbeutung von Menschen und Natur. Es ist falsch. Es muss aufhören.
 
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Gala

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Ender, das war jetzt wirklich schwach. Kein einziger deiner Sätze trifft zu, und ich glaube, das weißt du auch selber.

Ich habe nicht gesagt, das ich sicher wäre, das kein Polizist zu Schaden durch einen Demonstranten gekommen ist. Ich habe gesagt es würde mich nicht wundern, wenn das der Fall wäre, angesichts der vielen Vorteile, die ein Polizist in dieser Situation hat.

Anhand der offiziellen Statistik kann man darüber jedenfalls keinerlei Aussage treffen, ob dies aufgetreten ist. Die ist von Anfang bis Ende völlig unbrauchbar, ein reines Propaganda- und Lügeninstrument.

Und ich habe nirgends die Taten der gewaltbereiten Demonstranten gerechtfertigt. Oder deren Methoden in irgend einer Art und Weise kommentiert.
 

Mindriel

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Unabhängig von allem anderen an Meinung das ich dazu so habe: Gala du übertreibst was den Lügenvorwurf angeht. Ich habe mir die Quellen nicht angesehen, ich zitiere nur aus deinem Beitrag, und dem Zitat darin:
Der Gesamteinsatzleiter Hartmut Dudde, der hinter dem als "Hamburger Linie" bekannt gewordenen harten Durchgreifen steht, hatte auf der Abschluss-Pressekonferenz noch einen anderen Eindruck erweckt. Zwischen dem 22. Juni und dem 9. Juli habe die Polizei 476 verletzte Kollegen gehabt: "Darunter Gesichtstreffer durch Pyrotechnik, Fahrrad von der Brücke geworfen, Gehirnerschütterung, mit Steinen beworfen, Flaschenbewurf, Splitter unterm Visier." [...]

Der restliche Text befasst sich dann damit, dass diese hohe Zahl zu (großen) Teilen nicht durch Demonstranten direkt und/oder nicht an den Hauptkrawalltagen passiert sind. Das hat er doch da aber auch nicht behauptet? Im Gegenteil, da steht sogar eindeutig der längere Zeitraum.

Angenehme Träume,
Mindriel
 

Astaldo

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Richtig sauer macht mich ja im Moment auch die Situation um Polen.
Die polnische Regierung hatte vergangene Woche mit der Mehrheit der nationalkonservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) ein Gesetz durch das Parlament (Sejm) gebracht, mit dem alle Richter des Obersten Gerichts entlassen werden sollen. Der Justizminister soll die Posten neu besetzen

http://www.n-tv.de/politik/Polens-Justizreform-sorgt-fuer-Empoerung-article19940659.html

Und die lachen uns aus, weil die EU handlungsunfähig ist, da Ungarn alles blockiert. Ganz ehrlich ich würde kurzerhand Schengen aussetzen und damit drohen die Grenzen zu Polen wieder zu kontrollieren. Kann doch nicht sein, dass hier Länder sich von Gewaltenteilung verabschieden und dann immer noch volle Rechte in der EU genießen. Dann gibt's keine Werte mehr, für die die EU steht, die mir wichtig sind. Eine Hürde gibt's wohl noch und der Präsident muss es auch noch unterschreiben.

Es ist ja auch populär, dass diese Länder sich immer eine Einmischung verbitten. Das können die gerne haben, aber dann sollen sie die Konsequenzen ertragen und nicht rumheulen, dass wir wieder die bösen Deutschen sind.
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
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Dudde hat es so dargestellt, das es bei einer Gesammtmannschaft von ca 20.000 über 400 Polizisten gegeben hat, die von Demonstranten ernsthaft verletzt wurden.

De facto war über die Hälfte der Verletzungen vor der eigentlichen Veranstaltung, konnte mit Demonstranten also von vorneherein nichts zu tun haben. Weiter waren über 95% der Verletzungen so geringfügig, das sofort weitergemacht werden konnte. Weiter sind unter den "Verletzten" viele Fälle von Überarbeitung, sogar einfach nur Wassermangel und sogar schlicht Krankheiten mit erfasst.

