Tatort

Maus

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Im ZEIT-Magazin gab es eine Analyse der diversen Tatort-Folgen von einer Polizeireporterin in Hinsicht auf Realitätsnähe. Fazit war: die ganzen Verdächtigen werden nie verurteilt, weil bei den schlampigen und rechtwidrigen Ermittlungen die ganzen Beweise/Geständnisse wieder einkassiert werden. Nur ein schon angegrauter Tatort war in der Hinsicht wohl ok.

Witzig finde ich, dass die US-Krimiserien in der Hinsicht wohl besser gemacht/recherchiert sind als die (pingeligen/bürokratischen/immerstetskorrekten) deutschen.
 

Durandil

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Bei dem Vergleich mit den USA muss man aber berücksichtigen, dass bei widerrechtlich erlangten Beweisen deutsche Richter einen Ermessensspielraum haben, in den USA nicht. "Unverwertbar" (wie im Artikel genannt) stimmt also so afaik nicht.

Ich habe den Zeit-Artikel mal gelesen, und finde ihn irgendwie platt und mindestens so weit an der Realität vorbei, wie er selber es dem Tatort vorwirft. Da kritisiert der Artikel, dass eine Befragung mit psychischem Druck, suggestiven Fragen und Unwahrheiten durchgeführt wird, dass auf den Wunsch nach einem Verteidiger nicht reagiert wird, Drohungen, etc.. Das wäre unwirklich ist das Fazit des Artikels.

Aus persönlicher Erfahrung kann ich das dagegen als real erkennen. Mir hat auch schonmal jemand was anhängen wollen, ich hatte ne Hausdurchsuchung inklusive massiver versuchter Beeinflussung, von der Behauptung, mein "Komplize" hätte etwas gestanden, von dem ich wusste, dass es nicht passiert ist, über die Androhung von Gefängnis, wenn ich nicht sofort "gestehe", unterschwelliger Androhung von körperlicher Gewalt, Verletzung diverses Grundrechte inklusive Leugnung dieser, etc.. Und nein, der verantwortliche Ermittler hat deswegen keinerlei Folgen zu spüren bekommen, das Gericht bittet ab und zu mal um einen Untersuchungsbericht, weil auch nach Jahren - weil Fall ohne Substanz - noch keiner vorliegt, währendessen kommt monatliche ne andere Schikane, gegen die ich Einspruch einlegen muss.

Und warum sollte das ein Einzelfall sein? Ist es sicher nicht. Um es mal auf den Punkt zu bringen: der Zeit-Artikel sagt so naiv: "das ist verboten". Und, wen stört's? Nicht, dass ich Tatorte für besonders realistisch halte, aber der Leitfaden des Artikels, dass Tatorte unwirklich sind, weil sich Ermittler nicht an's Gesetz halten, halte ich persönlich für lächerlich.
 

David

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Einen realistischen Krimi würde doch niemand sehen wollen, das wäre wahrscheinlich in etwa so spannend wie einem Finanzbeamten beim Bearbeiten von Steuererklärungen zuzusehen. :D

Alleine die Mordfälle und die Motive sind schon sehr seltsam, jeder zweite Tatort wäre wahrscheinlich in der Realität so ein Fall den ein echter Polizist nur einmal im Leben hat während im Normalfall der betrunkene Ehemann seine Frau im Affekt erschlägt..

