Das dunkle Geheimnis

Cordovan

Malkavianer Antitribu
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Eine wahrhaft interessante Geschichte, van Helsing. Und der wahre Kern steckt auch darin.
DER SABBAT IST DAFÜR DA UM ZU HERRSCHEN!!! *diaboliosches Grinsen*
Aber um jetzt nochmal eins klarzustellen... die Hexenmeister hatten den Tzimisce nichts entgegenzusetzen... :D
Es gibt keine Tremere im Sabbat!
Aber nun fahrt doch bitte fort, Dr.
 

Lara-Mira

Jazz-Katze
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*Cordovan genau im Auge behalt und vorsichtig zunick*

"Ganz recht, fahrt bitte fort, Abraham."

"Und ein ehrliches Dankeschön für eure Geschichte, die in diesem Vampirforum für mich nicht wegzudenken ist, und mich positiv beeinflusst, hier immer wieder zu verweilen." :)

*Das lyrische Talent des Vampierjägers erkenn' und anerkennend zulächel'* :)
 

Ashera Darkwing

Engel der Nacht
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Wie habt Ihr Euch als Marionette gefühlt, Doktor?

Fragte Ashera als sie von ihren nächtlichen Trip zurückkam und rekelte sich wieder in einen der bequemen Sessel. Die Neugierde hatte sie gepackt. Sie wollte unbedingt wissen, wie es den Vampirjäger weiter ergangen war.
 

Abraham van Helsing

Vampirjäger
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Verzeihen Sie mir, meine geehrten Zuhörer, dass ich mir solange Zeit gelassen habe, um in meiner Erzählung fortzufahren aber nach so vielen Jahren, fällt es mir schwer, meine Erinnerungen in die richtige und verständliche Reihenfolge zu bringen.

<i>Als ich in jener Nacht den Priester verließ, wusste ich nicht mehr, was ich denken sollte.
Wir hatten uns noch einige Zeit unterhalten und Johann gab mir noch etliche Informationen über die Gesellschaft der Vampire aber vor allem unterrichtete er mich über meinen Feind Dracula:
„Denken Sie immer daran, der Graf ist ein Meister der Maskerade! Er mag zwar inzwischen dem Sabbat angehören aber gut sechshundert Jahre lebte er unter den Regeln der Camarilla und glauben Sie mir, ER weiß, wie man sich verbirgt!
ER ist ein Blender, ein Täuscher! ER könnte an Ihnen vorbei gehen und Sie würden es nicht merken! Und ER beherrscht es, die Leute zu ‚überzeugen’!“
Diese Worte wollten mir nicht mehr aus dem Kopf gehen. Ich achtete nicht darauf, wohin ich in jener Nacht ging, es war als würde ich schlafen und mich selbst aus der Ferne beobachten.
Johann hatte ich nicht getötet, soviel wusste ich noch aber ich hatte mich ihm auch nicht angeschlossen. Zu viele Zweifel geisterten durch mein Innerstes.
Ich sollte den Priester nicht wieder sehen. Auch wenn ich ihn nicht getötet hatte, so fand sich doch bald ein anderer, der den alten Mann umbrachte. Seine Leiche wurde ein halbes Jahr später aus dem Rhein gezogen. Er musste schon ein paar Tage im Wasser getrieben haben und so schrieb man seinen aufgerissenen Körper den Fischen zu. Ich wusste es besser aber wer hätte mir schon geglaubt, dass ein Vampir dem Priester das Herz heraus gerissen hatte?
In jener Zeit dachte ich viel über die Worte Johanns nach und ich wurde in die Gesellschaft der Vampire eingeführt, ob ich das nun wollte oder nicht.
Und je mehr ich über die Wesen der Nacht lernte, desto mehr erkannte ich, dass der alte Mann recht hatte. Ein geschickter Intrigant innerhalb der vampirischen Reihen konnte viel bewirken!
Aber bevor ich etwas unternehmen konnte, kamen mir die Vampire der Camarilla zuvor. Sie veröffentlichten Harkers Tagebuch! Wie es ihnen in die Hände gefallen war; ich hatte keine Ahnung aber es war einer ihrer geschicktesten Schachzüge. Denn wie versteckt man etwas besser, als wenn man es den Augen der Öffentlichkeit aussetzt? Indem sie Harkers Geschichte als Phantastisches Märchen ausgaben, verschleierten sie die Existenz der Vampire völlig. Sie wurden zu Märchengestalten und Leute, die an ihre Existenz glaubten, wurden als Spinner abgestempelt! Ein besseren Deckmantel konnten sie sich nicht zulegen.
Dann folgten immer mehr dieser Veröffentlichungen: ‚Frankenstein’, ‚Die Mumie’ und duzende andere Werke, die alles Wissen über jegliche Gestalt der Nacht enthielten und sie zu Phantastereien machten! Viel mehr noch, zwischen die Wahrheiten wurden Märchen eingestreut, Fakten wurden verfälscht und verdreht! So entstanden viele der modernen Irrglauben, zum Beispiel, dass man einen Vampir mit einem Pfahl töten könne, dass Kruzifixe ihnen Schaden bereiten oder dass der Geruch von Knoblauch einen Blutsauger abschrecken könnte.
Ich sah mich außerstande, gegen diese Entwicklung noch etwas zu unternehmen. Ein paar Versuche, über Artikel in Zeitungen und Referate vor anderen Menschen zerstörten das letzte Bisschen meines guten Rufes und deplazierte mich für immer in die Ecke der Spinner und Phantasten. Ich konnte ja schlecht enthüllen, dass ich selbst zu den Untoten gehöre, wenn ich den Kampf gegen die unheiligen Wesen propagierte.
In jenen letzten Jahren des 19. Jahrhunderts, beschloss ich, dass es an der Zeit wäre, dass Abraham van Helsing vom Antlitz der Erde verschwinden müsse. Nur so konnte ich hoffen, dass Dracula meine Spur verlöre und glaubte, ich hätte den Freitod gewählt.
Ich verkaufte meinen Besitz in Amsterdam, packte meine wenigen verbliebenen Habseeligkeiten und ging an Bord eines Indienfahrers. Im fernen Osten, dachte ich, würde meine Spur sich leicht verwischen lassen.</i>
 

