Ich erlaube mir, an dieser Stelle zwei Rezensionen beizutragen.
Dark Side of the Sword Coast (v2.05)
DSotSC ist ein Klassiker und gehört zur Mega-Modifikation seit langem standardmäßig dazu. Die Mod besteht aus fünf größeren Questen, die nur lose miteinander verbunden sind, obwohl die Inhalte und auch das Intro zu Beginn der ersten Quest etwas anderes vermuten lassen: Es geht um etwas unsagbar Böses, auf das der Spieler hingeführt werden soll, eben um die "Dunkle Seite" der Schwertküste. Man denkt natürlich sofort an Darth Vader und den Krieg der Sterne.
Wer die Readme-Datei nicht liest, kommt jedoch leicht um das Vergnügen herum: Die Quest wird zwar durch die Hauptgeschichte getriggert, dann nämlich, wenn man die Mantelwald-Ruinen geflutet hat, die Questgeberin taucht dann jedoch sang- und klanglos vor dem Freundlichen Arm auf. Da man nach dem Mantelwald aber nach Baldurs Tor aufbricht, hat man am Freundlichen Arm eigentlich nichts mehr verloren (ausser man spielt die hervorragende Grey Clan Mod). Nun gut, drei neue Waldgebiete später hat man die ersten beiden Quests gelöst, nach vielen Neuladeversuchen. Denn die ersten beiden Quests sind arg verbuggt. Die beiden Hauptgegner verschwinden nämlich mitten im Kampf und die Quests gehen nicht weiter. Dies heisst vor allem, das ALLE Quests nicht weiter gehen, wenn dies passiert.
Der Rest verläuft erstaunlich flüssig, mit einer Ausnahme: Nachdem man einen Drachen erlegt hat, geht es nach Nashkell zurück. Die nächste Questgeberin, ein kleines Mädchen, taucht aber nicht am Karten-Eintrittspunkt auf. Wer hier nicht durch Zufall die richtige Position passiert, ist mit der Dunklen Seite auch schon wieder am Ende. Der letzte große Block erlaubt sich die Freiheit, den Spieler durch 18 Dungeons und Höhlen (in Worten: achtzehn!) zu peitschen. Dies ist arg lang, aber trotzdem recht unterhaltsam (Wiederspielwert: Null).
Zur Story: Die Geschichte, die die Quests erzählen, ist das Hauptproblem der Mod. Alle Leute stürzen auf die Gruppe (und dem Spieler am Bildschirm) ein, das Böse entfessele sich an der Schwertküste. Man muss gar eine neue Heldenwaffe schmieden und diese segnen (!) lassen. Und selbst Elminster kommt auf einen Kaffee vorbei, um die Gruppe vor dem Unsagbaren zu warnen. Im Prinzip haben die Questgeber schon stellvertretend das Testament für den Hauptcharakter gemacht. Und was kommt dann am Ende: Vampire haben ein Kind entführt - zugegeben, den Spross des Bürgermeisters von Nashkell, wird dadurch aber die Politik an der Schwertküste ins Chaos gestürzt? Dann gibt es noch die Zwerge und die Drow, die eine unterirdische Geheimbasis haben, jedoch nur auf Profit aus sind. Das Böse an sich sieht für mich anders aus. Hier wird eine Pathosblase aufgeblasen, aus der am Ende die Luft mit einem höchst anstössigen Geräusch schlagartig entweicht.
Die guten Punkte: Die NPCs sind recht gut ausgearbeitet und bieten auch taktisch teilweise Alternativen zu den Bioware NPCs - Jet'Laya kann Viconia ersetzen, auch einige andere kann man streckenweise einmal mitnehmen. Die Mod fügt zudem haufenweise Gegenstände ein, an denen es an der Schwertküste fehlt: Kriegshämmer, Streitkolben, Hellebarden, Armbrüste und hilfreicher Tand. Hier und da auch mal ein paar gute neue Schwerter. Dies ist ein Problem des ersten Baldur's Gate - die Auswahl der Gegenstände ist zu stark begrenzt. Im zweiten Teil ist dies besser gelöst, wenn auch nicht mustergültig. Die neueste Version von DSotSC wartet zudem mit deutlich vebesserten Portraits und einigen nützlichen neuen Tweaks (z.B. die Soundsets betreffend) auf. Noch eines: Baldur's Gate ist ein Dungeon and Dragons-Spiel. Endlich haben wir neben den vielen Verliesen auch einen Drachen in BG1 zu bekämpfen! Hierfür herzlichen Dank an den Modautor.
