Politik, 12. Staffel

Lich

Senior Member
Registriert
14.09.2007
Beiträge
1.560
@Darghand
Was im Umkehrschluss aber auch bedeutet, dass Russland eine beinharte Reaktion auf eine beinharte Aktion der NATO unter Federführung der USA folgen lassen hat.
 

Danol

Senior Member
Registriert
06.02.2011
Beiträge
569
Gala schrieb:
Und wenn Putin in die Ostukraine einfallen wollte, warum hat er das dann nicht längst getan ?

Hat er doch. Oder wie nennst Du das, was da gerade passiert? Glaubst Du ernsthaft da haben sich ein paar ethnische Russen in der Ostukraine zusammengerottet und selbstständig große Gebiete erobern können, gegen die zwar schlecht ausgerüstete, aber offensichtlich ja dennoch einsatzbereite ukrainische Armee? Sehr unrealistisch.

Ob die ukrainische Regierung nun legitim ist oder nicht ist m.E. zweitrangig. Die Illegitimität einer Regierung legitimiert keine gewaltsamen Grenzkorrekturen durch Nachbarländer.
 

Lich

Senior Member
Registriert
14.09.2007
Beiträge
1.560
@Astaldo
Deren "Grenzkorrektur" der Ukraine, oder denkst die paar Milliarden $, McCain, Westerwelle etc. sind aus Spaß auf dem Maidan rumgelaufen?
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
Registriert
20.11.2000
Beiträge
14.907
So wie in der Krim ? Nein, ganz offensichtlich nicht. Und der Rest ist Spekulation deinerseits.

Insbesondere deine Theorie, das überhaupt niemand in der Ostukraine Widerständler ist und dort nur russische Truppen stehen, halte ich für extremst unwahrscheinlich. Das wäre längst aufgefallen.
 

Danol

Senior Member
Registriert
06.02.2011
Beiträge
569
Das habe ich nie behauptet. Es ist aber vollkommen illusorisch anzunehmen das da keine russischen Truppen mit drinnstecken. Trotz diplomatischer Bemühungen muss man sich halt nicht für dumm verkaufen lassen. Wenn man für alle Handlungen erst auf Beweise warten muss, die auch den letzten Russlandversteher überzeugen, kann man halt auch die Hände in den Schoß legen und Europa direkt aufgeben.
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
Registriert
20.11.2000
Beiträge
14.907
Das russische Truppen bei der Ostukraine mitkämpfen, ist hier im Thread genausolange bekannt wie das auch die Amerikaner die westukrainischen Truppen verstärkt haben.

Du willst Diplomatie auf vage Vorwürfe und Vermutungen stützen ?!? :confused:
 

Turjan

Senior Member
Registriert
21.09.2000
Beiträge
7.037
Dass regulaere russische Truppen "auf Urlaub" in der Ostukraine kaempfen, ist seit langem erwiesen. Insofern, ja, so aehnlich wie in der Krim. Dort waren es ja auch nur ungekennzeichnete "Separatisten".
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
Registriert
20.11.2000
Beiträge
14.907
In der Krim standen die russischen Soldaten hochoffiziell, seit immer schon, laut Vertrag.
 

Turjan

Senior Member
Registriert
21.09.2000
Beiträge
7.037
Aber nur in ihrem Stuetzpunkt. Der Krieg in der Krim wurde von ungekennzeichneten "Separatisten" gefuehrt, weil Putin genau wusste, dass russische Truppen dort nicht agieren durften.
 

Gala

Labyrinth-Leichnam
Registriert
20.11.2000
Beiträge
14.907
Richtig, aber trotzdem haben sich diese falsch markierten "Separatisten" nicht erst ins Land geschmuggelt. Sie waren schon da.
 

Turjan

Senior Member
Registriert
21.09.2000
Beiträge
7.037
Schmuggeln muss man in der Ukraine auch nichts. Die Grenze zu Russland im Osten ist groesstenteils nicht unter ukrainischer Kontrolle und praktisch offen.
 

Danol

Senior Member
Registriert
06.02.2011
Beiträge
569
Gala schrieb:
Du willst Diplomatie auf vage Vorwürfe und Vermutungen stützen ?!?

Nein, ich will sie auf offensichtliche Tatsachen stützen; die Realitätsverweigerung der Russlandversteher ist mir dabei eigentlich ziemlich egal.

Das die russischen Soldaten auf der Krim schon vorher da waren ist auch falsch. Die Besatzung der russischen Stützpunkte bestand größtenteils aus Marineangehörigen, nicht aus Infanteristen. Die Massen an Kriegsmaterial, die man auf diversen Photos und Videos bewundern konnte, waren da auch nicht dauerhaft eingelagert (außer natürlich Russland hat schon vorher gegen den Pachtvertrag verstoßen). Insofern muss Russland auch schon für die Krimannektion wesentliche neue Truppenverbände in die Ukraine verlegt haben.
 

