This war of mine

Wedge

Wedgetarian
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As far as trailers go, this is really impressive. So viel Aussagekraft in so wenig Zeit.

Ein Kriegsspiel ist es, aber keins bei dem man einen Soldaten spielt und andere Soldaten abknallt, sondern eins in dem man eine Gruppe von Zivlisiten spielt, die zwischen den Fronten gefangen sind und zu überleben versuchen. Alles basierend auf den Erfahrungen von echten Zivilisten in echten Kriegen... Hoffentlich f**ken sie's nicht up.
 

Sir Darian

Ritter des Helm
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Hm, ich habe mir den Trailer gerade angesehen, und im Gegensatz zu Dir finde ich ihn sogar ziemlich fernab einer Aussage. :hae:
Aber vielleicht kapiere ich ihn auch nur einfach nicht. :wunder:
Magst Du ihn mir aus Deiner Sicht erklären, bitte? :)
Diese Bitte ist in keiner Weise sarkastisch gemeint oder dergleichen. Sondern einfach genau so, wie sie sich liest.

Und irgendwie... Ich weiß nicht. Es fühlt sich komisch an, wenn aus den Gefühlen und Erlebnissen von kriegsgeschädigten und damit traumatisierten Personen bzw. Familien durch ein PC Spiel Kapital geschlagen wird.
Auch nur aus dem Bauch heraus. Vielleicht missverstehe ich auch hier wieder etwas. :confused:
 

Wedge

Wedgetarian
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Na, zuerst mal haben wir die Perspektive und Kamera, die sich nicht mit der Action mitbewegt, nicht mitten drin steckt, nicht teilnimmt am Geschehen, wie man das sonst so kennt. Sie ist entfernt und losgelöst vom Aufgenommenen. Wenn das ein guter Trailer in dem Sinne, dass er etwas über das Spiel zeigt, ist, dann wird die Perspektive im Spiel wohl ähnlich sein, sprich kein First-Person-Actionschlock bei dem man in Quicktimeevents auf Tasten haut, um Gegnern die Augäpfel mit der eigenen Nase aus dem Schädel zu quetschen, sondern anders.
Dann haben wir den Szenenaufbau. Der Trailer startet links und fährt an einem Haufen kämpfender Soldaten vorbei, die in Deckung gehen und abgeschossen werden. Es gibt offensichtlich noch die andere Seite, auf der ebenfalls Soldaten kämpfen, in Deckung gehen und abgeschossen werden. Bei der Hälfte des Trailers erreicht die Kamera die Mitte des Schlachtfelds, anstatt aber weiterzufahren, bleibt sie stehen und zeigt die Menschen, die in der Mitte gefangen sind. Im Falle eines guten Trailers (:D) könnte das so etwas aussagen wie "wer da gegen wen kämpft ist komplett egal" und/oder "Zivilisten im Krieg leiden immer gleich" etc.
Dann gibt's die Umgebung und die Soldaten und Zivilisten. Das sieht nicht so aus, als ob das in 'nem reichen Land spielt (wie das exzellente "Spec Ops - The Line" z.B.). Auch nicht in 'nem komplett verarmten Land (wie "Far Cry 2" z.B.), aber irgendwo dazwischen. Die Soldaten hingegen sind alle modern und top ausgerüstet, während die Zivilisten so aussehen, als ob sich kein Schwein um sie schert.
Am meisten haut aber der Stilwechsel in der Mitte rein. Sie wechseln von wunderschön animierten, modellierten und texturierten 3D-Soldaten, die photorealistisch schattiert niedergemäht werden, hin zu 2D-Zivilisten, die regungslos in einem dieser Häuser rumhocken, die man immer zerbombt, damit die Entwickler zeigen können, wie toll ihre Grafikengine ist. Grade diese 2D-Zivilisten sind aber das, worum es geht. Das ist mindestens ein Metakommentar auf Militärspiele (in ihrer größten Verbreitung als Modern Military Shooter), die Glorifizierung von Gewalt, Soldaten, dem Militär und Vernichtung und die Reduzierung von allem Nichtmillitärischen in diesen Spielen zu 2D-Hintergründen, auf die man keinen zweiten Blick verschwendet, weil da drüben schon wieder zwei Hochhäuser in die Luft fliegen. (Auf die Gefahr mich zu wiederholen, das exzellente "Spec Ops" hat damit ebenfalls ein wenig gespielt.)


