Ich schäme mich

Harutsune

Neo-Euphemist 2.0
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..ein Deutscher zu sein!! :(

Welche Nachrichten-Seite man heute oder die letzten Tage aufmacht, in ganz AUTSCHLAND werden Flüchtlinge angegriffen, dagegendemonstriert, mit Wirtschaftsasylanten gleichschlechtgestellt - es ist unfassbar! :(
Und nein, es tröstet mich im mindesten nicht, daß es in Osteuropa offenbar *noch* schlimmer zu sein scheint. :(
 

Ender

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Was erwartest du den ? die Stimmung in Deutschland kippt halt langsam wenn schonmal 800k Flüchtlinge veranschlagt werden für dieses Jahr und es nicht sicher ist ob das nicht noch getoppt werden kann .
Und es sind nunmal mindestens 40% reine Wirtschaftsflüchlinge das kann man ganz klar sagen,da dürfte auch keiner wiedersprechen.
Man darf gegen Wirtschaftsflüchlinge sein,das Geld und der Goodwill geht da von den wirklich Bedürftigen ab.
 

Ciramon

Drachenkrieger
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Ich denke eher, dass Schuld und ähnliche Kategorien individuell gesehen werden sollten.

Und wie ist so ist mit den Medien, schlechte Nachrichten verkaufen sich besser. Es gibt viel mehr behördliches und privates Engagement für die Menschen als Angriffe, darüber wird nur weniger berichtet.

Mir ist die Berichterstattung auch etwas zu schwarz-weiß. Man verurteilt die Angriffe und Vorbehalte, aber eher unter einer ebenso pauschalen "ist doch alles gut"-Maßgabe anstelle die Ängste zu relativieren und berechtigte ernstzunehmen sowie Parolen wirklich zu widerlegen (allenfalls wird manchmal letzteres versucht).
 

Caesar

C
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Warum "Wirtschaftsflüchtlinge" so schlechte Menschen sind, dass man "gegen sie sein darf" ist mir schleierhaft. Wenn man argumentiert, dass diese Menschen ja nicht bedürftig genug seien, dann bin ich gespannt wie man die Bedürftigkeit des Dürchschnittsdeutschen gegen so ein paar Flüchtlinge rechtfertigt.

Und was man erwartet: Dass Deutschland nicht mehr voller faschistoider Rassisten ist und es Empathie und Hilfsbereitschaft gibt. (Das gibt es natürlich auch sehr viel, wird aber eben leider überschattet....) Dan dürfte eigentlich erwartet, dass es gar keine faschistoiden Rassisten gibt...
 

Wedge

Wedgetarian
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Ich bin ja gerade in Schweden und hier kocht der Rassismus auch tierisch. Ich weiß auch nicht, ob das an der schwedischen Art liegt, aber was man hier teilweise von allen Leuten ignoriert auf offener Straße sieht, das ist schon krass.

Was Wirtschaftsflüchtlinge angeht: Ich denke, da wird die Meinung vorherrschen, dass es den Leuten ja gut geht. Werden ja schließlich nicht umgebracht oder versklavt, von daher sollen sie mal schön da bleiben wo sie herkommen, selbst wenn sie da nur 10 Euro inner Woche verdienen, außer Brot nichts fressen und keinerlei Perspektive oder Hoffnung für sich, ihre Kinder oder die Zukunft sehen. Und das man stolz darauf ist, dass n Cousin oder ne Schwester oder n Onkel vor drei Jahren nach Irland gegangen ist, weils da bessere Jobs inner IT-Branche gibt, das sind ja komplett andere Umstände.
 

Tim

Streichel-Mod
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Naja... um mal zu probieren sachlich an die derzeitige Lage heranzugehen:

Durch die vielen Krisenherde, die Wirtschaftskrise und andere beschissene Dinge in unserem olfaktorischen Umkreis kommt eine für Mitteleuropa nie dagewesene Welle an Flüchtlingen zu uns herangeschwappt. Welche Fragen müssen wir hier stellen?