David

Moderner Nomade
Registriert
05.10.2000
Beiträge
18.447
@Danol:
(zu deinem Beitrag #27 vom MO Mittag)

Man muss doch gar nicht 100% schuldenfrei (Kontostand +/- 0) werden, das halte ich auch für unmöglich. Aber mit jedem Prozent von den laufenden Einnahmen das man weniger für Zinsen zahlen muss gewinnt man schon neuen Spielraum. Solange man (im mehrjährigen Mittel) keine neuen Schulden macht erledigen Inflation und Wachstum das sogar weitgehend von alleine. Und nachdem wir im Moment auch nicht gerade in der dritten Welt leben brauchen wir doch gar keine so gewaltigen Summen einzusparen bzw. mehr einzunehmen um im Mittel keine neuen Schulden mehr zu benötigen und gleichzeitig einen vernünftigen Lebensstandard zu sichern. Zumindest in Deutschland ist der Schuldenberg noch nicht so groß dass man diesen Weg nicht versuchen könnte.

Und du glaubst doch nicht wirklich, dass man ein paar Billionen Schulden verfallen lassen kann, ohne dass das Folgen hat ?
Zumal man jahrzehntelang alles getan hat um Staatsanleihen als besonders geeignet für risikoscheue Anleger darzustellen. Jetzt genau die zu enteignen die gerade nicht mit Wetten auf den Preis von antarktischen Eiswürfeln zocken wollten, wäre ein verheerendes Signal. Die ersten Pleiten hast du schon direkt mit dem Forderungsausfall, weitere Pleiten folgen dann weil von diesen Unternehmen und deren Angestellten weitere Unternehmen abhängig sind. Selbst wenn man das Chaos in ein paar Monaten wieder im Griff hätte, bei vielen Firmen ist das schon zuviel. Dazu die psychologischen Folgen wenn jeder fürchtet sein Geschäftspartner könnte der Nächste sein den es erwischt. Das Drittel der Firmen war natürlich nur als Beispiel gedacht, können auch mehr oder weniger sein, das weiß man dann hinterher wenn es u.U. zu spät ist.

Und wenn der Staat Geld ‚drucken‘ können soll um das Kreditgeschäft über verstaatlichte Banken am Laufen zu halten und den Staat zu finanzieren wenn die aktuellen Steuereinnahmen nicht Cent-genau für die aktuellen Ausgaben reichen (denn Kredite gäbe es nach so einer Aktion keine mehr), kann man auch einfach nach und nach das Geld drucken das nötig ist um die alten Schulden auszuzahlen.
Das hätte erstmal weniger Verwerfungen zur Folge und wenn man damit anfängt führt das über kurz oder lang eh dazu dass die Währung wegen zu hoher Inflation als langfristige Anlage nicht mehr zu gebrauchen ist und nur noch als Tauschmittel für laufende Ausgaben verwendet wird.

Aber so radikale Lösungen kann man immmer noch machen wenn man eh nichts mehr zu verlieren hat, was in etwa das Gefühl sein dürfte, das in Griechenland vorherrscht. Dass dort ein "weiter so mit Drachme" der bessere Weg wäre (als alle paar Monate in nächtlichen Sitzungen mit zunehmenden diplomatischen und persönlichen Spannungen das Land mit weiteren Mrd. aus Steuergeld zu "retten") mag stimmen. In Deutschland haben wir aber noch die Chance das Problem mit weniger Nebenwirkungen anzugehen.
(Wie gesagt befürchte ich dass Deutschland sich von einem schweren Rückschlag evtl. nie wieder erholen würde, deshalb sollten wir alles tun um sowas zu verhindern, damit wir möglichst lange von der Substanz leben können die wir uns in den letzten Jahrzehnten aufgebaut haben)
 
Zuletzt bearbeitet:

Chinasky

Dirty old man
Registriert
01.10.1999
Beiträge
10.809
Russlandversteher - hab ich mir darunter etwas ähnliches vorzustellen wie unter Frauenverstehern? Und wenn der Terminus in pejorativer Form Verwendung findet - ist es besser, ein Rußlandnichtversteher zu sein? Ist mangelnde Verstehensfähigkeit inzwischen eine Tugend?
 

Danol

Senior Member
Registriert
06.02.2011
Beiträge
569
@ Chinasky: Russlandversteher sind Menschen die willens sind, sehr viel Verständnis für das russische Handeln aufzubringen. Wenn russisches Handeln unsere Sicherheit gefährdet (wie derzeit) ist es in der Tat besser, weniger Verständnis aufzubringen. Verständnis ist hier im Sinne von Empathie gemeint, nicht im Sinne des intellektuellen Begreifens.

