Topic für Kurzgeschichten

Durin

Schlachtenwüter
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Hm, wenn der Film eine Moral hat, dann habe ich die (auch) nicht mitbekommen. Vielleicht liegt es an mir. ;)

Doch, ich denke, du warst deutlich genug. Wie schon gesagt, die Positive Beschreibung des Todes, macht klar, dass das nicht der Fall in deiner Geschichte ist, und dass sie tatsächlich sterben wollte und so ... Naja, zumindest der Teil der als "Stimme" auf sie einredet und später sie als sie dann glücklich ist.
 

Lisra

Schmusekater
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Der Film zeigt ziemlich doll mit dem Finger auf etwas und will es mit einem "reiß dich doch einfach zusammen" beiseite wischen. Und das ist zu einfach. Vielleicht hat das aber auch persönliche Gründe.

Davon abgesehen ist es ein höchst beeindruckender Film, zumindest wie er mit Bildern arbeitet.
 

Faerlanthis

Steppenwolf
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Zum Film (sorry, kann's nicht lassen): In ihrem (Winona Ryders) Falle ist das "Reiß dich doch einfach zusammen!" gar nicht so grundverkehrt. Sie ist ja keine wirklich psychisch kranke Person, sondern vielmehr eine temporär aus der Welt entrückte. Das wird ja auch zum Ende hin deutlich: Sie will leben, und zwar da draußen, in der Welt, auch wenn's dort auch an vielen Ecken und Kanten hakt.

Nun ja, zumindest habe ich in dem Film nie eine gefährliche Moral gesehen. Vielleicht ist sie das, aber man muss ja selbst auch kein Moralist sein. ;)
 

Lisra

Schmusekater
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Man muss es ja nicht Moral nennen :rolleyes:
 

Zelon Engelherz

Wachritter des Helm
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Ich bin mal so frech;)

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Die Eisbahn erfreute sich diesmal regen Betrieb. Das Schicksal wollte es wohl, dass er diesmal viele verliebte Pärchen und äußerlich höchst glückliche Familien sehen sollte, als ob man der eigentlichen, weniger romantischen und je nach eigener Passion glücklicheren Realität entfliehen sollte, um sich zumindest einmal von ihren allzu zynischen Angewohnheiten zu erholen.

Neben ihm stand wieder der Schneemann. Erik stellte mit nicht geringen Erstaunen fest, dass der gefrorene Geselle seit ihrem letzten Treffen sich immer noch in einem erstaunlichen guten Zustand befand, war aber sehr darüber erfreut.

Nachdenklich blickte er, gestützt auf dem kalten Metall der Abgrenzung auf die Eisbahn, wohnte einer rührenden Szene bei, in der ein noch realtiver junger Mann, seinem gestürzten, noch sehr jungen Sohn wieder aufhalf und ihn mit nahezu engelsgleicher Geduld zeigte, wie man solche Szenarien auf ein Minimum reduzieren konnte.

,,Das Verhältnis von mir und meinem Vater ist sehr schwierig'', begann er ohne Vorwarnung, was seinen Nachbarn nicht zu stören schien.

,,Weil...naja...zumal liegt es daran dass ich nicht so Recht weiß, was ich nun für ihn fühlen soll. Ich meine ob ich ihn nun hassen oder lieben soll oder ob ein Mittelweg ganz toll wäre...

Zur Zeit empfinde ich ihn als regelrechten, boshaften, zynischen, pragmatischen, selbstverliebten, harmoniebedürftigen Kotzbrocken, der sich alles schön redet, weil er es auf Grund seines kotzigen Berufes und der daraus resultierenden Konfrontration mit dem Tod oder wegen der Fehler die er gemacht hat einfach MUSS, damit er sich ständfig vor Augen halten kann, dass mit ihm und seiner Familie einfach alles in Ordnung ist.

Wenn ich jedoch jetzt etwas länger drüber nachdenke und all die schönen Momente denke die wir hatten und die hatten wir wirklich, frage ich mich ob das fair ihm gegenüber ist. Weil, er hätte mich nicht bei sich haben müssen. Er hätte auch nein sagen können und ich wäre bei Mama gelandet...aber wer weiß was da die Beweggründe wahren? Geld wohl kaum, weil man als Heranwachsender mehr kostet als man vom Staat bezahlt kommt...vielleicht aber doch, damit er keinen Unterhalt zahlen musste, denn da hätte uns Mutter schön als Druckmittel eingesetzt, wie ich diese boshafte Kuh kenne...aber um sie geht es ja gerade nicht.

Er war immer der Nette, der Liebe, der auf den man sich freuen konnte. Derjenige der mit den Kindern in Urlaub fährt, wandern geht, der sie lieb hat und so, der dich mit ins Schwimmbad nimmt und dir sagt "ich hab dich lieb" wenn Du ins Bett gehst...wie gesagt, vielleicht bin ich nicht fair...oder aber doch. Denn...eine Zeit lang ging gar nichts mit mir, wenn ich esmal negativ ausdrücken darf, ging eigentlich nie was...

Zweimal habe ich den Kindergarten gewechselt, zwei Therapien musste ich hinter mir bringe damit ich was entwickeln konnte, das man Persönlichkeit nennt. Dann waren da noch viele, viele Krankenhausbesuche weil klein Erik ja immer was hatte...meistens war er da. Und Gute-Nacht-Geschichten hat er auch erzählt...als Winzling ist es wirklich leichter, obwohl die Kindheit beschissen ist...ist aber auch je nach persönlicher Einstellung dazu auch anders. Wie gesagt er war halt da...war immer der Nette und Liebe...und sagte "mein Großer". Ich weiß nicht ob ich es tatsächlich für ihn getan habe, viel eher denke ich, dass es wegen der Zuneigung war, die ich mir davon erhoffte, als der tatsächliche Respekt der Person an sich, die mein Vater ist.

Wie gesagt ich weiß es nicht...aber was es auch war, es ging schief, wurde entweder mittelmäßig oder große scheiße...irgendwie hat er mit mir mehr ab's als auf's erlebt...deswegen habe ich mich wohl auch so sehr für mich geschämt, dass ich ihn kein so toller Sohn sein konnte, wie er es wohl Verdient hatte...''

Ein kleines, verbittertes, vielleicht auch trauriges Lächeln schlich sich auf die Lippen des jungen Mannes.

... ,,Vielleicht aber auch doch. Schließlich hat er es mit seiner Freundin schon während der Ehe mit Mama getrieben, sie selbst mehr wie ein Dienstmädchen, denn einer Gleichberechtigten gehalten und uns mit ihr allein gelassen. Vielleicht bin ich genau das was er verdient hat...ein ewiges Sorgenkind, der Familienversager, der schlußendlich nichts weiter als eine reine Enttäuschung wurde...widersinnig wenn man bedenkt, dass ich jetzt arbeite ich weiß. Und er hat ja auch nie wirklich irgendwelche Ansprüche an mich gestellt. Immer sagte er "Du lernst doch nicht für mich, sondern für dich, damit Du später ein erfülltes Leben führen kannst..."

Wenn man jetzt ein Arschloch wäre, könnte man jetzt ganz hämisch anmerken, dass er sich wohl solchen Sätzen aus der Affäre zu ziehen glaubte hmm? Aber so ist er nun mal und wird es wohl auch immer bleiben...der kleine Adonis...

Wohl auch einer der Gründe, weswegen ich wohl auch mit ihm zu kämpfen habe...sein Aussehen. Wenn ich ein Foto hätte könnte ich dir mal ein gutes Beispiel zeigen...sieht immer noch klasse aus, für die Jährchen die er jetzt schon auf den Buckel hat...und vögeln kann er wohl auch immer noch ganz gut.

...

Tschuldigung, blöder Spruch, gehört hier nicht her.

Heffffff...Sein Aussehen geht mit seiner Persönlichkeit ein, wie ich sie vor Augen habe wohlgemerkt. Er hat halt was Selbstsicheres an sich, was souveränes Selbstbewusstes, aber auch Herablassendes wenn Mama wieder am geifern war oder ich einfach nur dasaß und auf den Teller schaute, während er beiläufig fragte ob ich inzwischen einen Plan hätte und ich wieder mit "nein" antworten musste. Zu der Zeit übrigens wollte ich unbedingt von ihm unabhängig sein und es den "miesen alten Dreckssack" zeigen...heute wird mir bewusst, dass ich immer noch abhängig von ihm bin. Von seinen "hab dich lieb", von dem Bisschen Liebe, das er sich vielleicht für mich bewahrt hat. Von dem Gedanken, ha! Wunschtraum trifft es wohl eher. Dem Wunschtraum also, genauso viel wert zu sein wie er und nicht in seinem Schatten zu stehen. Von all dem und noch mehr, bin ich halt noch abhängig und werde es wohl auch immer bleiben, solange er noch unter den Lebenden weilt...und selbst dann wird er wohl noch Macht über mich haben, in dem er einfach in meinen Gedanken bleibt und ich mich ständig fragen muss "was wäre gewesen wenn...?".

...

Scheiße...ist die Weihnachtszeit.''

Der kleine Junge war wieder auf's blanke Hinterteil gefallen und weinte nun. Sein Vater half ihm lächelnd wieder auf die Beine und der Tränenstrom begann zu versiegen.

Erik sprang für den Kurzen ein...
 

Zelon Engelherz

Wachritter des Helm
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"Hmm..."

"Was?"

"Guck mal...''

"Hmm...steht nichts."

"Eben.''

"Hmm?"

"Da steht nichts, weil da nichts stehen kann, auf Grund der Probleme, die es mit sich bringt in einer politisch korrekten Gesellschaft zu leben.''

"Was ist daran so schlimm?"

"Nichts wenn es denn ehrlich gemeint wäre. Ich meine wir haben uns ganz fest auf die Fahne geschrieben politisch korrekt uns gegenüber allen Minderheiten zu verhalten seien sie nun Ausländer, homosexuell oder vom anderen Geschlecht. In guten Zeiten läuft das sogar ganz gut, solange der eigene Haushalt nicht von irgendwem bedroht wird oder nicht irgendsoein, entschuldige diese abfällige Wortwahl aber irgendwie muss man ja ein konkretes Beispiel geben, "Schlitzauge" den eigenen Job übernimmt, weil er eventuell besser qualifiziert und jünger ist.

Solange nichts geschieht was den heimischen Frieden stört, sind wir lieb nett und freundlich.

Wie er ist schwul? Kein Problem...solange er seine Hände bei sich behält, kann er sich gerne soviel leihen wie er will und wenn er mir bei der einen oder anderen Sache mit anpackt ist er umso willkommener.

Chinese? Hey das sind auch nur Menschen und nicht jeder ist ein Industriespion...außerdem ist ER ja eine besonders scharfe SIE, "he-he-ha-ha-hu-hu."

Moslem? Sind ja nicht alles Bombenleger...außerdem wohnt er sowieso drei Straßen weiter bei Dingsbums die kann ich sowieso nicht leiden.

Bah."

"Findest Du das nicht ziemlich eklig?"

"Kann schon sein, aber ekliger als die allgegenwärtige Heuchelei ist es allemal und schlimmer noch, bin ich mir gar nicht so sicher ob ich mich von meinen so genannten Mitbürgern unterscheide. Denn wenn es mir persönlich in unserer tollen Wunderlandgesellschaft besser ginge,würde ich wohl über solche Reden nur mitleidig den Kopf schütteln, denn wir sind hier schließlich im HURRA-HAPPY-Land, wo die Welt in Ordnung ist und wir trotz globaler Erwärmung und Erschöpfung der Rohstoffe dem supertollen 22. Jahrhundert entgegenarbeiten. Ich meine man richtet die Stimme der Kritik ja meistens nur an die Menschheit wenn es einem SCHLECHT geht und sucht sich dann bei anderen Unterstützung, hauptsächlich bei denen die die Zielscheibe der bösen Öffentlichkeit sind und sei es auch nur um sich zu bestätigen, auf der richtigen Seite, der Unterdrückten, ergo GUTEN Seite zu stehen.

Weiß nicht ob mich das noch schrecklicher macht, als den ignoranten Rest, aber irgendwie stellt es mich doch auf eine Stufe die der ihren fast gleichwertig ist...finde ich. Was nicht heißen soll, dass ich allgemein solche Bemühungen verurteile, ganz im Gegenteil. Wir können unsere Gesellschaft immer verbessern, wirklich IMMER, nur sind wir meist etwas zu bequem, das zu tun, unabhängig davon ob es sich dabei um die eben angeprangerte Toleranz gegenüber anderen oder die immer beschränkter einsetzbaren Ressourcen handelt...tja.

Blöd ist ja auch noch, dass wir alle Individuen sind, jeder unserer Verfassung nach ein Recht auf eine eigene Meinung hat, also auch darauf was er von diesem oder jenen hält. Dabei muss er als ausgesprochener Rassist nicht mal ein schlechter Mensch im Sinne von "schlägt-seine-Kinder-und-foltert-seine-Frau-widerliches-Arschloch-SCHLECHT

" sein, sondern im Sinne davon, dass sein eigener eingeschränkter Horizont, aus seiner Sichtweise ziemlich umfangreich ist, aus der Sicht weitaus weltoffenerer Menschen einfach so was von eingeschränkt ist, dass er in unserer angeblich offenen einfach nicht mehr bestehen kann. Ergo sind wir, wenn man es mal so verquer umdrehen will, auch Rassisten, da wir sein Recht auf Meinungsfreiheit untergraben und ihn schon von vornherein auf Grund seiner Ansichten verurteilen, ohne ihn wirklich zu kennen.

Kommst Du noch mit?"

"Glaube schon...weiß nicht.''

"Dann bist Du mir auf jeden Fall voraus...weiß selber nicht, ob ich auf was hinaus will oder sich jetzt irgendwelche Abgründe auftun, die mich jetzt als riesengroßer Arsch brandmarken...na ja. Genau das ist auch ein Grund weswegen ich im Grunde nichts schreiben kann und DARF wenn ich mich politisch korrekt äußern will...denn jeder meiner Leser geht wohl automatisch davon aus, dass ich als Verfasser von eventuell lesenswerten Schund ohne Doktorantentitel immer eine persönliche Meinung mit einbringe und man jede Szene gesellschaftlich an unseren Werten messen muss.

Wenn ich zum Beispiel verdeutlichen will dass mein Protagonist ein Rassist ist indem er jemanden "Schlitzauge" nennt, wird jede/r LeserIn der dem nicht insgeheim zustimmt oder etwas aufmerksamer (oder überaufmerksam sollte ich seiner/ihrer Symphatien noch nicht sicher sein) sich wohl erstmal fragen wie ich darauf kam, dieses Wort zu verwenden. Wenn ich mich folgendermaßen äußere dass ich mir nichts dabei dachte, bin ich dann wohl ein entweder ein Ignorant oder ein unwissender Rassist. Wenn ich wie gesagt sagen will, dass ich den ausgeprägten Fremdenhass meines Protagonisten zum Ausdruck zu bringen, wird dem Geschreibsel eventuell plötzlich mehr literarischer Wert beigemessen als tatsächlich vorhanden ist. Klar, es muss auch gesagt werden, dass einige wirklich ihren Mist so meinen wie sie ihn schreiben oder manche Dinge nur des Effektes wegen in ihre, bäh, Geschichten einbauen, damit sich ein gewisser Lesersatz davon unterhalten lässt. Reicht aber schon, wenn es der Autor selbst ist, dem es gefällt, angeblich ja die Hauptsache, aber na ja.

Um wieder zum Thema zu kommen: Wenn man politisch korrekt schreiben will, muss man alles idealisieren, die Gesellschaft als solche, die Menschen darin und alle Probleme luftdicht verpackt im nächst besten Mülleimer verpacken und wegsperren. Einfach alles Ernste beiseite schieben und was Lustiges draus machen, was Leichtes, romantisch Verklärtes für zwischendurch zur gepflegten leichten Unterhaltung. Und angesichts unserer derzeitigen Schwernisse, die auf uns armen, gebeutelten Evolutionskrönungen plagen; ist dass doch nur verständlich! Und ein Schelm wer DA noch böse anmerkt, dass wir uns diese Problemchen selbst über kurz oder lang eingebrockt haben, aber ICH kann es gleichzeitig auch verstehen, da ich mir ja selbst ja gerne die eine oder andere leichte Kost zu Gemüte führe um mich mal zu entspannen...tja...

Aber als angeblich angehender Künstler oder was auch immer man heute dazu sagt, kann ich im Grunde nicht wirklich korrekt sein, wenn ich denn wirklich was zu sagen habe, was auch Ansichtssache sein mag. Für die Einen bin ich ein talentierter angehender Künstler mit weltbewegenden Aussagen, für die Anderen ein wirr vor mich hin brabbelnder Schmierfink, der eigentlich hinter der Kasse sitzen sollte um ihnen den Preis für ihre Konserven zu nennen.

Ups...das war wieder gemein hmm?''

"Och...''

"Tja...politische Korrektheit...ich will nicht sagen, dass es absoluter Scheiß ist, aber solange wir immer noch sagen "der ist Japse", "der da drüben ist ein Froschfresser", "dass da ist einer dieser Sauerkrautfressenden Nazis" und uns krampfhaft BEMÜHEN nett zu sein und es nicht wirklich sind...bleibt es halt nur ein Traum...''

"Hmm..."

"Und das Schlimmste ist: Was ich hier sage, ist bestimmt nicht sonderlich tiefsinnig oder schlau...jeder mit nur etwas in der Birne kommt dazu, wenn er sich mal kurz Zeit lässt und es gibt wesentlichere klügere und vor allem bessere Menschen als ich, die zu dem Thema und allen anderen viel mehr was zu sagen haben...nur irgendwie gibt es davon glaube ich zu wenige, die aktiv was daran ändern wollen...oder können. Je nachdem.''