Was das andere angeht: Ich weiß nicht... Warum ist das bei Filmen, Fernsehen, Musik, Büchern, Comics und was weiß der Geier in Ordnung? Grade wenn es zum Beispiel um fette Hollywoodproduktionen geht, die mit dem Holocaust 500 Millionen Dollar Reibach machen? 11Bit Studios sind ein kleines Indieteam in Polen (ehemalige CD Project RED Leute, also die Witcher-Macher) und This war of mine ist ein Indiespiel. Ob die daraus nun wirklich Kapital schlagen...
So ganz allgemein haben wir in den letzten Jahren durch die Indieszene eine durchaus positive Entwicklung bei Spielen zu beobachten, in der sich neben dem dummen AAA-Markt mit seinen Hollywood Sommer-Blockbustern der Indiemarkt zu einem Ort entwickelt hat, in dem Spiele existieren können, deren gesamter Inhalt nicht mit dem Satz "weißer Kerl rennt rum und schießt weiße, braune, gelbe und manchmal auch schwarze andere Kerle über den Haufen" zusammengefasst werden kann. "Papers, Please", "Gone Home", "Kentucky Route Zero" und "Brothers - A Tale of Two Sons" sind da Beispiele allein aus 2013. Je breiter die Themen werden, desto besser, imho. Z.B. Auti-Sim, ein Spiel welches die Reizüberflutung simuliert, die autistische Kinder oft erleiden. Oder "Analogue - A Hate Story" eine visual novel (oder wie das genre heißt) über institutionalisierte Misogynie. Ich glaube, ein genau so ein Thema wie das Überleben von Zivilisten in Kriegsgebieten ist ein Thema, welches viel mehr Beachtung verdient und in diese Entwicklung der Spiele als Medium gut reinpasst.
 

Sir Darian

Ritter des Helm
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Wedge, versteh mich bitte nicht falsch. Ich will gar nichts verteufeln. :)
Ich habe nur ein Bauchgefühl, und ich will verstehen. Sonst nichts. :)

Wedge schrieb:
Bei der Hälfte des Trailers erreicht die Kamera die Mitte des Schlachtfelds, anstatt aber weiterzufahren, bleibt sie stehen und zeigt die Menschen, die in der Mitte gefangen sind. Im Falle eines guten Trailers (:D) könnte das so etwas aussagen wie "wer da gegen wen kämpft ist komplett egal" und/oder "Zivilisten im Krieg leiden immer gleich" etc.
Ja, das ist nachvollziehbar. Aber es ist halt "nur ein Spiel".
Während ich dieses ungefährdet in meinem heilen PC Zimmer spiele, geschieht das dort dargestellte real auf der Welt.
Ich habe in der Presse (Quelle kann ich leider nicht liefern, da die Paper Presse keine Links mitliefert) gelesen, dass ein mehrfacher Familienvater in Syrien mit ansehen musste, wie seine zweijährige Tochter Opfer eines Heckenschützen wurde, und erschossen wurde. Ein zweijähriges Kind! :c:
Ich meine, welche Motivation könnte ein Heckenschütze haben, ein zweijähriges Mädchen abzuknallen? :confused: :( Aber nach diesem Artikel ist das leider real. :(
Jetzt gerade sehe ich meine Vierjährige an, die ich am meisten liebe von allem, was ich auf dieser Welt nur gerade kenne, und bin dankbar, dass der Krieg in einer anderen Ecke der Welt ist, so dass sie sicher ist. Ja, das ist irgendwie schwach von mir. Ich bin nur ein Mensch, und es ist so. Und trauere gleichzeitig mit diesem Mann, der was aushalten muss, was ich mir als Vater nicht im Geringsten auch nur vorstellen mag.

Wedge schrieb:
Was das andere angeht: Ich weiß nicht... Warum ist das bei Filmen, Fernsehen, Musik, Büchern, Comics und was weiß der Geier in Ordnung?
Ist es in Ordnung? Wahrscheinlich, weil die Masse der Konsumenten es annimmt und damit für sich "In Ordnung" macht, glaube ich. Es unterhält uns, und damit ist es willkommen. Aber damit auch gleichzeitig "gut"? :hae:

Wedge schrieb:
11Bit Studios sind ein kleines Indieteam in Polen (ehemalige CD Project RED Leute, also die Witcher-Macher) und This war of mine ist ein Indiespiel. Ob die daraus nun wirklich Kapital schlagen...
Wie gesagt - Ich möchte nichts verteufeln. I wanna learn and understand.
Ich finde CD Project RED extrem gut, und ich möchte die Philosophie dieser Leute unterstützen: No DRM, keine Kopierschutze, die Sicherheitslücken aufmachen, stattdessen Vertrauen in die Kunden, die für das Spiel bezahlt haben. Wir alle wissen, dass der Pirat es einfacher haben kann. Aber das ist eine völlig andere Diskussion.

