"Humane" Strafmaßnahmen in anderen Ländern

Chinasky

Dirty old man
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@Daiween: Ich kenne allerhand Leute aus allen möglichen Teilen der Welt. Aber die sind alle irgendwie so ähnlich wie ich, wenn es um Fragen der Religion geht. Wie ein kluger Mensch mal sagte: In gleichen Kreisen denkt man auch immer nur das Gleiche...

Daß es auch in Südamerika sehr fortschrittliche Christen gibt (gab es da nicht sogar eine sehr sozial engagierte katholische Fraktion, die sich immer wieder mit Rom anlegte), will ich überhaupt nicht bestreiten. Ich habe immer noch den Thread-Anlaß im Hinterkopf, also auch ein wenig die Frage, inwieweit sich religiöse Weltsichten dahingehend auswirken können, daß Menschen für uns Wessis unvorstellbare Taten begehen. Und das nicht eingegrenzt auf Christen, sondern eben auf Gottesgläubige. Man sehe sich nur die Geschichte Indiens und Pakistans in den letzten 50 Jahren an! Dort, wo der Glaube am stärksten ist, sind die Hemmungen, in seinem Namen zu morden, zu plündern, zu foltern und zu vergewaltigen, am geringsten.
Manchmal reicht ja sogar schon der Glaube an einen Menschengott wie Stalin... :rolleyes:
 

Aslan

Fauler Löwe
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@Hank:
Stimmt, du musst eine Tat nicht böse nennen, um sie abzulehnen. Du kannst solche Taten ablehnen, weil sie deinen Lebensstandart gefährden. Ich wollte das auch nicht als Argument gegen den Atheismus vorbringen, weil es keines ist. Ich wollte nur darauf hinweisen, dass der Atheismus so gesehen menschenverachtend ist (das, was der Bibel vorgeworfen wurde). Denn, auch wenn du Hitlers Taten ablehnen kannst, da sie eben deinen Lebensstandart gefährden, ist es aus dieser Sicht unsinnig zu sagen, Hitler hätte kein Recht darauf gehabt, so zu handeln, da wie gesagt, Recht und Unrecht letztlich tatsächlich "religiöse" Dinge sind. Somit hat aus atheistischer Sicht Hitler genauso sehr das Recht gehabt, so zu handeln, wie er gehandelt hat, wie ich das Recht habe, italienisches Essen dem chinesischen vorzuziehen.

Das Problem ist letztlich - auch wenn du Hitlers Taten ablehnst - eben folgendes:
Um etwas selektiv nachteilhaftes, wie eben das Verhalten Hitlers, abzulehnen, muss man konsequenterweise zugestehen, "dass Leben besser ist als Tod und dass wir uns um das Leben der Nachkommen ebenso oder noch mehr kümmern sollten als um unser eigenes." Beides wären aber moralische Urteile, die ja Illusionen sind.
Wir sind von der Natur auf eine bestimmte Weise ausgestattet, weshalb es natürlich ist, dass wir so über Leben und Nachkommen empfinden.
Wenn man uns nun aber von diesem "Irrtum" heilt, diese Gefühle als Einsichten in das zu halten, was man "echte Werte" nennen könnte, wird's gefährlich. Denn jetzt, da ich weiss, dass mein Impuls, der Nachwelt zu dienen von der gleichen Art ist, wie meine Vorliebe für italienisches Essen - jetzt, da der Anspruch auf Transzendenz dieses Impulses entlarvt ist - soll ich ihm da noch viel Beachtung schenken? Wenn der Impuls gerade mal stark ist, werde ich ihm vermutlich gehorchen, nur ist er leider beträchtlich schwächer geworden, seitdem man mir seine wahre Natur erklärt hat. Wenn er schwach ist, werde ich mein Geld in italienisches Essen investieren. Denn es gibt ja keinen Grund, den einen Impuls mehr zu fördern als den anderen.
Ist vielleicht etwas polemisch, aber genau das ist letztlich die Problematik: "Wenn wir weiterhin moralische Urteile fällen sollen (und wir werden sie weiterhin fällen, was immer wir auch sagen), dann müssen wir daran glauben, dass das Gewissen des Menschen nicht ein Produkt der Natur ist."