Cordovan

Malkavianer Antitribu
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Verwirrte Grüße!

Eine sehr interessante Geschichte Dr. Aber nun müßt ihr auch weitererzählen. Was geschah Euch in Fernost?

*Cordovan holt sich ein leckeres Blutgetränk von der Bar und setzt sich dann zu seinem Teddy in den Sessel*

Ciao! Cordovan
 

Abraham van Helsing

Vampirjäger
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<i>Es war am dritten oder vierten Tag der Reise, als ich eine interessante Begegnung machen sollte.
Die 'Pride of India', einer der letzten großen Indienfahrer, der noch unter Segeln lief, hatte gerade den Golf von Biscaya hinter sich gelassen. Ich hatte beschlossen, mich auf diesem alten Segler einzuschiffen und die lange Reise nach Indien um das Kap der Guten Hoffnung herum zu machen. Für jemanden, der unsterblich ist und der kein Ziel hat, außer dem, seine Spuren zu verwischen, bedeutete es nichts, dass er mit einem Dampfschiff durch den 1869 eröffneten Suez Kanal hätte fahren können.
Ich brauchte Zeit, Zeit um nach zudenken, mir einen Plan zurecht zu legen, Zeit, in der ich von möglichst wenigen Menschen umgeben war.
Gedanken um die Beschaffung von Blut brauchte ich mir nicht zu machen, denn im Laderaum und unten im Balastdeck gab es hunderte wenn nicht sogar tausende Ratten. Zwar war es mit einem gewissen Ekel verbunden, diese Tiere auszusaugen aber solange es mich davor bewahrte, den Seeleuten und den fünf oder sechs anderen Passagieren das Blut auszusaugen, war es hinnehmbar.
An jenem Tag, war der Himmel stark bedeckt und die Mannschaft schaute immer wieder besorgt zu den dicken Wolken hinauf. Der Kapitän hatte beim Frühstück die Möglichkeit eines Sturmes geäußert, der, nachdem die letzten zwei Tage beinahe Flaute geherrscht hatte, mit ziemlicher Gewalt über uns hereinbrechen könnte.
Aber diese Bedrohung störte mich recht wenig, ich genoss es, im Tageslicht an Deck zu stehen, auf die Reeling gelehnt und den Wind und die Gischt der durchpflügten Wellen im Gesicht zu spüren. Ich hatte festgestellt, dass es mir nichts ausmachte, Tags unterwegs zu sein, solange ich nicht direkt den Sonnenstrahlen ausgesetzt war. Wahrscheinlich hielten die Wolken einen Teil des Sonnenlichtes ab, der mir gefährlich werden konnte.
Ich musste schon eine ganze Weile so an der Reeling gestanden und meinen Gedanken nachgehangen haben, als mich plötzlich ein merkwürdiges Gefühl beschlich. Es war, als würde ich beobachtet. Mir kam es so vor, als brenne sich der Blick eines Beobachters in meinen Rücken, als glitte er an mir auf und ab. Das Gefühl war so intensiv, dass es sogar meiner schaurigen Existenz eisig den Rücken hinab lief und mir die Haare zu Berge stehen ließ. Instinktiv wusste ich, dass mir dieser Beobachter nichts Gutes bedeutete!
Als ich mich jedoch mit einem Ruck herum drehte und das Deck musterte, konnte ich nichts entdecken. Alles lag still und verlassen da, nur zwei Matrosen waren damit beschäftigt, irgendwelche seemänischen Gerätschaften zu säubern und wegzuräumen.
Auch das Gefühl des Beobachtetseins hatte sich wieder gelegt.
Mir fröstelte und ich schlug den Kragen meiner Joppe nach oben, plötzlich war mir der schneidende Wind unangenehm und die eisige Gischt stach wie Nadeln auf meiner Haut. Ich beschloss, hinüber zum Achterdeck zu gehen, ein wenig Gesellschaft würde jetzt genau das Richtige sein.
Gerade als ich mich dem Aufgang zum Achterdeck näherte, war mir, als hätte ich etwas zwischen den Decksaufbauten huschen sehen, ein Schatten war doch gerade dort drüben zwischen den Fäßern hindurch geglitten! Oder spielten meine Sinne mir einen Streich?