Ich will auch hier keine Negativwerbung machen. Ich will keinen Boykott dieses Spieles, ich will keinen davon abhalten, es zu kaufen und damit den Lichtblick "CD Projekt" zu unterstützen.
Nur fühlt es sich für mich einfach seltsam an, aus der knallharten Realität, die manche Menschen, vor allem auch Kinder, durchmachen müssen, ein Spiel zu generieren, aus dem ich in meiner Freizeit, geschützt durch die räumliche Entfernung zum realen Geschehen heraus, unrealen Spielspaß erfahren können soll. :wunder:

Ja, ich weiß: Bei (beispielsweise) The Witcher ist es ja auch so. Viel Blut, viel Gore, Grausamkeit beherrscht die Spielrealität.
Aber: Irgendwie fällt es mir leicht, das zu abstrahieren. Das Game spielt in einer mittelalterlichen Welt, die aus einem Fantasy Buch zu kommen scheint.
Da kann ich mitgehen, weil es sich nicht real anfühlt.
Dieser Trailer ist nur ein paar Sekunden lang, und fühlt sich ganz anders an. Hier zumindest.

Ich möchte diese Gedanken auch gar nicht isoliert auf dieses eine Spiel beziehen, sondern generell einfach mal zur Diskssion stellen.
Um viele Antworten wäre ich sehr dankbar. :)
 
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Maus

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Hm, ich seh solche Dinge ein wenig wie folgt:

Du findest etwas nicht gut? Dann setze dich dafür ein, dass es geändert wird. Funktioniert nicht, wenn du als Einziger da was unternehmen willst? Dann sorge dafür, dass auch andere verstehen, was hier falsch läuft. Die sitzen aber lieber in ihrer behaglichen Wohlfühlzone und wollen sich nicht stören lassen? Dann geh in ihre Wohlfühlzone...

Das ist im Prinzip die Arbeitsweise von vielen NGOs/wohltätigen Institutionen etc. Und auch deren Geschäftsmodell, was bei Greenpease (Robbenbabys!) auch schon öfter kritisiert wurde. Kann man gut finden oder notwendig oder sich in seiner Wohlfühlzone gestört fühlen (@Sir Darian: stört es dich deswegen, weil Computerspiele eigentlich der Bereich deines Lebens sind, wo du nicht mit den ganzen Problemen der Welt konfrontiert wirst und vielleicht einfach nur ein wenig Abschalten willst?) oder einfach für ein ekliges Geschäftsmodell.
Aber es ist weit verbreitet und solange man noch eine wichtige selbstlose Message mit verpackt auch weitestgehend akzeptiert.

Wie gesagt, muss niemand gut finden und ich denke, dass jeder Mensch eine Wohlfühlzone braucht, in der er seine Ruhe hat, weil er sonst verrückt werden würde bzw. das alles einfach zuviel ist. Aber so läufts hier nunmal und die meiste Zeit stört es die wenigsten ;)
 

Rote Zora

Pfefferklinge
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Ich finde das eine ganz spannende Diskussion.

Können Spiele "erwachsen" werden, oder ist das gerade die Perversion des Spiels, wo man doch Kind sein möchte? Der Vergleich Kino bringt es finde ich auf den Punkt: Schindlers Liste, der Zug, Das Leben ist Schön - es gibt eine Menge wirklich beeindruckender, meisterhafter filimischer Verarbeitungen des Holocaust. Aber können wir uns ein Spiel "Surviving Warzaw Ghetto" vorstellen, "Escape from Auschwitz" oder "Time to die in Treblinka"?

"Spiel" das verbinde ich schon vom Begriff her mit etwas un-ernsthaftem, belang- und zwecklosem. Das Spaß machen soll.