Ist halt wie bei Star Trek: Solange die Geschichten spannend erzählt werden ist es egal wie realistisch die Aliens mit Plastikohren sind. ;)
 

Arvin

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Ich find das dargestellte Vorgehen der Ermittler nicht in Ordnung, weil sich das Publikum ja mit ihnen identifiziert. Auf die Art scheint es "gut", Menschen einzuschüchtern und zu Geständnissen zu nötigen. Ich glaube auch nicht, dass so was für einen spannenden Krimi nötig ist. Bei Monk waren einige gute Fälle dabei, ohne, dass Monk den Tatort verschmutzt oder Befragte einschüchtert (anschreit oder gar körperlich angeht). Monk ist zwar nicht realistisch, aber immerhin wird hier nicht ständig und permanent der Rechtsstaat als Behinderung dargestellt, die es mit handfestem Vorgehen zu überwinden gilt. Und dann auch noch nicht quietschbunt wie Monk oder CSI, sondern mit dem seriösen Dunkelfilter, mit dem die Tatorte sich an die Realität anbiedern (weshalb es oft interessanter ist, das eigene Fenster aufzumachen und den regnerischen Bürgersteig entlang zu starren, als den "tiefsinnigen" Tatort zu schauen). Und das ist nur ein Mittel, mit dem der Tatort Anspruch auf Seriosität erhebt. Die Orte sind ja auch echt, der Bezug zur aktuellem Geschehen ist oft gegeben. Darauf hat die Autorin auch hingewiesen.

Das alles heißt jetzt nicht, dass der Tatort unrealistisch wäre, weil seine Beamten so schroff sind. Wenn Durandils Fall kein Einzelfall ist (find ich übrigens ziemlich grob, was Dir da passiert ist, hoff mal Du bist halbwegs damit klar gekommen), dann ist der Tatort realistisch. Ich finde aber gerade nicht, dass der Tatort solche Zustände, wenn sie denn weit verbreitet sind, auch noch mit moralisch angestrichener Superermittler-Selbstjustiz legitimieren sollte.
 

Adriana

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Insgesamt definitiv ein guter Tatort! :up:
Aber glaub das war der erste Tatort bei dem das Motiv nicht erklärt wurde.
Oder hab ich irgendwo nen wichtigen Hinweis darauf verpasst? :confused:
Ein Minuspunkt für mich: sie sind schon seehhr gechillt damit umgegangen, dass der eine Ermittler mal eben den Täter erschossen hat... hätte man vielleicht was kritischer betrachten können
 

Sir Kameldar

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Der Tatort grade hat nen erfrischend guten Soundtrack... Hat was von Four Tet.

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Sir Kameldar

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Schweighöfer ist gerade grandios im Tatort...

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Chinasky

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Hat jemand von Euch schon mal eine Folge des "Tatortreinigers" gesehen? Den hab ich jetzt zweimal (die Folge mit der Prostituierten und die Folge mit dem Psychotherapeuten*) eher zufällig nach einem Tatort im NDR-Programm miterlebt und ich war echt begeistert. Dermaßen witzig und dennoch keine Blödelei - man kann's nicht beschreiben, das muß man sehen. Ich werde jetzt gleich mal in der ARD-Mediathek auf die Suche nach den anderen beiden Folgen gehen. Falls jemand von Euch demnächst nach dem Tatort mitkriegen sollte, daß noch der Tatortreiniger dran kommt - bloß nicht wegzappen!

Daß die erste Folge davon gerade mal knapp 50.000 Zuschauer hatte, weil sie überhaupt nicht angekündigt worden war, ist eine Schande für die Verantwortlichen in der zuständigen Sendeanstalt.



*Die Folge findet man noch zwei oder drei Tage als Video auf der NDR-Website!
 

David

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Was war das denn eben ? :D

Ein Polizist der sich benimmt wie ein 10jähriger, eine Staatsanwältin die ständig dumm grinst und sich der Realität verweigert, wollten da ein paar Drehbuchautoren besonders lustig sein ? :hae:

Auf jeden Fall können schlechte Tatorte nicht nur in Frankfurt spielen.
 