Insgesammt sind 21 so ernsthaft beeinträchtigt, das sie länger as 24 Stunden medizinisch versorgt wurden, davon 2 schwer. Angesichts der Art und Weise, wie diese Statistik zusammengestellt wurde, kann man keine Schlüsse darüber schließen, ob irgend einer dieser Fälle tatsächlich von Demonstranten verursacht wurde. Es ist einfach unbekannt. Es können alle 21 Fälle von Demonstranten verursacht worden sein - angesichts der Tatsache, das sogar Krankheiten in diese Statistik aufgenommen wurden, halte ich das für unwahrscheinlich - oder überhaupt gar keiner.

Angesichts dessen halte ich Duddes Darstellung für eine bewußte Lüge - oder ein ziemlich extremer Fall von Uninformiertheit beim Führungspersonal, das kann ich natürlich auch nicht ausschließen. In beiden Fällen disqualifiziert sich diese Person in meinen Augen zum wiederholten Male für dieses Amt.







Whow. Da hat Fefe mal ein richtig fettes "money quote" an Land gezogen:
Nebenbei: Gäbe es den Schwarzen Block nicht, dann würde ihn der Verfassungsschutz erfinden. Er ist die perfekte Mischung aus militärischer Harmlosigkeit und irrationalem Angstpotenzial, das man für juristische, politische und polizeiliche Aufrüstung instrumentalisieren kann.
 
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Matthew McKane

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@Val: Ich glaube, die Diskussion geht am Thema vorbei. Es geht doch gar nicht um brennende Pflegerautos. Den Begriff hast du doch erst hier eingeführt. Und es geht auch nicht um die Frage, ob etwas getan werden muss, da sind bis auf einen hier im Forum alle deiner Meinung.

Es geht eher um die Frage, ob Terror ein geeignetes Mittel ist, um eine bessere Gesellschaft zu erzwingen. Das heisst doch nicht automatisch, das man "auf dem Sofa sitzen" als geeigneter empfindet.
Mal ganz abgesehen davon, dass man, wenn wir mal beim Autos anzünden bleiben, immer nur Autos von Pflegerinnen, und höchstens noch Ableilungsleiter von Pflegerinnen erwischen wird. Die Bonzen, die sich auf Kosten anderer bereichern, parken ihr Auto nicht am Strassenrand.

Die haben Hochsicherheitsgaragen mit Wachpersonal und eingezäunte Villen mit Panzerglasscheiben. Da kommt man doch gar nicht dran.

Und selbst wenn man dran käme, Terror verbreitet Angst und Schrecken, und zwar hauptsächlich, bei denen die nicht die Mittel haben, sich davor zu schützen. Das führt doch nur dazu, dass sich selbst diejenigen, für deren Interessen man kämpft, angewidert von einem abwenden.

Das sich auf der anderen Seite scheinbar bewahrheitet, was ich hier schon vor meiner Kritik an der Gewalt geschrieben hatte, nämlich, das die Krawalle anscheinend das gewollte Ergebnis einer von Politik und Polizei gestellten Falle waren, ändert daran nichts.

Man braucht nicht nur Mut und Ideale, sondern es kommt auch auf die Öffentlichkeitsarbeit an. Was Kraven geschrieben hatte gefällt mir teilweise richtig gut.
Wäre es nicht ein viel besseres Signal, wenn sich Rote Flora und die Initiatoren der Welcome to Hell Demo anstelle von Frau Merkel hingestellt hätten, und ungefähr gesagt hätten:"Der Protest war gut und wichtig, aber wir möchten nicht, dass in unserem Namen Autos angezündet werden und Scheiben eingeschlagen werden. Wir machen jetzt eine Spendenaktion um den Schaden, der da in unserem Namen angerichtet wurde wieder gut zu machen?" Egal, ob man jetzt verantwortlich ist oder nicht?

Die Botschaft muss doch sein, "Wir sind die Guten! Wir wollen Euch nicht Eure Autos und Smartphones wegnehmen. Wir wollen, dass von dem Geld das ihr dafür ausgebt jeder der an der Herstellung beteiligt war, seinen gerechten Anteil bekommt. usw"
 
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Val

Amazing lolcat
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@Matthew McKane: Ich mag Deine Formulierung & ok, dem stimme ich zu, wenn man aber nicht die Demonstranten generalisiert als die Kriminellen sieht. Für mich sind ein zwei "Krawallidioten" die einfach Unsinn gemacht haben auch falsch, dooooch sie diskreditieren für mich in keinster Weise die Bewegung.