Warum kommen die Menschen gerade nach Mitteleuropa? Die Menschen kommen natürlich in unsere Länder, weil es uns hier im Gegensatz zu fast allen Menschen auf diesem Erdball verdammt gut geht und sie hier die größte Hoffnung haben endlich aus ihrem Elend, wie auch immer es aussieht herauszukommen.

Um welche Flüchtlinge geht es hier?Ein verschwindend geringer Teil sind wirkliche Wirtschaftsflüchtlinge aus den Balkanstaaten von denen ja immer geredet wird. Der Hauptteil kommt mittlerweile über das Mittelmeer, aus dem Mittleren Osten. Natürlich sind da auch Menschen bei, die dort hätten bleiben können, aber will man moralisch wirklich darüber streiten, ob ein Mensch in einem Kriegsgebiet bleiben soll wenn er unbeteiligt ist?

Was geht hier in Deutschland und in den anderen europäischen LÄndern ab? Die Menschen, die gegen die Aufnahme von Flüchtlingen sind, äußern eine Sache völlig zurecht: Wir sind überhaupt nicht ausgerüstet um solche Menschenmassen menschenwürdig zu versorgen und unterzubringen. Allerdings... welche Wahl haben wir denn als humanistische Gesellschaft? Natürlich hätten die Europäischen Länder sich die letzten Jahre im Auge der ganzen sich zuspitzenden Krisen größere Unterbringungskontingente und vor allem.. bessere Pläne machen können. Das ist aber nicht passiert. Dadurch schießen wir uns gerade ins eigene Fleisch.

Beispiel: Hier in der Nähe wurden Flüchtlinge einfach in einem alten nicht mehr genutzten Militärstützpunkt untergebracht. Fernab von jeglicher Zivilisation. Dazu ist der Stützpunkt völlig heruntergekommen. DIe Sicherheit und die Versorgung wurde an Privatunternehmen outgesourced. Natürlich passiert was passieren muss: Die Leute wollen raus, wollen auch mal in umliegende Gemeinden um einkaufen zu können. Der Lagerkoller greift um sich. Schlägereien sind an der Tagesordnung. Die Polizei ist täglich mehrmals da. Durch die Behandlung werden viele der Leute straffällig, und klauen sich durch die umliegenden Gemeinden. Dadurch wird immer mehr rechtes Gedankengut geschürt mit dem Erfolg, dass in den umliegenden Gemeinden bei der nächsten Wahl wohl die rechten sehr stark sein werden.

Das Gegenbeispiel ist das aktuell neu eingerichtete Flüchtlingsheim in der Uni Turnhalle. Sehr viele ehrenamtliche Helfer. Der DRK und die Malteser sind dauernd da. Die Flüchtlinge werden integriert, können an Veranstaltungen teilnehmen und die glückliche Nähe zur Uni mit ihren Sozialwissenschaftlichen Fächern ist auch ein ziemlicher Bonus. Bisher gibt es dort absolut gar keine Probleme..

Was ich damit sagen will ist, dass die Europäer umdenken müssen. Sie dürfen nicht anfangen alles abzulehnen, was ihrer Meinung nach nicht geht und nicht hier "her gehört", sondern sie müssen daran denken, dass die Menschen die hier herkommen absolut keine andere Wahl haben. Wir haben eine Verantwortung. Uns geht es bedeutend besser als den Flüchtlingen. Natürlich ist es legitim zu sagen, dass man sich wünscht, dass die Flüchtlinge, wenn sie aus einem Kriegsgebiet kommen nachdem der Konflikt vorbei ist helfen ihr Land wieder aufzubauen. Aber das darf doch kein Zwang sein. Wobei ebenfalls utopisch ist, dass alle Flüchtlinge, die in Europa ankommen einfach so innerhalb der nächsten 20 Jahre in das Leben hier integriert werden können. Auch das muss der Realist sich eingestehen.
 

Ciramon

Drachenkrieger
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Im Fall von afrikanischen Flüchtlingen könnte man vielleicht mehr Verständnis wecken, wenn man betont, dass Europa Mitschuld an den Verhältnissen in Afrika hat, was vielen im Konkreten vielleicht gar nicht klar ist.