Chinasky

Dirty old man
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Ja, das war dermaßen hanebüchen, daß es einen nur noch ärgerte. So, als hätten zwei, drei komplett gegeneinander anschreibende Leute am Drehbuch gearbeitet. Die Staatsanwältin war ein Witz auf zwei Beinen, die chargierte wie eine Schülerin bei der ersten Probe der Theater-AG. Die Margot Müller dagegen war eine richtig coole Olle, die, obwohl sie auch völlig überzogen konzpipiert war, doch zumindest das Beste draus machte. Wie sie reagierte, als sie zum Abschied umarmt und geknutscht wurde - besser hätte man das nicht spielen können.
Daß die bösen Jungs problemlos nach Metz abhauen konnnten - so eine doofe "Auflösung" hab ich noch selten gesehen. Und daß niemand von den beteiligten "Guten" auf die Idee kam, der Dolmetscher könne mit drin stecken, obwohl man das als Zuschauer sofort, nach dessen erstem diabolischen Grinsen, ahnte und spätestens dann sich sicher war, als seine Übersetzungen mal viel zu lang, mal viel zu kurz waren... Sämtliche Saarbrücker Ermittler überboten sich da an Bräsigkeit.
Die kleine Melinda war zwar ein extrem süßes Mädel - aber so richtig gut spielte sie auch nicht. Naja, ein Kind kann halt auch kein Drehbuch retten.

Was mir hier - wie schon beim letzten Köln-Krimi - positiv auffiel, war die Kameraführung. Da wird man beim Tatort in letzter Zeit immer besser, die Locations, das Bühnenbild und die Bildgestaltung emanzipieren sich vom doofen TV-Look vergangener Jahrzehnte. Naja, hier nicht so stark wie beim letzten Kölner Tatort, aber die Szenen, wo sich Polizist und Mädel da in diesem Gulliver-Land verstecken, waren schon sehr stimmungsvoll ausgeleuchtet usw.

Das Drehbuch und die gesamte Story waren aber dermaßen lächerlich, daß ein paar schöne Bilder und ein paar wenige gelungene Gags (Zu der geknebelten Polizistin: "Sagen Sie mal was!" - "Mhmhmhmmm!" - "In Ordnung!" ) konnten das bei weitem nicht ausgleichen, insbesondere, weil auch die schlechte schauspielerische Leistung der Staatsanwältin alle eventuell akzeptablen Leistungen des restlichen Casts überstrahlte - im negativen Sinn...
 

David

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Wobei ich mich gefragt habe warum in einem verlassenem Freizeitpark der Strom noch angestellt und noch nicht alle Wertgegenstände geplündert waren..
Aber solche Details findet man in jedem Film, wenn der Rest gut ist, stört das nicht weiter.

"Überzogen konzipiert" triffts auf den Punkt, die Frau steif und stark und der Mann mit seinem Outfit, dem Roller etc. als Karrikatur eines erwachsenen Kindes. Und dass er am Ende auch noch die Drogen geschluckt hat, so dämlich ist doch niemand, das glaubt keiner mehr. Ein bisschen weniger und die Kombination könnte interesannt werden, aber so ist es einfach unglaubwürdig. Hoffen wir mal, dass sies in den nächsten Folgen noch besser hinbekommen.

Das mit dem Dolmetscher habe ich mir auch von Anfang an gedacht, außerdem habe ich mich gefragt warum man beim ersten Zweifel nicht einen Abstammungstest mit der angeblichen Mutter und dem Kind gemacht hat wenn man schon beide im Krankenhaus liegen hat.
Klar, in Wirklichkeit gibts da Persönlichkeitsrechte, aber mit den Gesetzen nehmen die Krimis es ja eh nie so genau und in der Folge kann man das auch nicht gerade behaupten. :D

Außerdem habe ich manchmal das Gefühl dass man zu gerne übertreibt mit irgendwelchen großen Geschichten, gerade zur Einführung der neuen Personen hätte es vielleicht ein normaler Mord ohne große internationalen Verwicklungen auch getan, der dann mehr Zeit gelassen hätte die Figuren vorzustellen.
 
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Paul

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Wobei ich mich gefragt habe warum in einem verlassenem Freizeitpark der Strom noch angestellt und noch nicht alle Wertgegenstände geplündert waren..

