"Humane" Strafmaßnahmen in anderen Ländern

Reuda

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@ Hank:

"Dort, wo ihre Positionen gut argumentativ zu begründen sind, braucht die Religion allerdings das eigentlich Religiöse kaum: Daß man nicht töten solle, läßt sich mit Vernunftgründen überzeugender darlegen als mit dem Hinweis auf ein suspektes mehrtausendjahrealtes Buch. In der Abtreibungsdebatte ist das nicht viel anders: zur Frage der Präimplantationsdiagnostik z.B. finden sich nicht wirklich dezidierte Aussagen in der Bibel, und die Kirche als Institution mußte sich da also selbst erst mühsam eine Position erarbeiten. Die Argumente pro und contra, die sie dabei gewälzt hat, dürften sich nicht groß unterscheiden von denen, die auch nicht religiöse (ich vermeide den Ausdruck Atheisten) überdenken, wenn sie sich ernsthaft mit dem Thema auseinandersetzen."

Ich würde die Bibel nicht als das ideale Medium sehen, mit der man spezielle Themen wie Präimplantationsdiagnostik bewerten kann. Würde sie das immer können, hätte sie niemals eine jahrtausendlange Wirkung gehabt. Stattdessen geht es, meiner Meinung nach, in der Bibel um Grundsätze, die vor Jahrhunderte die gleiche Wichtigkeit und Bedeutung haben, wie heute. Nur sind heute die Fragestellungen und Probleme wesentlich komplexer und differenzierter, weshalb es die Aufgabe der Kirche ist, die Bibel mit den heutigen aufklärerischen Maßstäben und Anforderungen zu übersetzten und zu interpretieren, um ihre Position zu dem jeweiligen Thema darzustellen.
Im übrigen glaube ich sehr wohl das der christliche Wissenschaftler/Politiker wesentlich mehr Probleme hat mit der Präimplantationsdiagnostik (Embryonenforschung?) als der atheistische oder nicht gläubiger Wissenschaftler/Politiker, der sein Recht und Freiheit auf Forschung durch die Kirche eingeschränkt sieht und die Angst verspürt in wissenschaftlicher und ökonomischer Sicht gegenüber anderen Länder im Rückstand zu gelangen. Auch glaube ich, das die ungewollt schwangere, gläubige Frau aufgrund der Positon der Kirche sich wesentlich mehr Gedanken macht, ob eine Abtreibung das richtige Handeln wäre, als eine nicht gläubige schwangere Frau, die einfach nur froh ist, wenn sie das Problem einer ungewollten Schwangerschaft durch eine Abtreibung so schnell und bequem wie möglich gelöst hat. Ich will hier nicht generalisieren; Ausnahmen bestätigen die Regel auf beiden Seiten. ;) Aber ich glaube schon, das ein wirklich gläubiger Mensch wesentlich sensibler an solchen schweren Themenfelder herangeht(ist meine eigene Erfahrung), weil er eben mit dem Beginn der Taufe sich wesentlich mehr mit den Positionen der Kirche auseinandersetzt(en sollte).



"Mir geht es um den Kern des Religiösen, wie man ihn von außen sieht: Der Gläubige glaubt und handelt entsprechend einer nicht infrage zu stellenden Offenbarung, er begründet sein Handeln also letztendlich auf etwas Irrationales Und dafür schämt er sich nicht mal, sondern ist sogar noch stolz darauf..."

Das liegt aber auch daran, dass man nicht alles rational erklären kann. Existentielle Fragen, wie "was ist der Sinn des Lebens, wie kann man das Leid auf dieser Welt bekämpfen, warum gibt es uns überhaupt in dieser Form und wie wird/soll es enden", sind Fragen, die uns in tiefe Unsicherheit bringen, weil sie rational (noch) nicht erklärbar sind, für die man aber zu gerne eine Antwort haben will. Der Glauben gibt mir aber eine metaphysiche Dimension, mit der ich mich (fast hundertprozentig) identifizieren kann und die mir plausibel ist. Er gibt mir somit Sicherheit und Zuversicht. Ohne ihn käme mir das Leben zu trostlos vor und mir würde der Glaube am Menschen und der Lebenswille immer mehr schwinden.
Im übrigen bin ich genau so stolz darauf Christ zu sein, wie du stolz darauf bist, Atheist zu sein- nicht mehr und nicht weniger.;):)
 
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Ulan Batur

Mohnblume
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@ Gala:

Du schriebst: Und dich auf Selbstmordattentate vorzubereiten setzt ja wohl eine verdammt ernste und tiefe Entschlossenheit voraus.

Genau das meinte ich ja auch. Wenn die Attentäter auch nur den kleinsten Zweifel an ihrer eigenen Sichtweise gehabt hätten, wäre diese 'verdammt ernste und tiefe Entschlossenheit' weg gewesen. War sie aber nicht.
Und daraus schliesse ich, dass diese Leute absolut *keinen* ernsthaften Kontakt mit westlichen Werten hatten. Und wir müssen uns fragen, wie das trotz jahrelangem Aufenthalt möglich war.
 

Reuda

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@ Slarti

Der Rückzug aus der Schwangerschaftsberatung (;)) hielt das Oberhaupt der deutschen katholischen Kirche Bischof Lehmann für einen Fehler und hat alles versucht, soweit er konnte, den Papst vom Gegenteil zu überzeugen, was er leider nicht schaffte. Trotzdem wurde er zu meiner Überraschung später vom Papst zum Kardinal "befördert".
 

Chinasky

Dirty old man
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@Reuda: Erstmal: Ich bin kein Atheist, denn nach meiner Definition sind Atheisten Menschen, die die Existenz eines Gottes bestreiten. Ich tue dies nicht, sondern sage: Ich kann (und will) nichts von einer Existenz Gottes wissen und daher ist diese Frage für mich irrelevant. Insofern nennt man Leute wie mich Agnostiker, sofern ich das richtig sehe. Es könnte durchaus einen Gott geben oder auch zwei oder siebenhundertmillionen – aber da ich davon nichts wissen kann, beschäftige ich mich mit der Frage nicht weiter.

Die Menschen, die behaupten, zu wissen, daß es einen Gott gebe, die Gläubigen also, folgen damit in aller Regel dem, was andere ihnen vorformuliert haben: In Form „heiliger“ Texte beispielsweise. Sie wissen also nichts von Gott, sondern sie wissen etwas davon, was andere behaupteten von Gott zu wissen. Die Überprüfbarkeit der Wahrhaftigkeit solcher „Zeugnisse“ ist dabei häufig eine sehr mißliche, ohne einen Appell an die prinzipielle Bereitschaft der Menschen, an irgendwas zu glauben, würde jede mir bekannte Religion als ein lächerlicher Popanz dastehen.