So, das war's zum Thema Moral... ich hoffe, ich hab mich nicht im Tonfall vergriffen, will ja hier in allem Frieden Dialektikübungen betreiben :rolleyes:;):D


Und noch zum Lebenssinn:
Du schreibst:
"Nein, leider nicht ganz richtig. Denn so, wie Du da formulierst, hört es sich an, als sei meine Position: Ja, vielleicht ist da was, wir haben nur noch keine Instrumente, es zu erkennen, so, wie früheren Generationen auch keine Instrumente zur Verfügung standen, Neutrinos nachzuweisen."
So hab ich das nicht gemeint... schon eher in die Richtung, dass es erkenntnistheoretisch - wenn man das so nennen kann - ein Ding der Unmöglichkeit ist, den Lebenssinn rauszufinden, wenn es ihn denn gibt.

Letztlich scheitern wir, denk ich mal, an unseren verschiedenen Arten, an die Sache zu gehen was mir an diesem Satz klar wird:
"Genaugenommen dürfte ich gar nicht über den Lebenssinn räsonieren, weil ich, indem ich darüber spreche, ja schon so tue, als gäbe es tatsächlich ein konkretes Phänomen "Lebenssinn". "
Du schliesst von vornherein aus, dass es einen solchen überhaupt geben kann. Aber zumindest theoretisch KANN es eben tatsächlich einen geben, der in seinen Grundzügen allen Menschen gilt. Wenn man diese theoretischen Fälle aber von vornherein ausser Acht lässt, wird eine Diskussion über den Lebenssinn tatsächlich schwierig ;)
 
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Chinasky

Dirty old man
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@Aslan: Jetzt wird’s interessant.
Wenn ich mir Deine Argumentation um das Hitlerbeispiel richtig verstehe, dann ist Deine Logik folgende: Wenn Werturteile nicht nach einem absoluten Wertesystem gefällt werden, also als relativ gesehen werden, dann wird ein soziales Zusammenleben unmöglich, denn dann könnte man sich zwischen Krieg und Frieden, Mord und Krankenpflege ebenso frei entscheiden wie zwischen chinesischem und italienischem Essen. Denn dann gäbe es kein allgemeinverbindliches Recht mehr.
Um also ein kollektiv verpflichtendes Unterscheidungskriterium zwischen richtig und falsch zu haben, brauchen wir Gott, brauchen wir die kategorische Unterscheidung zwischen gut und böse.
Nun, erstens argumentierst Du hier natürlich nach dem Grundsatz: Es kann nicht sein, was nicht sein darf. Wir wollen nicht, daß wir Hitler nach relativen Maßstäben beurteilen, daher muß es absolute Maßstäbe geben, nach welchen gemessen sein Tun verwerflich war. Das ist ein Utilitarismus, den ich als Zyniker unterstützen würde. Aber in diesem Thread markiere ich ja den Idealisten, und deswegen halte ich hier die Argumentation mal für fragwürdig.

Zweitens ist die Unterscheidung zwischen Krieg und Frieden, Folter und gerechter Untersuchung natürlich eine andere als zwischen chinesischem und italienischem Essen (sorry, aber der Vergleich stammt von Dir, hier machst Du mir’s leicht :D ). Denn es gibt neben der Unterscheidung nach absoluten auch die Unterscheidung nach quantitativen Kriterien.
Klar: Wenn ich zum Italiener essen gehe, dann schaden ich dem Chinesen, dem die Einnahmen durch mich durch die Lappen gehen, der deswegen seinem Sohn nicht den dringend benötigten Sticker für den Schulranzen finanzieren kann, der deswegen ins soziale Abseits gerät und später einmal ein führendes Haupt der Triaden wird...
Insofern lade ich also moralische Schuld auf mich durch meine unbedachte Restaurantwahl.
Grinst da jemand? Zu recht, denn mein Anteil an dieser tragischen Entwicklung ist dermaßen minimal, daß man ihn auch als irrelevant einschätzen darf. Mal ganz abgesehen davon, daß ich, wen ich beim Chinesen gegessen hätte, vielleicht die Kinder des italienischen Restaurantbesitzers der Camorra direkt in die Arme getrieben hätte. ;)

Wenn ich nun allerdings als SS-Obersturmbannführer mich mit Verve für eine flotte Umsetzung der Wannseekonferenz-Ergebnisse eingesetzt hätte – dann wäre mein Anteil an der Vernichtung der Juden etwas weniger irrelevant gewesen, oder? Es kommt immer auf die Dosis an.