"Hmm...''

"Machst Du Kakao?"

"Klar..."
 

Salomee

BW-Perberus
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Ich glaube ich muss das Ganze hier mal von hinten aufzäumen! Daher:

@Zelon Engelherz

Deine beiden Geschichten haben mir sehr gut gefallen, wobei das Ende der ersten Geschichte

Der kleine Junge war wieder auf's blanke Hinterteil gefallen und weinte nun. Sein Vater half ihm lächelnd wieder auf die Beine und der Tränenstrom begann zu versiegen.

Erik sprang für den Kurzen ein...

mir besonders in Erinnerung geblieben ist. Man kann sich das so richtig bildhaft vorstellen. Dickes Lob!

Salomee

Den Rest der Geschichten werde ich bei Gelgenheit lesen und meine steht ja auch noch aus....
 

Salomee

BW-Perberus
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So ihr lieben. Hier ist nun mein Beitrag zum Kurzgeschichten-Topic. Ich habe ihn etwas entschärft und ich hoffe er geht in dieser Form in Ordnung. Ich hoffe die Kernaussage wird richtig interpretiert.

Bitte verzeiht mir Rechtschreibfehler und einige grammatikalische Ungereimtheiten. ;)


Es ist Sonntagmorgen 11:40: Die kalte Wintersonne scheint durch die Bäume, und wirft mehr dunkle Schatten als helle Streifen auf den Kies der Parkwege. Es knirscht von Falmilien, kleinen Füßen, großen Füßen und alten Leuten mit Stöcken. Falsches Lächeln wird ausgetauscht, Kinder schreien, sind ungeduldig, unwichtige Worte über Befinden und das Wetter werden gewechselt.
Sie betritt den Park, sticht heraus aus dem Gewimmel von Kindern, Eltern und Großeltern. Schwarz gekleidet, die schwarzen Haare streng zurückgebunden, eine schwarze Sonnenbrille auf der blassen Gesichtshaut, unter der man stechend grüne Augen vermuten kann, Der Gang ist bestimmt, die Schritte ausholend, brutal und zielgerichtet. Der Ausschnitt tief, der Körper aufgerichtet und beherrscht. Sie läuft auf ihr Ziel zu, das Café mit den Edelstahlstühlen und Tischen, den weißen Schirmen, dem kühlen Ambiente und dem edlen Geschirr.
Sie sitzt nun da, und die Art wie sie ihre Zigarette raucht, die schlanken Beine über einander schlägt, sich eine Haarsträhne zurückstreicht, lässt keinen Zweifel an ihrem Vorhaben: Sie ist auf der Jagd! Sie schaut, lächeld, schaut wieder weg, löffelt ihre Sahne. Sie wählt, sucht sich aus was sie braucht. Ihr Körper gespannt, gestreckt, wie ein Pfeil kurz bevor er losschießt und sich in sein Ziel bohrt und hineingräbt, wie ein Panter vorm Sprung, bevor er seine spitzen Krallen in das Fleisch seines Opfers stößt bis das Blut ihm entgegenspritzt. Ihre Wahl trifft sie sehr sorgfältig, so wie jeden ersten Sonntag im Monat. Und wie jeden Sonntag zuvor findet sie was sie sucht: Männer, Männer die denken sie suchten das Selbe wie sie auch. Willige Männer, ganz bestimmte, dominante Männer, für ihren Zweck, für ihren Schmerz! Der Richtige erhält ein Lächeln, er schlendert herüber. Kräftig gebaut, breite Schultern, stark! Aber sie weis es, wenn er erregt ist wird er sein wie die Anderen, weich wie Butter. Sie kennt es, und wieder weis sie, dass sie die Männer hasst ihrer Triebe wegen. Wegen ihrer einfachen Unterwürfigkeit, weil sie sich nicht mehr unter Kontrolle haben, wenn man anfängt sie zu küssen und zu streicheln. Sie wussten nicht mehr was mit ihnen geschah. So etwas war ihr fern. Sie wusste was sie tat, immer!

Er war ohne Zweifel ein schöner Mann. So wie immer entstand leichte Konversation. Er verhielt sich äußerst galant, elegant, charmant, korrekt, bestellte einen Drink für sie, bat ihr Feuer an, half ihr in den Mantel. Sie verachtete ihn, sie wusste was sie wollte, ihr Körper pulsierte, sie wollte ihn unter sich. Sie wollte diesen bestimmten Gesichtsausdruck sehen, jetzt sofort. Sie wollte den Schmerz wieder und wieder, die Angst vollständig zerstört zu werden. Sie wusste, das sie krank war, das es nicht normal war, das es sie irgendwann selbst zerstören würde, aber nun war es ihr egal.
Irgendwann war der Moment gekommen. Es war einfacher als sonst. Er bot einfach an sie nach Hause zu fahren, und sie nahm dankend an, was auch sonst. Der Kies knirschte als sie zum Auto gingen, und sie dachte, er müsse sich das sehr gut einprägen, sehr gut, man weis ja nie, ob man ein bestimmtes Geräusch nochmals hört…

Im Auto saß sie gerade, spürte ihren Körper zittern. Sie wollte ihn nackt, vollständig, ihr unterworfen sehen. Ihre Hände klopften rhythmisch auf die Ablage. Er war beschwingt, gelassen, „gut gelaunt“. Noch besserer Laune war er, als sie ihn fragte, natürlich unverbindlich, galant, ob er noch mit hinauf käme. Wie immer bot sie Sekt und Lübecker Marzipan an. Er nahm an. Sie plauderten. Sie küssten sich. Sie verschwand im Bad, wie man es eben tut, nicht um sich frisch zu machen. Sie riss das Fenster auf, die weißen Gardinen flogen im Wind. Sie atmete heftig, sie zitterte, die Hände krampfhaft an Waschbecken gekrallt. Sie schloss die Augen, und tat ihr Bestes um zu vergessen, und um erneut zu bekommen was sie wollte. Sie strich die Haare zurück, wusch sich die Hände, und zog ihre Ohrringe aus. Sie waren sehr teuer gewesen, und sollten schließlich nicht mit draufgehen. Sie ging zurück, nicht hektisch. Entschlossen, still und zielgerichtet. Sie liebte den Augenblick bevor es los ging, sie liebte es!

Er stand am Fenster und blickte hinaus, ein Glas Sekt in der Hand. Sie nahm seinen Hintern in beide Hände, drückte zu, griff weiter vor. Er war sichtlicht überrascht, wehrte sich aber nicht. „So wie Alle“, dachte sie.

„Du hast eine Frau?“ Sie ließ ihn los.
Er nickte.
„Kinder?“
Zustimmung.
„Gut!“

Er drehte sich um, wollte sie greifen und sie sich auf dem Bett bereitlegen. Doch sie hob die Augenbrauen, ihre Hand schloss vor und traf ihn auf seine Brust. Er erschrak. Sie zog ihm Hemd und Hose aus, und stieß ihn aufs Bett. Er wagte kaum zu atmen. Sie drehte sich um, zog sich mit langsamen, gekonnten Bewegungen aus. Ihre blasse Elfenbeinhaut kam mehr und mehr zum Vorschein. Er griff nach ihr, doch er griff ins Leere, da sie sich blitzschnell umdrehte. Es verschlug ihm den Atem, und er hatte sichtlich Mühe sich zurückzuhalten. Sie war schön. Ihre Haut, ihre Rundungen, wie sie sich bewegte, schön. Sie legte sich über ihn, zog ihn aus, küsste ihn, streichelte ihn, spielte mit ihm, bis er die Augen schloss und sein Körper sich entspannte. Es machte sie nicht an. Es war Mittel zum Zweck, ihre Waffe. Sie koordinierte ihren Mund, ihren Hände, ihre Bewegungen genau und exakt. Sie arbeitete auf etwas hin, ihre Befriedigung. Er lag auf dem Rücken und sie setzte sich auf ihn. Die Bewegungen wurden schnell heftiger. Er warf sie auf den Rücken, doch sie behielt die Kontrolle über ihn. Sie merkte, dass es bald soweit war und griff kurz neben sich zum Nachttisch. Ein Lächeln umspielt ihre Lippen. Als sie spürte, dass er zum Höhepunkt kam riss sie die Augen weit auf und sah ihn endlich. Den Ausdruck auf den sie wartete, der ihr Leben bestimmte, ihr höllische Schmerzen und immer wieder unendliches Glück bereitet hatte. Er stöhnte auf, als ihn der spitze Hammer traf. Nun lag ein anderer Ausdruck auf seinem Gesicht. Sie schlug erneut zu, wieder und wieder.

Sex war ihre Waffe, eine Waffe dessen Gefährlichkeit man sich bewusst sein sollte. Sie wusste das. Sie war ein Spiegel, und das was einst hineingeworfen worden war, kam zurück. Sex steht im Zusammenhang mit Schmerzen und Gewalt, das wusste sie ebenso, und das praktizierte sie auf eine grausame Weise, die nur sie verstand und einsah. Sie kannte nur das, es war der Grund warum sie noch lebte, das Einzige was ihr Befriedigung verschaffte, und es brachte sie ihrem Ziel näher, der eigenen Zerstörung.

Salomee
 

Durin

Schlachtenwüter
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Zelon: Ah, ja ... nicht mein Fall. Es beginnt mit einer Geschichte, die anscheinent als Beschreibung einer Gesellschaftsschicht dient, die ich gerne ignoriere ... und auch in diesem Fall tue ich es fast, da ich vor lauter Flüchen gar kein Interesse habe das Schicksal dahinter näher zu untersuchen.
Nicht jede Geschichte braucht Anfang-Ende-Moral.
Die Geschichte als einzigen Monolog, ohne Betrachtung von Handlung etc.finde ich recht langweilig. Es wird erklärt, wie der Character drauf ist und wie es dazu kam. Was nicht gesagt wird ist, warum ich das interesant finden soll. Wenn der Character grade eine Bank überfallen hätte und sich jetzt mit der Polzei eine Schießerei oder Verfolgungsjagt liefert, oder wenn er grade in die Kanone eines Mafia-killers schaut, dann interesiert es mich natürlich ... aber er schaut sich einen Schneeman an? Wie alltäglich! Wie gewöhnlich. ;)
Ich will allerdings eingestehen, dass sowas auch seinen Platz hat, bei Leuten die im Gegensatz zu mir eher künstlerische Ansprüche haben.

Die zweite Geschichte lässt sich am besten zitieren mit: "weiß selber nicht, ob ich auf was hinaus will"
Ein Autor lamentiert über die Sinnlosigkeit des Lamentierens und flucht auf die Verlogenheit der 'Political Correctness'. Vielleicht interesant, wenn man vorher nicht über das Thema 'latenten Rassismus' (bzw Faschismus, da es nicht nicht exclusiv um Rassendiskriminierung geht) Gedanken gemacht hat.
Ich hoffe, du kannst die Kritik ab, besonders wenn man bedenkt, wie unqualifiziert sie eigendlich ist. :)




Salomee: Das Warten hat sich gelohnt. Eine schöne Geschichte, wenn auch viel zu kurz. Was muss ich als Kerl dir das eigendlich erklären? ;):D Wo ist das Vorspiel (literarisch)? Der Spannungsbogen muss langsamer aufgebaut werden, dann langsam der Punkt, an der die Geschichte die Kontrolle verliert und auf denn Höhepunkt zuläuft (der Bereich zwischen "greift in den Nachttisch" und "sticht zu" bei dir), dann der Klimax und dann ein Entspannen der Situation ... es ist eigendlich alles da, passiert aber alles viel zu schnell.

Trotzdem, hat mir gut gefallen, auch wenn ich mir jetzt überlege, was ich dann als nächstes schreibe. Ich habe mir Gedanken gemacht über eine weitere Geschichte im Cyber-Endzeit-Zombie-Setting meiner letzten Geschichte, oder dass ich Meine Vampirstory in ein viel mehr passendes ca. 1985er Setting umschreibe ... aber jetzt denke ich, das dieser thread etwas fröhlicheres braucht und nicht noch eine Story von Schmerz und Tod.
Ich habe schon 'ne Idee, mal sehen, ob daraus was werden kann ... :)
 

Salomee

BW-Perberus
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@Durin

Danke für Deine Worte! Wie ich bereits oben beschrieben habe, habe ich die Geschichte an manchen Stellen (vor allem am Ende) gekürzt, damit es nicht zu "pornographisch" wird. Das hat sich wohl bemerkbarer gemacht als ich dachte. Ich bin mir bewusst, das die Geschichte, wie ich sie als Original vorliegen habe wesenltich kraftvoller ist. Ich wollte mich hier nur nicht über Grenzen hinwegsetzen sondern die Regeln beachten. Deshalb diese entschlackte Version!

Salomee
 

Zelon Engelherz

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@ Durin

Keine Sorge kann ich...denk ich mal;)

Trotzdem vielen Dank, dass Du deine Meinung dazu geäußert hast:).

@ Salomee

Freut mich dass es dir gefallen hat(sowas hört man immer wieder gern^^)

Zu deiner Geschichte möchte ich sagen,dass sie mir auch sehr gut gefiel, da sie mich irgendwie ans Film-Noirgenre erinnerte, as durchaus gut ist, da ich dafür eine Vorliebe habe;).

Der Text liest sich wirklch flüssig und man kriegteinen sehr schönen Einblick über das Seelenleben der Figzr...nur ist er halt zu kurz und was ich persönlich schade finde, musste auch noch gekürzt:(.

Nicht dass ich es nicht verstehen würde...nur finde ich es trotzdem schade, da die eigerntliche Qualität immer unter sowas leidet:(.

Trotzdem...schöner Text:).

So...wie Durin schon sagte, kommt von mir etwas Lustigeres. In diesem Fall ein kleiner Ausflug auf den derischen Kontinent Aventurien, wo ich euch liebe Leser vom horasischen Dieb Rondraio di Léoncle erzählen möchte.

Ich hoffe ihr habt mit dieser Episode euren Spaß;).

Gruß Zelon:)

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Alrik von Tannenstein war wütend. Auf eine Art und Weise die jedem noch so oberflächlichen Beobachter sofort ins Auge fiel, wenn sie seiner angesichtig wurden. Das Kettenhemd des mittelreichischen Adligen rasselte auf Grund der Hast seiner Schritte, seine Rechte hatte sich verkrampft um das Langschwert an seiner Seite gelegt und n seinen Augen brannte korgleiche Mordlust. Swafnelm und Borjev schoben jeden noch so kleinen Widerstand in der Vinsalter Taverne beiseite und wurden von den zu Recht empörten Insassen mit missbilligenden Blicken bedachte.

Alrik scherte sich, um seine Gedanke wörtlich und nicht Zwölfe gefällig zum Ausdruck zu bringen, einen Scheiß darum. Die Ehre seiner Familie war auf's Tiefste beleidigt worden. Und noch schlimmer, seinem männlichen Stolz war eine tiefe Wunde zugefügt worden, die nur auf eine erdenkliche Art und Weise gesühnt werden konnte!

Betont schwer schritt er die Treppe hoch, in dem niederen Ansinnen dieser almadischen Kurtisane vielleicht sogar im Voraus das Fürchten zu lehren! Tief in seinem Innern schämte er sich dafür dieses Wiesel für die frevlerische Tat seine junge Gemahlin zu beobachten , bezahlt hatte, war dies doch weder ein Zeichen dafür, dass er großes Vertrauen in ihre traviagefällige Treue, noch beinhaltete es einen Beweis für gute Manieren. Aber schließlich hatte er ja gesehen, wie ihr geradezu die Augen ausgefallen waren, angesichts der unzähligen, parfümierten und gewaschenen Pfauen die durch die Straßen dieses dekadenten Pfuhls der Verdammnis marschierten. Wahrscheinlich erinnerte sie solches Stutzerpack umso mehr an ihre Heimat, von der sie ihm seit ihrer Hochzeit immer nachgejammert hatte und sich mit nichts zufrieden gab was ihr die natürliche Schönheit des weidener Landes bot. Die Hochzeit!

Innerlich errötete der doch noch sehr junge Ritter, rief sich gewisse Bilder in den Kopf und an den Grund weswegen er heute außer Haus gegangen war und seine Frau unbewacht ließ, in seiner Naivität auf den natürlichen Anstand der Horasier und seiner Frau vertrauend. Aber was hatte er denn schon erwarten können, in solch einer lästerlichen Hölle von Verrätern? Sie standen nun vor der Tür. Alrik gab sich keine Mühe leise zu sein. Sein schwerer Stiefel traf auf die Tür und öffnete sie äußerst unsanft. Zu den Niederhöllen mit den Manieren, den Anstand, den Gesetzen, den Kosten für die Tür und den Vorurteilen die er mit einer solchen Handlung förderte! Hier ging es um seine Gemahlin!

Diese befand sich in einer eventuell bequemen Position, die Decke lag auf den Boden und diente so einen knienden Mann, an seiner Nacktheit deutlich ersichtlich, als Unterlage. Bevor Alrik eingedrungen war, schien dieser einer für Philia sehr angenehmen Tätigkeit nachgegangen zu sein, was an der hauchzarten Rötung ihrer Wangen und dem leichten Schweißfilm deutlich sichtbar wurde. Jedenfalls glaubte Alrik das. Seine Kenntnisse waren auf diesem Gebiet sehr...begrenzt.