Weil die Gulliver Welt erst letzten Oktober zu gemacht hat :D
Echte Location und keine Szene. Das ist das schöne an den saarländischen Tatorten: Meine Freundin und ich raten immer, wo das wieder gedreht wurde :D Ansonsten stimme ich dem Tenor hier zu; das war storytechnisch mal so gar nix, allerdings hat sich, da stimme ich Hank zu, das Szenenbild deutlich gebessert seit dem letzten Tatort im Saarland. Irgendwie war das Bild immer so braun/blau getönt, das war mir immer zu trist und trostlosl.

Außerdem war das mit Stefan und Hilde (Becker) im Tatort ja nicht mehr auszuhalten.
 

David

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Aber den Strom haben sie bestimmt für die Dreharbeiten reaktivieren müssen, oder die Stadtwerke in Saarbrücken nehmens nicht so genau mit dem Abstellen nach der Kündigung wie unsere. ;)

Was mich bei allen Tatorten wundert ist warum man so wenig von den Sehenswürdigkeiten der Städte sieht. Egal wo er spielt, immer dieselben grauen Wohnviertel und Gewerbegebiete.
Hängt vielleicht mit den Drehbedingungen zusammen, solche Orte kann man leichter mal absperren, aber ein wenig mehr könnte man die Besonderheiten der Stadt schon einbringen. Sonst braucht auch nicht jede Region ihren eigenen Tatort.
 

Paul

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Naja, so rein vom Wetter und den Klamotten her würde ich ja mal sagen, die waren vor Oktober fertig mit dem Dreh :D
 

David

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Die Macher vom neuen Hamburger Tatort haben definitiv zuviel James Bond und Alarm für Cobra 11 gesehen. In den letzten Minuten wurden wahrscheinlich mehr Platzpatronen verfeuert als in allen Tatort-Folgen aus anderen Städten zusammen. :D

Und dass der Polizist alleine in die Räuberhöhle gestürmt ist ohne Verstärkung zu rufen, ist auch sehr lebensnah..
 

Mirya

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*hochzerr*
Am Sonntag ist er da, von Millionen (ach was, Milliarden!) herbeigesehnt:
Der erste Frankentatort!
Das ist natürlich Pflichtprogramm für mich, Trailer habe ich schon gesehen.
Die heimischen Straßen/Gebäude in Filmen zu sehen, ist, aus welchen Gründen auch immer, interessant. Oder zumindest ein Grund, mal reinzuschauen. Wir sind ja nicht gerade Filmmetropole.
Ich kanns ja selbst nicht wirklich verheimlichen, dass ich aus Franken komme, aber wenn ich es im Fernsehen höre, schäme ich mich immer ein bisschen dafür.;)
Ein bisschen schwach finde ich es ja schon, dass die Hauptkommisare so gar nicht fränkisch sind, aber passende Schauspieler wären mir auch nicht eingefallen.
Also, einschalten! :)
 

Vernochan

Schabrackentapir
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Wenn ich mal einen aus Köln sehe, ärgere ich mich immer darüber, dass es Dinge gibt, die es nicht gibt (z.B. die Currywurstbude am Rhein.. :D).
 

Mirya

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Ja, dass da sowieso viel nicht stimmt, ist schon klar. Es sind auch Kommisare, die dann wohl in ganz Franken ermitteln, das ist schonmal Quatsch, sowas gibts nicht.
Und dann springen sie natürlich von Stadt zu Stadt, je nach Drehort, was dem Kenner auffällt und überhaupt nicht passt, anderen aber nicht.
Und überhaupt, ich glaub so zugereiste Kommissare sind bei der bayerischen Polizei gar nicht erlaubt. :D
 

Christa

Universaldilettantin
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Ha, und schon hab ich was entdeckt, was es nicht gibt: den Savoy Filmpalast. Pffft. Wüsst ich nicht, wo der in Nürnberg sein soll. :hae:
 
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