Darin liegt ja gerade das Problem, aber auch die spannende Herausforderung der ethischen Entscheidungsfreiheit: Daß man abwägt, was zu tun richtig und was falsch ist. Daß man über Konsequenzen nachdenkt, und, wie ein Schachspieler, sich auch über Konsequenzen in dritter, vierter und fünfter Ebene noch Gedanken macht. Daß man die Werte, nach welchen man urteilt, immer und immer wieder überprüft und im Falle neuer Erkenntnisse dem aktuellen Stand des eigenen Bewußtseins anpaßt.

Mir kommt es da im gesellschaftlichen Kontext auf den Aspekt der Verhandlung an. Gesellschaften müssen meiner Meinung nach immer und immer wieder darüber verhandeln, was sie für richtig und falsch halten, welches Handeln rechtens ist und welches unrecht. Da sind tragische Irrtümer nicht ausgeschlossen. Das kannst Du an unserer aktuellen politischen Lage ganz gut ersehen: Ist es richtig, jetzt den Irak anzugreifen oder ist es falsch?
Darüber wird ellenlang debattiert und dieses Debattieren ist die große Stärke des aufgeklärten, säkularen Staatswesens. Bush’s durch und durch religiös gedachte Einteilung der Welt in Gut und Böse wird eben nicht hingenommen, sondern es melden sich Leute zu Wort, die jener Relativität, für die ich hier in der Debatte stehe, ihre Stimme verleihen. Die sagen: Sicherlich ist Hussein ein gefährlicher Diktator, in dessen Händen Massenvernichtungswaffen nicht gut aufgehoben sind. Aber es gibt hier auch noch andere Faktoren zu berücksichtigen, wir müssen da abwägen zwischen den (durchaus berechtigten) wirtschaftlichen Interessen der westlichen Welt, denen der Irak-Anrainerstaaten, der Sicherheit amerikanischer, israelischer, arabischer und europäischer Menschen...
Kurz und gut: Würde man sich so leicht auf ein Hussein=böse einigen können, dann bräuchte es all diese Auseinandersetzungen nicht. Aber wir erinnern uns: Auch über Hitler war man sich schon vor 1939 im Ausland weitgehend einig. Und trotzdem gab es die appeasement-Politik. Weil eben rein moralische Gründe in der Politik nicht ausreichen. Weil es auch noch andere Interessen zu berücksichtigen galt. Im Nachhinein sehen wir das heute klarer, wie man später ja überhaupt immer klüger ist. Auch in fünfzig Jahren werden wir klüger sein, was die Richtigkeit eines Krieges gegen Hussein angeht. :rolleyes:
Aber in der gegenwärtigen Situation hilft uns das Gut/Böse-Denken in dieser Sache nicht sehr viel weiter, es sei denn dabei, ohne gute Argumente die Leute emotional auf unsere Seite zu bringen. (Umgekehrt zu Bush gibt es ja auch Kriegsgegner, die Amerika als die böse Buhmann-Nation hinstellen, welche im Zweifel immer gegen die Interessen der armen Restbevölkerung des Globus handelt.)

Im Nachherein ist aber gerade die Qualifizierung Hitler=böse überhaupt nicht weiterführend. Denn damit mystifiziert man ein Phänomen, anstatt daraus für die Zukunft zu lernen. Spannender und gewinnbringender als die Frage, ein wie böser Sünder Hitler denn nun gewesen sei, und ob er noch kurz vor dem Selbstmord bereute oder nicht – eine Frage, die als relevant zu empfinden wohl wirklich nur Gläubigen einfallen kann – ist doch die, wie ein Mensch sich so entwickeln konnte, wie Hitler das tat. Können daraus eventuell Lehren gezogen werden, was beispielsweise das Erziehungswesen angeht, oder die Regeln der parlamentarischen Demokratie, der internationalen Diplomatie, des Rechtswesens? Sind für solche Fragen die Worte „gut“ und „böse“ nicht eher hinderlich?