Der Mann schreckte hoch und Alrik sah das glatte Gesicht eines jungen, schmalgebauten Mannes, dessen braungebranntes Gesicht an den Wangen ebenfalls leicht gerötet war. Alrik konnte sich denken wovon und sein Hass entflammte in ingegrimmschen Ausmaßen für diesen Verbrecher, diesen Spitzbuben, diesen Hurenbock, Straßenräuber, HORASIER!

,,Das muss ich also vorfinden, wenn ich dich einmal alleine lasse!'', brüllte er so laut, dass jeder der mittelreichischen Sprache mächtige es nur allzugut verstehen konnte.

,,Dich im Bette mit einem anderen Mann, dich ihm hingebend als seist Du eine gemeine Kurtisane! Ich sollte...!''

,,Euch gefälligst bei eurer Frau entschuldigen, Ihr elender Narr!'', sagte der Stutzer der sich, nachdem er sich erhoben und Philia die Decke gereicht hatte, damit diese ihre Blöße schamhaft bedecken konnte, vor Alrik aufbaute, die Hände in die Hüften gestützt und den Blick seiner braunen Augen missbilligend auf ihn richtete. Alrik hasste ihn aus vollsten Herzen. Die Art wie sich dieser Verführer vor ihm, einen bewaffneten Ritter und seiner Schläger aufbaute und ihn vollkommen selbstbewusst meinte IHN, den gehörnten Gemahl zurechtweisen zu können! Er hasste die spitze Nase, das schmale Kinn, den schmalen aber nicht dürren Körperbau des Mannes und die spärliche Behaarung die bis auf den Kopf wo sich ein dichter Wald an schwarzen, kurzen Haaren an diesen schmiegten und die ganze selbstbewusste Art wie er sich präsentierte. Er wollte ihn schlagen, aber irgendwas hielt ihn noch zurück. Vielleicht lag es daran, dass sein Vertrauen in sich selbst, trotz der intensiven Ausbildung an der balihoher Akademie bis heute nicht sonderlich ausgeprägt war, dass er sich in dieser ganzen Umgebung und in seinem Auftreten dumm und plump vorkam und er sich die ganze Hochzeitsreise über schon sehr verängstigt fühlte. Dass er dabei seinen Pflichten als liebender Gemahl, mehr schlecht als recht nachkam, machte die ganze Situation umso schlimmer. Dabei war ihm persönlich klar, dass er sie vom ganzen Herzen liebte und er ihr jeden noch so kleinen Wunsch erfüllen wollte und...

Dann rümpfte der Horasier wieder die Nase und Alriks Zorn entbrannte erneut.

,,Wie könnt ihr es wa...!'', begann er.

,,Nein wie könnt IHR es wagen?'', gab der Horasier mit Nachdruck zurück, und drückte seinen rechten Zeigefinger auf Alriks Wappen, was diesen mehr der symbolischen, denn der tatsächlichen Kraft dahinter einen kleinen Schritt zurückweichen ließ, womit er seiner Göttin, seinem Stand, seiner Familie und sich wohl kaum Ehre machte. Der Horasier rümpfte noch einmal die Nase, schüttelte den Kopf und legte plötzlich kameradschaftlich seinen Arm um Alriks Schulter, was dieser nur auf Grund seiner plötzlich eintretenden Verblüffung nicht mit einem Schlag ins Gesicht beantwortete. Zum ersten Mal fiel ihm auf, dass der bisher namenlose Verführer seiner Frau, ein Kettchen mit einem Rubin in seiner Mitte trug. Ihm blieb jedoch keinerlei Zeit darüber nachzudenken, da dieser nun eine väterliche Miene aufsetzte, die ihm deutlich gewichtiger und weiser erschienen ließ und wohl zeigen sollte dass nur der legendäre Rohal der Weise an die Lebenserfahrung dieses Mannes heranreichen konnte.

,,Nun, nun mein Freund'', begann er und Alrik fiel erst jetzt auf wie flüssig er seine Heimatsprache beherrschte und nur der markante Akzent ihn als Einheimischen auswies , ,,ich kann Euch zu Recht verstehen, schließlich scheint die Situation auf den ersten Blick ersichtlich. Jedoch möchte ich zur Ehrverteidigung eurer Frau sagen, dass der gesamte Verlauf unseres Gesprächs sich nur um Euch und eure durchaus liebenswerte Persönlichkeit drehte...und um die delikate Situation in der Ihr Euch befindet'', fügte der Horasier deutlich leiser hinzu, was Alrik erröten und seinen geistigen Widerstand gegen die Art dieses "Kerls" wie Schnee im Tsa dahinschmelzen ließ. Sie hatte es ihm also erzählt! Er fühlte sich verletzt, verraten, hintergangen, zutiefst entehrt aber am meisten schämte er sich unsagbar.

Das alles wäre wohl nie passiert worden, wenn seine Erfahrungen in Rahjadingen nicht den Gehalt eines Bechers voller Luft enthalten hätten, sagte er sich selbst. Obwohl es an der Akademie durchaus zum Austeilen, romantischer Küsse und er sich das Wissen über die hohe Kunst der zeitweiligen Befriedigung über einen seiner besonders kundigen Freunde angeignet hatte, war es in seinem Fall nie über gemeinsames beieinander liegen hinausgegangen. Freilich hatte ihm das den Ruf ein zumindest teilweise "reiner" Diener seiner Herrin zu sein eingebracht, jedoch konnte diese auf den ersten Blick sehr schmeichelhafte Titulierung nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass sich seine und Philias erste Liebesnacht zu einem Desaster entwickelt hatte, indem sie insgesamt nur stumm nebeneinander gelegen und aneinander an den Händen gehalten hatten. Sein Vater, ein Mann der um die etwas passive Ader seines Sohnes wusste, schlug daraufhin eine kleine Abenteuerreise im Horasreich vor "um den jungen Leuten noch etwas Zeit für sich zu geben und eventuell den Bruder, des Cousins, des Schwagers, seines angeheirateten Vetters dritten Grades zu besuchen..." Gebracht hatte es bisher nicht, seine Frustration war aufgrund der bisherigen Eindrücke, dem verstärkten Druck auf die baldige Zeugung eines Enkels der den alten Dreckssack zufrieden stellen würde und seiner durch das ungerechte Verhalten seiner Gemahlin gegenüber aufgestauten Wut auf sich selbst, nur umso größer geworden. Alle Besuche in den speziellen Etablissements der Stadt waren weiterhin erfolglos gewesen und auch der heutige Besuch im Rahjatempel, hatte keinerlei Erfolge verzeichnen lassen.

Alrik fühlte sich plötzlich sehr klein und verunsichert, wollte sich nur noch zu Philia liegen, sie küssen und dann schlafen. Davor wollte er sich aber entschuldigen...vielleicht war es in diesem Fall sogar schicklicher sich einfach umzudrehen und seiner Frau diese Freude zugönnen, vielleicht könnte man dafür ja eine Lösung finden und...

Wie er plötzlich auf das Bett gekommen war und plötzlich die Hand Philias hielt, die ihm aus halb gesenkten Lidern schüchtern entgegen lächelte, konnte er sich nicht erklären. Das aber der Redeschwall des Horasiers nicht aufgehört hatte entsprach wohl der Tatsachen, genau wie dass dieser gerade nun vollständig angezogen vor ihnen stand und sie beide sehr, sehr freundlich anlächelte.

,,So möchte ich Euch einfach den Rat geben euren Gefühlen freien Lauf zu lassen und die Herrin Rahja es einfach machen lassen, da sie sich doch am besten auskennt. Wie ich schon anmerkte so bin nicht ich es, nach dem sich eure bezaubernde Gemahlin sehnt sondern, Ihr und nur IHR allein. Eure Bemühungen, Sorgen und Ängste in Ehren, Herr Tannenstein, aber in dieser Sache brauch man nun wirklich nicht seinen Verstand, wenn Ihr mich fragt.''

Er klatschte in die Hände.

,,So...und ich verabschiede mich also. Meine Verehrung die Herrschaften.''

Er verbeugte sich elegant, lächelte beiden nochmal freundlich zu...

,,Meine Verehrung.''

...und schritt zur Tür, griff im Vorbeigehen nach einem smaragdfarbenen Mantel mit Wieselkragen und einer Brosche aus eben jenem Edelstein und warf sich diesen über, wo ihn Swafnelm und Borjev auf ein geistesabwesendes Zeichen Alriks unter verwunderten Blicken entließen. Sie selbst verließen den Raum dann auf ein weiteres Zeichen deutlich erleichtert, war ihnen die Situation sowieso schon nicht ganz geheuer vorgekommen. Zurück blieben Alrik und Philia. Erstere hatte seinen Arm um ihre bloße Schulter gelegt, Letztere lehnte sich an ihn.

,,Verzeihst Du mir?'', brachte Alrik kleinlaut, wie ein Schulbube vor der gestrengen Hesindegeweihten schüchtern hervor. Philia lächelte lediglich, umarmte ihren "Bären" streichelte seine Haare, summte die Melodie eines ihrer Lieblingslieder und murmelte dazwischen unverhohlen liebevoll die Worte "mein großer, dummer Bär". Irgendwas lösten diese Worte in ihm aus. Plötzlich begann er zu brummen. Philia stutzte und blickte ihn mit fragend erhobener Augenbraue an. Er selber zwinkerte, ließ eine weiteres Grollen aus der Tiefe seiner Stimmbänder erschallen, drückte sie sanft auf's Bett erhob sich um sich gleich zu ihr runterzubeugen und ihr brummend in den Bauchnabel zu pusten. Sie begann sich zu winden, zu prusten um schlussendlich lauthals zu lachen, trommelte verspielt auf seinen Rücken und befahl ihm aufzuhören, wobei sie natürlich das Gegenteil meinte, gluckste lachte, prustete dabei unaufhörlich weiter bis ihr anscheinend bald die Luft ausging. Alriks Herz machte dabei einen Sprung! Ja dies war die Frau, die er unter den Augen Rondras geheiratet hatte, die er liebte und verehrte, auf Knien anbetete und...

Plötzlich fiel ihm etwas ein. Die Kette und der Umhang waren...

Urplötzlich stieß ihn die aufspringende Philia um, was die Kolision mit den Boden auf Grund der harten Beschaffenheit des Holzes und der Tatsache dass er immer noch sein Kettenhemd trug etwas schmerzhaft gestaltete und setzte sich rittlings auf ihn. Ihr Haltung, ihr Lächeln und ihr Blick deuteten eindeutig daraufhin, dass sich genau in diesem Moment etwas in ihren gewohnten Alltag grundlegend ändern würde. Ihm kam da so eine bestimmte Idee und die Röte schoss ihm ins Gesicht. Bevor er etwas sagen konnte, legten sich ihre Lippen auf die seinen, stellten den Anfang von etwas Großartigen, Wundervollen dar und ließen die entwendeten Besitztümer auf den Wichtigkeitsgehalt eines Dreckstarrenden Kupferstücks schrumpfen.

*​

Rondraio di Leonclé nach eigenen Angaben König der Diebe von Vinsalt und größter Liebhaber von hier bis zur Grenze des Barbarenlandes, aus dem dieser Holzkopf und seine Schläger wohl herstammten, prüfte mit rechtschaffener Zufriedenheit eines schwer arbeitenden Mannes, die Qualität des Kragens seiner neusten Errungenschaft. Mit Wehmut dachte er an die Braut, die mit ihren verborgenen Temperament sein Interesse erweckt hatte und mit der die heutige Nacht wohl ein wahrhaftig alveranisches Ereignis geworden wäre, wenn dieser Tropf nicht scheinbar von dem anstehenden Intermezzo erfahren hätte. Wahrscheinlich hatte er den Wirt dafür bezahlt sie ein wenig im Auge zu behalten. Er verfluchte sich für diesen Anfängerfehler und bog auch gleich in der nächsten Gasse ab, um sich bei seinem Herrn für die Geistesgegenwart seine schauspielerischen Fähigkeiten auszuspielen zu bedanken. Der Mantel würde wohl ein angemessenes Opfer für ihn darstellen, auch wenn es für Rondraio selbst eventuell bedeuten würde etwas kürzer treten zu müssen, wenn die Kette nicht einmal halb soviel wert war, wie er vermutete. Er trat aus der Gasse hinaus und sah eine in Leder gekleidete und zwei Schwerter tragende Dame, selbstbewusst und ohne viel Aufmerksamkeit auf ihn zu verschwenden an ihn vorbeischreiten. Er selber blickte ihr jedoch mit unverhohlenen Interesse hinterher, rückte sich den breitkrempigen Hut zurecht, strich sich nochmal die Kleidung glatt und folgte ihr unauffällig.

Phex hatte bestimmt dafür Verständnis, dass das Opfer seines Dieners noch etwas warten musste und der Dienst an seine Schwester nun deutlich Vorrang hatte!

Ganz bestimmt.
 

Durin

Schlachtenwüter
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...Film-Noir...? Also ich hatte mich bei Salomee's Geschichte an Basic Instinkt erinnert gefühlt, was ja ganz weit davon ab ist.

Zu dem Abenteuer des Rondraio di Léoncle:
Gefällt mir sehr gut. Die ersten 4 Absätze (Bis "Hier ging es um seine Gemalin!") ziehen sich etwas hin, da du die Einführung der Situation und des Characters in einem Schwung abhandeln willst (und dabei recht ausfürlich bist). Damit verbunden, aber auch darüber hinausgehend ein Rat, den ich auch mir selbst für das kommende Geschreibsel geben muss: Evetuell kannst du etwas das betonen des "aventurische" Geschichte zurückschrauben. Ein bekanntes Setting zu nehmen ist sehr gut, weil man etliches nicht erwähnen muss, aber das heißt nicht, das in jedem Satz ein bis zwei Anspielungen auf die aventurische Geographie oder Mythologie sein müssen.
Charactere sind sehr gut gelungen, imho. Stil abgesehen von diesen zwei Sachen auch gut. Also Gesamtnote: Gefällt mir. ;)

[flüster](Und ein Guerilla-Komentar zu Lisra unten: Meine Deuschleherin hat eine einstweilige Verfügung gegen mich erwirkt, mich Poesi nicht auf 3 Meter zu nähern, also ... *rennt weg* ... Just kidding)[/flüster]
 
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Lisra

Schmusekater
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Ich zöger Mal wieder hinaus.

Anmerkung: Damals war ich verliebt ^^

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Geschichten erzählen sich nicht von selbst. Das Leben passiert von selbst, egal ob und wie sehr man das Gegenteil wünscht, aber Geschichten müssen erzählt werden. Jeder von uns befindet sich in einer besonderen Geschichte und jeder kann indem er zum Beispiel einfach die Augen öffnet und zugreift eine weitere Geschichte fangen und sie erzählen. Irgendwas in diese Richtung habe ich auch vor. Nach vorne sehen, zugreifen, und euch erzählen was ich in den Händen halte, eine weitere Geschichte, einen losen Faden der vielleicht in eine sinnvolle Richtung läuft und vielleicht versandet. Im Endeffekt interessiert es niemanden so genau.

Stellt euch ein paar Farben vor, ganz einfache, elementare Farben. Grau, grün und rot. Sie bilden die Schlüsselelemente. Grau beschreibt nicht nur die Straße ganz gut, auf der zwei Figurennebeneinander laufen, langsam und sich bei den Händen haltend, sondern auch den Blick in ihren Augen, den Himmel und die Farbe aller die ihren Weg kreuzen auf dieser wirklich sehr einsamen Straße. Grünes gibt es auf der Straße, auf dem ganzen Weg den die beiden vor sich haben nicht, das müsst ihr euch selber vorstellen. Bäume, Sträucher, Gras vor den grauen Häusern machen das ganze angenehmer, also denkt es euch ruhig, vergesst jedoch nicht, es existiert eigentlich nicht. Es gibt nur grau.

Aber rot gibt es. Es sickert aus der langsam über die Kleidung unseres Paares und hinterlässt eine Spür, eine rote Linie, so unregelmäßig wie der Schritt der beiden. Tritt ein anderer der grauen darüber, so bleibt nichts kleben, gar nichts, ja sie scheinen noch nicht einmal zu bemerken was dort sich über die Straße zieht. Es ist wie das grün, es ist nicht wirklich dort.

Als sie weiter die Straße entlanggehen, sieht man immer mehr rot, man muss nur gut schauen. Es breitet sich langsam von den Fingerspitzen aus, bald umfasst es beide Hände, je fester sie einander halten, desto stärker scheint das rot über dem grau. Ein Mann in grau stößt fasst mit den beiden zusammen, als er aus einer Seitenstraße gerannt kommt. Er starrt entgeistert auf die Farbe an deren Händen, als habe er sie noch nie zuvor gesehen und eilt dann davon, seine grauen Augen aufgerissen in Unverständnis, gar Abscheu. Verwirrt gehen sie weiter.
Irgendwann ist die Straße zu ende.

Ein Zaun schützt die Fußgänger davor in das graue Flusstal zu stürzen und lädt sie stattdessen dazu ein, den Blick in die Ödnis zu genießen. Es gibt auch hier keine großen grünen Bäume an den Kanten des Tals zu sehen, kein Gras zwischen den Felsen des Abhangs, doch stellt es euch bitte trotzdem vor. Alles wirkt schöner mit etwas grün.

Die beiden bleiben stehen und lösen ihre Hände.
Das rot versickert hinter ihnen, sie bleiben grau. Sie starren sich gegenseitig an, blicken ohne Rührung in die Seele des andern.
Sie ist grau.
Doch auch wenn es gar nicht da ist, sie sehen auch rot. Und als sie jeweils einen Schritt machen, sich zuerst in die Arme nehmen und dann, schnell und ohne jegliche Romantik küssen, da leuchtet das paar Lippen in feuerrot, sickert über das Gesicht, über den ganzen Körper und lässt sie beide in einem farblichen Feuer aufgehen, das nicht abklingt, solange sie beieinander sind.
Doch auch sie lösen sich wieder. Und das grau kehrt zurück.