- Überfischung der Meere, afrkanische Kleinfischer gehen leer aus

- Überschwemmung der Fleischmärkte mit subventionierter Billigware, afrikanische Bauern können nicht konkurrieren

- Abbau von Rohstoffen, ohne die lokale Bevölkerung an den Erträgen zu beteiligen (z.B. damit man im Westen jedes Jahr ein neues Handy bekommt)

Neben Europa sind da auch andere beteiligt und die afrikanischen Staaten tragen ihren Teil durch Diktatoren, Korruption, Misswirtschaft usw. bei, aber die genannten Beispiele sind Fakt.
 

Beego

Tochter der Bastet
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In Ergänzung zu Ciramons Liste sollte man auch erwähnen, dass viele Afrikaner sich ihr Grundnahrungsmittel Mais nicht mehr leisten können, weil der in den Industrienationen zu (billigem) Treibstoff verarbeitet wird. Die Nachfrage erhöht den Weltmarktpreis und die Afrikaner gucken mal wieder in die Röhre. Das hab ich neulich in einer (ARD-)Reportage gesehen und es hat mich nicht wenig schockiert. :down:


Zum eigentlichen Thema: Wenn ich z.B. in Facebook etwas kritisches zu den immer mal wieder geteilten (Pegida-) Hetzparolen schreibe, werde ich oft als "Gutmensch" beschimpft. Auf die Frage, ob sich der, der mich damit beleidigen wollte, nicht schämt, kein guter Mensch sein zu wollen, habe ich allerdings keine Antwort bekommen. :wunder:

Ich frage mich oft, was sich die Leute denken, wenn sie schreiben, dass die Ausländer, vor allem die Muslime weg bleiben sollen. Ich frage die oft, wie sie sich wohl fühlen würden, wenn sie wegen Krieg, Verfolgung oder Hunger aus ihrer Heimat fliehen und in ein fremdes Land gehen müssten, in dem sie Sicherheit erhoffen aber derartig abgelehnt werden. Auch darauf bekomme ich nie eine Antwort.

Einerseits wird bei uns jemand, der um seine Sicherheit fürchtet, weil er in der Nähe eines Flüchtlingslagers lebt, in dem es immer wieder zu Ausschreitungen kommt, als Nazi abgestempelt. Andrerseits lese ich auch Hetzparolen von Menschen, die nicht im geringsten um ihre Sicherheit fürchten müssen, die aber schlicht neidisch sind - auf die Flüchtlinge... paradox, oder?

Ich kenne deutsche Mitbürger, die um ihre Existenz ringen und denen der Ämterdschungel Angst macht und die nicht "unbürokratisch alle nötige Hilfe" bekommen, um zu ihrem Recht zu kommen - wie in Bezug auf die Flüchtlinge immer wieder erwähnt wird. Argumente im Sinn von "für die Flüchtlinge werden Wohnungen enteignet aber um unsere Obdachlosen schert sich niemand" kann man heutzutage gar nicht so leicht entkräften, auch wenn man genau weiß, dass der Vergleich hinkt.

Bisher habe ich aus dem realen Freundeskreis kein "Ausländer raus" gehört aber eigentlich ist es kein Wunder, wenn gerade viele ärmere Deutsche voller Neid auf die Flüchtlinge schielen, denen "alles in den Hintern geschoben" wird - ob das tatsächlich überall so ist, sei mal dahin gestellt. Das sind die Hetzparolen von Pegida & Co. und die Aussicht, bei uns wäre alles viel besser, wenn die bösen Ausländer uns nicht mehr die Arbeitsplätze und Sozialleistungen wegnähmen, fällt gerade hier auf äußerst fruchtbaren Boden. :wuerg:

Ich frage mich allerdings auch, was wohl die Alternativen sind. Und die machen mir nicht weniger Sorge... Wie lange wird es noch dauern, bis man auf die Idee kommt, dass die Syrer alle wieder nach Hause könnten, wenn man in Syrien mal.. äh.. gründlich aufräumt? :(
 
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Brisëis

Priesterin des Apollo
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Find ich super, dass du das schreibst, Ciramon. Das muss man sich echt mal bewusst werden. Vorallem über den Rohstoff Wasser zirkulieren ja grade viele Filme, das sollte man sich mal ansehen.

