Du hast ja keine Ahnung...
Ich konnte nicht schlafen, driftete nur immer und immer wieder in kurze Albträume ab, in denen meine Welt Kopf stand und ich mir die schuppige Haut von den hölzernen Armen kratzte, weil ich mich in meinem Körper nicht mehr zurechtfand. Dann wachte ich jedesmal mit einem markerschütternden Schrei schweißgebadet auf und rannte, in dem vergeblichen Versuch, dem tobenden Chaos hinter meiner von wütender Schlaflosigkeit dumpf pochenden Stirn zu entfliehen, nackt durch die regennassen Straßen von Berlin, mit hektischer Panik in meinen Augen und lähmender Angst in meinem mechanisch stampfenden Füßen. Ich fühlte mich, als ob meine Wirbelsäule sich einem Alien gleich aus meinem Rücken fressen wollte, als ob meine Ohren sich dem heulenden Dröhnen meines Blutes machtlos unterwerfen wollten, als ob mein rasendes Herz meine einengenden Rippen zu Staub zerhämmern wollte, als ob mein Magen alles jemals verdaute kraftlos emporwürgen und voller Ekel den reißenden Strömen des Gulliwassers übergeben wollte.
Es war eine Odyssee des Grauens, gleichermaßen hinfort von der wärmenden Geborgenheit meiner Seele und hinein in die finstersten Ecken der tiefsten Abgründe meiner inneren Welt. Surreal, fremd und erschreckend. Unverständlich, verstörend. Ich hetzte an Taxis vorbei, an Imbissbuden, an Nachtclubs, an Bushaltestellen, an Restaurants und Kneipen, an Menschen und Tieren. Und wo ich auch hinkam, über erklang die gleiche Musik, verfolgte mich dasselbe hypnotische Lied mit seiner glockenhellen Stimme. Sie verspottete mich, lachte über mich, flüsterte hämisch und süffisant direkt in mein Bewusstsein, hielt mir mit einem bösartigen Lächeln auf den spröden Lippen kreisende Vorträge darüber, niemals wieder nach Hause zu finden, vom Weg abgekommen zu sein, auf der Kante zwischen jetzt und niemals zu balancieren. Sie feuerte mich an, alle Hoffnungen aufzugeben, sie applaudierte jeden meiner Stolperer.
Erst Tage später kroch ich ausgelaugt und erschöpft die Treppen zu meiner Wohnung hoch, bedeckt von einer Kruste aus Schleim und Schlamm, Erbrochenem und Weggeworfenem. Meine Haare so schmierig, dass sie meine Augen verklebten, meine Hände so wund und blutig, dass ich den Notschlüssel kaum halten konnte...
Oder um es mal dramatisch auszudrücken: Doch, ich war durchaus überrascht!!