Chiburi
Kampfhase
- Registriert
- 12.12.2001
- Beiträge
- 3.582
Wir können schließlich nicht immer über Beziehungen nörgeln.
Nun hat man also ein trockenes, anstrengendes und langweiliges Studium hinter sich gebracht, das man schon überhaupt nur deshalb durchgehalten hat, weil man nebenher immer mal wieder in Praktika erlebt hat, dass der Beruf tatsächlich sehr spannend, und etwas worauf man sich freuen sein kann.
Dann sucht man lange nach einem Job, lehnt reihenweise Angebote ab, die erwarten, dass man unbezahlt quer durch Deutschland fährt, um sich mal unverbindlich vorzustellen, oder die einen zum Gehalt eines ungelernten Arbeiters einkaufen wollen; bis man schließlich etwas findet, das zwar unterbezahlt, aber immerhin nicht lächerlich unterbezahlt ist. Von tariflichen Gehältern und Arbeitszeiten ist man zwar noch immer weit entfernt, aber dass das mit dem Fachkräftemangel nur eine besonders geschickte Strategie war, die Reise nach Jerusalem mit noch mehr Spielern pro Stuhl für die Arbeitgeber noch interessanter zu gestalten, hat man im Gegensatz zu den Medien schon vor ein paar Jahren mitbekommen.
Natürlich ist es nicht der Traumjob, aber immerhin bezahlt er die sprichwörtliche Miete, man könnte es also immerhin ein paar Jahre so aushalten. Nur, wozu? Die Karriereentwicklung geht nicht in die Richtung, die man eigentlich wollte, und sogar mal abgesprochen hatte, sondern, wenig überraschend, betriebsbedingt in die Gegenrichtung. Interessanter wird es also nicht.
Dazu kommt, dass sich in der Regel nicht Kompetenz durchsetzt, sondern Aggressivität und schöner Schein, weshalb man mit etwas Pech schnell vor der Wahl steht, die Anweisungen eines Super-Pavians auszuführen, oder ihm zu erklären warum diese zu nichts Gutem führen. Nun hassen Paviane aber nur eines mehr, als Widerspruch, und das sind Erklärungen mit Worten die mehr als drei Silben haben, oder gar Zahlen und Formeln.
Nicht erklären ist zwar auch schlecht, aber immerhin später schlecht, auch der motivierteste Pavian braucht seine Zeit, um den Pin aus der Granate zu ziehen. Man sollte nur sicherstellen, dass man dann schon weit weg ist, der Granate ist es nämlich egal dass man es schon immer gewusst hat.
Ein Jobwechsel würde sich also anbieten, wenn nur an dem Fachkräftemangel was dran wäre. Leider verlieren Konzerne, die einen früher mit Begeisterung haben arbeiten lassen, einiges von dieser Begeisterung wenn sie auf einmal dafür zahlen sollen. Wer kann es ihnen verdenken? Bei einer dreistelligen Anzahl von Bewerbern pro Stelle ist die Chance natürlich denkbar gering – auch andere wollen Tarifgehälter.
Wer nach wie vor Leute sucht sind Zeitarbeitsfirmen, die mit ihren Tagelöhnern Auftragsspitzen und Dreckarbeit der Konzerne wegbügeln; Ingenieursbüros, die Aufträge billiger abarbeiten als die festangestellten Mitarbeiter, und trotzdem noch Gewinn machen, weil sie ihre Leute gleich zweifach schlechter bezahlen als tarifgebundene Unternehmen.
Oh, und gelegentlich Firmen, die so weit in der Provinz sitzen, dass da keiner freiwillig hinwill. Was vermutlich immer noch die verlockendste Perspektive wäre, hätte man nicht eine Partnerin, die dort mit ziemlicher Sicherheit keinen Job finden könnte.
Soweit, so schlecht, und vermutlich bin ich nicht der einzige, dem es so geht. Dummerweise wird die Sache bei mir noch durch zwei Punkte verschärft, damit es mir auch ganz sicher nicht langweilig wird.
Zum einen sollte statistisch bei durchschnittlich 50 Bewerbungen und 5 Vorstellungsgesprächen pro Stelle jede zehnte Bewerbung zu einem Vorstellungsgespräch führen, und jedes fünfte Gespräch zu einem Angebot.