Um das Gute zu beleuchten: Bei uns in der Schweiz gibt es auch immer wieder beinahe rassistische Ausbrüche, wie man ja weiss (Masseneinwanderungsinitiative als Paradebeispiel). Im Moment bin ich aber stolz drauf, was in der Nordwestschweiz passiert.
Die Wirtschaftsflüchtlingswelle kam aus Eritrea. Viele wurden hier von umliegenden Städtchen vorbildlich in Turnhallen aufgenommen. In Facebookgruppen gibt es von den Einwohnern Aufrufe, den Estrich zu entrümpeln und die Kleider mal auszusortieren, damit man das Zeug den Flüchtlingen bringen kann. Ein Parteimitglied der lokalen, rechten SVP wollte eine Pegida-Bewegung gründen und auf die Strasse rufen. Die lokalen Medien haben diesen Typen gebasht und er ist zurückgetreten edit: wurde von der SVP rausgeworfen. Gross ist eher gerade die No-Pegida-Bewegung.
In Eritrea ist zwar kein Krieg, aber es geht dem kleinen Mann richtig schlecht. Man wird unter Umständen und willkürlich lebenslänglich für fast keinen Sold ins Militär eingezogen.

Zu den restlichen Flüchtlingen: Ist diese Flüchtlingswelle wirklich noch nie dagewesen? Ich weiss es nicht aber ich bin mir da nicht so sicher.
 
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Falk

ChickenWizzardwing
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Und es sind nunmal mindestens 40% reine Wirtschaftsflüchlinge das kann man ganz klar sagen,da dürfte auch keiner wiedersprechen.

Wenn man es so klar sagen darf, sollte man auch sicher sein, dass es wahr ist. Woher kommen deine 40%? Gibt es da Untersuchungen zu? Publizierte Zahlen?
 

Ender

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Die Zahlen kommen aus den Medien und betreffen den Anteil der Flüchtlinge rein aus dem Balkan die zu ca 99% keine Chance auf Anerkennung haben.
zb hier http://www.faz.net/aktuell/wirtscha...tsvisa-fuer-balkan-fluechtlinge-13760375.html Das betrifft aber nur die Balkanflüchtlinge das beim rest der Flüchtlinge auch noch ein Anteil dabei ist der nicht Verfolgt oder aus Kriegsgebieten kommt kann man wohl auch vermuten aber da gibts jetzt keine Zahlen.
 

Matthew McKane

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Wobei es ja im Prinzip egal ist, wieviel % nun genau wovor fliehen. Eigentlich ist es schon ekelhaft, überhaupt Unterschiede zu machen. Armut ist letztlich ja genauso tödlich, wie Krieg.
Wenn ich für meine Familie keine Perspektive sehen würde, würde ich auch versuchen in ein anderes Land zu fliehen.

Und wenn ich sehe, wieviele der Protestierenden selbst hilfsbedürftig sind (Hartz 4 Empfänger z.B.) wird mir echt schlecht. Man kann nur hoffen, dass das nächste Oderhochwasser noch lange auf sich warten lässt. Kann mir nicht vorstellen, dass grad noch viele "Gutmenschen" Bereitschaft zum Spenden verspüren, wenn im PEGIDA Land mal wieder Land unter ist.
 

Ender

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Armut ist im Prinzip nicht tödlich.
Sicher ich kanns verstehen das ich die möglichkeit suche damit es mir besser geht ,aber auch unsere Mittel sind Endlich und ehrlichgesagt mir ist es lieber es können wirklich Verfolge aufgenommen werden als Wirtschaftsflüchtlinge.
Und wenn es mit den Flüchtlingszahlen so weiter geht da kannst du sicher sein macht es aufeinmal Plop und die Grenzen werden dicht gemacht.Dann haben die Kriegsflüchlinge dann halt Pech gehabt.
 

Matthew McKane

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Natürlich ist Armut tödlich. Sie geht ja damit einher, dass du dir essentielle Dinge nicht leisten kannst. Ob nun Lebensmittel, sauberes Trinkwasser, Heizung oder medizinische Versorgung.