Das, was die einzelnen Menschen glauben, sind schon wieder die Interpretationen dessen, was man ihnen vorformuliert. Der Christ Mustermann glaubt also an einen Gott, dessen ungefähres Bild (wider das Bilderverbot der Bibel ;) ) ihm von seiner jeweiligen Kirche vermittelt wurde. Dabei akzeptiert er – so wie Du beispielsweise – sogar, daß dieses Gottes- und Weltbild über die Jahrtausende verändert. Ich habe dabei irgendwie den subjektiven Eindruck des Verwaschenen, nur mal so als Assoziation formuliert.

Da der Glauben notwendigerweise eine sehr, sehr subjektive Privatsache ist, wird man, wenn man mal ganz genau forschen würde, wohl kaum einen Christen sehen, der das gleiche Glaubensverständnis hat wie sein Glauensgenosse nebenan. Für jeden sieht also dieser Gott ein klein wenig anders aus. Würdest Du mir bis hierher zustimmen?

Nun: Gleichzeitig aber ist für den Gläubigen Gott eine Absolutheit, also das Regenteil von etwas Relativem. Mal so – mal so – das kann doch wohl nicht das Motto des Absoluten sein, oder? Entweder es gibt jenen einzig wahren und wahrhaftigen Gott, oder es gibt ihn nicht. Wenn nun aber jeder Christ an einen etwas anderen Gott glaubt – dann ist die Wahrscheinlichkeit gegen Null tendierend, daß auch nur einer der Christen an den wahren Gott glaubt... Also alle Fehl- und Ungläubige! :D :D :D

Du schreibst: Existentielle Fragen, wie "was ist der Sinn des Lebens, wie kann man das Leid auf dieser Welt bekämpfen, warum gibt es uns überhaupt in dieser Form und wie wird/soll es enden", sind Fragen, die uns in tiefe Unsicherheit bringen, weil sie rational (noch) nicht erklärbar sind, für die man aber zu gerne eine Antwort haben will.

Die Logik, die dahintersteht, sieht so aus: Ich stelle eine Frage, also muß es auch eine passende Antwort darauf geben. Indem Du aber z.B. fragst, warum es Leit auf der Welt gäbe, setzt Du in dieser Frage schon eine bewußte Instanz voraus, die dieses Leid zuläßt oder bewirkt. Du hast also die Antwort auf Deine Frage (Gott, bezw. Teufel) schon heimlich in der Frage vorgegeben. Denn Du fragst ja nach einem Motiv (warum), und Motive können nur personenähnliche Wesen haben, nicht wahr? Du fragst ja nicht nach den physischen Ursachen, die könnten recht kompetent ohne Gott beantwortet werden.
Die Frage nach dem Sinn des Lebens beinhaltet eine ähnliche Voraussetzung: Daß es einen Sinn geben müsse, weil wir als Menschen nun mal in Sinn-Kategorien denken.

Es geht hier um Gefühle und Wünsche: Man hätte gern, daß das Leben Sinn hat, man wüßte gern, daß es gute Gründe für das Leid auf dieser Welt gibt. Diese Gefühle und Wünsche sind irrational. Es braucht eine kühle und um Objektivität bemühte Sicht auf uns selbst, um die Irrationalität dieser Wünsche und Gefühle zu erkennen und die Konsequenz daraus zu ziehen: Diese Fragen nicht mehr auf diese Weise zu stellen.
Die Religion bietet leichtere Antworten an. Sie sagt nicht: Deine Frage ist verkehrt gestellt. Sondern sie sagt: Schau mal her, ich hätte da eine Antwort für dich. Laß einfach deine Vernunft einen Moment draussen vor der Tür, lasse dich mal ganz in deine irrationalen Bedürfnisse fallen und auffangen von Gott.

Bis dahin finde ich das alles okay – man kann nicht von jedem Menschen erwarten, die Kraft aufzuwenden, derer es bedarf, der Absurdität (Sinnlosigkeit) seiner Existenz ins Auge zu blicken, ohne einzuknicken. Bis hierher ist die Religion eine Hilfe für viele Menschen, sie beruhigt und vermittelt Geborgenheit. Das ist der Opium-Effekt der Religion, welchen Marx (oder war’s wer anders?) vielleicht meinte.
Ich habe nix dagegen, wenn sich Privatpersonen den Kopf zukiffen: Wenn’s ihnen danach doch besser geht?!

Problematisch werden erst die Konsequenzen. Wie das Opium, so vernebelt auch der Glaube den Verstand, denn der Glaube besteht darauf, daß der Gläubige Paradoxa akzeptiert. Irrationale Behauptungen und Vorstellungen scheiden für ihn als Argumente nicht mehr kategorisch aus. Im Gegenteil: Irgendwann hat der Gläubig den subjektiven Eindruck, das, was er glaube, sei eigentlich ganz vernünftig.

Wer soweit ist, mit dem kann man eigentlich nicht mehr vernünftig diskutieren, weil er sich auf das Unvernünftige/Irrationale bezieht. Irrationale Setzungen und Kategorien vermischt der Gläubige mit rationalen Setzungen und Kategorien und kann nicht wirklich mehr zwischen beiden unterscheiden.
Einfachstes Beispiel ist der Dualismus, der sich dermaßen in unser Denken eingeschlichen hat, daß niemand widerspricht, wenn mit ihm gravierende politische Maßnahmen begründet werden: Gut und Böse.
Selbst mir, der ich mich seit Jahren darum bemühe, gelingt es nicht, mich aus diesem Denkmuster zu lösen, immer wieder denke ich in Gut-Böse, Richtig-Falsch-Schemata. Da ist also mal die Sowjetunion der Hort des Bösen, momentan gibt es eine Achse des Bösen, die Terroristen sind ohnehin böse und die anderen (also wir) sind dementsprechend gut.
Umgekehrt – gerade lese ich einen interessanten Hintergrundartikel im Spiegel über die Attentäter und ihr Leben hier in Deutschland – waren wir, die Ungläubigen, der Westen, die Unterstützer der zionistischen Weltverschwörung usw. die Bösen aus Sicht eines Mohammed Atta.
Gottgefällig – Gott nicht gefällig – das sind die beiden Pole, in welche der Gläubige, für den sein Glauben mehr als nur eine Freizeitbeschäftigung ist, die Welt und ihre Phänomene einordnet.Gut und böse eben.
Während wir säkularisierten Westler inzwischen nicht mehr ausdrücklich auf Gott rekurrieren, wenn wir einen Saddam Hussein böse (evil) nennen, schleppen wir aber das unheilvolle Vermächtnis des Schwarzweißdenkens weiter mit uns herum, was uns die Einschätzung der Welt einerseits erleichtert, anderseits natürlich die Gefahr birgt, daß unsere simple Einschätzung dann schlicht falsch ist. Es ist einfacher, eine ganze beispielsweise amerikanische Nation zu einem Kreuzzug gegen das Böse zu motivieren als dafür, einen mit westlicher Hilfe an die Macht gelangten und über Jahrzehnte hinweg unterstützten Despoten mit einem Krieg zu überziehen, dessen Ausgang und Folgen ganz unabsehbar sind. Gut und Böse macht das Denken leichter aber die Ergebnisse des Denkens sehr viel unpräziser.