Doch ist es einmal da, kann rot nicht mehr ausgewaschen werden, egal wie grau die Welt um uns sein mag.
Erinnert euch daran und tragt die Farbe in eurem grauen Herzen, bevor es stockt, sich leert, schwarz wird, denn schwarz ist nicht wie einfaches rot, es durchdring und zerteilt, lässt nicht mehr los und verdirbt jede neue Farbe die in euer Herz dringen will.
 

Durin

Schlachtenwüter
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Der Weg des Rächers

Teil 1:

Ivy zog seit einem Jahr im Namen Seras umher, ihrer Göttin. Die Weihe zur Priesterin war ein großes Fest gewesen. Selten hatte ein Mädchen schon als Adeptin derart hoch in der Gunst der Göttin gestanden. Doch das war ihre Natur. Die Menschen außerhalb des Ordens hatten sie mit Skepsis betrachtet, es gab viele Gerüchte über Feenwesen wie sie: Nymphen. Und die meisten - oder zumindest einige - waren schlimm erlogen - oder zumindest dreist übertrieben. Ivy erinnerte sich zurück an das Fest – das ihre Weihe und ihren Abschied aus dem Tempel bedeutete. Wein floss in Strömen, die Gäste kamen dutzendweise und gaben sich ihr und einander hin, in einem Ausmaß, dass Legende wäre, wenn die damals Anwesenden jemals ihre Scham überwinden könnten, darüber zu berichten.
Damals war auch ein Engel erschienen. Er hatte Ivy einen Stern gezeigt und ihr von ihrer Zukunft prophezeit. Es waren jene allgemeinen, vieldeutigen Sprüche, die jemand sagte, der eigentlich nicht in die Zukunft sehen konnte, fand Ivy damals, aber das war ihr egal gewesen. Ein echter Engel! Wer konnte schon von sich behaupten, mit einem richtigen Engel geschlafen zu haben...

Auch heute Nacht leuchtete „ihr“ Stern wieder. Der Jahrestag war nun drei Tage vorbei. Ein paar vage Andeutungen hatten sich erfüllt – ein paar nicht. Vielleicht würden sie es noch, vielleicht hatte Ivy sie in einem Jahr vergessen. Aber jetzt sollte sie erst mal jemanden finden, der etwas verloren hatte. Sie begegnete in dieser Gegend ständig irgendwem, die Städte lagen dicht. Und die meisten Menschen hatten auch irgendwann irgendwas verloren, aber wenn sie jetzt oder bald so jemanden finden würde, dann hätte der Engel noch mal recht gehabt. Wäre das nicht toll?



Ein kriegserfahrener Mann spannte unweit sein Zelt auf. Es war spät genug, also biss er noch ein Stück von seinem Laib Brot ab, trank ein Schluck aus seinem Wasserschlauch, kratzte seine Zähne mit einem Stück Süßholz sauber legte sich hin. Stadt der stählernen Platte trug er nachts nur einen harten Lederharnisch. Er schlief auf dem Rücken, sein Schwert lag auf seinem Bauch, eine Hand hielt auch im Schlaf den Griff fest umklammert.
6 Stunden später machte er die Augen auf. Seine Augen späten aus dem Zelt und erkannten auch durch die Bäume ein paar Sterne. Er glitt aus dem Zelt, rüstete sich und packte ein. Mit den ersten Sonnenstrahlen setzte er seinen Weg fort.

„Jarhng“ sagte er nach ein paar Stunden zu sich selbst, eigentlich nur um sich zu vergewissern das er noch eine Stimme hatte. Jarhng war der Name des Orks, der der nächste auf seiner Liste war. Es war der erste echte Gegner, all jene, die er bis zu diesem Zeitpunkt umgebracht hatte, zählten nichts. Es waren Handlanger gewesen, sie hatten dazu gedient, dass der Krieger seine Fähigkeiten trainieren konnte, er hatte Informationen aus ihnen herausgeprügelt, bevor er sie umbrachte, und ihre besten Habseligkeiten an sich genommen. Ein Bogen war nicht gut oder böse (nunja, manche waren es doch, aber so etwas war Zeug aus Legenden, im wahren Leben fand man so etwas nicht), und es war nicht Verwerfliches daran, einem Schurken die Waffe abzunehmen und damit andere Unholde zu erledigen.

Leise und schnell schritt er durch den Wald, er erreichte noch ein Bach, den er auf der Karte gesehen hatte und füllte seinen Wasservorrat auf. Dann hielt er auf die größte Steigung des Geländes zu. Jarhng hatte sich im unauffindbarsten Fleck des ganzen Waldes niedergelassen, die Wegbeschreibung dorthin laß sich wie eine billige Abenteuergeschichte. Aber der Krieger kam gut voran und war auch keinen gefährlichen Monstern begegnet. Alles was wirklich gefährlich war hatte zumindest grundlegende Intelligenz (vermutete er) und da nicht einmal 2 Tage von hier ein Krieg tobte und fähige Söldner und Abenteurer durch die Wälder zogen, waren die Monster offensichtlich weggezogen.
„An dem Monolithen vorbei, dann auf den größten Baum des Waldes zuhalten, dann nach einer Ruine suchen und in die Richtung in die einst der Turm umgefallen war. 5 Stunden gehen und dann dort absuchen, wo das Dickicht am dichtesten ist.“ Während er der sie nach diesen Angaben seinen Weg suchte, fühlte er sich irgendwie beobachtet. Es wurde wieder spät und der Krieger sah ein, dass er –wie vermutet- heute nicht mehr fündig werden würde. Aber Jarhng musste hier irgendwo sein, wenn er bis Sonnenuntergang und morgen den ganzen Tag systematisch den Wald absuchen würde, dann würde er ihn finden. Doch jetzt biss er erst einmal in ein altes, kleines Stück Schinken. Es war zäh wie Schuhleder. Er kaute lange und würgte es schließlich runter. Dann noch ein paar Nüsse, die tatsächlich noch gut schmeckten.

Es raschelte im Gebüsch neben ihm. Er lies sich nichts anmerken, aber seine Sinne waren geschärft und seine Hand wanderte durch das Gras zu den bereitliegenden Pfeil und Bogen. Es raschelte wieder, lauter, grade zu deutlich, paarten sich dort zwei Wildschweine? Er sah genauer hin und ein ganzer Busch wackelte. Dann hörte er ein fröhliches Kichern und eine weibliche Gestalt trat hervor: Lange, glatte Haare in einem faszinierenden Schwarz/Blau zogen zuerst seinen Blick auf sich. Dazu gehörte ein hübsches, junges Gesicht mit großen Augen und leicht zuspitzenden Ohren. Der Kopf saß auf einem schlanken Hals und als sein Blick tiefer ging sah er einen schlanken, bezaubernden Körper, gekleidet in ein knielanges, schlichtes Kleidchen.

„Hallo, du.“ Begrüßte Ivy den Mann. „Bitte nicht schießen.“ Sie hatte ein paar Beeren von dem Strauch genommen, in dem sie eben noch gesessen hatte. Sie ging auf ihn zu, während sie sich zwei in den Mund schob und andeutete, dass der Geschmack ihr zusagte. Dann plumpste sie neben ihm zu Boden, streckte ihm die Hand mit den übrigen hin, und setzte ein fröhliches Grinsen auf.. Ihr Gegenüber war so verwirrt, dass er es kaum in eine Frage formen konnte: „Was? ... Wer bist du und was machst du hier? Bist du eine Diebin, mit der ... seltsamsten Masche seit Erfindung dieses Handwerks?“ – „Nein, ich bin Ivy. Ich lebe in diesem Wand – momentan. Wer bist du?“ – „Verschwinde.“

Ivy zog einen traurigen Schmollmund, und schaute ihn mit Hundeblick an. Dann nahm sie noch zwei Beeren und lächelte wieder. „Ich diene der wunderbaren Göttin Sera und durch meinen Glauben kann ich viele magische Dinge geschehen lassen, aber die Unsichtbarkeit ist Zaubererwerk, mit der ich leider nicht dienen kann. Hach, schade eigentlich. So eine Unsichtbarkeit wäre schon was Tolles, zum Beispiel neulich, wo es total geregnet hat und ich hatte unter einer blühenden Weide gelegen. Ich sag dir, bevor ich mich versehen habe waren meine Haare total mit Weidenblüten verklebt. Ich hätte mich am lie... Hm, aber wir können Stille schaffen du siehst aus, als willst du Stille. Soll ich... okay.“ Und das Geschnatter verstummte.

Sie hatte offensichtlich keine Magie gewirkt, aber das sie schwieg war schon eine Verbesserung. Er lehnte sich zurück und musterte sie weiter mit gerunzelter Stirn, während sie etwas in der Gegend herum schaute, ein Gänseblümchen pflückte und hinter ihr Ohr steckte, sich etwas streckte. Eine Spitzmaus huschte über die Wiese, und krabbelte ihr auf den Unterarm, worauf hin das Tier ein wenig im Nacken gekrault wurde, bevor sie ihre Aufmerksamkeit wieder woanders hin treiben lies. Einzig das Schweigen hatten sie gemeinsam. Erstaunlicherweise brach er es zuerst: „Okay, Dienerin der Göttin der Musik und Pegasi. Was willst du?“ Kaum hatte er es ausgesprochen ärgerte er sich, das er sich von ihr mit dem unnötig informellen „Du“ hatte anstecken lassen. Andererseits wäre er sich vielleicht auch albern vorgekommen, das junge Ding zu siezen.
„Du hast nicht viel Ahnung von den Wirkungsbereichen der Göttin,“ dachte Ivy sich, antwortet aber: „Deinen Namen und vielleicht ein kleines Schwätzchen.“ Es war einen Moment still. Resignierendes Seufzen. „Cathwulf,“ stellte er sich vor.

Sie hielten sich nicht lange mit Belanglosem auf. Cathwulf erklärte, das er den Ork Jarhng suchte. Ivy schaute seine Waffen an und senkte etwas den Kopf. „War ja klar. Der lebt noch ein gutes Stück weiter südöstlich, eine Gegend, eine Person die ich gerne meide. Aber so schnell wie du durch den Wald bist kannst du es noch im Hellen schaffen.“ Sie rückte etwas näher an ihn heran. „Pass auf dich auf Cath, der ist wirklich gefährlich und wirklich böse.“ Er fand es unangemessen, dass sie ihm so zusprach und dass sie seinen Namen abkürzte, wie die mit denen er als Kind aufgewachsen war. Er stand auf und verabschiedete sich, doch Ivy hielt ihn noch auf, wollte ihm mit einem Segenszauber belegen. Ein kleines Holzmedallion zeigte tatsächlich die geflügelte Frau, welche die Göttin Sera darstellte. Er wusste nicht viel über diese Kirche (oder irgendeine), aber er wußte, das sie eine gute Göttin war und lies ihre Dienerin gewähren. Ivy lies ihren Arm wie eine Schlange vor Cath tanzen, während sie einen Singsang startete, dann schwang der Arm nach vorne, griff Cath am Kinn, sie machte einen Schritt heran und küsste ihn auf den Mund. Einen Moment lang war Cath überrumpelt, einen weiteren brauchte er um zu entscheiden, wie er empfinden sollte. Dann stieß er sie weg. Sie lächelte, halb verlegen, halb herausfordernd und verabschiedete sich dann. Er war hin und her gerissen zwischen vielen grundlegend unterschiedlichen Gefühlen, er nickte einfach und ging in die Richtung, die sie ihm gewiesen hatte.




Teil 2:

Es dämmerte der Abend und Cathwulf erspähte die Hütte durch den Wald. Es war die perfekte Zeit, dunkel genug um sich anzuschleichen, hell genug um die nachtsehenden Augen des Orks unbedeutend zu machen.
Der Mensch schlich sich heran und sah sein Ziel vor seiner Hütte in einem bequemen Stuhl sitzend, gedankenverloren in den Wald starrend. Cath nahm seinen Bogen und aus seinem Hüftköcher einen Pfeil. Die Federn waren Grün mit schwarzen Punkten. Er zielte lange, und schoss – und Jarhng pflückte den Pfeil vor seinem Gesicht aus der Luft. Der Ork schien selbst etwas überrascht zu sein, sprang aber schnell auf und rief in Richtung des Schützen: „Cathwulf, du bist also gekommen, um mich zu töten. Ein Vöglein hatte mir gezwitschert, dass du...“ Er hatte hinter sich durch die Tür gegriffen, anscheint war sein riesiges Zweihandschwert griffbereit gewesen. Cath hatte die Zeit genutzt, seine übrigen drei magischen Pfeile mit dem schwarz/grünen Muster gleichzeitig auf die Sehne zu legen. Er schoss und das Ziel wehrte einen ab, zwei jedoch verursachten tiefe Wunden im Torso. „... dass du auf einem Rachezug bist und ich bin auf dich vorbereitet, verdammt,“ brüllte der Ork und stürmte auf ihn zu. Cath konnte keinen weiteren Schuss sinnvoll anbringen, aber er hatte genug Zeit, sein Schwert zu ziehen und zur Parade zu erheben, als der riesige Zweihänder auf ihn runtersauste. Jarhng war so groß wie ein Oger – wahrscheinlich hatte er dies einem Zauber zu verdanken. Und auch wenn es durchaus noch stärkere Oger gab, war auch der Ork kräftig genug um Cath ein taubes Gefühl in der Schwerthand zu bescheren. Der Mensch stach mit dem Schwert auf Oberschenkelhöhe zu – und spürte, das sein Gegner unter der zerlumpten Kleidung noch Panzerung trug. Cath sprang zurück. Der Zweihänder schlug wieder zu, doch er nutzte einen Baum als Deckung. „Du hast einen Fehler gemacht, als du dich vor einem Jahr von Xefemadon hast anheuern lassen, Söldner.“ Jarhngs Antwort war ein Lachen und: „Ich könnte mir einige Ritter vorstellen, die mir solch einen Spruch für einige meiner Taten an den Kopf werfen könnten, aber an dem Tag an dem ich diesen lächerlichen Haufen von einer Räuberbande zerschlagen habe, da habe ich mein Gewissen bestimmt nicht belastet. Mein einziger Fehler war, dass ich es nicht für nötig befunden habe, einen von ihnen, der feige weggerannt ist, verfolgen zu lassen.“ – „Räuberbande? Wir waren eine Armee. Die Armee des gerechten, ehrenhaften Lord Ulfcytel, den du hinterhältig ermordet hast. Und dafür wirst du jetzt sterben.“

Der Worte waren genug gewechselt und Cathwulf vollzog einen Ausfall. Schnelle Stöße und Schläge trieben Jarhng zurück, banden seine Waffe und bewirkten auch zwei leichte Treffer. Abschließend schwang der Krieger sein Schwert noch zu einem mächtigen Wirkungstreffer, doch der Ork dachte gar nicht daran, zu parieren, sondern schlug seinerseits genauso zu. Caths Vorwärtsbewegung lief genau in die Klinge des Zweihänders und sein stählerner Harnisch verformte sich krächzend und riss. Beide hatten getroffen und beide fielen zu Boden. Cath verdrängte die Dunkelheit vor seinen Augen. Eine blutige, tiefe Wunde zog sich einmal über den gesamten Brustkorb, doch anscheinend hatte er keine Rippen gebrochen. Er sah zu Jarhng herüber, der fluchte und sich anscheinend grade seinen Dünndarm wieder zurück in den Bauch schob. Der Ork schnaufte und es bildete sich Schaum vor seinem Mund. Schreiend richtete er sich auf und hob seinen Bidenhänder.

Am Rande seines Blickfeldes konnte Cath eine Bewegung erkennen. Wäre er nicht zu konzentriert darauf gewesen, genug Kraft zu sammeln um weiterzukämpfen, dann hätte er Ivy gesehen, die leise einen Zauber erbat und dann etwas lauter aufjuchzte, als er Erfolg hatte: Jarhng hatte das Schwert grade über den Kopf, da schrumpfte er plötzlich zusamen, auf reguläre Ork-Größe. Sein Zweihänder jedoch schien nicht mit diesem Zauber beeinflusst gewesen zu sein und die über drei Meter lange Klinge kippte nach hinten weg und schepperte zu Boden. Rage und Verzweiflung vermischten sich, als der Berserker sich auf Cath warf, doch dieser hatte sein Schwert rechtzeitig erhoben und durchbohrte den Angreifer. Entspannung machte sich in den Muskeln des Krieger breit, als er hörte, wie der Ork über ihm seinen letzten Atemzug tat. Einmal strengte Cath sich noch an, um den schweren Körper von sich runter zu rollen, dann streckte er Arme und Beine von sich und atmete tief durch.