Denn dieses "Wir sind die Guten." bleibt auch dann noch bestehen, wenn es von, nehmen wir mal den Begriff, nicht zielführender Gewalt überschattet wird. Nicht zielführende Gewalt/Sachschaden ist klar besser, wenn nicht vorhanden.

Die brennenden Pflegerautos habe ich ins Spiel gebracht, weil die für mich das Sinnbild dieser sinnlosen Zerstörung sind. Das, worauf die Medien losgehen. (Wobei die einfach nur sagen: Chaoten und Bilder von Feuer auf der Straße zeigen. Feuer auf der Straße bei einer Demo finde ich persönlich nichtmal so verkehrt, als Symbol. Es kommt halt drauf an, mit was das Feuer gemacht ist.) Die Straßenfehde weiß ich nichtmal. Da würde ich sagen: Offensive Attacke ist falsch. Wenn aber eine Partei attackiert und die andere sich wehrt, ist das dann sinnlose Gewalt? Jein. Im theoretischen Idealfall: Ja. In der Realität: Deeskalierend nach einem Angriff zu reagieren ist ein hohes Level.

Was mich aufregt ist, dass "das Gute in uns" erst PR braucht. "Das Schlechte in uns" braucht Selbstreflexion! Das finde ich viel wichtiger als PR-Arbeit. Unsere gesamte Zivilisation beinhaltet eine sozialisierte Ignoranz. Die kann man gerne auch rhetorisch attackieren. Was wir aber erwarten: "Die schlechte Norm ist okay und muss zwingend durch sanfte Mittel geändert werden." Versteht mich nicht falsch: Ich finde zielführende sanfte Mittel besser als zielführende Gewalt oder nicht zielführende Gewalt. Doch ich finde es liegt auch am Rezipienten nicht nur die Form der Kritik, sondern auch den Inhalt selbst zu verarbeiten. Der Status Quo ist uns nach meinem Eindruck doch irgendwie heilig. Weil er sich mit dem Pluralismus überschneidet. Der folgeethische Gedanke, dass man in die persönliche Freiheit nicht einschneiden darf, auch nicht zu Gunsten des utilitaristischen Gedankens die Sklaverei zu beenden ist für mich (subjektiv) ein Fehler. Wenn es nach mir ginge, könnte man gerne einfach Gesetze erlassen, die Sklaverei rigoros verbieten. Kurzes Beispiel am Rande: Da es auch möglich ist weltweit flächendeckend den besten Ressourcen-Input/Output an Nährwert mit vegetarischer Ernährung zu erlangen könnte man auch das Fleischessen verbieten. Außer für die paar Menschen, wo dann eine Ziege nur das Gras verdauen kann und für die Fischerdörfer, die zu arm sind, sich was anderes zu leisten. Es braucht mehr Ressourcen, ist schlecht für die Umwelt, der Regenwald wird gerodet um Futtermittel anzubauen, wo man den Regenwald wieder beforsten könnte, würde man die Ernährung beenden und man müsste nicht aus kultureller Tradition und der Sinneslust und Gaumenfreude ein Tier töten oder unter Bedingungen die man als Tierquälerei benennen könnte aufziehen. Jetzt gibt es aber keine globale Gesetzeslage, die Tierschutzgesetze sind nur dafür da, um zu beschreiben, wie man ein Tier sachgemäß tötet. Ende des Beispiels. Es gibt kein konsequentes Verbot oder keine konsequente Strafe für Umweltzerstörung oder Ausbeutung von Menschen.