Der von Dir beschriebene Atheismus, der sich in diesem Zusammenhand weigert, von gut und böse zu sprechen, ist da meiner Meinung nach weniger menschenverachtend als eine Religion, die behauptet: ist alles nicht so wild, man sündigt eh nicht an den Menschen, sondern nur an Gott, und wenn man dann rechtzeitig bereut, dann ist alles gut und vergeben.
(Klar: „Was ihr an dem geringsten eurer Brüder getan habt, das habt ihr an mir getan“ usw. – aber auch da geht es also nicht wirklich um die geringen Brüder, sondern um Jesus und Gott. So gesehen kann man aus christlicher Sicht überhaupt nicht in Bezug auf seine Mitmenschen moralisch handeln, sondern immer nur in Bezug auf Jesus und Gott – das ist doch wohl Menschenverachtung in letzter Konsequenz, oder?!)

Die Problematik der moralischen Freiheit, die Dir so sauer aufstößt, jenes haltlose Schweben im moralischen Raum, welches die Folge ist, wenn uns der metaphysisch-religiöse Sockel unter den Füßen weggestoßen wird – sie sind eine nicht behebbare Schwierigkeit. Wer auf festgelegte absolute Werte verzichtet, der hat es erstmal nicht angenehmer und komfortabler, der muß tüchtig flattern oder schwimmen, um sich oben zu halten. Wenn sich diese absolute Freiheit von jeglichen Werten zu einem eigenen ideologischen Absolutheitsanspruch verfestigt, geht die Kanone in der Tat nach hinten los: Dostojewskis Werke (z.B. „Schuld und Sühne“) drehen sich oft um genau diese schwierige Frage.
Besteht nicht – so der bange Tenor – die Gefahr, daß wir mit dem Aufgeben der religiösen Fundamentierung unserer Werte lediglich dem brutalen Recht des Stärkeren den Weg ebnen? Wenn es keine festen Werte mehr gibt – darf dann nicht jeder so handeln, wie es ihm gerade in den Kram paßt?

Die Antwort, die ich darauf geben möchte, ist: Ja. Jeder darf so handeln, wie es ihm gerade in den Kram paßt. Aber wenn er ein wenig clever ist, dann sollte er sich auch der Konsequenzen seines Handelns bewußt sein. Daß sich andere Leute halt nicht alles gefallen lassen. Daß es sich jemand, der permament gegen die durch langes Verhandeln festgelegten Normen einer Gesellschaft verstößt, reichlich schwer macht. Ja, es gibt diese prinzipielle moralische Freiheit. Man darf morden, rauben, vergewaltigen und brandschatzen. Aber man darf sich nicht wundern, wenn andere dagegen einschreiten werden, und das durchaus effektiv.
Oder nein: man darf sich sogar wundern. Und sich sogar noch – wie ein Herr Milosevic in Den Haag – darüber beschweren. Man bekommt sogar noch Anwälte gestellt, die diese Beschwerden formgerecht in Schriftform bringen. Es gibt sogar die Freiheit, uneinsichtig auf seiner Sicht der Welt zu beharren.

All das ist möglich. Ich sehe komischerweise einen Milosevic lieber clownesk sich als verfolgte Unschuld aufführen denn als überführter Sünder auf dem Scheiterhaufen der Inquisition brennen. Hhmmm...


Zum Lebenssinn: Da kommen wir uns nicht näher. :rolleyes:
 
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Aslan

Fauler Löwe
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"Nun, erstens argumentierst Du hier natürlich nach dem Grundsatz: Es kann nicht sein, was nicht sein darf."
Nö... ich hab gesagt, dass dies kein Argument gegen das atheistische Weltbild ist, denn diese Ansicht, dass es keinen gültigen Wertemassstab gibt, ist in sich schlüssig. Was ich aufzeigen will, ist lediglich der menschenverachtende Aspekt dieses Weltbildes.