Nicht umsonst hat Nietzsche eine seiner Textsammlungen mit „Jenseits von Gut und Böse“ überschrieben: Die denkenden, weiterdenkenden Menschen verabschieden sich von diesen religiös gefärbten Kategorien, um zu genaueren, zutreffenderen, der Realität entsprechenderen Ergebnissen des Denkens zu kommen.

Der Gläubige will das nicht, er fühlt im Innersten seines Herzens eine Art Feindschaft gegen das allzu freie Denken, denn dieses Denken rührt ja an jene Arme, in welchen er so seelig ruht. Dort, wo die religiösen Institutionen Macht haben, bekämpfen sie dieses freie Denken.
Daher ist es auch irgendwie unredlich, unser westliches, „modernes“ Christentum als Beleg dafür zu nehmen, daß die Religion doch eigentlich eine prima Sache sei. Die beispielsweise evangelische Kirche hierzulande setzt sich für die Armen und Unterdrückten ein, sie organisiert das Gemeindeleben und sorgt so für verläßliche Traditions-Strukturen, was für die Menschen sehr angenehm ist. Sie treibt nicht zu irgendwelchen Kriegen, sorgt sich um die Menschenwürde usw. usf..
Und sie hat kaum noch Macht.

Über Jahrhunderte hatte sie Macht und da sah ihr Wirken denn auch ein klein wenig anders aus. Sie setzte sich soweit für die Armen und Unterdrückten ein, wie es ihrer Machtposition gelegen kam. Im Zweifelsfalle haute man aber lieber drauf auf die Bauernheere und verbündete sich mit den Mächtigen.

Was folgt daraus? Religiöse Organisationen sind am besten dann, wenn sie weitgehend ihre Macht innerhalb einer Gesellschaft verloren haben. Sobald die Religion wichtiger wird, lassen sich mehr und mehr der Schlangenköpfe blicken: Man schaue nach Irland... Die in meinen Augen liberalsten Staaten der Welt sind am schwächsten religiös geprägt: Siehe Skandinavien.

Die Staaten, in welchen Religion am wichtigsten ist, erscheinen mir am wenigsten verlockend: Iran, Israel, Saudi-Arabien, Pakistan, Indien, Sudan... Und immer, wenn die religiösen Stimmen in den USA laut werden, rückt auch dieses Land in eine mir unheimlichere Richtung. Auch hieraus kann ich nur folgern: Je mehr Religion, desto weniger human ist eine Gesellschaft.

Die Ursachen mögen verschieden sein, immer gibt es Ausnahmen und Gegenbeispiele, aber in der Tendenz sehe ich das so. Und so reduziere ich das Ganze für mich auf die Aussage: Tendenziell steht das Religiöse der Freiheit, dem aufgeklärten Bewußtsein diametral entgegen.

Trotzdem bin ich nicht für Religionsverbote, denn das hieße, den Teufel mit dem Belzebub auszutreiben. Man kann das Irrationale nicht verbieten, und der Staat hat sich hier zurückzuhalten. Aber man muß es auch nicht unterstützen. Das ist wie mit Partys: Die sind irrational, die Leute gehen hin, weil sie sich da einfach wohler fühlen. Es wird gesoffen, getanzt, Unsinn geredet – alles nicht gerade dem Fortschritt dienliche Aktivitäten, die aber nun mal den Menschen am Herzen liegen. Man möchte sich wohlfühlen und feiert also. Das ist okay und also soll man die Leute feiern lassen (ich feiere ja auch gern! :) ).
Aber muß man das staatlicherseits fördern? Subventionierte Besäufnisse, für deren Organisation (das Bier muß ja zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein) der Staat die Infrastruktur bereitstellt, so, wie er momentan immer noch die Kirchensteuer einzieht? Die Menschen haben das Bedürfnis, sich mit Drogen vollzudröhnen, zu tanzen, zu flirten – aber muß es dafür Vorbereitungskurse in der Schule geben? Nein, das sind ihre Privatvergnügen, denen sollen sie bitteschön privat nachgehen. Es liegt eben nicht im Interesse des Allgemeinwohls, wenn die Menschen ihre Tage nur noch mit Wein, Weib und Gesang verbringen...
Auch die verschiedenen Kirchen bieten den Menschen einiges, wessen die nun einmal bedürfen. Ritualisierte Formen der Trauer beispielsweise, das Gemeinschaftsgefühl bei feiertäglichen Zusammenkünften usw.. Dadurch, das die Menschen solche Angebote wahrnehmen können, fühlen sie sich besser und sind dann auch wertvollere Mitglieder der Staatsgemeinschaft, ebenso wie diejenigen, die am Wochenende mal so richtig die Sau rauslassen, um hernach, dergestalt „erholt“, umso freudiger wieder ihrer Arbeit nachgehen zu können.
Also warum dies verbieten?
Andererseits behält sich der Staat ein Mitspracherecht vor, wenn es bei den Besäufnissen eskaliert: Wenn die Teilnehmer einer Party anfangen, eine Bedrohung für andere Menschen zu werden, muß der Staat einschreiten. Er sagt also: unter Drogeneinfluß darf kein Auto gefahren werden. Auch dürft ihr nicht, nur weil euch die schlechte Musik im Kaufhaus gefällt, dort randalieren. Pogo tanzen bitte zuhause!

Eine ähnliche Fürsorgepflicht gegenüber seinen Bürger hat der Staat auch, wenn es sich um die Eskalation des Glaubens handelt. Erziehung ist hierzulande nun mal keine reine Privatsache mehr, die Schulpflicht besteht seit etlichen Jahrzehnten und hat sich als segensreich herausgestellt. Der Staat darf nicht seelenruhig zusehen, wenn Kinder und Jugendliche zu Gewalt, Haß und Intoleranz herangezogen werden. Deswegen geht er gegen faschistische Propaganda ebenso vor wie gegen linksradikale Hetze. Und deswegen muß er auch gegen religiöse Indoktrinationen in seinem Einflußbereich vorgehen, wo sie zur Bedrohung für den Frieden werden.

Religiosität – von mir aus. Aber bitte in bekömmlichen Portionen. Besser für die Volksgesundheit wäre es, wenn die Leute irgendwann freiwillig ganz darauf verzichten könnten. Aber das wäre es bei den Drogen oder den BigMacs ja auch... :rolleyes: ;)


Amen
 

Reuda

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(Oh Mann, was müssen meine müden Augen sehen.:eek: Hier wurde tatsächlich geantwortet und ich habs nicht gemerkt. Das Thema ist doch viel zu schade um in die Versenkung zu geraten. Hier kommt auf jeden Fall noch was hin, aber jetzt bin ich zu müde um den "Aufsatz auseinanderzunehmen":D;) )
 

Gala

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@Ulan Batur: Wie können die Soldaten, die sich im Vietnamkrieg jahrelang in Vietnam aufgehalten haben, immer noch auf Vietnamesen schiessen ?