Auf der anderen Seite hat Maus recht: Die Grenze zwischen Spiel und Kino wird immer durchlässiger. Längst gibt es auch "pädagogische" Spiele, die alles andere als zweckfrei sind. Es gibt dokumentarische Filme, die einem das Elend nahe bringen sollen.

Hier kann ich Wedge beipflichten: der Trailer lässt vermuten, dass diese Ansinnen dahinter steckt: keine Hochglanz-Optik des Elends zu ästhetisieren, einen Gewaltporno der ganz perversen Art zu produzieren, sondern tatsächlich nachdenklich zu machen, die andere Perspektive zu entdecken, und wirklich das eigene Kind mit ernsten Augen anzusehen, und sich zu fragen: Was machen die in Syrien da eigentlich?

Dass einem Militäreinsätze, wenn darüber öffentlich diskutiert wird, nicht als heldenhafte Kampagnen mit spannenden Missionen im Bewusstsein sind, sondern irgendwo nicht nur im Hirn, sondern auch im Herzen angekommen ist, dass das genau das bedeutet, dass hochgerüstete Soldaten durch Straßen rennen, auf Feinde schießen, und irgendwo dazwischen Kinder in Todesangst weinen.

Aber das ist kein Spiel mehr.
Nicht im eigentlichen Sinne.
ZORA
 

Sir Darian

Ritter des Helm
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Das ist ja das Problem: Es ist nicht so, dass ich es "nicht gut finde".
Vielmehr weiß ich nicht, wie ich es finden soll. Wenn ich über die Spielidee nachdenke, fühlt es sich halt irgendwie strange an: Auf der einen Seite ein Spiel, auf der anderen Seite Menschen, die sowas in Echt durchmachen müssen und das sicher alles andere als unterhaltsam finden (was ein Spiel ja soll - unterhalten).

Blöderweise, wenn ich gerade mein Geschreibsel aus mitten in der Nacht durchlese: Ich stelle fest, ich bin irgendwie nicht in der Lage, meine Gedanken dazu in passende Worte zu fassen. :hae:
Auch jetzt nicht. :hae:
 

Chinasky

Dirty old man
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"Spiel" das verbinde ich schon vom Begriff her mit etwas un-ernsthaftem, belang- und zwecklosem. Das Spaß machen soll.

Ich nicht. Löwenbabys lernen spielerisch das Töten. In Hesses "Glasperlenspiel" wird der Mensch als homo ludens gezeichnet - die Spiele sind dort der Gipfel aller Kultur.

Die Frage ist meiner Ansicht nach nicht, ob (PC- ) Spiele sich solcher Themen annehmen. Sondern ob sie's können und ob sie dabei Erkenntnisgewinn schaffen. Wenn sie's nicht können, dann sind sie noch nicht bei den anderen großen Kultur-Medien (Film, Literatur) angekommen.
 

Wedge

Wedgetarian
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@ Pie
Ich weiß nicht, warum du dich so vehement dagegen stemmst, etwas zu verteufeln, wenn du der einzige bist, der dieses spezielle Wort oder die Haltung zur Sprache bringt. :D Oder andersrum: Ich hab dir nicht vorgeworfen, irgendwas zu verteufeln, noch hab ich irgendetwas von dir so interpretiert. Und selbst wenn ich das hätte, dürftest du doch trotzdem was auch immer du verteufeln willst verteufeln, wenn du denn verteufelt hättest. ^^


Während ich dieses ungefährdet in meinem heilen PC Zimmer spiele, geschieht das dort dargestellte real auf der Welt.
Es fällt mir schwer, diesen Punkt nachzuvollziehen, ehrlich gesagt. Denn während du pausenlos ungefährdet was auch immer Alltägliches machst, geschieht Schlimmes überall auf der Welt. In der Zeit in der ich diese anderthalb Absätze geschrieben habe, sind bereits 50 Kinder jünger als fünf Jahre elendig abgekratzt. Bei jedem deiner Mittagessen verhungern zur selben Zeit dutzende Kinder unter fünf irgendwo.