"Wenn Werturteile nicht nach einem absoluten Wertesystem gefällt werden, also als relativ gesehen werden, dann wird ein soziales Zusammenleben unmöglich, denn dann könnte man sich zwischen Krieg und Frieden, Mord und Krankenpflege ebenso frei entscheiden wie zwischen chinesischem und italienischem Essen. Denn dann gäbe es kein allgemeinverbindliches Recht mehr."
>> Ja und nein ... wenn das Wertesystem rein subjektiv ist UND wenn man konsequent ist (und das ist niemand, den ich kenne ... letztlich greifen alle spätestens auf dieses verbindliche Wertesystem zurück, wenn *ihnen* Unrecht geschieht, meist aber vorher, man ist ja menschlich) dann gilt wirklich das Lustprinzip UND das Bewusstsein der Konsequenzen, wie z.B. Zuchthaus, wenn man nach Lust und Laune mordet.

"Wenn ich nun allerdings als SS-Obersturmbannführer mich mit Verve für eine flotte Umsetzung der Wannseekonferenz-Ergebnisse eingesetzt hätte – dann wäre mein Anteil an der Vernichtung der Juden etwas weniger irrelevant gewesen, oder? Es kommt immer auf die Dosis an."
>> Warum soll es auf die Quantität ankommen, wenn man ein Menschenleben problemlos als wertlos betrachten kann? 1000x wertlos = auch wertlos. Damit man die Quantität berücksichtigen kann, muss man sich - wie gesagt - erst mal darauf einigen, dass Leben besser ist als Tod, und "menschenfreundliche Behandlung" besser als Folter, was aber ein subjektives moralisches Urteil wäre.
Solange man sich darauf nicht einigen kann, kann es einem Unbetroffenen ja egal sein, wieviele Leute dahingemetzelt werden, solange es ihn nicht betrifft. Sobald es aber um meinen Vorteil geht, weshalb ich mich gegen einen Tyrannen stelle, geschieht das nicht mehr aus Menschlichkeit, sondern aus Egoismus.

"Bush’s durch und durch religiös gedachte Einteilung der Welt in Gut und Böse wird eben nicht hingenommen, sondern es melden sich Leute zu Wort, die jener Relativität, für die ich hier in der Debatte stehe, ihre Stimme verleihen."
Ist immer wieder erstaunlich, wie man Bush's Denken tatsächlich als repräsentativ für christliches Denken sieht :rolleyes:
Das Problem ist, dass das christliche Denken weder Menschen noch Länder in Gut und Böse unterteilt, sondern lediglich die Taten und das Denken. Christliches Denken sagt nicht, der Saddam ist ein böser, tötet ihn, sondern, was er tut ist ein Unrecht, da sollte man eingreifen. Aber *wie* man eingreift ist wieder eine andere Frage... und ob da Bush's Denken wirklich so religiös ist?

"Die sagen: Sicherlich ist Hussein ein gefährlicher Diktator, in dessen Händen Massenvernichtungswaffen nicht gut aufgehoben sind. Aber es gibt hier auch noch andere Faktoren zu berücksichtigen, wir müssen da abwägen zwischen den (durchaus berechtigten) wirtschaftlichen Interessen der westlichen Welt, denen der Irak-Anrainerstaaten, der Sicherheit amerikanischer, israelischer, arabischer und europäischer Menschen..."
Aber das gehört eben auch zum christlich moralischen Denken: Können wir das Unrecht, das Hussein tut, verhindern, ohne noch einen grösseren Schaden hervorzurufen? Die Welt ist nun mal so beschaffen, dass man nicht immer zwischen gut und schlecht unterscheiden kann, sondern zwischen schlecht und noch schlechter. Dies ist eine Problematik, die auch Christen durchaus bewusst sein sollte. Dietrich Bonhoeffer hat sich in einigen ethischen Werken damit auseinandergesetzt, dass es z.T. für einen Menschen nur möglich ist, zwischen zwei Sünden die kleinere zu wählen. So hat er es als die kleinere Sünde betrachtet, zweimal bei Attentaten auf Hitler mitzumachen, als tatenlos zuzusehen ... dafür bezahlte er mit seinem Leben.