Auseinandersetzung setzt ja wohl auch voraus, das man sich auseinandersetzen WILL.
 

Ulan Batur

Mohnblume
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@ Gala: Es gibt aber auch Situationen, in denen man sich mit anderen Menschen auseinandersetzen *muss*, auch wenn mans gar nicht will. Und zu solchen sollte es während mehrjährigem Leben in einem Land schon kommen.
Zu den Soldaten: Waren die *wirklich* in Vietnam? Lebten sie in vietnamesischen Verhältnissen, umgeben von Vietnamesen? Ich kenn mich zwar (gottseidank ;)) nicht aus, aber ich stell mir das eher so vor, dass dort alles unternommen wird um sich wie zu Hause zu fühlen und um zu vergessen wo man wirklich ist.

Aber vielleicht bin ich auch wirklich blauäugig und unterschätze die Abgebrühtheit mancher Menschen...
 

Reuda

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Also los gehts (uff!):

@ Hank:

Natürlich hat jeder Mensch in irgendeinem Punkt ein unterschiedliches Verständnis von seinem Glauben. Das fängt schon mit den verschiedenen Weltreligionen an und ist meiner Meinung auch gut so. Wenn es keine Unterschiede geben würde, würde es auch keine Diskussion über Gott und den eigenen Glauben geben und es würde zu keinem Erkenntnisfortschritt diesbezüglich kommen. Ein starres Verständnis von Gott und seinem Glauben wäre letztendlich ein altmodisches und reaktionäres Verständis und würde den Wandel des Menschen gar nicht erfassen.
Würde der Mensch den absoluten und wahrhaftigen Gott auf Anhieb begreifen oder hätte er diesen Anspruch, würde er jedes Gottesbild was er macht, vermenschlichen und für seine Zwecke instrumentalisieren und mißbrauchen, was aber aus rationalen Gründen nicht sein darf und auch nicht im Sinne Gottes ist. So verstehe ich die Gebote, das der Mensch sich keine Bilder von Gott machen darf und keine selbstgemachten Götzen anbeten soll.
Der Mensch braucht aber, um zu glauben, eine Imagination, um Gott sich vorstellen und um seinen Glauben überhaupt zu realisieren zu können. Er kann zwar nicht sagen und alleine aus kognitiven Gründen sich nicht vorstellen, wie ein absoluter, wahrhaftiger, für alle Menschen gleich gü(l)tiger Gott aussieht, aber er kann durch die Geschichte der Menschheit und durch seinen rationalen Verstand klar herausfinden, welche Gottesbilder letztendlich falsch waren, falsch und eigennützig interpretiert wurden und mißbraucht wurden. Zwar ist das was übrig bleibt immer schwammig und "verwaschener" und verleitet zu weiteren menschlichen Fehlinterpretationen, aber es wird doch durch den immerwerdenden Erkenntnisfortschritt des Menschen immer das (sich als das gut bewiesene) Gute und damit imho der wahre Kern Gottes übrigbleiben. Nur durch den Diskurs -wie in anderen Wissenschaften auch- von verschiedenen Gläubigen ist dies überhaupt möglich.

Jetzt zum Thema Sinn: Da hab ich ehrlich eine Textpassage nicht ganz deuten können und zwar diese hier:
"Bis dahin finde ich das alles okay – man kann nicht von jedem Menschen erwarten, die Kraft aufzuwenden, derer es bedarf, der Absurdität (Sinnlosigkeit) seiner Existenz ins Auge zu blicken, ohne einzuknicken
Ich hab das jetzt so gedeutet, das die Existenz des Menschen für dich sinnlos erscheint bzw. das man die "Sinn-Frage" objektiver und rationaler stellen muss. Ich will mich jetzt nicht direkt darauf beziehen, weil ich nicht genau weiß oder vorstellen kann, was du meinst, und will versuchen aus meiner Sicht zu erklären.
Jeder Mensch versucht sein Handeln einem Sinn zu geben, damit er überhaupt die Motivation verspürt, es überhaupt zu tun. Dieses Handeln muss für ihn sinnvoll erscheinen. Damit es auch für andere Menschen sinnvoll erscheint, also es sich hier um soziales Handeln kann, muss es vernunftgeprägt sein. Wenn das Handeln des Menschen zwischen sinnvoll/sinnlos, sozial/asozial und damit auch zwischen gut/böse (wobei es auch zwischen vernunftgprägten Menschen unterschiedliche Ansichten gibt;)) unterschieden werden kann, dann kann auch das Leben des Menschen durch eine soziale Gesinnung einen Sinn bekommen. Die Frage ist nur: Wie sieht ein Sinn im Wesen aus, so das er für jeden Menschen gleich zutrifft?
Der Tod durch einen Schicksalsschlag (Blitzschlag, Unfall), macht jedes noch so soziale Leben auf den ersten Blick sinnlos und beraubt jegliche Möglichkeit von sozialem Leben. Man könnte sagen, das ist Schicksal/Pech. Das widerstebt aber der Neigung des Menschen sein eigenes Schicksal in die Hand zu nehmen. Was ist mit dem autistischem, geistig behindertem Menschen, der gar nicht in Lage ist Sinngemäß zu handeln, weil er gar nicht dieses Verständnis hat? Sein Leben deswegen als potentiell sinnlos zu bezeichnen und dadurch minderwertig zu machen, hat es schon mal gegeben und darf nicht nochmal passieren.
Der Sinn jedes einzelnen Menschenlebens muss also etwas Existientielles haben, der über rationale Fähigkeiten des Menschen hinausgeht. Ich möchte hier ein noch radikaleres Beispiel nennen um eine persönliche Antwort auf die Frage des Sinn zu geben. Nehmen wir an ein Kind wird geboren, das auf Grund eines körperlichen Leidens nur 5 Minuten zu leben hat, und das auch nur unter starken körperlichen Schmerzen. Für viele Menschen würde dieses kurzes Leben sinnlos wirken, weshalb sie sich vielleicht für eine Abtreibung/Schwangerschaftsabbruch entscheiden würden. Diejenige die aber trotzdem das Kind auf die Welt bringen, um es für 5 Minuten in den Armen zu halten geben dem Kind etwas, was meiner Meinung nach der Sinn jegliche menschliche Existenz ausmacht. In diesen 5 Minuten wird das Baby höllische Qualen/Schmerzen erleiden, aber es wird auch die Liebe seiner Eltern spüren durch die Hände und Körper seiner Eltern. Es wird zwar nicht die Bedeutungen der tröstenden und mitleidenden Wörter der Eltern verstehen, aber es hört wie jemand das Mitgefühl zeigt und aus Liebe zu dem Kind mitleidet. Das Baby stirbt mit der Erfahrung das es nicht allein ist, das es geliebt wird und nicht allein sterben muss und dass der empfangene Schmerz auch von anderen aufgenommen wird. Genau das bewirkt, dass das empfundene Leid gelindert/geteilt wird. Es wird nichtig gemacht. Diese existientlielle Erfahrung kann man auch imho generalisieren. Diese menschlichen Fähigkeiten der (Nächsten-)liebe, des Mitleidens/Mitleids und der Anteilnahme sind nicht ohne Grund Eckpfeiler der christlichen Mythologie und meiner Meinung das was den Sinn des Menschen ausmacht(, den er aber durch einen möglichen Schwangerschaftsabbruch, vielliecht wegen Angst vor der emotionalen Belastung, verleugnet.)
Religion ist also nicht das irrationale Opium was die Menschen betäubt, um ihnen die Furcht vor dem Leben zu nehmen und sie schmerzfrei zu machen. Im Gegenteil: Religion zeigt, dass die Fähigkeit des Leidens menschliche Fähigkeiten hervorruft, die dieses Leid mildert und sogar vermindern kann.
Das Rationale kann ganz genau erklären, warum ein Mensch leidet/stirbt und wie man es verhindert. Aber warum es Menschen gibt, die auf irrationale Art deswegen darum trauern, kann vor allem der rationale Glauben erklären.