Wenn jemand freiwillig auf so ein Schiff steigt um unter Lebensgefahr nach Europa zu gelangen, dann kannst du sicher sein, dass hinter ihm noch weitaus schlimmeres liegt. Egal ob nun Krieg oder Hunger.

Und was die endlichen Mittel angeht: Solange man Banken retten kann, muss man auch Menschen retten. Alles andere ist inakzeptabel.

Ausserdem haben wir trotz Flüchtlingen einen Bevölkerungsrückgang. Damit man guten Gewissens: "Wegen Überfüllung geschlossen" an die Grenze schreiben kann, müsste noch einiges passieren. Platz gibt es jedenfalls genug!
 
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Falk

ChickenWizzardwing
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@Ender: Mit den rechtlichen Hintergründen habe ich mich bis jetzt noch nie beschäftigt, musste mich jetzt erst einmal mit Hintergrundinformationen versorgen. Ich habe eine Statistik vom Bundesamt für Migration gefunden. Die Datenlage scheint zu stimmen. Zumindest das 40% der Flüchtlinge aus dem Balkan stammen. Alle Balkanstaaten scheinen zu den sicheren Herkunftsländern zu gehören. Der Kosovo wohl noch nicht, trotzdem scheinen Asylanträge von dort zu über 99% abgelehnt zu werden. Wieso das so ist, habe ich noch nicht so richtig verstanden? Da Armut laut Grundgesetz und Genfer Flüchtlingskonventions scheinbar kein Asylgrund ist, haben Flüchtlinge aus diesen Ländern kein Asylrecht. Somit muss ich dir auch hier von der juristischen Seite -leider- Recht geben.

Wieso man deswegen gegen Wirtschaftsflüchtlinge sein darf, oder solche Menschen weniger bedürftigt sind, wie du schreibst, kann ich allerdings nicht nachvollziehen. Auch wenn diese Menschen aufgrund unserer Gesetzeslage leider kein Asylrecht haben, halte ich es für moralisch verwerflich, gegen diese Menschen auch noch Stimmung zu machen, wie es bei Pegida, NPD & Co so beliebt ist.

Und zur Gesetzgebung: Wieso wir Menschen, die von Armut bedroht werden, nicht aufnehmen dürfen, kann ich nicht nachvollziehen.

Statistik des BAMF

@Matthew: Wieviel % vor was fliehen ist jetzt nicht zwingend egal, da man mit solche relativen Zahlen sehr leicht Stimmung machen kann. Daher lohnt es sich schon, so etwas auch einmal selbst zu überprüfen.
 
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Danol

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Tim schrieb:
Was ich damit sagen will ist, dass die Europäer umdenken müssen. Sie dürfen nicht anfangen alles abzulehnen, was ihrer Meinung nach nicht geht und nicht hier "her gehört", sondern sie müssen daran denken, dass die Menschen die hier herkommen absolut keine andere Wahl haben. Wir haben eine Verantwortung. Uns geht es bedeutend besser als den Flüchtlingen.

Man sollte dabei aber auch nicht vergessen dass eine große Mehrheit der Europäer eben nicht aus durchgeknallten Rechtsextremen besteht, die das anders sehen. Es gibt asylfeindliche Strömungen und das sollte man nicht schönreden, aber Europa hat sich nicht über Nacht in einen Kontinent voller Rassisten verwandelt. Die vorhandenen sind nur gerade besonders laut, weil sie glauben damit gerade den Nerv der Zeit zu treffen. Wie das ausgeht ist glücklicherweise noch offen.

Natürlich ist es legitim zu sagen, dass man sich wünscht, dass die Flüchtlinge, wenn sie aus einem Kriegsgebiet kommen nachdem der Konflikt vorbei ist helfen ihr Land wieder aufzubauen. Aber das darf doch kein Zwang sein.