Die dunkle Seite: Misslungen ist hingegen die Balance der Mod. Der schwerste Kampf der ersten vier der fünf Quests findet auf der zweiten Karte an einer nebensächlichen Stelle statt - ein halbes Dutzend Skelettlords ist direkt nach der Mantelwald-Mine nicht zu schaffen. Hier muss man sich einfach zurückziehen. Der Lich hingegen fällt moderat,die Banshee und vor allem der Drache etwas zu leicht aus (abgesehen von den Bugs). Die Kämpfe in den endlosen Dungeons am Ende sind teils zu knackig - andererseits wird die Gruppe aber mit Gegenständen überhäuft, die diese Kämpfe schaffbar machen, dafür jedoch den Rest des Spiels ausser Balance bringen. Die Gegenstände selbst fallen im grossen und ganzen erfreulich aus - sie sind hilfreich, aber nicht masslos "overpowered". Ausnahme: Die Druidengegenstände für Jaheira sind über alle Massen zu viel des Guten. Toll hingegen: Die Paladinausrüstung. Im Gegensatz zu BG2 ist der Paladin in BG1 zu schwach. Das Problem gehört mit DSotSC der Vergangenheit an.
Daneben gibt es noch kleinere Probleme, die die Atmosphäre der "Dunklen Seite" trüben. Jet'Layas Dialoge sind mässig gut geschrieben. Nach der dritten Quest hat sie überhaupt nichts mehr zu sagen - ein Unding! Sie spricht noch nicht einmal einen Satz mit ihrem Onkel Lennan in Beregost. Zehn Dungeons weniger und zehn Dialoge mehr hätten hier ein Wunder gewirkt - das ist keine Untertreibung. Gleiches gilt für die Vampirquest - der ganze Plot wird verschenkt, weil nichts geredet wird ausser üblichen Schurkenklischees. Dies hätte eine der besten Quests des Spiels sein können. Dann das Recycling von Karten - ich habe kein Problem damit, bekannte Karten innerhalb des Megamods vier- oder auch fünfmal oder noch häufiger zu spielen (Oblivion macht das auch im Hauptprogramm nicht besser). Dass aber DSotSC den kompletten Turm Durlags (Obergeschosse) mit den Katakomben aus Candlekeep (Keller) verbindet, ist abstrus. Auf dem Dach des Turms finden wir ... schon wieder Basilisken - anscheinend die Kellerasseln der Turmdächer. Die Fallen? Alle an der gleichen Stelle wie in Durlags Datscha und Kerzenburgs Weinkeller. Au weh, so geht das nicht.
Sound: Ein letzter wichtiger Punkt. Die deutschen Stimmen sind grottig, die englischen Sounddateien von einer technischen Qualität, die einem gruseln lässt. Ist dies vielleicht die "dunkle Seite", das "unsagbare Böse"? Nicht-Profis können keine Profis ersetzen, das ist klar. Aber warum unterlegt man das Intro nicht mit einer spannenden oder emotionalen Musik? Warum muss Jet'Laya so viele Standardsprüche abnudeln? Sie sagt bei jedem, wirklich jedem Treffer, den sie einsteckt - "Warum geht ihr nicht mit dem Strassenköter spielen?" Oh nein.
Fazit: Diese Mod hat ambitionierte Ansätze, deren Anspruch sie letztlich nicht einlösen kann. Weniger von allem mit etwas mehr Liebe zu Detail - wie bei den meisten Gegenständen - würden die Quests auf ein nachgerade professionelles Niveau heben. Insgesamt machen die Kämpfe und auch die Questen Spass, zudem werden einige wirklich nette Begegnungen eingebaut sowie einige NPCs, die zwar den Standardcharakteren nicht das Wasser reichen können, aber Abwechslung bieten, wnen man BG1 schon häufig gespielt hat. Mit den Bugs sowie der im Ansatz verreckenden Story reicht es jedoch nur für
6/10 (meinetwegen 7/10, wenn die Bugs raus sind).
Northern Tales of the Sword Coast (v1.60 + Patch 1.62)
NTotSC ist ein Add-In zu DSotSC und setzt dieses notwendig voraus. Es macht einiges besser als DSotSC, erbt einige Schwächen und macht vieles aschlichtweg falsch. Die Mod besteht aus einer Sammlung von etwa 20 kleineren Questen, dazu kommt eine Handvoll zusätzlicher Begegnungen. Zusätzliche Gegenstände halten sich hier im Rahmen und sie sind insgesamt noch etwas besser ausbalanciert als in DSotSC (gute Gegenstände für Barden!).
Im Gegensatz zu DSotSC kann man den Einstiegspunkt der Questen nicht verfehlen: Man wird in Baldurs Gate automatisch angesprochen, vor dem Zauberladen stehen einige neue windige NPCs, im Norden von Baldurs Gate wird man von einem Farmer über die neuen Gebiete aufgeklärt, ebenso gibt es eine Questgeberin in Ulgoth's Beard, die man nicht übersehen kann. Dies ist ganz ausgezeichnet gelöst. Die Story geht in Bezug auf DSotSC noch weitaus gründlicher unter. Worum geht es hier eigentlich? Die meisten werden sagen - um nichts ausser eine Reihe von kleineren Aufgaben.