Die Wunde fing etwas an zu schmerzen, da schob sich Ivy von oben in sein Blickfeld: „Der hat dich verdammt hart getroffen.“ –„Ein Treffer...“ gab Cath anerkennend zu. Er guckte sie fragend an. „Jaja, auch wenn deine Gläubigkeit zu wünschen übrig lässt, werde ich wohl etwas Milderung für deine Schmerzen bei der Göttin erbeten können,“ sagte Ivy. „Aber erst einmal wollen wir dich aus diesem Brustpanzer befreien. Ich sage dir da können eklige Sachen passieren wenn ein eingerissener Metalpanzer mit einer Wunde verwächst. Ick!“




Teil 3:

Ivy ging neben ihm in die Hocke und schob dabei ihr Kleid betont so zurecht, dass er trotz seiner Lage nicht ihre pikanten Stellen zu sehen bekam.
Sie schälte Cath aus seiner Rüstung und schob das Hemd hoch. Sie konnte sich ein Lächeln nicht sparen, als sie mit einer Hand seine Bauchmuskeln nachzeichnete. „Ich weiß was du bist,“ meinte er „hätte mir gleich klar sein sollen. Nymphe, ich wette du hast mehr Herzen gebrochen, als Jarhng da drüben Schädel. Verzeih mir bitte, wenn ich mich nicht in diese Schar einreihen will.“ Ivy antwortete mit einem „Pöh.“ und wirkte dann einen Heilzauber, der die tiefe Wunde etwas schloss und einen breiten, verschorften roten Streifen zurück lies. Und noch den Großteil der Schmerzen. Cath fragte sich, ob sie ihn absichtlich noch etwas leiden lassen wollte, er war schließlich nicht grade freundlich zu ihr gewesen.

Ivy tänzelte in das übergroße Haus. Schwer schleppend kam sie mit einer Matratze heraus: „Wow, die Einrichtung war bestimmt mal unglaublich teuer gewesen – Aber mit diesem Gestank der jetzt dadrin herrscht wird davon nicht mehr viel übrig sein.“ Sie verschwand wieder und kam mit einem Teppichklopfer und einem Fell wieder heraus. Cathwulf richtete sich ächzend auf. Er untersuchte den toten Ork und nahm einen Ring an sich der nicht in Jarhngs Stil und somit höchstwahrscheinlich magisch war. Er überlegte noch, die Waffe mitzunehmen, sie hatte derart hart getroffen, die musste wertvoll sein,... wenn man denn einen Käufer dafür fand. Er entschied sich, sie liegen zu lassen.

Er ging zu Ivy herüber, die zwischen den Bäumen ein übergroßes, passabel sauberes Bett gebaut hatte. Sie sah ihn an und rief ihm zu: „Hier draußen riecht es viel besser. Und keine Angst, die Nacht wird warm und regenfrei.“ Sie sah in den Himmel, an dem man langsam die helleren Sterne erkennen konnte. „... Denke ich.“ Cathwulf schaute das Bett ein, das sie offensichtlich für zwei Personen andachte: „Was soll das? Sagte ich nicht, dass du mich nicht verführen wirst? Ich habe noch eine wichtige Aufgabe vor mir und suche dabei keine Gesellschaft und auch keine Ablenkung.“
Ivy warf sich auf das Bett, lachte und widersprach: „Aber nicht heute abend, du kannst doch gar nicht sehen, wo du hintrittst. Keine Sorge, ich kann auch artig sein. Wenn du ein Problem mit Sex hast, dann werde ich dich nicht nötigen. Aber du kannst mir von deiner wichtigen Aufgabe erzählen, während ich dich noch ein bisschen pflege, damit du morgen früh wieder bei voller Kraft bist. Ich denke, nach meiner Hilfe in dem letzten Kampf habe ich mir das verdient.“
Cathwulf wusste worauf dies hinauslaufen würde, zumindest unterschwellig. Er wollte ihr sagen, dass er nicht um ihre Hilfe gebeten hatte und das er ihre Aufdringlichkeit nicht erregend fand, aber dann ergab er sich der bestechenden Logik seiner Heilerin.

Ein Vollmond ging auf, wie die letzten Sonnenstrahlen verschwanden. Ivy kam mit Caths Decke und warf sie zu ihm aufs Bett. Sie nahm sein Schwert und legte es auf den Boden: „Fast in Griffweite ist nah genug.“ Sie öffnete eine der Taschen ihres Gürtels und heraus kam eine erstaunlich große Flasche. Dann legte sie den Gürtel ab und hing ihn an einen Baum. Als sie sich wieder aus dem Schatten herausschälte hatte sie sich außerdem ihres Kleides entledigt – offensichtlich dem einzigen Kleidungsstück, das sie trug. Während sie sich auf das Fell lies beruhigte sie Cathwulf in einem kalten, rationalen Tonfall frei von jeder Anspielung: „Ich kann sogar gleichzeitig artig und nackt sein. Das ist wesentlich besser als am nächsten Morgen ein zerknittertes Kleid zu haben.“ Sie öffnete die Flasche und ein angenehmer, aromatischer Duft kam heraus. Sie tröpfelte etwas Öl auf seine Brust und während sie es zu verreiben anfing forderte sie ihn auf, zu erzählen.
Cath erzählte, das er in der Festung von Lord Ulfcytel aufgewachsen war. Ein Kriegslord, der eigentlich nicht mehr als diese Festung und eine große Armee besaß, mit der er politischen Einfluss auf den König ausübte. Cath wusste nichts über seine Eltern, erfuhr aber später, dass die meisten Kinder in dieser Armee Weisen waren, oder Eltern abgekauft wurden, die nicht für sie sorgen konnten oder wollten. Dann wurde die Festung eines nachts angegriffen. Die Angreifer kamen wahrscheinlich durch Magie an den Mauern vorbei und attackierten von innen heraus. Ulfcytel wurde in seiner Schlafkammer getötet, noch bevor der Alarm läutete. Die übrigen wurden mit großer Überzahl zusammengetrieben und getötet. Cathwulf wusste nicht, ob noch jemand außer ihm überlebt hatte. Die Armee war alles, was er je gekannt hatte, viele der Anderen dort hatte er Brüder und Schwestern genannt. Die Angreifer war begleitet worden von einem Söldner von außergewöhnlicher Kraft, diesen hatte Cath jetzt getötet, es war nur noch der General der Armee übrig und seine Rache war vollendet.

„Xefemadon!“ hauchte Ivy heraus, den Namen, den sie während des Kampfes gehört hatte. Cath nickte und ein Lächeln erschien auf dem Gesicht der Nymphe, sie blickte einen Augenblick entzückt in den Himmel und sammelte sich wieder. „Xefemadon, ist dieser wirklich große, wirklich rote Drache, der mit seiner Armee grade die Hauptstadt belagert, das weißt du doch. Das ist noch viel mehr als wirklich böse und gefährlich zu sein.“ Cath stimmte ihr in allen Punkten zu. Ivy erwischte seinen Arm und gab ihm einen Kuss auf das Handgelenk: „Auch wenn du vielleicht sterben wirst, falls du es schaffst wärest du der Retter von Tausenden von Menschen. Dafür werde ich dir helfen. Wenn ich dir den Weg zeige wirst du ihn in einem Tag erreichen können.“
Ivy fuhr noch einmal mit der Hand über Cathwulfs Oberkörper und flüsterte Worte an Sera und die Wunde war so gut wie vergessen. Sie schwiegen sich an. Cath war dankbar, auch wenn er es nicht sagte. Er war jetzt ein Einzelkämpfer, er sollte doch nicht auf Hilfe angewiesen sein.

Ivy legte sich zurück und strich ihm durch die Haare: „Wenn du noch willst kannst du dich jederzeit ankuscheln.“ Sie zog die Decke etwas höher und drehte ihm den Rücken zu. In dieser Nacht konnte Cathwulf nicht wie gewöhnlich sofort schlafen. Eine scheinbare Ewigkeit hörte er ihrem Atem zu, atmete ihren Duft und spähte zu ihrer Silhouette im Mondlicht hinüber.

Diesmal weckte ihn der erste Sonnenstrahl. Sie lag noch genauso da, wie sie eingeschlafen war, aber er war ihr im Schlaf wesentlich näher gerückt. Er spürte die Wärme ihres Körpers wenn er die Augen schloss. Und noch etwas war anders. Er wollte sie. Nicht weil sie jetzt harmlos und passiv dalag, anstatt sich ihm auszudrängen. Es war ihm über nacht klar geworden. Sie hatte ihn schon seit dem ersten Moment erregt, doch gleichzeitig hatte er sich gefürchtet. Es war ihm nicht einmal klar gewesen, den woher sollte er wissen, was Angst ist, wenn er im Kampf mit seinen Gegner sein Leben immer und immer wieder riskierte?

Er rollte sich näher und schmiegte sich an ihren Rücken und Hüfte. Er legte einen Arm um sie und küsste sie auf den Hals. Leise seufzte sie und unter weiteren Liebkosungen erwachte sie schließlich: „Guten Morgen. Was hat sich seit gestern abend geändert?“ – „Ich werde heute gegen einen Drachen kämpfen und deshalb morgen höchstwahrscheinlich tot sein. Wie sollst du mir da das Herz brechen können? Das ist mir klar geworden.“ Ivy kicherte schelmisch, nahm den Arm, den er um sie gelegt hatte und führte ihn zu ihrer Brust, während sie langsam ihren Hintern an seiner Hose rieb. Dann glitt ihre schlanke Hand unter die Decke und mit einer geschickten Bewegung entfernte sie dieses letzte Kleidungsstück. Sie entzog sich seiner Umarmung und stachelte ihn mit auffordernden Blicken an. Reizte ihn, indem sie ihn etwas wegstieß, um ihn dann endlich gewähren zu lassen. Seine Leidenschaft war wild und ungelenkt und sie dirigierte sie in ein wunderbares Liebesspiel.

Erschöpft und befriedigt lies er sich schließlich wieder neben ihr fallen. Ivy drückte ihren Fingern einen Kuss auf und gab ihn von dort an Caths Lippen weiter. Dann stand sie auf und lies ihn ihre Schönheit vor der aufgehenden Sonne bewundern. Nach zwei ersten wackligen Schritten fand sie ihren sicheren Tritt wieder und ging in das Haus um mit einem großen, leeren Fass wiederzukommen. „Du willst doch nicht derart nach Schweiß riechend zu deinem Duell mit dem Drachen gehen? Achja und der Ork hatte keinen Waschzuber, das könnte den Geruch im Haus erklären.“ Sie zauberte Seife aus ihrem Gürtel und lies sich nicht das Privileg nehmen, die improvisierte Wanne zuerst zu benutzen, auch wenn Cath das Wasser heran schaffen musste.

Währenddessen holte der Krieger seine Rüstung von der Stelle wo er sie am Vortag achtlos hatte liegenlassen und machte sich dran, sie notdürftig zu flicken. Eine saubere und wieder angezogene Ivy nahm ihm seinen Hammer ab: „Jetzt will ich dir mal was über Sera sagen. Nicht nur Musik und Einhörner sind ihre Domäne, sondern alle schönen Dinge. Und vielleicht hat sie auch hierfür noch einen kleinen Trick bereit.“ Cath wusch und kleidete sich und packte dann die Sachen ein. Als er zu Ivy zurückkam staubte die grade noch mit einem Poliertuch ab und reichte ihm dann die Brustplatte. Nicht nur war der Schnitt in der Rüstung verschwunden, auch alte Schmiedenähte waren weg und sie war poliert wie am ersten Tag. Er sah sie genau an und konnte auf der Brust ein feines Relief der geflügelten Göttin sehen.

Sie machten sich auf und kamen tatsächlich noch schneller voran als Cathwulf alleine. Es war als ob sich der Wald vor ihnen teilte und hinter ihnen wieder schloss, der Mensch ordnete dieses Phänomen Ivys Feennatur zu und nicht der klerikalen Seite an ihr.



Teil 4:

Am Nachmittag erreichten sie einen Waldrand, vor ihnen eine Ebene mit einiger Erhebungen und künstlichen Barrikaden. Aus einer nahen Vertiefung ragte eine rote Standarte. Am anderen Ende der Ebene konnte man die Mauern der Hauptstadt erahnen.

Ivy nahm einen kleinen Spiegel heraus, und sang ein kleines Lied, offensichtlich wieder irgendeine Magie, dachte sich Cathwulf. Sie steckte den Spiegel weg und drehte sich wieder ihm zu.

„Xefemadons Schwäche ist seine Arroganz. Er hat nur wenige Leute um sich und das sind Diener und Boten anstatt Leibwächter. Sie werden fliehen, denn sie wissen, dass jeder, der es mit ihrem Meister aufnehmen kann auch sie im Vorbeigehen töten kann,“ erklärte der Krieger seine Lage. Ivy hatte den Blick gesenkt und wirkte betrübt: „Wenn du überlebst, wartet mehr Liebe auf dich. Wir werden uns wiedersehen,“ versprach sie. „Ich werde dich von Weitem beobachten, aber ich würde in diesem Kampf keine Hilfe sein. Du musst allein gehen, aber erst einmal...“ Sie lehnte sich zu ihm und küsste ihn und diesmal erwiderte er den Kuss. Es war ein ewiger Kuss und Caths Gedanken liefen auf Hochtouren. Er dachte an die letzten 2 Tage, aber er spielte auch bereits alle möglichen Kampfszenarien des folgenden Kampfes durch. Er fühlte sich etwas schuldig, deswegen. Irgendwann zog Ivy sich zurück und scheuchte ihn mit Worten des Abschieds weg. In ihren Augen sah er Angst, jedoch gemischt mit etwas Hoffnung.

Cathwulf lief gebückt, bis zu einer erhöhten Stelle, von wo aus er das vor ihm liegende Lager gut einsehen konnte, ohne selbst gesehen zu werden. Er sah Xefemadon, der Drache lag am Rand des Lagers und beobachtete ein Scharmützel im Süden. Xefemadon orderte einen Boten und seine Spruchrollen. Er hatte anscheinend vor, innerhalb der nächsten Stunde selbst zuzuschlagen. Dabei würde er sich wahrscheinlich mit einigen guten Kriegern umgeben. Cath wusste nicht, wie seine Chancen dann stehen würden, also entschloss er sich, jetzt zuzuschlagen. Er griff seinen Bogen und nahm einen Pfeil aus seinem Spezialköcher. Rote Federn waren die Markierung für die Drachenjägerpfeile, die weißen Punkte darauf standen für Frostverzauberungen. Die Pfeile hatten Unsummen gekostet, würden aber bei einem roten Feuerdrachen erheblichen Schaden anrichten. Cath war der Unterlegene, aber er war so gut vorbereitet, wie er sein konnte. Er legte grade den Pfeil an, da erschienen auf halbem Weg vor ihm 4 Gestalten aus dem nichts:

Zentral stand ein kleiner Gnom. Er war ungerüstet und hielt sich an einem knorrigen Stab fest. Die Tatsache, dass die anderen ihn berührten Zwang die Vermutung geradezu auf, das er ein Magier war, der grade irgendeine Teleportationsmagie gewirkt hatte.
Der nächste war ein Elf, gekleidet in eine leichte Rüstung aus Kette und Leder, mehrere mittelkurze Waffen zierten seinen Gürtel. „Wahrscheinlich ein Duellant, oder ähnlicher Taugenichts, der dachte er könnten kämpfen, aber nie auf einem Schlachtfeld gestanden hatte,“ dachte sich Cath. Der Elf hielt eine große Flasche mit einer grau-trüben Flüssigkeit in den Händen.
Die nächste Gestalt war ein älterer Mann, der trotz eines kurzen Kinnbartes sehr kräftig wirkte. Er trug eine schwere Plattenrüstung und ein Schild auf dem groß das Zeichen des Wilden Jägers prangerte. Cath rief sich seine Unterweisungen in Paramilitärtaktik in den Kopf: „Kleine Einsatzteams, bestehend aus Einzelpersonen verschiedener Talente zeigen erhöhte pro Person-Effizienz. Der inhärente Fehler dieser Taktik wird jedoch klar, wenn man den verschwenderischen Einsatz und damit die Gefährdung, seltener und kostbarer arcaner und klerikaler Spruchwirker betrachtet.“ – Ein Priester also.
In einem einzelnen Augenblick hatte Cath diese drei eingeordnet, die vierte Person fesselte seinen Blick. Eine Frau, gerüstet in eine Platte, die ihr am Körper wie eine zweite Haut anlag. Sie glänzte noch weit mehr als seine eigene Brustplatte nach der Behandlung durch Ivy. Der Helm zu dieser Maßrüstung fehlte, auf dem Kopf trug sie lediglich ein Stirnreif. Sie hatte glatte, blonde Haare, die bis auf Hüfthöhe fielen. Ihr Gesicht war symmetrisch und narbenfrei, sie hatte entweder wenig Kämpfe gesehen, oder war bisher sehr siegreich gewesen.
Sie hielt eine gespannte Armbrust bereit, drehte sich herum, und schoss den Drachen, bevor irgendwer anders reagiert hatte.

Xefemadon jaulte auf und fuhr um, Zielen war nicht länger sinnvoll und auch Cath lies seinen Pfeil fliegen, der sein Ziel fand. Die Schützin sah erstaunt zu ihm herüber aber hielt sich damit nicht lange auf. „Alpha!“ brüllte sie und die vier wichen systematisch auseinander. Sie lies ihre Armbrust fallen und holte zwei sehr schwer wirkende Beile hervor. In Cathwulfs Richtung schrie sie: „Du: Zauberabwehrschießen!“ Die Reflexe eines Soldaten kamen in ihm durch. Der befehlsgewohnte Ton und die Ausdrucksweise machten Cath klar, das sie wusste was sie tat und er gehorchte bereitwillig. Der nächste Pfeil lag schnell auf der Sehne, doch er hielt ihn zurück. Keine ehrenvolle Aufgabe, nichtsdestotrotz eine sinnvolle.