Das sehe ich nun allerdings selbst ein wenig anders. Die Heimatländer der Flüchtlinge werden, nach einer hypothetischen Stabilisierung der politischen Situation, zum Wiederaufbau von Wirtschaft und Gesellschaft auf die Rückkehrer angewiesen sein, insbesondere da viele gut qualifizierte Menschen geflohen sind, deren Fehlen beim Wiederaufbau besonders schmerzen würde. Ohne die Rückkehr der Flüchtlinge dürfte nach der politischen nahtlos die ökonomische und gesellschaftliche Krise kommen, was nun auch in niemandes Sinne sein kann.
Daher sprechen in meinen Augen die überwiegenden Gründe dafür diese Menschen nach Wegfall des Asylgrundes in ihre Herkunftsländer zurückzuführen, von bestimmten Härtefällen mal abgesehen. In der gegenwärtigen Situation ist das aber ohnehin recht egal, die gegenwärtigen Krisen werden uns m.M.n. noch so lange erhalten dass wir uns um eine Rückkehr der Flüchtlinge keine Gedanken machen müssen.

Wobei ebenfalls utopisch ist, dass alle Flüchtlinge, die in Europa ankommen einfach so innerhalb der nächsten 20 Jahre in das Leben hier integriert werden können. Auch das muss der Realist sich eingestehen.

Die Frage ist ja auch eher wie man aus dieser Erkenntnis eine Perspektive entwickelt, die man der "Schotten dicht!"-Rhetorik entgegensetzen kann.

Beego schrieb:
Ich frage mich allerdings auch, was wohl die Alternativen sind. Und die machen mir nicht weniger Sorge... Wie lange wird es noch dauern, bis man auf die Idee kommt, dass die Syrer alle wieder nach Hause könnten, wenn man in Syrien mal.. äh.. gründlich aufräumt?

Wie stellst Du dir das aufräumen praktisch vor? In meinen Augen ist der Zug lange abgefahren und die Situation mittlerweile zu komplex und vielschichtig, als dass man noch "aufräumen" könnte, wenn man das jetzt versucht wird man eher Schaden anrichten als beseitigen.

Matthew McKane schrieb:
Und wenn ich sehe, wieviele der Protestierenden selbst hilfsbedürftig sind (Hartz 4 Empfänger z.B.) wird mir echt schlecht.

Menschen, die wenig haben, auf Menschen, die nichts haben, zu hetzen ist doch eine uralte Methode. Man kann nicht erwarten dass unsere wenighaber irgendwann immun dagegen geworden sind. Abstiegsangst sorgt dafür dass man sich (gefühlt) gegen die noch weiter unten abgrenzen muss und außer Asylanten steht in unserer sozialen Hackordnung nichtmehr viel unter den Hartzlern. Anstatt sich über den Hartzler auf der Straße aufzuregen sollte man besser reflektieren dass die Unterschicht, die jetzt für rechte Agitation anfällig ist, in den letzten Jahrzehnten bewusst und ohne Notwendigkeit geschaffen wurde und sich überlegen welche politischen Schlussfolgerungen man daraus ziehen sollte.


Mal zu der ganzen "Wirtschaftsflüchtlinge"-Debatte: Grundsätzlich kann ich verstehen dass man zwischen politisch verfolgten und armen unterscheidet. Nicht weil Armut ein schlechterer Fluchtgrund oder weniger schlimm als politische Verfolgung wäre, sondern schlicht weil man dem politisch verfolgten nur durch seine Entfernung aus dem Zugriffsbereich des Verfolgers helfen kann, während es eine ganze Menge Möglichkeiten gibt einem armen Menschen zu helfen. Flucht und Aufenthalt in einem anderen Land sollten, wegen der damit verbundenen Lasten für alle Beteiligten, immer die letzte Möglichkeit sein, die erst in Betracht gezogen wird wenn alles andere ausgeschöpft ist. Hintergedanke sind dabei durchaus auch die Kosten: Für das Geld, das man hierzulande ausgeben muss um einen Flüchtling ein paar Jahre zu ernähren, einzukleiden, unterzubringen und ihm sein Taschengeld zu zahlen könnte man in vielen Herkunftsländern die Lebensbedingungen sehr vieler dort lebender Menschen dauerhaft verbessern. Mal ganz von dem abgesehen was man durch Verzicht auf subventionierte Argrarexporte, ausbeutung lokaler natürlicher Ressourcen, Rohstoffgewinnung unter Misachtung der Interessen der ansässigen Bevölkerung usw. erreichen könnte. Das sollten die Mittel sein, mit denen wir gegen das Elend in vielen Teilen der Welt vorgehen. Weiterhin steht einer Aufnahme von Wirtschaftsflüchtlingen auch die Zahl der Menschen, die dann die Möglichkeit zum Asyl hätten, entgegen. Ich denke es dürfte unstrittig sein das ein Mensch, der hungert, Arm ist und Hilfe braucht und davon gibt es derzeit 795 Millionen - anderthalb mal soviele wie EU-Bürger. Selbst 1% davon Asyl zu gewähren dürfte ein Ding der unmöglichkeit sein. Wir haben gar nicht groß die Wahl, sondern müssen diesen Menschen, wo immer das möglich ist, in ihrer jeweiligen Heimat helfen, wenn wir die Fluchtgründe irgendwann mal in den Griff bekommen wollen.
 