@David: Doch, ich glaube das man ein paar Billionen an Schulden wegfallen lassen kann, ohne dass das ernsthafte Folgen hätte. Ein Großteil davon wird von Unternehmen gehalten die, sinnvolle Sozialpolitik vorausgesetzt, vollkommen überflüssig sind (private Rentenversicherungen), ein weiterer großer Teil wird von diversen Banken gehalten, die wichtigen kann man, wie oben schon gesagt, per Zentralbank durch die Krise bringen, ein weiterer großer Batzen liegt bei diversen Fonds, Investmentgesellschaften o.ä., die keinerlei realwirtschaftlichen Nutzen bringen - deren Pleite ist also auch kein Problem.

Mit sowas zu warten bis man keine anderen Optionen mehr hat ist keine gute Idee. Derzeit sind wir das einfach, was den internationalen Druck angeht, der so etwas begleiten würde, in einer sehr guten Position. Wir können uns momentan, vor allem gegenüber den Partnerländern in der EU, Dinge herausnehmen, die sie normalerweise auf die Palme treiben würden, einfach weil die EU ökonomisch auf D angewiesen ist. Abgesehen von der noch vorhandenen ökonomischen Handlungsfreiheit haben wir derzeit also auch politisch mehr Spielraum für extreme Maßnahmen. Wenn wir nichts mehr zu verlieren haben, wird man uns ähnlich stark bevormunden wie man es auch bei Gr versucht, dann sind alle Systemkorrekturen praktisch unmöglich geworden.
 

Turjan

Senior Member
Registriert
21.09.2000
Beiträge
7.037
@Hank: Der Begriff "Russlandversteher" wurde hier im Thread, und damals auch in der Presse, schon ausgiebig waehrend der Krimkrise verwendet. Es geht dabei um Leute, die fuer jegliche Handlung Russlands ihr Verstaendnis bekunden und die Schuld immer bei der Ukraine suchen. Wenn z.B. russische Einheiten einen ukrainischen Ort in Schutt und Asche legen wuerden, waeren fuer einen "Russlandversteher" natuerlich die Ukrainer Schuld; sie haetten ihren Ort ja auch 2 km weiter aufbauen koennen und nicht gerade dort, wo die Russen ihre Geschuetze ausprobieren. Ist doch auch vollkommen logisch, oder?

Ansonsten sehe ich den Begriff selbst auch etwas zweischneidig, was wohl auch der Grund ist, warum er aus der Mode gekommen ist. Verstaendnis ist natuerlich erst mal gut, so lange es nicht in reflexartiger Entschuldigung endet.

@Danol: Was Du da beschreibst, ist der Zusammenbruch der westlichen Oekonomie insgesamt. Das wuerde uebrigens Deutschland am haertesten von allen EU-Laendern treffen.
 
Zuletzt bearbeitet:

Danol

Senior Member
Registriert
06.02.2011
Beiträge
569
@ Turjan: Selbst wenn das der Zusammenbruch der westlichen Ökonomie sein sollte, was würde das ändern? Die Verschuldung ist so hoch und steigt, von Ausnahmejahren abgesehen, so schnell an dass es irgendwann ganz einfach nicht mehr möglich sein wird die Verbindlichkeiten zu bedienen. Natürlich kann man versuchen das hinauszuzögern oder, wie David schreibt "deshalb sollten wir alles tun um sowas zu verhindern, damit wir möglichst lange von der Substanz leben können" und das kann alles noch Jahrzehnte gut gehen. Irgendwann ist die Substanz aber weg. (Weginflationieren ist auch nur dann eine Option wenn die Inflation höher ist als die Zinsen auf die Staatsanleihen. Aktuell kann D Anleihen zu so guten Bedingungen ausgeben, aber auch das ist eher ein Ausnahmefall.) Was soll also getan werden, um das zu verhindern? Inflationsraten wie bei Drachme und Lira anzustreben kann auch nicht die Lösung sein, denn Inflation trifft tendentiell die ärmeren Bevölkerungsschichten am härtesten. Der langsame Rückzahlungsansatz ist auch nicht Zielführend, außer man will das für Zeiträume wesentlich länger als ein Menschenleben durchziehen. Wie schaut also der realistische Alternativplan zur Enteignung der Schulden aus, die irgendwann, und sei es durch simple Unfähigkeit zur weiteren Schuldbedienung, ohnehin kommen wird?
 