Rückgrat der Mod ist jedoch - gerade im Verbund mit DSotSC -, dass die Schwertküste von einer neuen Orkplage heimgesucht wird, und die Gruppe ist angehalten, ihrer Einhalt zu gebieten. Dazu kommen die Feuersalamander aus dem Westen sowie der neue Kult der Schwarzen Hand im Norden. Monster und Bösewichte, so weit man blicken kann. Alles hängt mit allem zusammen, nur der Spieler kann es nicht durchschauen. Die Journalführung ist eine Katastrophe, wo und wann man zum nächsten Punkt weiterkann und weiterkommt bleibt dem Zufall (d.h. dem Walkthrough) überlassen. Ohne Anleitung kommt man nicht weiter, in früheren Versionen der Mod kamen erschwerend die vielen Bugs hinzu.
Dies ist der eigentliche Grund meiner Rezension - die Mod hat heftige Schelte in unseren Foren einstecken müssen. Doch so schlecht ist sie nicht. Folgende Bugs waren bei mir nicht gelöst: Questeinträge blieben im Journal stehen (vernachlässigbar), ein Gebiet wurde nicht freigeschaltet (Northern Forest - der Besuch des Gebiets ist aber nicht unbedingt erforderlich), die Zitadellenquest liess sich nicht wie vorgesehen lösen (aber ich kam mit dem Rest weiter). Ansonsten lief alles wie vorgesehen - wenn man sich an den korrekten Pfad der Aufgabenerledigung hält. Die Quests bauen mehr oder weniger linear aufeinander auf. Dies ist katastrophal, da man im Prinzip jedes Gebiet mehrfach besuchen muss, um zu sehen, ob man mittlerweile entsprechende Variablen erfüllt hat. Im Gegensatz zu DSotSC gibt es jedoch keine Plotstopper, keine spieltechnischen Bugs (bei mir veränderte sich während DSotSC z.B. Viconias Soundset) und das Programm stürzt auch nicht regelmäßig ab wie im Falle von DSotSC.
Zur Hochform läuft die Mod in Bezug auf die liebevoll gestalteten Karten auf - hier sind echte Knüller, vor allem in den kleinen Arealen, zu verzeichnen (Feuerwein-Verlies, Ghotals Gruft, Dämonen-Höhle auch die Salamander-Insel). Auf Sprachausgabe wurde segensreicherweise verzichtet, auf ein pathetisches Intro ebenfalls. Die Gespräche mit den NPCs sind erstaunlich gut ausgearbeitet - kein Vergleich zum schwülstigen Geschwurbel der "Dark Side".
Der Tiefschlag ist die Auflösung der Mod. Wenn man sich durch alles durchgearbeitet hat, verstanden hat, warum man wo und wie welche Schlüssel für jeweilige Zugänge aufzutreiben hat, steht man vor dem Orkgeneral, der - wieder im Gegensatz zu DSotSC - die Schwertküste tatsächlich ins Chaos stürzen will. Ob man sein Schwert aber nun dabei hat oder nicht (dessen Beschaffung die meisten Questen der Mod motiviert): Es spielt für den Fortgang keine Rolle, mit Ausnahme eines zusätzlichen Journaleintrags. Zudem weist der Dialog mit dem General wohl noch Bugs auf und er muss zweimal besiegt werden. Einen Abschluss (Journal, Video, Banter - iregend etwas) gibt es nicht. War die Balance bis dato okay, am Ende wird masslos übertrieben. Das aber ist eine Krankheit der meisten Mods (meiner eigenen für Kotor II eingeschlossen).
Im Vergleich zu DSotSC ist NTotSC weniger ambitioniert und technisch weniger anspruchsvoll. Andererseits übertreibt die Mod auch nicht derart masslos. Jetzt ohne Vergleich zu DS: NTotSC ist eine Sammlung kleinerer Questen, von denen man nicht weiss, wo man was zu tun hat und wie man sie weiterführen soll. Genau wie bei Baldur's Gate 1. Abgesehen von der Hauptquest lässt einen das Spiel mit den Nebenquests nämlich auch im Regen stehen. Spricht man einen Charakter zu früh, zu spät oder falsch an - die Quest ist futsch. Im Vergleich zum Originalspiel ist NTotSC in guter wie in schlechter Hinsicht eine würdige Erweiterung. Wenn man nicht jeden Fitzel gesehen haben muss und nur das macht, was einem Spass macht bzw. so weit wie man eben kommt, dann ist diese Mod wirklich gelungen.
6/10 (ohne die noch verbliebenen Bugs 6.5/10)
PS: Ascalon, danke für die tollen Rezensionen!