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Astaldo

Vampireslayer
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Selbst 1% davon Asyl zu gewähren dürfte ein Ding der unmöglichkeit sein. Wir haben gar nicht groß die Wahl, sondern müssen diesen Menschen, wo immer das möglich ist, in ihrer jeweiligen Heimat helfen, wenn wir die Fluchtgründe irgendwann mal in den Griff bekommen wollen.

Dann schlage ich vor, dass demnächst vor Afrika die europäischen Fangflotten verschwinden sollen und dass die die Subvention und Protektion der Landwirtschaft ein Ende hat, damit unser billig überproduzierter Müll nicht mehr da unten abgeladen wird. Dann noch die Einfuhr von Produkten und Rohstoffen verbieten, die durch Kinderarbeit hergestellt wurden, aus Konfliktgebieten stammen etc..

Die traurige Wahrheit ist doch, dass in der westlichen Hemisphäre keiner 10% abgeben will bzw. zurückstecken würde, dass es den ärmsten der Ärmen 100% besser ginge. Dem Erhalt bzw. der Erschaffung von Arbeitsplätzen ist hierzulande doch alles unterzuordnen, da wird notfalls auch über Leichen gegangen, aber die sieht man ja nicht...
 

Chinasky

Dirty old man
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Dann schlage ich vor, dass demnächst vor Afrika die europäischen Fangflotten verschwinden sollen und dass die die Subvention und Protektion der Landwirtschaft ein Ende hat, damit unser billig überproduzierter Müll nicht mehr da unten abgeladen wird.

Unser "billig überproduzierter Müll" dürfte dort in den kommenden Jahren eine noch höhere Nachfrage bedienen, insbesondere auch deswegen, weil nicht jeder darin Müll erkennen kann.

Das "Problem" der anschwellenden Flüchtlingsströme ist doch nicht nur den aktuellen Kriegen oder ungerechtem Welthandel zu verdanken. Man sehe sich einmal die Bevölkerungsentwicklung in Afrika und den arabischen Staaten im Nahen Osten an.

Das Problem des Bevölkerungswachstums ist seit Jahrzehnten bekannt, nicht erst, seit Assad bei uns "unten durch" ist (war er ja nicht immer...). Wurde es langfristig und nachhaltig angegangen?

Die zukünftigen Flüchtlinge werden immer mehr aus Armutsgründen unterwegs sein. Und darauf sollte sich Europa mal so langsam einstellen. Wie war das nochmal, wieviel Anteil am Bruttosozialprodukt fließt in die Entwicklungshilfe? Null komma sieben Prozent? Oder handelt es sich da nur um das ehrgeizige, nicht eingehaltene Ziel...?

Dieses Jahr kommen mindestens 800.000 zu uns. Nächstes Jahr... Warum sollten es da weniger sein?

Wenn nicht mit Hochdruck daran gearbeitet wird, dass insbesondere in Afrika die Bevölkerungsentwicklung in den Griff bekommen und gerechte wirtschaftliche Verhältnisse etabliert werden, dann bleibt am Ende wirklich nur, eine Mauer um Europa zu bauen, um die Hungernden draußen zu halten.

Was aber macht das eigentlich aus uns, wenn wir dem Verhungern draußen zusehen und die Armen von unserer europäischen Haustür mittels einer als Bettelvogt funktionierenden "Grenzarmee" wegschicken?
 