(Um den Rest ein wenig abzukürzen:)
Ich bin der Meinung, das vor allem der Mensch derjenige ist, der das meiste Leid auf dieser Welt verursacht. Wer dies mit dem Vorwand eines religiöusen Glaubens tut und glaubt damit richtig zu handeln, widerspricht sich selbst.:o Meistens zeigt das aber leider erst die Zeit.:(


Jetzt mal ne persönliche Frage: Gibt es denn wirklich nichts was du Religionen postives abverlangen kannst? Deine Argumentation (Opium, Fast-Food, "sinnlose" Besäufnisse) wirkt immer zynischer. Was du kritisierst sind ja nicht an sich die Religionen, sondern die Menschen, die die Religion für ihre eigene egozentrischen Zwecke mißbrauchen, um damit Macht zu erreichen. Was das anbelangt, sind wir absolut konform. ;):)


OT:
Jetzt hab ich fast 2 Stunden an diesem Post gesessen...*gnnaaaa*
 

David

Moderner Nomade
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http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,213061,00.html

Das passt irgentwie auch hierher..
Ist schon krank was in manchen Köpfen vorgeht.

Und immer wieder im Namen von irgentwelchen Religionen,ich frage mich echt wie man so verbelndet sein kann,zu denken das ein angeblich "guter" Gott sowas verlangen könnte,zumal es ja keine Religion gibt (zumindest meines Wissens nach) die man nur auf solche grausige Art interpretieren kann.

Aber wahrscheinlich kann man sich diese Denkweise nicht vorstellen wenn man in einer Umgebung aufgewachsen ist,in der Religion keine grosse Rolle spielt,der es wirtschaftlich gut geht,und die die (bei uns definierten) Grundrechte achtet.
 

Caswallon

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@David: Was hat der Bericht mit Religion zu tun? :confused:

Cas
 

Gloranor

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@Slarti, Letzte Seite, irgendwo:
Ja, ich finde die Bibel Menschenverachtend, aber nicht wegen der Taten der Christen, sondern wegen dem, was dort drinsteht...
Wer sich fragt, wieso, muss einfach mal 1. Moses 19 durchlesen, und sich im klaren sein, das die handelnde Person (Lot) laut der Bibel sehr moralisch und 'gut' (was immer *gut' und 'böse' auch genau ist... wenn ich genau darüber nachdenke, kann man es nicht genau definieren)

@Reuda
Hank 'glaubt' -zumindest soweit ich es verstanden habe - eben nicht, das es einen Sinn gibt.
Der Mensch IST halt nur ein sehr komplizierter chemisch-biologischer Prozeß, und wenn das Gehirn aufhört zu funktionieren, dann endet das sein -ohne Leben nach dem Tod, ohne einen Sinn gehabt zu haben.
Ein derartiger 'Glauben' ist ziemlich anstrengend (wie ich aus eigener Erfahrung weiss, ich glaube ebenfalls weder an einen Sinn, noch einen Gott oder an ein Leben nach dem Tod), und wenige Menschen können derartiges wirklich ertragen.
Die Religion löst derartiges -sie liefert Antworten auf die Fragen, auf die es nur negative Antworten gibt.
Jedoch hat sie auch Nachteile:
"Überzeugungen schaffen Überzeugte. Was immer du glaubst, schränkt dich ein." (das ist das Erste Gesetz des Discordianismus, eine 'Religion', die eigentlich keine Religion sondern eine Mischung aus Experiment und Witz ist)
Oder wie Hank sagte: das Opium vernebelt die Sinne.

Meine generelle Meinung dazu hat übrigens Thomas Paine am Anfang seines bekannten "Age of Reason" geschrieben:
"All national institutions of churches, whether Jewish, Christian, or Turkish, appear to me no other than human inventions set up to terrify and enslave mankind, and monopolize power and profit.

I do not mean by this declaration to condemn those who believe otherwise; they have the same right to their belief as I have to mine. But it is necessary to the happiness of man, that he be mentally faithful to himself. Infidelity does not consist in believing, or in disbelieving; it consists in professing to believe what he does not believe.

It is impossible to calculate the moral mischief, if I may so express it, that mental lying has produced in society. When a man has so far corrupted and prostituted the chastity of his mind, as to subscribe his professional belief to things he does not believe, he has prepared himself for the commission of every other crime. He takes up the trade of a priest for the sake of gain, and, in order to qualify himself for that trade, he begins with a perjury. Can we conceive anything more destructive to morality than this?"

@Cas eigentlich ging es (am Anfang) um die Strafen in anderen Ländern ...
Und da passt der Beitrag von David ja auch
 

Aslan

Fauler Löwe
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@Gloranor:
Weiss nicht genau, worauf du dich bei Slarti beziehst, aber *was* genau ist an der Lot-Geschichte Menschenverachtend?