Der Staat, der Zusammenschluss der Bürger, macht da nichts. Also muss man drüber reden. Und zwar in Engelszunge: Bitte, zerstöre nicht den Planeten. Bitte beute nicht die Kinder aus. Weil, hier ist die Begründung, in kurzer verständlicher Form, dass es ja nicht zu viel ist. Ein Protest kann aber auch verstanden werden, wenn er keine konkreten Kritikpunkte formuliert. Die Politik versteht: "Soziale Unruhe, den Leuten geht es schlecht." Soziologen sagen diesen Prozess voraus: Es wird zu sozialen Unruhen kommen, je weiter die Schere zwischen Arm und reich wächst. (Ob wir drüber reden macht dann auch nicht so viel Unterschied.)

Die Notwendigkeit in Engelszunge zu sprechen ist keine Ironie, weil die Engelszunge ist ja die effizienteste Form der Rhetorik. Es wäre schon heldenhaft, wenn eine Person oder eine Bewegung sich durch die Ungerechtigkeit durchquatscht. Es kann ja auch funktionieren. Doch ich würde einer Gerechtigkeitsbewegung die Gewalt benützt (Bürgerkrieg um die afroamerikanische Sklaverei zu beenden) nicht die Existenzberechtigung absprechen. Wenn ein Drittel der Amerikaner sich mit einem anderen Drittel bekriegt, weil die sich nicht einig sind, ob man Sklaven halten soll oder nicht, bin ich dafür, dass die Seite gewinnt, die gegen die Sklaverei ist. Ich bin nicht dafür, dass die Seite aufhört zu kämpfen, die gegen die Sklaverei ist.

Wenn das Ganze auch nicht friedlich geschehen kann, um so besser. Dann soll es so sein. Dann bin ich dafür.

Ein Veganer muss erst supersanft erklären, wie die Tierquälerei genau funktioniert, man muss erst mit Samthandschuhen dafür sensibilieren, was Palmöl bedeutet oder Sklaverei. Das ist an sich Quatsch bzw. nur so, weil die Norm schlecht ist. Die Idealkonstellation ist natürlich, dass die Menschen die ein Ende der Unterdrückung und Ausbeutung fordern das mit dem minimalst möglichen / nötigen Schaden durchzuführen. (Wie viel Schaden notwendig ist und wie viel Schadensbegrenzung man hier leisten kann: Im theoretischen Idealfall gar kein Schaden und nur noch die Auflösung von Leid aka Sklaverei, Ausbeutung und Zerstörung für eine höhere Gewinnspanne.) All die Last der Aufklärung auf die Seite der Fordernden zu legen ist ein Denkfehler, die Gesellschaft sollte keine PR Arbeit für Ethik benötigen, sondern eine gesunde Selbstkritik entwickeln. Wenn man die ganze Verantwortungslast auf die Überbringer der Botschaft bringt, wäre das für mich nur ein halber Deal.

Jeder Mensch, der auch nur halbherzig den Themenkomplex der ethischen Verantwortung umrissen hat und über genug Empathie verfügt oder verfügen möchte, sollte selbst auf die Seite der Aufzeigenden und Fordernden gehen. Wenn man jetzt nichts für die Veränderung in der Welt macht und dann ausschließlich die Demonstrantengewalt kritisiert, liegt man mit der Kritik an der Demonstrantengewalt schon richtig, doch mit dem restlichen Leben falsch. Die Demonstranten liegen schonmal mit der Kritik am System richtig. Das ist jetzt meine Perspektive.

Hier auch nochmal die Fußnote: Ich sehe mich keineswegs als etwas besseres an, doch ich finde es ist zwingend Notwendig die Missstände zu benennen und ihnen eine hohe Priorität einzuräumen. Durch das benennen werde ich nicht wirklich besser, weil es nur Worte sind.

Im Prinzip oder abstrakt formuliert stimme ich schon zu: Wenn man die sinnlose Gewalt aus der Gleichung rausnimmt, wäre die Gleichung besser. Weil weniger Leid in dem kleinen Abschnitt. Das Leid, das wir erzeugen steht in keiner Relation, zu den Verletzten der sinnlosen Straßenfehde oder zum Sachschaden.

Mein Fazit: Es muss ein "und" da hin. Ein Konjunktiv, kein "aber".

Sinnlose Gewalt ist falsch und das System muss sich dringend ändern. Asubeutung und Zerstörung ist ja auch sinnlose Gewalt. Nur eben gegen Menschen und die Natur.
 
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