Astaldo

Vampireslayer
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Wenn nicht mit Hochdruck daran gearbeitet wird, dass insbesondere in Afrika die Bevölkerungsentwicklung in den Griff bekommen und gerechte wirtschaftliche Verhältnisse etabliert werden, dann bleibt am Ende wirklich nur, eine Mauer um Europa zu bauen, um die Hungernden draußen zu halten.

Das Problem ist doch, dass es genug Leute gibt, die das am liebsten heute schon machen würden. Wenn ich den Seehofer derzeit nur lese, da kommt mir ein bestimmter Reiz. Ich bin mir auch relativ sicher, dass es insgeheim nicht nur der braune Mob in Sachsen oder sonstwo ist. In anderen Gegenden schickt man einfach seine Anwälte um Flüchtlingsheime zu verhindern.
Eigentlich muss man sogar noch froh sein, dass die Leute die da hetzen noch so dümmlich vorgehen. Wenn sich da mal einer hinstellt und einfach ein wenig fachsimpelt ala "Die Löhne werden noch weiter sinken, da auf einmal mehr Auswahl an Arbeitskräften ist gerade für die Tätigkeiten, die jetzt schon den Niedriglohnsektor bilden. Das Geld muss auch irgendwo herkommen, also würde ich nicht damit rechnen, dass die Rente noch sicher ist. etc." Das muss nicht mal der Wahrheit entsprechen, aber man erzeugt genug Angst, dass die Leute wahrscheinlich noch mehr zur CDU/CSU rücken wenn nicht noch ein Stück weiter nach rechts. Die Menschen müssen nicht mal wirkliche Rassisten sein, denn letztendlich ist es doch so ein Urtrieb, dass man sich erstmal selbst der nächste ist und alles was das gefährden könnte, möge doch verhindert werden.

Otto-Normalverbraucher wird doch am wenigsten einsehen, dass er jetzt noch was abgeben soll und die die Geld haben, werden sagen wir spenden doch schon genug und können zu guter letzt immer noch abhauen. Gibt ja noch genug Inseln, wo man es sich gutgehen lassen kann, ohne das da ein Flüchtlingsboot strandet.

Das beängstigende ist, dass überall auf der Welt das gleiche passiert. Die Australier gehen in letzter Zeit auch verschärft gegen Flüchtlingsboote vor. Wenn die Reps an die Macht kommen in den USA, blühen da auch wieder andere Seiten. Ein Ausweg ist nicht in Sicht, weil der Wille zur Umverteilung gar nicht gegeben ist. Wir können noch froh sein, dass wir klimatisch so positioniert sind, dass die Auswirkungen der Klimaerwärmung auch zuerst eher bei den den Ärmsten in Afrika etc zu spüren sind.
 

Durandil

Dúnadan
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In Deutschland geht's uns gut, richtig? Warum schimpft eigentlich niemand auf die vielen Menschen, die aus Deutschland auswandern? Sind ja auch nur Wirtschaftsflüchtlinge... um mal die Relation besser hinzubekommen empfehle ich einen Blick auf die Auswanderungen, gerne auch ab 1991 (Quellen: statistisches Bundesamt) - da sieht man zwar auch den steigenden Saldo zwischen Zu- und Fortzügen, aber auch, dass das alles nicht neu ist und es schonmal mehr waren.

Balkanflüchtlinge sind alles Wirtschaftsflüchtlinge? Und die Diskriminierung gegen Sinti und Roma (immerhin etwa ein Drittel der Flüchtlinge von dort, z.B. siehe FAZ) ganz harmlos zwar durchaus Grund, aber der zählt ja nicht bei sicherem Herkunftsland :shine: Und bei "Sinti und Roma" denkt sowieso fast jeder an "kleinkinderklauende Zigeuner" :wuerg:

Wenn ich mich erinnere, wer früher als Schüler und Student auf Demos noch mit "Internationale Solidarität" gebrüllt hat, und nun um sein Recht auf SUV, jährlich neues Smartphone oder sonstigen Luxus bangt, wird mir schlecht.
 
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