Anyway, ich glaube, dein nur ein Spiel ist hier der Knackpunkt. Menschen bewerten und handhaben Unterhaltung (im breiteren Sinne des Wortes) halt unterschiedlich. Es gibt Leute, die schauen auch nur Hollywood-Actionblockbuster und -Kömödien, weil sie von Filmen ausschließlich ablenkend unterhalten werden wollen und sich sowas wie Schindlers Liste z.B. nicht geben wollen. Es gibt auch Menschen, die lesen keine Bücher mit Actionszenen. Es gibt Leute, die bei Musik ausschließlich auf die Texte achten, es gibt Leute, die ausschließlich auf die Gesamtinstrumentalisierung hören und es gibt Leute, die sich spezielle Instrumente rauspicken. Es gibt Menschen, die mit Fantasy und Science Fiction überhaupt nichts anfangen können, und es gibt Menschen, die um alles mit Krimi im Blut einen großen Bogen machen. Und hunderttausend weitere Variationen.
Wenn Spiele für dich was sind, was ausschließlich im Rahmen der Entspannung und spaßigen Unterhaltung funktioniert, dann ist das eben so und auch gut. Und du bist nicht alleine. Für mich, und ich bin da halt auch nicht alleine, können Spiele aber sehr viel mehr sein, wenn sie denn gut gemacht sind. Besonders wenn sie die Stärken des Mediums Spiel ausnutzen.
Im erwähnten "Brothers - A Tale of Two Sons" z.B. (Achtung, wirklich krasse Spoiler. Wer das Spiel jemals spielen will, sollte das hier NICHT lesen!)
gehen zwei Brüder auf die Suche nach einem Heilmittel um ihren todkranken Vater zu retten. Der jüngere Bruder hat Todesangst vor Wasser, nachdem er als kleines Kind zusehen musste, wie seine Mutter ertrunken ist. Der Kniff an dem Spiel ist, dass man beide Brüder parallel steuert (darum braucht man ein Gamepad), den älteren mit dem linken Stick, den jüngeren mit dem rechten Stick. Beide Brüder haben eine situationsbedingte Spezialfähigkeit auf dem jeweiligen Schulterknopf. Der ältere Bruder schwimmt im Wasser, während sich der jüngere panisch an ihm festklammert. Am Ende stirbt der Ältere tragisch und der Jüngere begräbt ihn, kehrt voller Trauer, Verzweiflung aber auch Entschlossenheit in sein Dorf zurück und muss einen Fluss durchqueren. Ich hab ein paar Minuten gebraucht, um rauszufinden, was die Lösung für die Situation ist. Sie besteht darin, dass man den linken Schulterknopf drückt und damit die Fähigkeit des toten Bruders benutzt. Mich hat das ziemlich bewegt. Mehr als der eigentliche Tot des Bruders davor, wenn ich ehrlich sein soll.
Das ganze hier geht dann aber auch in die Diskussion rein, ob denn Spiele ausschließlich positiv unterhalten sollen oder ob sie nicht ebenso unterhalten, wenn sie sie frusten, wütend, zornig, verzweifelt, hasserfüllt oder traurig machen. Bzw. noch viel krasser, ob nicht die besten Spieleerfahrungen diejenigen sind, die einem fast die Gesundheit ruinieren.


Aber damit auch gleichzeitig "gut"?
Ja. Gut und noch viel mehr notwendig. Kulturelle Aufarbeitung findet durch Kunst statt. Geschichte wird durch Erzählungen transportiert. Niemand gibt nen Fliegensch*** auf den nervtötenden, unbeschreiblich langweiligen Geschichtsunterricht in der Schule, in dem man Seitenweise Fakten eingetrichtert bekommt. Dann liest man mit 14 ein Buch wie z.B. "Roots" und sitzt ne Woche völlig betäubt in der Gegend rum, weil man nicht mehr klarkommt mit der menschlichen Fähigkeit zur Grausamkeit (und mit "man" meine ich natürlich "mich" ^^).

aus dem ich in meiner Freizeit, geschützt durch die räumliche Entfernung zum realen Geschehen heraus, unrealen Spielspaß erfahren können soll.
Was uns zurück dazu bringt, dass (Video-)Spiele nicht ausschließlich freudigen Spaß machen müssen, sondern sehr wohl auch genau das Gegenteil in einem auslösen können. Hast du jemals Limbo gespielt? Ich hab's in einer meiner krassen Depressionen gespielt (die bei denen man so down ist, dass man sich denkt "Aus'm Fenster springen ändert jetzt och nichts mehr.) und freudiger Spaß war so ziemlich das letzte was ich hatte. Trotzdem (oder genau darum?) ist es eins der beste Spiele das ich jemals gespielt habe.