"Die Religion löst derartiges -sie liefert Antworten auf die Fragen, auf die es nur negative Antworten gibt."
Nur halte ich es für einen Trugschluss anzunehmen, dass jegliche Religion deshalb Menschenprodukt ist... wenn du diesen Schluss ziehst, setzt du bereits voraus, dass alles sinnlos ist. Was aber, wenn das Leben doch einen Sinn hat? Dann schüttest du das Kind mit dem Badewasser aus. Die Logik "wenn man die Sinnlosigkeit nicht erträgt, sucht man sich antworten -> Jegliche positive Antwort auf Sinnlosigkeit ist Menschenprodukt" kann stimmen, muss aber nicht... sie ist letztlich ein Scheinargument gegen gewisse Religionen.
Das war ja schon Sigmund Freud's Art, seine psychologischen Erkenntnisse in ein Weltbild umzuwandeln... ein Weltbild, in welchem er all seine psychologischen Erkenntnisse soweit verallgemeinerte, dass er alles Gute, was der Mensch glauben kann, als vom Menschen "erfunden" hingestellt hat, ohne daran zu denken, dass es ja rein theoretisch etwas Gutes geben könnte
öhm... ist das verständlich, was ich da eben schrieb? *g*

"Jedoch hat sie auch Nachteile:
"Überzeugungen schaffen Überzeugte. Was immer du glaubst, schränkt dich ein." (das ist das Erste Gesetz des Discordianismus, eine 'Religion', die eigentlich keine Religion sondern eine Mischung aus Experiment und Witz ist)
Oder wie Hank sagte: das Opium vernebelt die Sinne."
Auch dies ist ein Trugschluss, und es gibt keinen Grund, weshalb der vor anderen Schlüssen bevorzugt werden soll.
1. Ist auch der Materialismus, der Glaube an die Sinnlosigkeit, oder wie man das auch immer nennen will, eben ein "Glaube" und muss sich diesem Gesetz auch unterwerfen
2. Geht dieses Gesetz vom zu Beweisenden aus, nämlich dass jeglicher Glaube nur existiert, um den Menschen, die das nicht ertragen könnten, die Sinnlosigkeit des Lebens nicht vor Augen führen zu müssen ;)
 

Gloranor

Harfner
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Ich muss jetzt innerhalb der nächsten 5 Minuten off, daher nur ein kurzer Text, ausführliche Antwort morgen mittag ;) :

Lot hat zwei fremde beherbergt (von denen er aber, seinem Verhalten nach wusste, das sie wichtig sind), als eine Gruppe von Männern beinahe die Tür einschlug und die Fremden kennen lernen wollten. Nix schlimmes, oder?
Naja, und danach bot er ihnen an, seine beiden Töchter zu nehmen und mit ihnen zu machen WAS SIE WOLLTEN, sofern sie ihn nur in Ruhe liessen.
Wortwortlich: "Ich habe zwei unverheiratete Töchter, die gebe ich euch heraus. Mit ihnen könnt ihr machen, was ihr wollt! Nur laßt die Männer in Ruhe, sie stehen unter meinem Schutz, denn sie sind meine Gäste"
Wenn das nicht ein Angebot einer Gruppenvergewaltigung ist heiss ich GWBUSH.
Und die Bibel nennt ein DERARTIGES Schwein einen rechtschaffenden Mann.

Ich erwarte nicht, das du mir das glaubst, les es dir selber mal durch.
1. Moses 19, Vers 8, wie gesagt.
 

Aslan

Fauler Löwe
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Gloranor:
mhm... die Bibel hat Lots Tat nicht gutgeheissen. Es heisst auch von David, dass er ein Mann nach dem Herzen Gottes war. Obwohl er ein Rabenvater war und obwohl er seinen Hauptmann umbringen liess, da er mit dessen Frau Ehebruch begangen hat. Die Bibel rechtfertigt diese Taten nicht und nennt sie schon gar nicht rechtschaffen, denn die Bibel beurteilt die Menschen nicht nah ihren Taten, sondern nach ihren Herzen. Ein Mensch kann die schlimmste Tat machen, er braucht sie nur zu bereuen und von Gott vergeben zu lassen und er wird von der Bibel rechtschaffen genannt.
Im neuen Testament zeigt sich dies deutlicher. Aufgrund seiner Taten könnte KEIN Mensch rechtschaffen genannt werden (die Rechtschaffene Haltung im Baldur's Gate ist eine Illusion :D) nur aufgrund seines Herzens, das von Gott rechtschaffen gemacht werden muss.
So steht in der bergpredigt zum Beispiel:
"Selig sind die GEISTLICH ARM sind, denn das Himmelreich ist ihr"
Ein Paradox? Nein, sondern keine Rechtfertigung durch Werke.
 

Chinasky

Dirty old man
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@Reuda: Na, wenn Du 2 Stunden dran gearbeitet hast, dann darf das natürlich nicht unbeantwortet bleiben. ;)
Ich versuche, so unmißverständlich wie möglich zu formulieren:
Erstens: Glaube ich, das Leben sei sinnlos? Nein, ich halte die allgemeine Frage nach dem Sinn des Lebens schlicht für irrelevant. Das Leben, noch umfassender: die Existenz dieser ganzen Welt ist daher absurd.
Man kann genaugenommen noch nicht einmal mit Überzeugung sagen, das Leben sei sinnlos. Das wäre eine dumme Aussage, ungefähr so dumm wie die Aussage: die Wolke dort oben ist mittellos. Mittellos - das ist eine Situationsbeschreibung von Menschen, denen das Geld fehlt, um sich bestimmte benötigte Dinge kaufen zu können. Im Zusammenhang mit einer Wolke macht das Wort keinen „Sinn“. Im Zusammenhang mit der Existenz macht das Wort Sinn keinen Sinn. Die Wolke kann mit finanziellen Mitteln nichts anfangen, die Existenz der Welt – und damit unser Leben – kann mit einem Sinn nichts anfangen. Das Leben könnte genausogut nicht sein, das wäre ihm egal. Wenn es denn eine Meinung dazu hätte. Hat es natürlich nicht. Das ist ja gerade der grundlegende Gedanke daran...

Das alles ist nicht meine Originalthese, sondern seit einigen Jahrzehnten in der Philosophie eigentlich als Allgemeinplatz verbreitet. Ich halte diese Einstellung für praktischer, als die Existenz irgendeiner höheren Wesenheit zu postulieren, um dann die Frage: Warum? Mit dem Hinweis: „Weil ER es so will.“ tautologisch zu beantworten.
Warum? – ist eine Menschenfrage, die gleichzeitig schon einen Sachverhalt behauptet. Es muß keinen Grund – und schon erst recht keine Motivation für diese Welt geben. Das ist freilich ein Gedanke, der uns unbequem ist. Man hat, um ihn konsequent zu denken, davon zu abstrahieren, ein Mensch zu sein. Das ist schwierig, unsere Hirnwindungen sträuben sich dagegen. Alle unsere Gedanken sind ja zumeist unauflösbar mit Emotionen, mit Bedürfnissen, mit Motivationen verquickt. Wir können psychisch kaum ein Phänomen ertragen, ohne einen Grund oder wenigstens eine Ursache davon mitzudenken. Wir sehen Bedeutungszusammenhänge dort, wo keine sind.