Nun, bei mir führen zwar zwei von drei Gesprächen zu einem Angebot, dummerweise werde ich aber überhaupt nur alle 60 Bewerbungen mal eingeladen. Und von den Unternehmen, zu denen ich will, und auf die Jobs, die ich mir vorstelle, schon gleich gar nicht. Ich bin zwar ein guter Ingenieur, aber was nützt mir das, wenn ich als Langzeitstudent lange bevor das jemand merkt aussortiert werde?
Das sind dann zwar dieselben Unternehmen, die sich darüber aufregen, dass sie unter ihren sorgfältig vom Personalabteilungspraktikanten ausgesuchten Bulimie-Lernern (Skript ignorieren, Übungsaufgaben auf Zeit rechnen, Klausur schreiben, format c: ) keine brauchbaren Leute mehr findet, aber wiederum: was nützt mir das?
Zum anderen fehlt mir durch oben erwähnten Super-Pavian, seine stolze Beratungsresistenz, und die selbstbewusste Überzeugung dass an eventuell fehlender Übereinstimmung seiner Welt mit der Realität immer der nächsterreichbare Lakai schuld sein muss ein bisschen die Bestätigung. Noch schlimmer, durch die trivialen Aufgaben fehlt mir völlig jede Selbstbestätigung.
Das geht inzwischen so weit, dass ich sowas wie den Weihnachtsurlaub brauche, um zumindest genug Energie zusammenzukriegen, etwas Sport zu treiben, oder mal in Forum zu schauen.
Von etwas so kräftezehrendem wie der Suche nach einem neuen Job ganz zu schweigen.
Zumal ja den oben aufgeführten Symptomen und Erfahrungen nach die Wahrscheinlichkeit, einen interessanten, sinnvollen und anständig (sprich tariflich) bezahlten Job mit brauchbaren Karriereaussichten zu finden doch arg gering ist.
hm..
vielleicht verbuche ich das Diplom als Jugendsünde, hänge es mir gerahmt ins Klo, und mache mich selbstständig. Wobei ich auch dafür eher etwas sinnvolles hätte machen sollen, eine Ausbildung als Koch oder so...
Nun hat man also ein trockenes, anstrengendes und langweiliges Studium hinter sich gebracht, das man schon überhaupt nur deshalb durchgehalten hat, weil man nebenher immer mal wieder in Praktika erlebt hat, dass der Beruf tatsächlich sehr spannend, und etwas worauf man sich freuen sein kann.
Dann sucht man lange nach einem Job, lehnt reihenweise Angebote ab, die erwarten, dass man unbezahlt quer durch Deutschland fährt, um sich mal unverbindlich vorzustellen, oder die einen zum Gehalt eines ungelernten Arbeiters einkaufen wollen; bis man schließlich etwas findet, das zwar unterbezahlt, aber immerhin nicht lächerlich unterbezahlt ist. Von tariflichen Gehältern und Arbeitszeiten ist man zwar noch immer weit entfernt, aber dass das mit dem Fachkräftemangel nur eine besonders geschickte Strategie war, die Reise nach Jerusalem mit noch mehr Spielern pro Stuhl für die Arbeitgeber noch interessanter zu gestalten, hat man im Gegensatz zu den Medien schon vor ein paar Jahren mitbekommen.
Natürlich ist es nicht der Traumjob, aber immerhin bezahlt er die sprichwörtliche Miete, man könnte es also immerhin ein paar Jahre so aushalten. Nur, wozu? Die Karriereentwicklung geht nicht in die Richtung, die man eigentlich wollte, und sogar mal abgesprochen hatte, sondern, wenig überraschend, betriebsbedingt in die Gegenrichtung. Interessanter wird es also nicht.
Dazu kommt, dass sich in der Regel nicht Kompetenz durchsetzt, sondern Aggressivität und schöner Schein, weshalb man mit etwas Pech schnell vor der Wahl steht, die Anweisungen eines Super-Pavians auszuführen, oder ihm zu erklären warum diese zu nichts Gutem führen. Nun hassen Paviane aber nur eines mehr, als Widerspruch, und das sind Erklärungen mit Worten die mehr als drei Silben haben, oder gar Zahlen und Formeln.