Letztendlich, wenn sich der Trailer anders anfühlt, dann macht er ja einen guten Job. Weil schließlich das genau das ist, worum es in dem Spiel gehen soll. Ein anderer Einblick in Krieg und Schlachtfelder, als wir in Spielen sonst fast ausschließlich vorgesetzt bekommen.

Dass das Ding nichts für jederman wird, ist aber auch selbstverständlich. Und natürlich auch ok.
 

Turjan

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Im Prinzip ist dieses Spiel nur die konsequente Weiterfuehrung einer Entwicklung, die man schon seit einiger Zeit beobachtet. Und Ueberlebensspiele sind ja nun wahrlich nichts Neues, obwohl man das bei Zombies natuerlich eher von der Wirklichkeit abstrahieren kann.

Das Schicksal von Zivilisten in kriegerischen Auseinandersetzungen wurde ja auch schon in Spec Ops: The Line angekratzt, aus der Perspektive des Schuetzen. Ob das dort gelungen war, ist eine andere Frage. Das Spiel gab einem keine gute Option. Als Shooter war's ja wohl auch nicht sehr beliebt, weil es die Spieler mit einem schlechten Gefuehl zurueckliess.

Natuerlich kann man Spiele als Zeitvertreib ansehen, die einem ermoeglichen, ein wenig von der Realitaet abzuschalten; daran ist ja auch ueberhaupt nichts verkehrt. Aber darauf reduziert sehen mag ich Spiele auch nicht.

Ob ich das Spiel anschauen werde? Ich weiss nicht. Allzu bedrueckende Spiele mag ich eigentlich auch nicht. Es kommt also ein wenig auf die Perspektive an. Realismus ist nicht alles.

Edit: Was ich bei Pies Problem noch nicht ganz verstehe, ist, ob es sich hier um einen "too close to home"-Effekt handelt. Wie sieht's eigentlich bei Spielen wie den GTA's oder Kane & Lynch aus? Ich meine, dort spielt man ja Leute, die sich so gar nicht an korrekte Umgangsformen halten, also sozusagen eine Extremform der "anderen Seite".
 
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Rink

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Ich weiss nicht, wie aussagekräftig meine Motivation ist, Spiele zu spielen. Aber normalerweise suche ich diejenigen Spiele aus, welche Emotionen in mir zu wecken vermögen oder mich nachdenklich stimmen oder zum Lachen bringen. Meine Motivation ist für den Konsum von Spielen dabei völlig identisch wie wenn ich Filme (oder Musik) konsumiere und ich bin in allen Gebieten wohl eher ein Randpublikum, welches die experimentellen, emotionalen oder tiefgründigen/komplexen Werke sucht.

Die meisten Spielegenres hatten sich lange nicht an ein erwachsenes und reifes Publikum herangewagt, welche mehr suchen als nur reine Unterhaltung. Weil es nicht lukrativ war, mittlerweile sind aber die "alten" Gamer in die Jahre gekommen und es gibt auch genug Personen, welche auch in fortschreitendem Alter Spiele weiterhin kaufen und spielen. Ich glaube nun sieht man plötzlich den kleinen Markt für diese Spiele und mehr Studios wagen sich, Spiele auch als Kunstform zu verstehen. Sie produzieren nun Spiele, welche eben nicht reine Unterhaltung möchten, welche Emotionen wecken (Walking dead, the wolf among us, brothers a tale of two sons, the last of us) oder eine tiefere Aussage haben (papers, please).
Ich finde das super. Für mich war Planescape:Torment auch genau so ein Spiel, auch Chrono Cross oder die Teile, welche mir an Final Fantasy 7 und 8 wirklich zugesagt haben. Nur ist die Spielebranche heute nicht mehr so stark auf Text angewiesen um Emotionen zu wecken (two brothers: sogar komplett ohne Text!). Und das macht es leichter.

Ich denke die Ängste entstehen, weil wir grundsätzlich andere Erwartungen an solche Spiele haben. Es ist klar, dass reine Grausamkeit und reines Leid in einem Spiel nicht ansprechend wären. Eine differentierte und gefühlvolle Auseinandersetzung mit dem Thema kann das jedoch sein. Und darauf hoffe ich bei diesem Titel auch, auch wenn es eher etwas nach Sandkasten-survival tönt.
 