„Warum trifft der Blitz gerade meinen Nachbarn, obwohl doch direkt neben ihm ein großer Baum stand?“ War das tatsächlich Zufall?
Natürlich war das Zufall, der Blitz hat sich nix dabei gedacht, und daß der Herrgott heute noch mit Blitzen um sich wirft, um die Ungerechten zu strafen, ist wohl unter uns modernen Menschen nicht mehr wirklich eine ernstzunehmende Erklärung.
Aber vor ein paar Jahrzehnten war das eine klare Sache: So ein Tod durch Blitzschlag hatte eine Bedeutung im Sinne von: Botschaft.
Unser Gehirn kann genaugenommen nur in Kausal- und Motivzusammenhängen denken. Daher rührt die Frage nach dem „Sinn des Lebens“: Diese Frage ist so eine Art ungesunder oder jedenfalls unbenötigter Nebenwirkung unseres Denkvermögens. Dort, wo der moderne Mensch diese Nebenwirkung schon eliminiert hat, nennt er sie bei anderen Menschen Aberglaube.

2. Ich halte Religionen tatsächlich nur in dem einen Aspekt für positiv, daß sie Regeln und Rituale bieten, nach denen sich größere Menschengruppen ordnen können. Sie bieten denjenigen, die es nicht ertragen, eine sinnlose Existenz zu leben, eine zwar falsche, aber nichtsdestotrotz vielleicht zufriedenstellende Antwort. Bevor jemand verzweifelt und sich aus Hoffnungslosigkeit aufhängt, würde ich dafür plädieren, daß er sich mal das „Angebot“ der Religion anschaut. Die Frage nach dem Sinn des Lebens ist halt für sehr viele Menschen außerordentlich wichtig. Vielen dieser Menschen kann man die Antwort: „Deine Frage ist unerheblich, weil falsch gestellt!“ nicht zumuten, sie würden sie nicht verstehen und also nicht ertragen.
Für solche Menschen ist die Religion vielleicht richtig, weil sie sonst seelisch krank werden würden.
Ich hätte es freilich lieber, wenn die Menschen allgemein seelisch stark genug wären, auf solche in meinen Augen fragwürdige Medizin zu verzichten, aber mir wäre es auch lieber, wenn es keine Krebserkrankungen, keinen Hautausschlag und keine Mücken gäbe. Es wäre auch netter, wenn die Menschen nicht ab und an das Bedürfnis hätten, sich hemmungslos zu besaufen. Aber das Bedürfnis ist nun einmal da, man kann daran durch Verbote nichts ändern, im Gegenteil: siehe die Prohibition in den USA in den dreißiger Jahren.

Ich werfe den Religionen nicht vor, alles verkehrt zu machen. Je nachdem, wer in den einzelnen Kirchen das Sagen hat, können dabei vernünftige Sachen herauskommen. Wenn sich Kirchen um Arme kümmern, um Schwache oder Kranke – wie sollte ich das kritisieren? Aber die einzelnen guten Aspekte der verschiedenen Religionen ändern nichts an dem allen Religionen eignenden problematischen Grundansatz: Der Behauptung, es gebe da eine höhere Instanz, deren Ratschluß und Gesetz unanfechtbar und über den Ratschlüssen und Gesetzen der Menschen stehe. Dieser Grundansatz ist meiner Meinung nach gefährlich und der Keim für alle Exzesse, die immer wieder im Namen irgendwelcher Glaubenslehren verübt wurden: Es wird ein über den Menschen stehender Wille postuliert. Und je nach Charakteranlage können dann die Gläubigen entweder unter Berufung auf diesen höchsten Willen altruistisch handeln oder die Interessen von Ungläubigen mit Füßen treten.
Mitleid und Sorge um die Nächsten ist wahrscheinlich großteils biologisch angeboren, auch bei bestimmten Tierarten kümmert man sich um die Alten, Kranken, Schwachen und Wehrlosen (z.B. bei den Elefanten oder Affen). Dazu braucht es also keine Religion. Solidarität unter den Menschen ist im Interesse aller – statt einer göttlichen Verordnung braucht es also nur einer großzügig verteilten Portion Vernunft unter den Menschen. Oder meint jemand, nach der Hochwasserkatastrophe heuer sei soviel gespendet worden, weil die Leute die Spenden als eine gottgefällige Tat ansahen? Wohl doch eher, weil sie ihren Mitbürgern helfen wollten – im Hinterkopf den Gedanken, daß man selbst vielleicht das nächste Mal betroffen sein könnte.

Nochmal: Es gibt positive Seiten an den verschiedenen Religionen. Als Ästhet will ich gar nicht verhelen, daß der Glaube manche Menschen zu kulturellen Höchstleistungen angetrieben hat. Das finde ich toll. Fragt sich allerdings, was die großen Künstler wie Bach, Bruckner oder Grünewald gemacht hätten, wenn sie nicht an Gott geglaubt hätten: Etwa Däumchen gedreht?! :p

Nicht alle mittelalterlichen Herrscher waren Verbrecher und brutale Unterdrücker ihrer Völker. Es gab weise und gerechte Herrscher, die sich um ihre Untertanen sorgten. Das ändert nichts daran, daß ich das feudale System an sich für ungut erachte. Nicht alle religiös Gläubigen sind gefährliche Extremisten, sondern manch einer unter ihnen leistet Großartiges für die Menschheit. Das ändern nichts daran, daß ich das religiöse Denken an sich für ungut erachte.
Mit dem Adel heute in Deutschland kann ich ganz gut leben, er ist entmachtet und schadet niemandem mehr wirklich, und die Verkäuferinnen aus dem Supermarkt haben was, worüber sie in ihren Frauenzeitschriften lesen können. Mit den Gläubigen in Deutschland kann ich auch leben. Sie schaden niemandem mehr, weil sie keine wirkliche politische Macht mehr darstellen, aber den Mühseligen und Beladenen immer noch eine Anlaufstelle bieten...