'Abraham, langsam drehst du durch, diese ganze Vampirsache hat dich doch schlimmer mitgenommen, als du dachtest!' sagte ich mir Kopfschüttelnd. Dann stieg ich mit festem Schritt die knarrende Holzstiege hinauf.
"Ah, Messieur van 'Elsing, vertreten Sie sich ein wenig die Beine?", begrüßte mich Kapitän Dufresne, ein gebürtiger Franzose, der aber in den letzten 20 Jahren insgesamt kaum einen Monat in Frankreich gelebt hatte.
Ich nickte und trat neben ihn. Er schnupfte eine Prise Tabak, wobei ich mich unwillkürlich fragte, wie er das bei diesem Wind bewerkstelligte aber wahrscheinlich war es nur ein seemännischer Kniff.
Dankend lehnte ich die angebotene Tabakdose ab, ich zweifelte daran, dass mir zuviele menschlische Genüsse bekommen würden.
"Sieht nach Sturm aus oder?", fragte ich Dufresne.
Der blickt kurz zu den Wolken hoch und nickte: "Oui, wir werden wohl schweres Wetter bekommen aber keine Angst, die Pride ist ein gutes Schiff. Alt aber stabil und Sturmgeprüft! Allerdings sollten Sie lieber unter Deck bleiben, wenn das Unwetter losbricht. Wir wollen doch nicht, dass Sie über Bord gespült werden!"
Ich lachte Pflichtschuldig und merkte wieder einmal, dass mir menschliche Gesellschaft und ihre Umgangsformen immer fremder und unangenehmer wurden. So, wie ihnen das Verständnis für die Halbwelt der Vampire fehlte, so verlernte ein Vampir das Verständnis für die Welt der Menschen.
"Sagen Sie Kapitän, was wissen Sie eigentlich von den anderen Passagieren?", versuchte ich das Gespräch in eine für mich interessante Bahn zu lenken.
"Nicht viel Messieur, nur was sie mir sagten, als sie ihre Passagen buchten. Da wäre Madamme Hartmann, eine Deutsche, Sie will nach Kapstadt, wo Ihr Mann sie erwartet. Er gehört zu den Buren, die in Natal leben. Dann ist noch ein Russe an Bord. Iwan Saijzeff oder so ähnlich, diese Namen kann man kaum aussprechen. Er ist Handelsreisender für den Zaren und will nach Indien.
Und natürlich noch die Patres Guilomme und Desmaud, die zu den Fidschies wollen. Missionare! Ich kann sie nicht leiden, warum lässt man den Negern nicht ihren Glauben?"
Dufresne spuckte geräuschvoll auf die Decksplanken, bevor er sich wieder mir zu wandte:
"Warum fragen Sie eigentlich Messieur van 'Elsing? Gibt es irgendwelche Probleme von denen ich wissen sollte?"
"Oh nein, es war nur reines Interesse, man will schließlich wissen, mit wem man seine Zeit verbringt."
"Da haben Sie recht!", er nickte, dann schien ihm etwas einzufallen: "Und wie ist es eigentlich mit Ihnen, weshalb wollen Sie in den fernen Osten? Wartet jemand auf Sie? Oder sind Sie auf der Flucht?"
Beinahe wäre ich zusammen gezuckt, bevor ich sein verschwörerisches Blinzeln bemerkte. Er hatte sich einen Scherz erlaubt.
"Nein, nichts von alledem, ich will China sehen. Das sagenhafte Land der aufgehenden Sonne!"
Ich hoffte, dass er mir meine geheuchelte Begeisterung abnahm.
"Ach so aber sie werden wahrscheinlich enttäuscht sein. Die Chinesen sind auf uns Europäer nicht mehr so gut zu sprechen, was ich ihnen nicht einmal verdenken kann. Wenn Sie mich fragen, werden sie sich die Behandlung durch die Imperialisten nicht mehr lange gefallen lassen!"
Mir schien als hätte ich ein Lieblingsthema des Kapitäns erwischt und überlegte schon, wie ich ihm wieder entkommen könne, als der Schiffskoch die Glocke läutete. Verlegen lächelte ich Dufresne zu und entschuldigte mich dann zum Essen.<i>
 