Nicht erklären ist zwar auch schlecht, aber immerhin später schlecht, auch der motivierteste Pavian braucht seine Zeit, um den Pin aus der Granate zu ziehen. Man sollte nur sicherstellen, dass man dann schon weit weg ist, der Granate ist es nämlich egal dass man es schon immer gewusst hat.
Ein Jobwechsel würde sich also anbieten, wenn nur an dem Fachkräftemangel was dran wäre. Leider verlieren Konzerne, die einen früher mit Begeisterung haben arbeiten lassen, einiges von dieser Begeisterung wenn sie auf einmal dafür zahlen sollen. Wer kann es ihnen verdenken? Bei einer dreistelligen Anzahl von Bewerbern pro Stelle ist die Chance natürlich denkbar gering – auch andere wollen Tarifgehälter.
Wer nach wie vor Leute sucht sind Zeitarbeitsfirmen, die mit ihren Tagelöhnern Auftragsspitzen und Dreckarbeit der Konzerne wegbügeln; Ingenieursbüros, die Aufträge billiger abarbeiten als die festangestellten Mitarbeiter, und trotzdem noch Gewinn machen, weil sie ihre Leute gleich zweifach schlechter bezahlen als tarifgebundene Unternehmen.
Oh, und gelegentlich Firmen, die so weit in der Provinz sitzen, dass da keiner freiwillig hinwill. Was vermutlich immer noch die verlockendste Perspektive wäre, hätte man nicht eine Partnerin, die dort mit ziemlicher Sicherheit keinen Job finden könnte.
Soweit, so schlecht, und vermutlich bin ich nicht der einzige, dem es so geht. Dummerweise wird die Sache bei mir noch durch zwei Punkte verschärft, damit es mir auch ganz sicher nicht langweilig wird.
Zum einen sollte statistisch bei durchschnittlich 50 Bewerbungen und 5 Vorstellungsgesprächen pro Stelle jede zehnte Bewerbung zu einem Vorstellungsgespräch führen, und jedes fünfte Gespräch zu einem Angebot.
Nun, bei mir führen zwar zwei von drei Gesprächen zu einem Angebot, dummerweise werde ich aber überhaupt nur alle 60 Bewerbungen mal eingeladen. Und von den Unternehmen, zu denen ich will, und auf die Jobs, die ich mir vorstelle, schon gleich gar nicht. Ich bin zwar ein guter Ingenieur, aber was nützt mir das, wenn ich als Langzeitstudent lange bevor das jemand merkt aussortiert werde?
Das sind dann zwar dieselben Unternehmen, die sich darüber aufregen, dass sie unter ihren sorgfältig vom Personalabteilungspraktikanten ausgesuchten Bulimie-Lernern (Skript ignorieren, Übungsaufgaben auf Zeit rechnen, Klausur schreiben, format c: ) keine brauchbaren Leute mehr findet, aber wiederum: was nützt mir das?
Zum anderen fehlt mir durch oben erwähnten Super-Pavian, seine stolze Beratungsresistenz, und die selbstbewusste Überzeugung dass an eventuell fehlender Übereinstimmung seiner Welt mit der Realität immer der nächsterreichbare Lakai schuld sein muss ein bisschen die Bestätigung. Noch schlimmer, durch die trivialen Aufgaben fehlt mir völlig jede Selbstbestätigung.
Das geht inzwischen so weit, dass ich sowas wie den Weihnachtsurlaub brauche, um zumindest genug Energie zusammenzukriegen, etwas Sport zu treiben, oder mal in Forum zu schauen.
Von etwas so kräftezehrendem wie der Suche nach einem neuen Job ganz zu schweigen.
Zumal ja den oben aufgeführten Symptomen und Erfahrungen nach die Wahrscheinlichkeit, einen interessanten, sinnvollen und anständig (sprich tariflich) bezahlten Job mit brauchbaren Karriereaussichten zu finden doch arg gering ist.
hm..
vielleicht verbuche ich das Diplom als Jugendsünde, hänge es mir gerahmt ins Klo, und mache mich selbstständig. Wobei ich auch dafür eher etwas sinnvolles hätte machen sollen, eine Ausbildung als Koch oder so...