"Spannender und gewinnbringender als die Frage, ein wie böser Sünder Hitler denn nun gewesen sei, und ob er noch kurz vor dem Selbstmord bereute oder nicht – eine Frage, die als relevant zu empfinden wohl wirklich nur Gläubigen einfallen kann – ist doch die, wie ein Mensch sich so entwickeln konnte, wie Hitler das tat."
Diese Frage hab ich ja in einem vorherigen Posting berücksichtigt :confused: Ich sagte, dass dass das Rohmaterial (psychisch und physisch) sowie das Umfeld (Erziehung, etc...) wichtig sind, um die Entwicklung eines Menschen nachzuvollziehen.

"Können daraus eventuell Lehren gezogen werden, was beispielsweise das Erziehungswesen angeht, oder die Regeln der parlamentarischen Demokratie, der internationalen Diplomatie, des Rechtswesens? Sind für solche Fragen die Worte „gut“ und „böse“ nicht eher hinderlich?"
Wieso sollen solche Lehren gezogen werden? Weil es schlecht ist, wenn sich Menschen so entwickeln, wie Hitler sich entwickelte? Warum ist es schlecht? Weil wir selbst dadurch gefährdet würden? hmmm... naja, nicht gerade eine menschenachtende Begründung... oder letzten Endes etwa doch, weil Hitlers Taten tatsächlich schlecht sind?

"„Was ihr an dem geringsten eurer Brüder getan habt, das habt ihr an mir getan“ usw. – aber auch da geht es also nicht wirklich um die geringen Brüder, sondern um Jesus und Gott. So gesehen kann man aus christlicher Sicht überhaupt nicht in Bezug auf seine Mitmenschen moralisch handeln, sondern immer nur in Bezug auf Jesus und Gott – das ist doch wohl Menschenverachtung in letzter Konsequenz, oder?!)"
Ansichtssache... dass Gott selbst sich mit den Menschen identifiziert find ich alles andere als menschenverachtend. Genauso wenig menschenverachtend find ich das Gebot der Liebe: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Es stimmt, letztlich hat ein Mensch christlich gesehen keine Rechte (atheistisch gesehen auch nicht). Allerdings wird der Mensch selbst als gottähnlich erschaffen betitelt, was für mich nichts mit menschenverachtung zu tun hat.
Aufgrund dessen, was ich in diesem Posting geschrieben habe, empfinde ich nach wie vor den Atheismus als menschenverachtend in letzter Konsequenz.

"All das ist möglich. Ich sehe komischerweise einen Milosevic lieber clownesk sich als verfolgte Unschuld aufführen denn als überführter Sünder auf dem Scheiterhaufen der Inquisition brennen. Hhmmm..."
Vorsicht Glatteis! :D Warum soll es für Milosevic gerechtfertigter sein, Menschen abzuschlachten als für die Inquisitoren? Du urteilst moralisch Hank, schon gemerkt? ;) Zudem bedeutet Milosevic für dich selber wohl die grössere Gefahr als die Inquisitoren, von daher sollten dir eigentlich deren Taten eher egal sein.
Und: die Inquisition darf IMHO nicht dauernd als Vorwurf gegen die Christen gebracht werden, da sie zwar kirchlich, aber nicht christlich ist :rolleyes:
 

Daiween

Waldkauz
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"Es kann nicht sein, was nicht sein darf", scheint mir eher eine typisch atheistische Denkweise zu sein. ;)

Das Problem ist, dass im atheistischen "Weltbild" der Mensch das oberste und intelligenteste aller Wesen ist.
Ergo kann ein Atheist keine Werte, Maßstäbe, Regeln und Prinzipien anerkennen, die nicht alleine dem menschlichen Geist entspringen.

Ein Christ denkt, schlussfolgert und argumentiert immer mit Wissen, dass ein Gott und Schöpfer existiert, während "Ungläubige" in ihrer gesamten Philosophie (und auch in ihrer Suche nach Wahrheit und Lebenssinn) die Existenz Gottes von vorne herein ausschließen.

Daher führt jede Diskussion unweigerlich immer wieder zur selben Schlucht, die beide Gruppen voneinander trennt, und die nur durch Glauben zu überqueren ist.

Man erinnere sich an Indiana Jones III! :D
Eine der Prüfungen war ein Schritt des Glaubens über eine Brücke, die nicht zu sehen war. Tut man diesen Schritt, wird man allerdings sehen, dass die Brücke da ist und jeden Menschen tragen kann. ;)
 
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