Edit: jetzt haben inzwischen schon wieder andere dazwischengequasselt... :D Es läuft wohl wieder auf eine ähnliche Diskussion heraus, wie wir sie hier schon öfter hatten. Trotzdem nochmal kurz zu Aslan: Wenn Du sagst, ich würde eben auch nur an eine Sinnlosigkeit des Lebens „glauben“, dies sei aber letztlich nur eine ebenso schwer zu beweisende These wie die von der Existenz Gottes, hast Du meinen Grundgedanken schlicht nicht begriffen. Was alles sein könnte – darüber mir Gedanken zu machen habe ich nicht genügend Zeit. Das sind müßige Spekulationen. Ich sage: „Sinn“ ist eine Denkstruktur, eine Art Werkzeug für das menschliche Gehirn, die Welt begreif- und erfahrbar zu machen. So, wie sich im Auge eine Linse, eine Retina usw. herausgebildet haben, um die optischen Eindrücke um uns herum aufzufangen und zu verarbeiten, so hat sich in unserem Denken eine auf Kausalzusammenhängen basierende Logik entwickelt, die es uns ermöglicht, uns ziemlich erfolgreich auf diesem Planeten zu bewegen. Diese Logik ist aber im Grunde genommen gar nicht so streng logisch und rational, sondern in unserem Gehirn wird jede Information sofort bewertet, dagegen können wir uns gar nicht wehren: Nur, was in der Vorsortierung als wichtig und erfolgversprechend abgestempelt wird, kommt überhaupt bis in unser Bewußtsein. Wir sind immer parteiisch, jedes noch so rationale Urteil wird von uns nur dann gefällt, wenn wir uns irgendeinen Nutzen davon versprechen: Unnütze Gedanken denken wir nicht vorsetzlich zuende. All unser Denken basiert also auf dem „Sinn“: nur, was sinnvoll ist, wird überhaupt gedacht.
Daß alles einen Sinn machen müsse, ist also metertief in unserem Denken verankert, alles in uns sträubt sich dagegen, ein sinnloses Phänomen zu aktzeptieren. Was immer wir auch sehen, in uns ist immer jener Dagobert Duck, der, als er am Südpol all die Pinguine sah, sich dachte: „Wozu die wohl gut sind?“ Wir sind es gewohnt, die Welt in Sinnloses (Verwerfliches) und Sinnvolles einzuteilen, keinen genauen Unterschied machend zwischen Motiven und Ursachen.
Inzwischen wissen wir aber – beispielsweise aus der allgemeinen Relativitätstheorie – daß die Welt nicht exakt so aufgebaut ist, daß sie mit unserem Denken restlos erfahr- und erkennbar ist. Wir merken, daß unsere Denkkategorien beschränkt sind, daß es strengenommen gar keiner Ursachen bedarf, um Wirkungen zu erzeugen, weil ja die Zeit selbst relativ ist, alsodurch die Schwerkraft gedehnt, gestaucht oder auch umgedreht werden kann usw. Wenn aber die Zeit relativ ist – dann machen unsere für Menschenverhältnisse zugeschnittenen Sinnkategorien keinen Sinn mehr. Wenn Vorher und Nachher austauschbar sind – wie sollte da denn dann noch eine Heilslehre bestehen bleiben? Warum sollte ein Jesus für unsere Sünden sterben müssen, wenn diese Sünden nur zufällig von uns angehäuft wurden, während es doch ebensogut auch passieren könnte, daß wir von einem vorhandenen Sündenkonto in einer Welt, in welcher die Zeit rückwärts läuft, diese Sünden peu a peu abtragen?
Vorher – nachher – das sind inzwischen relative Bestimmungen in der Raumzeit...
 

Slartibartfaß

Nörgelnder Gnom
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@Reuda und Hank:

:eek::up:... Mein lieber Schwan, das ist doch mal eine Diskussion in diesen Hallen, die den Namen auch wirklich verdient. Respekt! :) Da misch ich mich auch lieber nicht ein... :D

@Aslan:

Wenn Du sagst, daß der Mensch die schlimmsten Taten begehen kann, ohne deswegen nicht mehr rechtschaffen zu sein, begibst Du Dich imho auf *sehr* gefährliches Terrain. Denn diese Aussage bedeutet nichts anderes als daß z.B. auch Hitler auf seinem Sterbebett (das es nicht gab, schon klar ;)) zu einem rechtschaffenen Mann geworden wäre, wenn er nur wirklich bereut hätte, was er den Menschen angetan hat.
Au weia! Das ist nicht Dein Ernst, oder? Wenn das doch die offizielle Meinung der Kirche sein sollte, so muß ich Gloranor zustimmen, daß das menschenverachtend ist.

Abgesehen davon begreife ich die Bibel als reines Geschichtsbuch, daß "lediglich" völlig verfälscht wurde (von nachgewiesenermaßen ca. 14.000!!!! Korrektoren), weil man den eigentlichen Sinn nicht (mehr) verstand ... aber *diese* Diskussion führen wir besser nicht hier - wenn Du darüber reden willst, sag mir Bescheid und ich hole mein "Geschichtstopic" wieder aus den Tiefen von FOR-UM... dort paßt es wesentlich besser hin ;)
 

Ice

Technomage
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Hank, Reuda: tolle Diskussion.

Ich möchte eigentlich nur eine Problematik anmerken: Viele Menschen (ich kann mich selber nicht immer davon ausnehmen) können das Fragen nach Sinn einfach nicht lassen. Das sind dann diejenigen, die gleich wieder fragen: "Warum hat alles keinen Sinn?" :rolleyes: Für solche Leute ist es schwer oder gar unmöglich hinzunehmen, dass die Sinnfrage müssig ist. Sie können das Denksystem nicht verlassen. genausowenig wie man mit dem Ganzzahlensystem Brüche erfassen kann.
Genaugenommen verlagert man die Sinnfrage mit der Antwort "Gott" einfach, denn konsequenterweise müsste man dann fragen: "Warum gibt es einen Gott?" Das tut aber kaum jemand. Dogmen...

Das Sinn-Denken hat sich offenbar in der Evolution als vorteilhaft erwiesen und ist deswegen in den Köpfen der Menschen allgegenwärtig. Genauso wie früher in Europa (z.T. heute noch in anderen Gegenden) die Leute alles auf sich bezogen. Bei jeden (Natur-)Phänomen dachten sie, sie seien damit gemeint. Als ob Blitz, Vulkanausbruch und Sternschuppe den Menschen etwas 'mitteilen' wollten.

Genau betrachtet ist die Aufklärung noch immer im Gange.


So long
 

Chinasky

Dirty old man
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@Ice: Mein Reden! :D
Nur brauche ich dafür halt immer ewig lange Texte, in denen ich mich - gerade hab ich meinen spät heute nachts geposteten Beitrag nochmal durchgelesen - andauernd wiederhole. Also an alle, denen mein Post redundant erscheint: Yep, das seht Ihr richtig... :rolleyes:
 

Caswallon

Chronist
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@Gloranor:
Zu Davids Post: Daß es zum ursprünglichen Thema paßt - keine Frage, okay. Mit der Bemerkung "Und immer wieder im Namen von irgendwelchen Religionen" war es aber auf die derzeitige Diskussion bezogen, und ein Bezug zur Religion ist für mich in der Nachricht fast nicht vorhanden.

Zu Lot:
Du darfst nicht vergessen, wann und wo die Geschichte stattfindet. In einer Nomadenkultur ist Lots Verhalten nicht völlig abwegig: Das Gastrecht ist heilig. Punkt.
Und wenn Lot die Männer als seine Gäste aufgenommen hat, dann hat er gefälligst alles dafür zu tun, daß ihnen nichts passiert. Alles.
Das hat wenig damit zu tun, ob's in der Bibel steht oder nicht, das ist der Kulturunterschied zwischen einem nahöstlichen Nomaden des 2. Jahrtausends v.Chr. und einem Mitteleuropäer des beginnenden 3. Jahrtausends n.Chr.
Es verlangt ja keiner, daß man das heute genauso macht.:rolleyes:

@Slarti:
Hmm. Ich fürchte, wir könnten schon wieder aneinandergeraten.;):)

Cas
 
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Chinasky

Dirty old man
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@Cas & Slarti: Los, geratet aneinander! :D :D :D
Zwei Geschichtsfreaks - da wären mal harte Fakten-Argumente zu erwarten... :)
 
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