Der Elf rannte im Laufschritt nach links, die Anführerin langsamer hinterher, die Riesenechse im Auge behaltend. Der Priester schritt nach rechts, während er ein Silbermedallion zur Stirn hob.
Zuletzt der Gnom, er blieb stehen und seine Hände wirbelten durch die Luft, während er magische Worte verkündete. Gleichzeitig viel ihm der Drache ein. Er musste nicht wild gestikulieren, doch Cath sah die Veränderung in seinen Augen und wusste, das Xefemadon einen Zauber wirkte. Der Pfeil schoss los und flog in den geöffneten Mund, direkt durch die Zunge. Ein wahrhaftiger Glückstreffer. Der getroffene jaulte erneut schmerzerfüllt, und was auch immer er geplant hatte war gescheitert. Der Gnom war fertig und ein Strahl Säure schoss vorwärts und traf den Drachen an der Schulter, wo er sich durch die Schuppen fraß und einiges des darunterliegenden Muskels wegätzte. Cathwulf fragte sich, warum dieser Wicht keine Kälte benutzte, er hatte es doch mit einem verdammten roten Drachen zu tun.

Kriegerin und Kleriker rückten vor, Xefemadon schnaufte und rannte zwischen ihnen durch gradlinig auf den Magier zu. Zu seiner Überraschung tauchte direkt vor ihm eine Steinmauer aus dem Nichts auf, auf die er –begleitet von einem lauthalsen Gelächter des Gnoms – schmerzhaft prallte. Leider bot diese dem Drachen eine gute Deckung vor Cathwulf, doch der Schütze hatte auch dafür noch die richtige Munition. Rote Federn mit silbernem Streifen würde sein Ziel finden, also legte er ebendiesen an.

Xefamagon wurde von den zwei gepanzerte Menschen ihn in die Zange genommen, er duckte sich hinter der Mauer und formte einen weiteren Zauber, nur um erneut von einem Pfeil getroffen zu werden. Obwohl es nur in den Rücken war schmerzte es und er zuckte unkontrolliert zusammen. Die Menschen erreichten ihn und schlugen zu, die Attacken wurden von Klauenschlägen beantwortet. Magische Geschosse des Gnomes flogen dicht über die Mauer und schlugen in den Drachen ein. „Es läuft gut,“ dachte sich Cath, während er über den nächsten Pfeil den Drachen beobachtete.

Dieser lies von den Gegnern vor ihm ab und kletterte über die Mauer. „Beta“ schrie die Kriegerin und ihr Team setzte sich erneut in Bewegung: Der Gnom brach seitlich weg und suchte die nächstbeste Deckung während sie und der Priester in hoher Geschwindigkeit versuchten, den Drachen zu umrunden. Dieser fokussierte Cathwulf und bewegte sich langsam auf ihn zu, während er gleichzeitig versuchte, Angreifer aus allen Richtungen zu erahnen.

Die gepanzerten waren schnell und scherten vor Xefamagon ein. „Nein, verdammt,“ dachte Cath, „nicht aufreihen.“ Aber der Drache spuckte bereits sein Feuer. Er schützte sein Gesicht und spürte die Hitze seine Haare und seinen Rücken verbrennen. Er sah wieder auf. Auch die beiden vor ihm waren getroffen, aber es schien zumindest den langen blonden Haaren nichts anhaben zu können. Doch da war ja noch jemand. – Der Elf tauchte wie aus dem nichts auf dem Drachen auf – rannte den Rücken entlang bis zur Schulter und schleuderte das Glasgefäß in die vom Säurestrahl geschaffene Wunde. Xefamagon schüttelte sich und der Elf fiel schmerzhaft herunter, aber er hatte getroffen. Das Gefäß zersprang und die Flüssigkeit und Glasscherben klebten sich in die Wunde.

„Gamma! Du da, Feuer frei auf die Flügel“ kommandierte die Kriegerin und griff an. „Der Gnadenstoß,“ dachte Cathwulf, „und sicherstellen, das er nicht flüchtet.“ und freudig lies er die restlichen rot gefiederten Pfeile los, während er sich langsam auf den Gegner zubewegte. Aus seiner Deckung lies der Magier mehrere Beschwörungszauber frei und seine Kreaturen griffen an, um schnell von der großen Echse weggewischt zu werden. Die anderen drei kreisten Xefamagon ein und tauschten schwere Attacken aus. Der Drache konnte wirklich unglaubliche Mengen an Wunden ertragen. Nacheinander vielen der Elf und der Priester aus, zogen sich schwer verwundet zurück, da hatte Cathwulf seine Spezialpfeile verschossen. Er überlegte sich einen Herzschlag, seine anderen Pfeile zu verwenden, aber es war klar, das er sein Schwert einsetzten musste. Mit wildem Kriegsschrei stürzte er sich auf die Bestie und zog ihre Attacken auf sich. Er spürte, wie sein Gegner mit jedem Schlag langsamer wurde. Schließlich brach auch der große Rote zusammen. Seine Diener suchten das weite, seine Gegner trennten seinen Kopf ab. „Wir sollten in den Wald gehen,“ schlug die Kriegerin vor. Mit einem kurzen Nicken bedankte sie sich bei Cathwulf.


Teil 5:

Im Wald ließen sie sich an einer sichtgeschützten Stelle nieder und der Priester kümmerte sich um die schwersten Wunden. „Danke für deine Hilfe. Mein Name ist Aideen, mit wem habe ich die Ehre?“ fragte die Kriegerin. „Cathwulf ... nenn mich Cath,“ antwortete er. Auch die anderen stellten sich vor. „Was war das eigentlich für eine Flüssigkeit, die ihr da eingesetzt habt?“ fragte Cath und Aideen antwortete: „Betäubungsgift. Die zweihundertfache Dosierung, die ein Mensch braucht. Ich denke, es hat ihn etwas träge im Arm gemacht, aber hätte mir mehr versprochen.“
Cath musste Aideen und Ivy vergleichen: Sie waren sehr gegensätzlich und dennoch war da eine undefinierbare Ähnlichkeit.
Ivy war die personifizierte Jugend. Zart und zerbrechlich, und eine friedliche Unschuld in den Augen. Aideen war härter, sie hatte die Augen einer Frau, die getötet und gelitten hatte. Sie schälte ihren geschundenen Körper aus der Rüstung. Sie belegte Cath mit einem tadelnden Blick und einem Räuspern, als sie sich an die blutgetränkte Unterkleidung machte. Cath drehte sich um, warf einen Blick auf das Schlachtfeld, auf dem die königlichen Truppen in den nächsten Stunden die kopflosen Truppen der Armee Xefamagons in alle Winde zerstreuen würden.

Aideens Hand legte sich von hinten auf seine Schulter und drehte ihn um. Sie trug ein weißes Leinenhemd das bis zu den Knien fiel. Sie quälte sich ein Lächeln ab und fragte Cath: „Und, was ist mit dir? Du musstest doch auch einige Treffer abfangen.“ Er sah an sich herunter. Seine Rüstung hatte das Grobe abgefangen und gehalten. Er spürte einige Prellungen und das Jucken, von der leichten Verbrennung seines Rückens ausgelöst, nichts Ernstes und winkte ab. „Keine Sorge, die werden uns nicht angreifen,“ sagte Aideen und zog ihn in die Mitte des Lagers zurück. Sie lies sich ihm gegenüber nieder, während die anderen das Lager noch etwas tarnten. Sie musterte Cath von oben nach unten und zurück: „Also, wie kommt es, dass du zu dieser Zeit an diesem Ort warst, um zu tun was du getan hast?“ Diese direkte Art hatte etwas, dass Cath lange vermisst hatte. Ob er nun in stinkenden Kneipen mit zwielichtigen Gestalten um Informationen gefeilscht hatte, oder sich von einer Waldnymphe verführen lies, was die anderen sagten war nie das, was sie dachten. „Ich gehörte zu einer der Privatarmeen, die von Xefamagon ausgelöscht wurde und hatte Rache für meinen Lord geschworen. Ich war da, um ihn zu töten.“ – „Das hast du getan. Ich weiß nicht, ob wir es ohne dich geschafft hätten, zumindest nicht ohne Verluste. Wir danken dir. Uns war eine Belohnung versprochen und wir werden sie durch 5 teilen, das sollte deine Ausgaben decken. Wir werden morgen früh in die Stadt teleportieren, denn die Schützen auf den Mauern haben Befehl auf alles zu schießen, was sich bewegt.“

Sie bauten Zelte auf und der Gnom wendete einen letzten kleinen Zaubertrick auf um einen Stein zu erhitzen, um den sie sich wie um ein Lagerfeuer setzten. Aideen erzählte Cathwulf ihre Geschichte, sie ähnelte seiner, auch wenn sie schon vor langer Zeit mit ihrem Kriegslord gebrochen hatte um Söldnerin zu werden. Er fragte sich, wo Ivy war, hatte sie nicht gesagt, sie würde ihn nach dem Kampf treffen? „Sag, was dir durch den Kopf geht,“ forderte Aideen. Cath war verlegen, aber er dachte wieder an Ivy und konnte die Worte formulieren, wie er es kaum für möglich gehalten hätte: „Die Gewalt stumpft ab, wenn man niemanden hat, an den man sich anlehen kann. Etwas Nähe, etwas Wärme, das ist, was mir auf meinem Rachezug gefehlt hat.“ Aideens Lippen wurden schmaler und sie senkte den Blick. Sie zitterte leicht, als sie sich in Caths Richtung schob, dem langsam klar wurde, was er gesagt hatte. Aber wieso auch nicht, dass war, was er fühlte und er mochte Aideen. Er öffnete die Arme und sie legte sich rein. Das war nicht wie mit Ivy, keine oberflächliche Körperlichkeit, sondern 2 Krieger, die sich etwas Wärme spendeten.

Die Nacht brach herein und Aideen ging schlafen, während sich Cath für die erste Wache meldete. Die verbleibenden Soldaten des Drachen würden sich wahrscheinlich nicht mit ihnen anlegen, aber „wahrscheinlich“ war ein sehr guter Grund vorsichtig zu sein. Seine Wache verging ereignislos und er weckte den Elf. Müde schob er sich in sein Zelt. Er lies seinen nächtlichen Lederpanzer aus, aber das Schwert auf dem Bauch war trotzdem gut für seinen Schlaf. Er machte die Augen zu und als er sie wieder öffnete wusste er, dass nicht die Zeit bis zum Morgen vergangen war. Es war immer noch finster, aber etwas Licht drang von draußen herein. Eine zierliche Silhouette schob sich in sein Blickfeld und nahm ihm sein Schwert weg. Ivy hatte ihr Versprochen also gehalten. Ihre Finger legten sich auf seinen Mund, befahlen ihm leise zu sein. Dann kam ihr Gesicht vorbei und durch die Dunkelheit der Nacht konnte er ihre feinen, feenhaften Züge erkennen. Sie küsste ihn verkehrt herum auf den Mund, dann glitt sie langsam über ihm und liebkoste seine Brust, während sie ihm ihren nackten Körper anbot. Noch tiefer glitt sie, die Verführerin, die Herzensbrecherin. Doch er hatte keine Angst mehr, er griff zu, nahm alles was sie ihm gab. Hitze durchströmte ihn, sie richtete sich auf und schob sich über ihn. Langsam begann sie ihren Akt, dann immer wilder und wie ihr Tempo zunahm stieg seine Leidenschaft. Er riss sie zu sich herunter, übernahm die Initiative. Er küsste sie und liebte sie wie in einem Fieberwahn, um irgendwann erschöpft das Bewußtsein zu verlieren.



Er wurde wachgeküsst und die Vögel zwitschern. Er öffnete die Augen und war einen Moment vom Licht der Morgensonne geblendet. Dann erkannte er, das die Frau neben ihm keine blauen, sondern blonde Haare hatte. Aideen küsste ihn erneut und strahlte ihn mit einem ehrlichen Lächeln an. „Die letzte Nacht war magisch.“ – Eine seltsame Wortwahl. Cathwulf musterte sie skeptisch, aber er sah keine Hinterlist. Hatten ihm die Schatten einen Streich gespielt? Er spürte ihren Körper, schlank und anmutig, aber dennoch stark, trainiert darin, Gegner jeder Größe mit zwei 8-Pfund-Äxten zu teilen. Er rief sich die verschwommenen Eindrücke der letzten Nacht ins Gedächtnis, nicht was er gesehen, sondern was er gehört, geschmeckt und gefühlt hatte. Langsam gewann er Sicherheit, dass sie es gewesen war, nicht die Nymphe. „Was ist los?“ fragte sie mit besorgtem Tonfall. Er versuchte seine Miene wieder in Griff zu bekommen. Cath sah die Frau neben sich an und schluckte. Er war sich seiner Gefühle jetzt sicher, aber er musste ihr dennoch gestehen, wie es zu letzter Nacht gekommen war. Sie verdiente die selbe Ehrlichkeit, die sie ihm entgegenbrachte: „Letzte Nacht war großartig. Und es enthüllt mir was ich kaum auszusprechen wage: Ich liebe dich, mit Körper und Seele. Doch letzte Nacht war ich im Geiste bei einer Anderen.“ Aideens Miene zeigte Enttäuschung, aber ohne Vorwurf. Cath erklärte weiter: „Ich war diesen und den davorliegenden Tag mit ihr unterwegs, konnte mich ihres Charms nicht erwehren und letzte Nacht, als die Schatten mich Dinge sehen ließen, da war ich bei einer Nymphe namens Ivy.“ Er senkte schuldbewusst den Blick. Er hoffte, dass sie ihm dies verzeihen konnte, schimpfte sich, dass die Reize der Nymphe seinen Verstand so umnebelt hatten.

Er blickte wieder zu ihr auf, und der Gesichtsausdruck, den er sah, überraschte ihn. Großes Erstaunen in Aideens Gesicht wich langsam einem wohlwollenden Lächeln. „Ivy? Sieht so aus, als hat diese Sera doch ein Sinn für Humor, denn solche Zufälle gibt es doch wohl nicht,“ hauchte sie den verdutzten Cath an. „Wir... Ich bin Ivy vor einer Woche begegnet. Sie hat auch mich... Sie hatte mich etwas geleert, über mich selbst und über das Tun von guten Taten, deshalb haben wir uns auch erst darauf eingelassen, das gewaltige Risiko einzugehen, den Drachen anzugreifen. Tut man Gutes, wird Gutes auch auf einen zurückfallen hat sie mir gesagt – und jetzt liegst du hier neben mir.“ Cath fühlte sich von den Worten etwas herabgesetzt. Er griff sie schelmisch lachend, drückte ihren Rücken auf den Boden und küsste sie. Sie erwiderte sein Lachen und fügte noch provokant hinzu: „Also erkläre ich damit folgende Regel: Solange du mir treu bist, ist es dir auch gestattet, beim Sex mit mir an Ivy zu denken.“ Die Worte klangen seltsam, wahrscheinlich weil Cath seine Zukunft nie weiter als bis zu seinem Kampf mit Xefamagon geplant hatte und jetzt war da plötzlich eine Zukunft und diese befehlerische Söldnerin und hatte beschlossen, das sie Teil seiner Zukunft davon war. ... Dieser Gedanke füllte Cath mit einem unglaublichen Glücksgefühl und er küsste sie erneut. Sie lagen noch lange beieinander, bis irgendwann gegen Mittag der Rest von Aideens Truppe sich nicht mehr zurückhalten konnte und die beiden vorsichtig zum Teleportieren aufforderte.



Teil 6:

Kaum ein Jahr war vergangen. Ivy saß auf einem Baum und beobachtete ein paar Reiter das kleine Dorf verlassend. Sie grinste, wartete den richtigen Moment ab und sprang dann in deren Weg. „Hallo ihr. Wie geht’s?“ platzte sie heraus. Die Pferde wichen unruhig zurück doch die Reiter hatten sie schnell unter Kontrolle.
„Hallo Ivy.“ – „Es geht uns selbstverständlich prächtig, jetzt wo wir dich gefunden haben,“ antworteten Cath und Aideen, sich ergänzend. Ivy quietschte vergnügt, räusperte sich und versuchte ernst zu wirken: „Es ist mir zu Ohren gekommen, dass ihr noch einen kirchlichen Seegensprecher für eure bevorstehende Vereinigung sucht ... Wie der Zufall es will verfüge ich über die nötigen Privilegien ... Ach was. Ich hab gehört, ihr habt euch in 3 Tempeln der Göttin schon nach mir erkundigt und es gibt nichts, das ich lieber tun würde, als euch beide zu verheiraten.“ Freudig hüpfte sie den beiden entgegen und drückte sie.


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Wir sind von solchem Stoff, wie Träume sind, und unser kleines Sein umschließt ein Schlaf
-Shakespeare
 
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Durin

Schlachtenwüter
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Hm, ich glaube, ich sollte etwas weniger lange Geschichten schreiben, stimmts? :D
 

Salomee

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@Zelon Engelherz

Schön, das Dir die Geschichte gefallen hat! Ich ärgere mich jetzt im Nachhinein auch darüber, das ich sie in der Form gepostet habe. Aber nächstes mal arbeitete ich sie besser aus und nehme eventuell einen unverfänglicheren Inhalt. ;)

Salomee
 

Zelon Engelherz

Wachritter des Helm
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@Durin

Freut mich dass es dir trotz der angegebenden Punkte gefällt...versuch das etwas einzusparen;).

Und hier gleich nochmal as zum Thema DSA...wohl mehr für Insider gedacht. Ring frei für die erste Runde in den geheiligten Hallen Alverans.

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Praios, der Götterfürst, Herr der Sonne und Patron der Gerechtigkeit saß in seinem Sessel, wippte seine, mit flauschig weichen Drachenfell(?)pantoffelchen bedeckten, Füße zum Klang des All-Time Klassikers "Highway to hells" hin und her. Boron, der es sich im Sessel neben ihm bequem gemacht hatte, tat derweil das was er immer tat wenn er nicht über die Toten wachte: Schlafen.