Zuletzt bearbeitet:

David

Moderner Nomade
Registriert
05.10.2000
Beiträge
18.447
Wenn du heute absichtlich einen Crash herbeiführst kann die Substanz(*) aber auch morgen schon weg sein anstatt erst in einigen Jahrzehnten. Bei großen Umbrüchen haben die Stärksten auch am meisten zu verlieren.
Und wer weiß schon was bis in ein paar Jahrzehnten ist, vielleicht schaffen wir es doch noch einen neuen Schwung zu bekommen (evtl. durch junge Zuwanderer) oder die Technik entwickelt sich so schnell dass wenigstens ein mittlerer Lebensstandard für alle möglich ist oder wir sind in einer globalen Union die dann uns aushelfen kann..

Und wer sagt denn dass das mit der Neuverschuldung nachher besser ist als heute ?
Wenn die Wirtschaft zusammenbricht könnten die Staatseinnahmen trotz der weggefallenen Schulden nicht reichen. Zumal wir uns ja wahrscheinlich alle einig sind, dass eine Grundsicherung (Miete, Krankenversicherung + Betrag X) nicht abgeschafft werden soll.
Das ist doch auch in Griechenland das Problem: Trotz Schuldenschnitt und an sich guter Kreditbedingungen ist das Land pleite weil die Wirtschaft nicht läuft.

Die Handlungsoptionen die wir heute aus einer Position der wirtschaftlichen Stärke heraus noch haben sollten wir lieber nutzen um zu verhindern dass der ganz große Umbruch kommen muss.
Und was sollen die anderen Staaten denn machen wenn wir in 50 Jahren als wirtschaftlicher Zwerg dastehen und dann einfach unsere Schulden nicht mehr zahlen wollen ?
Siehe Griechenland heute, schlimmstenfalls können sie uns aus der EU rauswerfen, falls es die dann noch gibt, ansonsten sind sie machtlos. Oder sollen sie das Militär einsetzen ? Dann hätten wir auch heute schon ein Problem.

PS.:
(*)Substanz meint für mich nicht in erster Linie die physischen Bauwerke und Maschinen, sondern das Gesamtsystem in dem die Finanzen nunmal ein wesentlicher Bestandteil sind. Wenn die Mitarbeiter daheim bleiben weil kein Gehalt mehr kommt oder man dafür nichts mehr kaufen kann helfen auch intakte Gebäude und Maschinen sowie gute Geschäftsideen nichts mehr.

Anders als du glaube ich nicht, dass das Gesamtsystem mit kleinen Blessuren davon kommt, wenn man den finanziellen Teil quasi über Nacht komplett über den Haufen wirft. Lehmann hat glaube ich auch nicht gerade einen direkten Nutzen geschaffen, aber trotzdem hatte die Pleite eine globale Krise zur Folge. U.a. weil andere Unternehmen und Privatleute, die Nutzen/Nachfrage schaffen, mit Lehmann Geschäftsbeziehungen hatten.

Was <i>"Inflationsraten wie bei Drachme und Lira anzustreben kann auch nicht die Lösung sein, denn Inflation trifft tendentiell die ärmeren Bevölkerungsschichten am härtesten."</i> angeht stimme ich dir natürlich zu, aber warum gehts du davon aus, dass es keine hohe Inflation geben würde, wenn Zentralbank + staatliche Banken für alle Probleme einspringen sollen ?
Wie gesagt, wenn der Staat schon Zugriff auf die Zentralbank bekommen soll, kann man auch einfach direkt die Gläubiger mit frisch gedrucktem Spielgeld auszahlen und dann in Zukunft statt neue Kredite aufzunehmen einfach Geld drucken. Zahlt aber am Ende auch die Mittelschicht, genau wie heute den Großteil der Steuern.
 
Zuletzt bearbeitet:

Darghand

Einer von vielen
Registriert
30.07.2001
Beiträge
6.016
Ein kurzer Blick in die Geschichte zeigt, dass Staatspleiten alles andere als selten waren. Überall war die öffentliche Hand zwischendurch immer wieder bankrott und die Gläubiger verloren ihr sicher geglaubtes Vermögen. Das war bis in die Neuzeit hinein kein großes Problem, weil es nur einen kleinen Teil der Gesellschaft und nur den marktförmig organisierten Teil der Ökonomie betraf. Zum potentiell gesamtgesellschaftlich bedrohlichen Problem wird das erst mit Totalität der Warenform - wenn alles, bis hin zur nackten Existenzsicherung, der Logik von Markt und Kapital unterworfen ist, wirken Verwerfungen in Markt und Kapital eben zurück bis auf die nackte Existenzsicherung. Ein Teil der Lösung wäre also die rechtzeitige Schaffung von Strukturen, die resilient - krisenfest - gegenüber derartigen Verwerfungen sind, möglichst durch Abkopplung von finanzialisiertem Markt und Kapitalmacht. Ansonsten bleibt es halt bei Horkheimers bis heute gültiger Einsicht: "Hunger ist kein Grund zur Produktion."
 
Oben