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Wedge

Wedgetarian
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Spiele sind halt auch noch jung. Wenn wir grob von 1970 anfangen, haben wir bissel mehr als 40 Jahre hinter uns. Könnte man ja mal vergleichen mit Hollywood-Filmen (also dem Mainstream) und wann dort die ersten Filme mit... unangenehmen... Themen als Dreh und Angelpunkt rauskamen.
 

Sir Darian

Ritter des Helm
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@ Wedge:

Wedge schrieb:
Oder andersrum: Ich hab dir nicht vorgeworfen, irgendwas zu verteufeln, noch hab ich irgendetwas von dir so interpretiert.
Das ist gut, denn mir war es wichtig, dass ich nicht so rüberkomme, als würde ich mit dem erhobenen Moralzeigefinger sagen wollen, "Wedge, das ist ja wohl mal klar, dass genau Du wieder mit so einem Mist daherkommst, der dann auch noch moralisch fragwürdig ist".
Deshalb habe ich es so oft betont. Und ich bin immer noch nicht in der Lage, mir eine fundierte Meinung zu dieser Spielidee zu machen. :hae: :D

Zu Deinen restlichen Ausführungen kann ich nur sagen: Da hast Du wohl mal recht. Sehr differenzierter Blick auf die Dinge, ich habe viel durch Deinen Beitrag "gelernt", wenn man es so ausdrücken will. Danke! :):up:

Limbo, dieses Spiel sagt mir gar nichts. Mal googeln. :wunder:
 

Turjan

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@Pie: Falls Du einen Steam-Account hast, kann ich Dir einen Limbo-Key geben. Ich habe noch einen uebrig. Ist ein ganz nettes Spiel. Tolle Atmosphaere.
 

Sir Darian

Ritter des Helm
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Nein, habe ich nicht. Aber danke für das Angebot. :)
 

Wedge

Wedgetarian
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Hier is'n LIMBO Let's Play ohne ranziges Gesülze eines Spackos: http://youtu.be/GCA79zPaQe0

Weil er das Spiel schon kennt und keinen der vielen überaus blutigen Tode mitnimmt, verliert es ein wenig an Wucht, aber naja, was soll man machen. ^^
 

Turjan

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@Pie: DRM-frei habe ich das auch, aber da wuesste ich jetzt nicht, wie ich es Dir geben sollte. Sind aber nur 77,8 MB.

@Wedge: Hmm, ich glaube, im Film-Medium gehoerten unangenehme Themen so ziemlich von Anfang an dazu. Ich denke nur an "Metropolis" oder "Moderne Zeiten".
 

Asmodan

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Ich muss bei dieser Diskussion unwillkürlich an den Film "War Photographer" denken. Der Dokumentarfilm handelt von dem Kriegsfotografen James Nachtwey der 2 Jahre lang von einem Kamerateam begleitet wurde. In dem Film bekommt man Gedanken und Ansichten von Nachtwey zu hören der ja durchaus mit dem Krieg und seinen Fotos vom Elend Geld verdient. Sehr interessanter Film, kann ich nur empfehlen. Aber die Dokumentation ist natürlich auch nichts erbauliches und beinhaltet heftige Bilder.
 

Wedge

Wedgetarian
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Metropolis is von 1927, Moderne Zeiten von 1936, aber der erste "Film-"Film ist von 1900. Und angefangen hat die ganze Schose 1880. Und Metropolis hat natürlich auch noch den Vorteil, dass es Science Fiction ist und zwar harte Themen aufgreift, diese aber losgelöst behandelt. Ich schätze, worauf ich hinaus will ist die Tatsache, dass auch Filme ein bisschen Anlaufzeit brauchten, bevor sie sich an Themen wie Sklaverei, Prostitution, Genozid, Pädophilie oder ähnliches gewagt haben.
 

Turjan

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Das wuerde ich fuer beide Medien so nicht unterschreiben wollen. Ich habe Metropolis nur genannt, weil es sehr bekannt ist und ein ernstes Thema behandelt. Bei Filmen gab's ja eigentlich schon immer Dokumentationen, so dass man glaube ich nicht sagen kann, dass solche Themen nicht schon frueh angesprochen wurden.

Was Spiele angeht, und da das hier ein Rollenspielforum ist, faellt mir z.B. Ultima VI ein, das sich mit Rassismus und Fremdenfeindlichkeit auseinandersetzt; zwar in einem Fantasy-Land, aber immerhin. Natuerlich war das zu einer Zeit, als Spiele noch keine Breitenwirkung hatten.
 
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