Und das übrigens wie ein Toter. Seinem leicht anzüglichen Lächeln, konnte das strahlende Licht am Firmament Alverans entnehmen, dass sein sauberer Bruder zumindest im Traume, eine höchst erquickliche Erfahrung durchmachte. Keineswegs darüber neidisch(selbstverständklich nicht,bei Praois!), blätterte er also im "neuen Alveraner" und verschwand mit seiner Nase in den schwarzweißgedruckten Halbwahrheiten dieses gepriesenen Stück Informationmediums.

Nach ungefähr fünf Minuten hatte er den interessantesten Titel bereits gelesen, verblieb jedoch, wie als würde er so versuchen der kommenden Konfrontration aus dem Weg zu gehen, die ihm eine unangenehme Ahnung vorankündigte. Doch keiner sollte dem Götterfürsten Mutlosigkeit nachsagen, also senkte er die Zeitung ein wenig um so einen klitzekleinen Ausblick auf seinen Feind zu bekommen. Dieser war ungefähr drei Jahre alt, sehr hübsch und mit einer solchen "schnucklidifutzinutzibutzibutziistdersüüüüüüß!" Niedlichkeit erfüllt, dass jeder der seiner angesichtig wurde, wusste den Kampf bereits verloren zu haben, bevor dieser überhaupt begonnen hatte.

,,Onkel Praihoosss?'' , entwich es diesem Musterxemplar eines überextrem niedlichen Kleinkindes, welches das Leuchtfeuer der Wahrheit mit Augen so klar wie der Sternenhimmel fixierte und seinen Widerwillen, sollte er vorher überhaupt vorhanden gewesen sein, endgültig zerbrechen ließ.

,,Ja Aves?''

,,Darf ich dich was fragen?'' , sprach eines der jüngsten Mitglieder der illustren Götterrunde, als wüsste es nicht bereits um die Antwort, was wohl auch der Fall wahr.

,,Aber sicher mein Junge.''

,,Darf ich vorher auf deinen Schoß?''

,,Natürlich.''

Geschwind wie sein Elternteil väterlicherseits, kletterte der Sohn der Rahja und des Phex auf die Knie seines "absolut, tollen superduper Onkels", wippte dort mit den Füßen, legte angestrengt die Stirn kraus und gab dem in böser Vorahnung schmorrenden Götterfürsten damit noch ein wenig Schonzeit. Dann blickte das ernste Gesichten ihm in die Augen, mit einer Feierlichkeit wie sie nur Kleinkinder im Alter von null bs zehn Jahren an sich haben.

,,Wo kommen die Babies her?''

,,Was?'' , entwich es dem überrumpelten Patron der höchsten Autoritäten.

,,Wo-komm-mm-men-die-Ba-bies-her?'' , wiederholte der junge Gott nochmal, da er wohl beim ersten Mal etwas undeutlich gesprochen hatte.

Selbstverständlich hatte das allgegenwärtige Licht, seinen Neffen sehr gut verstanden und rang nun sichtlich mit der Fassung. Es gelang ihm ganz passabel.

,,Ja nun mein Großer, DAS ist eine wirklich gute Frage!''

,,Ja?''

,,Ja...warum fragst Du eigentlich nicht deine Mutter oder deinen Vater?''

,,Die fahren Onkel Rollstuhl ein wenig spazieren.''

,,Aha'' , sagte der Erste unter den Zwölfen, das Bild eines kichernden und Händchen haltenden Paares vor Augen, das einen mit Ketten und Zwangsjacke versehenden und schlechtgelaunt vor sich hin grummelnden Geschwisternteil ohne nennenswerten Namen, den man ihn geben könnte , vor sich her schob und das Alleinesein wahrscheinlich auch anderweitig ausnutzen würde.

"Aha so sieht das also aus. Die beiden entfliehen ihrer elterlichen Pflicht und ICH darf dem Kleinen hier, essenztielle Wahrheiten vermitteln, die ihm nach und nach seine Unschuld kosten wird. Warum ausgerechnet ich? Steht mir "lieber, allwissender Onkel" auf die Stirn geschrieben oder was?

Ruhig Praios, ganz ruhig, sei ganz die weise alveranische Weseheit, als die Du angesehen und verehrt wirst. Sei die Erleuchtung in Zeiten der Finsternis, auf das diesen armen Kinde, deinem Neffen, geholfen sei.

...

Scheißescheißescheißewarumverfluchtnocheinsausgerechnetich?Verdammtverdammtverdammt!"

Nun setzte der sonst so strenge Herr über die göttliche Ordnung, eines seiner seltenen Lächeln auf, blickte so sanft und weise wie es ihm angesichts dieser prekären Lage überhaupt möglich war.

,,Also Aves...''

,,Ja?''

,,Du weißt ja, dass deine Mama und dein Papa sich sehr lieb haben.''

Vom schlafenden Boron, kam ein Grunzen, das unter anderen Umständen wohl als Prusten durchgegangen wäre, wenn er denn die Anwesenden im erwachten Zustand beehrt hätte. Praois bedachte ihn noch kurz mit einem schiefen Seitenblick und setzte dann seinen Vortrag fort, dessen Fortsetzung der wissbegierige Neffe kaum erwarten konnte.

,,Wie gesagt, deine Eltern hatten sich sehr lieb...und dann als sie kuschelten und sich küssten...''

,,Iiiih!''

,,Ja ich weiß, sehr eklig. Also als sie das taten, sprach deine liebe Mama zu deinem Papa, dass sie doch gerne ein Kind haben möge und dein Paa stimmte dem zu. Also schnitten sie sich, wie dein Opa Los, sich in die Finger und ließen jeweils einen Tropfen Blut zu Boden falllen. Dann klatschtn sie in die Hände und wünschten sich ganz fest, ganzganzganz feeeeest, dass Du auf die Welt kämest und "schwups" warst Du da!''

,,Klingt anstrengend.''

,,Ohja...sehr anstrengend und sehr ERNST.''

,,Hmm.''

,,Konnte ich dir helfen?''

,,Denke schon.''

,,Das ist gut.''

,,Hab dich lieb Onkel Praios.''

,,Ich dich auch Aves.''


Sie umarmten einander und der Erleuchter des Pfades, ließ dennachdenklich dreinblickenden Junggott, ziehen und lächelte ihn, bis er um die Ecke des gewaltigen Palastes verschwand, hinterher. Boron öffnete das rechte Auge und machte damit deutlich, dass er spätestens ab jetzt wieder in den Sphären der Wachen weilte.

,,Dir ist schon bewusst, wenn man die Prinzipien bedenkt für die Du stehst, dass dieses Gepräch unter den Sterblichen wohl zu mehr als NUR ein ungläubiges Kopfschütteln geführt hätte oder?''

,,Ach geh doch wieder Schafe beglücken''
, erboste sich der nun finster dreinschauende Gott der Wahrheit und schlug die Zeitung erneut auf, um sich wieder dem weitaus unpersönlicheren Geschreibsel, gewisser Sucher und Selbstschöpfer eben jener, zu widmen.
 

Zelon Engelherz

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Eine weitere Episode aus dem Leben Rondraio di Leonclés;).

Rondraio di Leonclé hatte ein Problem.

Es war kaum größer als ein aufgerichteter Schoßhund, hatte Augen von der Farbe von Strandpalmen, blonde, lange Haare, trug ein dünnes Nachthemdchen und beobachtete ihn aus neugierigen Augen, während eine Kaiserin Amenepuppe sich an sie lehnte. Das kleine Mündchen war geschlossen und der selbsternannte König der Diebe hoffte, dass das auch weiterhin so bleiben würde.

Er selber hatte im Grunde auch nur wenig Zeit um darüber nachzusinnen, da seine geübten Finger sich mit der ganz passablen Mechanik einer Vitrine auseinandersetzen mussten. Im Grunde stellte es für diesen von phexgesegneten Prachtkerl kein Problem dar, doch war ihm die Anwesenheit des, mit den Beinen wippenden und frech vor sich hin summenden, Mädchens ein wenig unangenehm, sodass seine überragende Konzentration ein klein wenig ins Schleudern geriet und der Dietrich abbrach. Er fluchte, tat dies jedoch aus Rücksicht auf das kleine unschuldige Wesen hinter ihm, lautlos.


,,Seid Ihr ein Diiiiieb?''

,,Aber nein natürlich nicht meine Kleine'', Rondraio wandte sich maskiert seiner Zuschauerin zu und lächelte hinter dem Stoff seiner Maske. Sie rümpfte derweil verächtlich die Nase.

,,Verarschen kann ich mich selber'', sagte das scheinbar achtjährige Prinzesschen mit der Selbstverständlichkeit einer eben solchen, wirkte aufgrund ihrer nahezu bornländischen Ausdrucksweise, gar nicht mehr so unschuldig, wozu auch das listige Funkeln in ihren Augen und das angedeutete Lächeln um ihre Lippen beitrug. Rondraio schwor sich diese kleine Rotznase nicht noch einmal so laienhaft zu unterschätzen.

Ironischerweise stellte sie die einzige Hürde zwischen ihm und seiner Beute dar. Überhaupt war dieser Einbruch im Grunde eine Beleidigung seiner überragenden Fähigkeiten und das in allen Punkten, ob es nun die Wachen oder andere Sicherheitsvorkehrungen betraf. Trotzdem hatte er seinen Stolz begraben und den Auftrag angenommen, da es Rechnungen zu bezahlen und Lyssia ein Geschenk zu ihrem Jahrestag zu besorgen galt. Dass er das zum größten Teil deshalb tat um seine Chancen bei ihr zu erhöhen, sie dies wusste und mit feinsten Spott zu quittieren wusste, machte sie umso anziehender für ihn, was das Geschenk zu einer wahrhaftigen Herzensangelegenheit machte. Und wenn seine Bemühungen scheitern sollten, hatte er ihr wenigstens eine Freude bereitet.

So rührend diese Gedankengänge auch sein mochten, es änderte nichts an der Tatsache, dass es immer noch eine gewisse Angelegenheit zu klären galt und er einem Löwen und seiner Beute nicht ganz unähnlich, sich nun überlegen musste, wie er sich aus dieser Affäre ziehen konnte. Derweil drückte das Mädchen, Amene in selbstverständlicher Göttlichkeit an ihre Brust, musterte ihn mit der Kinder eigenen Respektlosigkeit vor älteren und jedenfalls visionären Persönlichkeiten, unverhohlenen, um dann wieder zum sprechen anzusetzen.


,,Ihr wollt den Affenkopf stellen oooooder?'', sagte sie im lieblichen Tonfall einer schlangenleibigen Sirene, deren Speiseplan ausnahmsweise etwas Abwechslung erfahren sollte. Rondraios taktisches Geschick überzeugte ihm, die Karten offen auf den Tisch zu legen und das Spiel der angehenden Tyrannin mitzuspielen.

,,Ja das habe ich tatsächlich, Du hast mich wirklich ertappt. Bei Hesinde, Du bist ziemlich schlau'', sagte er in einem Tonfall der ihm schon oft Speis und Bettstatt verschafft hatte.

,,Ich weiß'', antwortete seine liebreizende Gesprächspartnerin in einem solch selbstgefälligen Art, die den treuen Diener des Phex sich dabei ertappen ließ, dass sie ihm von irgendwoher bekannt kam und sie das eine oder andere Mal schon gehört zu haben.

,,Mutter sagt, ich ähnle Großmutter sehr.’’

,,Sie muss wahrlich ein Goldstück sein, wenn Du dich mit ihr im direkten Vergleich zu messen vermagst.’’

Er war sehr froh, dass das Tuch und die Maske sein Gesicht bedeckten und er so seine amüsiert funkelnden Augen und das schelmische Lächeln um seine Lippen vor dem misstrauisch zusammengekniffenen Inquisitorenblick des Mädchens verbergen konnte. Dieses taktierte ihn noch gut eine Weile, rümpfte dann aber die Nase und begann die Haare ihrer Puppe zu streicheln.

,,Ich kann Euch helfen, an den Schlüssel zu kommen’’, sagte sie wie beiläufig, drehte sich wie zum Tanze im Kreis, hielt die Puppe von sich gestreckt.

,,Achja?’’, kam es von Rondraio, an dem es nun selbst lag, sie misstrauisch zu beäugen.

,,Ja’’, antwortete sie selbstverständlich.

,,Und ,wenn mir die Frage erlaubt ist und ich ja auch nicht dein gutes Herz ins Frage stellen möchte, was hast Du davon?’’

Ihre Unterlippe schob sich leicht nach vorne, die Puppe war an ihre Brust gedrückt, während sie sich leicht hin und her wog. Rondraio erwog kurz instinktiv einen Schritt zurückzuweichen, schalt sich jedoch einen schreckhaften Narren und besann sich auf seine Männlichkeit und hielt also mit der Standhaftigkeit eines wahrhaftigen aventurischen Reckens seine Position.

,,Ich find den hässlich. Und Mutter und Vater auch, nur wollen sie ihn nicht wegwerfen, weil sich das nicht schickt, aber wir wären alle so froh, wenn irgendwas geschähe. damit wir ihn nicht mehr sehen müssen.

So.’’

Der Gedanke über einen Hintermann von der Familie des Mädchens angeheuert worden zu sein, um ihr eigenes Eigentum zu entwenden, belustigte Rondraio genau so sehr, wie er seinen, nennen wir ihn mal eigentümlich, Stolz verletzte nur Teil einer nicht einmal besonders raffinierten Intrige zu sein. Doch als wahrhaftiger Diener des listigen Fuchses war er aber in erster Linie Geschäftsmann (obwohl dies natürlich von den „ehrlichen“ Vertretern der Zunft dementiert wurde, genau wie von ihren „missratenen, nicht existierenden“ Geschwistern, die wieder rum jegliche Verwandtschaft mit den „überfressenen Pfeffersäcken“ ablehnten, aber genug davon. Schließlich soll dies ja kein Disput über Religions- und Gesellschaftspolitik sein, sondern eine Episode aus der Sicht unseres liebenswerten Protagonisten sein, nicht wahr? ) und als solcher war er in der Lage seine persönlichen Gefühle und Ideale, für eine angemessene Summe, zumindest Zeitweise zu untergraben. Also riss er. Wie man so schön zu sagen pflegte, sich am Riemen.

,,Das ist wirklich nur zu verständlich mein Schatz.’’

,,Nennt Ihr mich noch mal so, schreie ich!“

,,Verzeih.’’

Sie machte ein Geräusch, welches ihm eindeutig signalisierte, dass ihre Majestät ihm noch einmal Gnade vor Recht gewährte.

,,Ich danke dir vielmals, aber um auf den eigentlichen Kern unseres höchst erquicklichen Gesprächs zurückzukommen: Wie kannst Du mir helfen an den Schlüssel zu kommen?’’, wagte der Dieb, der so eine gewisse Ahnung hatte.

,,Ich habe ihn selber dabei’’, antwortete das Mädchen, mit der Feierlichkeit einer Prophetin und zog den sprichwörtlichen Schlüssel zum Ziel, aus irgendeiner Stelle des Hemdchens hervor und schwang ihn wie der sechste Gezeichnete das Schwert Siebenstreich mit enormer Geschicklichkeit hin und her. Irgendwie hatte er es doch kommen sehen.

,,Das ist wirklich wunderbar, aber Du verzeihst mir doch wenn ich die Vermutung äußere, dass deine unschätzbare Hilfe nicht umsonst ist, stimmt’s?’’

,,Natürlich.’’

,,Hmmm.’’

,,Macht mich zur Diebin!“

Wohl mindestens einmal im Leben traf einen der Hammer, welcher übrigens den Namen „Überraschung“ trägt, dessen Schläge auf Grund der Wucht, mit der sie ausgeführt werden in der Lage sind, die Gesichtszüge seiner Opfer ins Unkenntliche zu verzerren und sie in einem Zustand vollkommener Fassungslosigkeit, der rauen Wirklichkeit überließ.

,,Wie belieben?’’

Dementsprechend intellektuell fielen die meisten Antworten dann auch aus.

,,Macht-mich-zur-Diebin!“ ,wiederholte das Mädchen langsam und sehr betont, energisch das Kinn vorgeschoben, den Schlüssel ,wie ein Drache der das liebste Stück seines Hortes bewacht, mit der kleinen Hand fest umschlossen. Der hesindegefällige Verstand hätte es wohl von ihm verlangt, ein paar der berühmten Fragen Rohals an diese bestimmt niederhöllische Kreatur zu stellen (von denen „warum ich?“, wohl die Gewichtigste dargestellt hätte) , einfach auf die kindliche Naivität dieses Mädchens zu vertrauen, ihr das blaue vom Himmel zu versprechen und sich dann geschwind wie Phex selbst abzuzweigen. Jedoch breitete sich zwei erdrückende Empfindungen, in seinem Innern aus, die zu ignorieren für das Sterbliche Dasein ein Ding der Unmöglichkeit darstellte. Erstens, vermeinte er den Atem Satinavs in seinem Nacken zu spüren, was einfach gesagt bedeutete, dass er seinem Gefühl nach keine Zeit mehr hatte um dieses anregende Gespräch weiter fortzusetzen, zweitens war da noch etwas, was man wohl eine göttliche Eingebung nannte. Zwar hörte Rondraio keine alveranischen Gesänge, jedoch manifestierte sich in ihm nahe der Herzgegend, ein heftiger Schmerz, was der sehr vitale Meisterdieb als SEHR eindeutiges Zeichen zu deuten vermeinen glaubte.

,,In Ordnung ich tu’s!’’

,,Schwört Ihr’s?’’

,,Ich schwöre es!’’

,,Bei euren Namen und den Phex’s?’’

Die Kleine war wirklich nicht auf den Kopf gefallen.

,,Ich schwöre es bei meinem Namen und den meines Herrn, dass ich, Rondraio di Leonclé…’’

Hatte er völlig den Verstand verloren, ihr seinen Namen zu nennen?

,,…und den des Herrn Phex, dass ich dich bei unserer nächsten Begegnung zu einer vortrefflichen Diebin machen werde, von der die Stadt noch, ähm, sehr lange sprechen wird!“

,,Gut.’’

Auf nackten Füßchen, trippelte das Mädchen auf den Dieb zu, der sich instinktiv vorgebeugt hatte und drückte ihm den Schlüssel in die Hand.

,,Bis dann.’’

Sprach’s, zog plötzlich das Tuch runter, drückte dem verdutzt dreinblickenden Fassadenkletterer einen höchst erwachsenen Kuss auf die Wange und verschwand ohne ihn auch nur noch eines Blickes mehr zu würdigen aus dem Raum, die bedauernswerte Kaiserin hinter sich her schleifend. Verblüfft und demaskiert starrte er erst auf die Tür, dann auf den Schlüssel, wieder zur Tür, erneut zum Schlüssel und dann zur Vitrine.

*​

Der Affenschädel war tatsächlich sehr hässlich.

Nachdem er einige Zeit mit sich gekämpft hatte, legte Rondraio zur Sicherheit noch gut die Hälfte seiner, inzwischen wieder sehr prallen Barschaft dem Opfer bei, wie als fürchtete er das abscheuliche Schmuckstück eines Tages anstelle seines Nachttopfes wieder zu finden. Sein Blick blieb an der goldenen Fuchsstatue heften, deren rubinfarbene Augen starr seinem Blick standhielten. Rondraio fragte sich nicht was sich sein Herr und Meister wohl dabei gedacht hatte, ihm als seinen bescheidensten seiner Diener ein solches Versprechen abzuringen. Das wäre zu mühselig gewesen, schließlich waren die Pfade des Grauen unergründlich.

Außerdem…

Eine Hand hielt den Knaben an der Schulter fest, stoppte seinen Weg und ließ ihn Zeuge davon werden, wie seine Familie in der breiten Menschenmasse verschwand.

…hatte alles seinen Preis.

Er hätte nur zu gerne gewusst, wie viel Zeit ihm bis dahin noch blieb. Eine kleine Weile blieb er noch stehen, genoss die Stille und das Wissen, die Anwesenheit seines Herrn zu spüren. Dann verbeugte sich der Meisterdieb elegant, den Kopf respektvoll geneigt, all seinen Respekt und seine Liebe für den Alveranier und die Prinzipien für die er stand, in diese Geste legend. Dann richtete er sich wieder auf, die Hände in die Hosentaschen gesteckt, ein fröhliches Liedchen pfeifend, das Bild einer sehr anziehenden Dame im Kopf. Hätte sein Blick nur einen winzigen Augenblick zuvor, noch am physischen Abbilds Phex verharrt, hätte ihm wohl die schlechte Luft im Altarraum, die Illusion einer zwinkernden Fuchsstatue in seinen Kopf gezaubert.
 

Lisra

Schmusekater
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So ihr lieben, es geht ein bisschen weiter :)

Allerdings hab ich mich entschlossen die Traumszene herauszustreichen. Ob sie woanders vorkommen wird weiß ich nicht. Vergesst sie also einfach, ja?


--------------

Carla sinnierte über die verschiedenen Arten von grau und schwarz, die ihr auf ihrem Weg nach Hause begegneten. Es war ihr klar dass sie sich damit was vormachte, denn eigentlich drägten sich ihr ganz andere Gedanken auf.
Es war niht richtig gewesen einfach so zu gehen, aber jetzt, mit dieser für sie doch überraschenden Wendung konnte sie nicht... so umgehen wie sie das gerne wollte. Oder müsste. Es gab etwas das sie Niklas nicht erzählt. Jetzt hatte er sein Geheimnis verraten und sie mit ihrem allein gelassen.
Sie ging weiter, an den Umrissen von Häusern, Schemenhaften Gewächs und verhüllten Menschen vorbei, immer schneller, bis sie fast rannte. Sie wollte nicht dass das allgegenwärtige grau von ihren Gedanken Besitz ergriff und sie gefangen nahm. Sie stieß fast mit jemanden zusammen, als sie um eine Ecke bog. Verdammte Geheimniskrämerei. Verdammte Beziehungskisten.

Es ist schon ein besonders gemeiner Aspekt des Lebens, reflektierte Niklas. Egal was zuvor passierte, egal wie sich Dinge überkreuzten, wie viele Herzen schlimmer gebrochen wurden als in den ersten zwei Staffeln einer Seifenoper, ob Menschen starben, ob... was auch immer... am nächsten Tag war Schule. Außer es war Wochenende.
Niklas hatte das Kinn auf die Hände gestützt und sah desinteressiert aus dem Fenster, doch was er sah war nur bedingt interessanter als der Rest der Welt, welcher immerhin Isas leeren Platz, eine Tafel und einen Alex enthielt.

"... oder?"

Niklas sah auf.

"Was?"

"Konkordanzdemokratie bedeutet das wir solange reden bis wir uns einig sind?"

"So ziemlich."

Niklas spürte ein Kopfnicken neben sich, lies den Blick ungetrübt nach draußen gewandt, wo grauweiße Tauben durch nur partiell farbenfrohere Szenerie flogen.

Es bereitete ihm Schwierigkeiten Interesse für den Unterricht aufzubringen, aber er vermutete dass es allen so ging. Es war einfach so schwer für Demokratiemodelle Interesse zu zeigen, wenn sich soviel im eigenem Kopf anstaute; man sei ja in genau dem ALter dafür. Und damit war dann für die älteren alles gesagt und es wurde erwartet damit klarzukommen. Man war in dem Alter. Hormone und so. Großartig.
Er schüttelte innerlich den Kopf, während er weiter geradeaus schaute. Man konnte wirklich immer die Momente verstreichen lassen, die eigentlich, für sich genommen nichts Schlechtes enthielten, und sich dabei unnötig schlecht fühlen, indem man über dieses und jenes nachsann.
Es war so unnötig, denn wenn man eh passiv blieb, entweder weil man zu träge war oder weil man einfach nichts tun konnte, weshalb belastete man sich damit? Es gab doch sicherlich etwas sinnvolleres zu tun in solchen Momenten, oder?
Niklas strich sich ein paar Haare aus dem Gesicht und sein Gesichtsausdruck gewann wieder an Klarheit.
Er sah zu Alex herüber und sein Freund sah so aus wie immer, den Blick irgendwer in der Ferne und die Hände in irgendeinen Rhythmus verloren. Niklas lächelte.
Solange der Junge neben ihm trommeln konnte, war die Welt noch ein ganz kleines bisschen in Ordnung.
Der Lehrer stellte eine triviale Frage und Niklas hob seinen Arm, den Moment beiseite tretend.

„Hast du Englisch?“

Sie gingen nebeneinander einen der zahlreichen Gänge entlang, den Krallen der Politikwissenschaften zumindest eine Weile entkommen.
Niklas wich einem kleinen Jungen, vielleicht siebte oder achte Klasse, aus und schob sich die Brille höher.

„Du sollst nicht bei mir abschreiben, Alex, und ich soll dich nicht abschreiben lassen. Nur weil Isa nicht da ist heißt das nicht, dass wir uns da so einfach drüber hinwegsetzen können!“

Auf Alex' Gesicht schien Trägheit gegen Gewissen zu kämpfen und Niklas unterdrückte ein Grinsen.

„Ja schon...“ begann er schließlich.

„...aber?“

„Das war so viel Gestern Abend...“

Niklas verdrehte die Augen. Wenn es zu viel für einen Abend gewesen war, dann war es erst recht zu viel für die Zeit zwischen Schulstunden, oder die Minuten, die man in einem anderen Kurs dafür freischaufelte.

„Ich soll dir nicht helfen.“

„Sonst krieg' ich aber noch 'ne sechs!“

Flehen oder Tatsache? Beides. Niklas verbiss sich einen Kommentar, denn er hegte zu viel Sympathie für den großen Osteuropäer, der manchmal richtig vehement darauf bestand schlechte Leistungen zu erbringen.
Beide bleiben stehen, als kurz vor ihnen eine Tür aufgestoßen wurde und eine Meute von Schülern herausströmte, Lärm und Schweißgeruch in den Flur tragend.

„Ist ganz einfach,“ sagte Niklas, ohne irgendwen zu beachten, „es läuft auf eine Degenerierung heraus, von Protagonist und Umfeld. Und das es trotzdem bei ihm eine positive moralische Entwicklung gibt. Es mag nur so aussehen, aber er ist am Ende ein besserer Mensch. Nenn' zwei Beispiele. Achte auf die Reihenfolge. Den Rest müsstest du noch in der großen Pause schaffen.“

Beim letzten Satz hatten sie sich schon wieder in Bewegung gesetzt.

„Verdammte Zwerge!“

„Ja.“

„Und.. danke“

Nilklas langte zur Seite und klopfte Alex auf den Rücken.

„Nicht nochmal diese Woche, sonst erzähl ich das Isa, sobald sie wieder da sit.“

Er bereute es schnell sie erwähnt zu haben und die nächsten Minuten, bis sie auf dem Schulhof unter dem nicht besonders freundlich wirkendem Himmel standen, sagten sie kein Wort.
Schließlich schien Alex eine Entscheidung zu treffen.

„Du warst noch nicht bei der Kleinen?“ fragte er und Niklas fühlte, wie sich Unruhe in ihm regte.

„Nein.“

„Geh' mal zu ihr“ sagte Alex und als er sich umdrehte und Niklas direkt ansah, dachte er mindestens einen Schalk in seinen Augen zu sehen.

„Lenkt vielleicht ab.“ fügte er noch hinzu, wandte sich um und ging.

Niklas stand ein paar Augenblicke da, während andere Schüler, jung und alt, um ihn herum auf den Hof strömten.
Was hatte das denn jetzt zu bedeuten? Gestern Carla, heute ein Alex, warum waren sie so seltsam?
Bei Carla mochte das ja noch einigermaßen nachvollziehbar sein, denn schließlich wusste er nicht auf welche Erwartungen, Annahmen, Einstellungen seine kleine Offenbarung gestoßen war, aber Alex... er würde doch eigentlich nichts wissen? Vielleicht wollte der Große auch einfach, dass sein dürrer Freund seine verschwundene Ex-Freundin für einige Zeit vergaß, wo doch noch immer von ihr sprach?
Niklas schüttelte den Kopf, diesmal wirklich. Es machte keinen Sinn über die Motive anderer zu spekulieren.
Weitere Gedanken abschüttelnd, machte er sich auf den Weg zu Sarahs Klassenzimmer.



Ihre Hand bewegte sich fast von alleine, fand Sarah. Sie saß an ihrem Platz, den Blick auf die Tischplatte gerichtet, die Welt links und rechts von ihr durch ihre dunklen Haare ausgeblendet.
Sie achtete kaum darauf was sie schrieb, wusste sowieso, schaute einfach wie ihre Hand ohne ihr richtiges Zutun diese feine, gestochene Schrift hervorbrachte; für Lehrer schon immer ein Grund zu Stolz, für sie selbst fast schon peinlich.
Es war so eintütend.
Mädchen haben eine schöne Handschrift, Jungen eine unleserliche Klaue. Jedes „Dein Schriftbild ist ausgezeichnet, Sarah“ war ein sachtes Kopftätscheln und Schubsen in eine Schublade. Manchmal, wenn auch in ruhigeren Momenten als jetzt, dass sie sich damit selbst in eine Schublade manövrierte; eine Schublade, die nach Parties stank und in bunten Farben leuchtete, aber trotzdem eine Schublade; Teenager.
Den Gedankengang durchbrechend hob sie den Kopf, um auf die Uhr über der Tür des Klassenzimmers zu schauen. Nicht einmal eine Minute noch.
Sarah gestattete sich ein kühles Lächeln, dass sich mit dem von Niklas oder Carla hätte messen können und lehnte sich zurück. Der gesamte Klassenraum flutete auf sie ein, in all seiner mangelnden Pracht. Das war der klare Nachteil daran, wenn man hinten saß, aber es gab niemanden der einen anstarren konnte, höchstens von er Seite und dafür gab es den dunklen Vorhang ihrer Haare.

Es klingelte und als alle anderen aufstanden, Gespräche und Gewusel ausbrachen, bleib Sarah sitzen. Ihr Lächeln hatte sie jedoch wieder sorgfältig verstaut. Dreißig lange Minuten, und das ohne Musik. Verdammte Hetze am Morgen, denn ihre Mutter war unerbittlich gestimmt gewesen. Also blieb sie weiter dort sitzen und versuchte die Gespräche der handvoll anderen, die Geblieben waren, zu ignorieren.
Wenigstens sprach man nicht über sie. Es war schon komisch, wie oft sie in Randbemerkungen erschien, wie oft ihr Seitenblicke zugeworfen wurden. Nicht weiter darüber nachdenken. Jeder hat verschiedene Standards und so.
Ihr fiel auf, dass ihre Gedanken gerade nach Niklas klangen. Wie Niklas. Sie spürte Wärme in ihrem Gesicht und freute sich noch mehr darüber gerade nicht beachtet zu werden. Sie hatte einfach das Gesicht dafür rot zu werden.
Minuten verstrichen, in denen sie mit halben Ohr erfuhr, dass das neue Video eines angeblichen Künstlers ja so sexy sei. Für sie klang es so, als würde der Kerl, wer auch immer er auch war, ein S wie ein $ schreiben wann immer er konnte. Sarah seufzte tonlos und fuhr mit den Augen über die Wand am anderen Ende des Raumes. Im Gegensatz zu den Kursräumen, die ihre älteren Freunde frequentierten, war dieser Klassenraum sogar bunt. Sie schloss nicht aus, dass es Menschen gab die ihn schön fanden.
Kugeln aus Krepppapier (Religion) hingen von der Decke herab, bunte Plakate (ein reichlich unsinniges Seminar über „Lernmethoden“) und hoffnungslos gestaltete Blätter mit armselig gereimten Gedichten darauf (Deutschunterricht) bedeckten die Wand und die Fenster, gerade außerhalb ihres Sichtfelds, waren mit Schneeflocken aus Papier beklebt. Es gab dem ganzen einen Touch von Grundschule.
Sarahs Blick fokussierte sich. Hatte jemand gekichert? Mehr Wärme kam heiß und schnell in ihr Gesicht, doch als sie sich verstohlen umsah, schaute sie niemand an. Eine Gruppe von Mädchen stand vor der Tür. Sarah konnte nur zwei von ihnen sehen und sie starrten auf etwas im Gang, das Sarah nicht sehen konnte.
Sie schloss kurz die Augen; sie kannte das schon.
Pleasure and pain...
Mit einem Mal musste sie lachen, was doch Blicke auf sie zog. Sie schloss erneut die Augen. Hielt sie geschlossen, als sie die Schritte hörte, als sie hörte wie ein Stuhl über das Linoleum gezogen wurde, als sie eine Präsenz nahe an sich wahrnahm.
Dann erst öffnete sie die Augen und sah Niklas an.
 

Lisra

Schmusekater
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Es war ein seltsames Gefühl. Es wäre alles so anders, wenn sie sich anders kennengelernt hätten, wenn es die Spannung von etwas neuem, Unerwartetem geben würde, doch sich kannten sich schon fast zwei Jahre, sahen sich ständig und so lag über ihr, über ihrem heftig schlagendem Herzen ein Schleier der Banalität.
Sarah sah noch einen Augenblick in Niklas helle, matte Augen und blickte dann zur Seite.

„Morgen.“ sagte sie leise.

„Morgen.“

„Wie geht’s dir?“

Er grinste, was niemand außer ihr bemerkte.

„Gut genug für heute,“ sagte er, “was ist mit dir?“

Sarahs Blick war ausdruckslos. Er kannte das von ihr. Wusste er den Grund? Wahrscheinlich nicht.

„Wie immer.“

Er nickte. Wenigstens verstand er das immer. Ganz genau sogar, ohne die Details zu kennen. Es war manchmal fast zum Lachen, wie den Wald vor lauter Bäumen nicht zu sehen.
Sarah nahm kaum war ob sie miteinander sprachen, oder sich einfach anschwiegen. Sie konnten beides gut.
Sie erinnerte sich. Wie lange war das her? Zwei Tage? Sie hatte es sich erneut klargemacht, dass sie mehr tun musste, mehr tun wollte... aber es gab nur schwere. Bleierne Schwere am ganzen Körper, ein unsichtbares Zittern, hektische Herzschläge. Vor allem,was konnte sie schon machen, hier? Unter so vielen Augen. Unter ihren Augen.
Als sie ihn wieder ansah, teilten ihr bisher ausgeblendete Bereiche ihres Kopfes mit, dass er etwas zu ihr gesagt hatte. Mehrmals.
Sarah sah auf die Tischplatte und murmelte etwas davon gerade nicht so gut darauf zu sein.
Sie verpasste den Blick, den er ihr gab. Er war ein Spiegel ihres eigenen gewesen. Stattdessen nahm sie wahr wie er erneut nickte, sehr wohl verstand, spürte wie er ihr sacht über den Kopf strich und ging.
Sie fühlte sich wie ein Leuchtfeuer, als das Gemurmel wieder einsetze und bald eine weitere Stunde began..
 
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