Dark Hero

Lasombra
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ein Schatten verwandelt sich zu DarkHero, der ungesehen dieser geschichte lauschte :D

"Eine sehr amüsante Geschichte van Helsing, Ihre Zuhörer warten schon auf Ihre weiteren Ausfürungen!"

*Topic nach oben schieb, damit es auch keiner vergisst ;)*
 

Abraham van Helsing

Vampirjäger
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Entschuldigen Sie bitte, dass ich so lange auf mich warten ließ, doch die folgenden Ereignisse gehören zu den Dunkelsten in meinem Unleben als Vampir. Ich brauchte eine ganze Weile, um sie damals zu verarbeiten und noch heute, hundert Jahre später, bin ich aufs Neue entsetzt und fasziniert zugleich, wenn ich daran denke.

<i>Das tägliche Essen an Bord entwickelte sich für mich zur Qual, jeder Bissen verursachte mir Übelkeit und nichts konnte ich lange bei mir behalten. Die anderen Passagiere warfen mir mitleideige Blicke zu, für sie ltt ich an einer sehr schweren Seekrankheit und in einem gewissen Sinne tat ich dies auch. Aber ich war nicht der Einzige, dem es in diesen Tagen schlecht ging, Miss Hartmann, die junge Dame aus Deutschland, erschien nur selten zu den Mahlzeiten und wenn sie anwesend war, so machte sie einen niedergeschlagenen, ja förmlich kranken Eindruck.
Schließlich wurde ihr Fernbleiben von dem Essen nach drei Tagen so Besorgnis erregend, dass ich sie in ihrer Kabine aufsuchte, immerhin hatte ich die Medizin studiert und wenn ich schon nichts an meinem Zustand des Unlebens ändern konnte, so konnte ich doch immernoch mein Wissen nutzen, um den Menschen hilfreich zu sein.
Ich klopfte also nach wenigen Tagen auf See an die Tür von Miss Hartmanns Kabine und wartete darauf, dass sie mich herein bat.
Doch nichts geschah, nichts rührte sich in der Kabine und niemand forderte mich zum Eintreten auf.
"Fräulein Hartmann?", ich klopfte nochmals an die Tür und rief ihren Namen.
Aber auch jetzt erfolgte keine Reaktion. Scheinbar hatte sie sich wohl hingelegt und schlief, also beschloss ich, es später noch einmal zu versuchen.
Doch kaum hatte ich mich von der Tür abgewandt, da hörte ich von drinnen das Brechen und Splittern von Glas und etwas Schweres schlug dumpf auf den hölzernen Boden.
"Fräulein Hartmann? Geht es ihnen gut?", ein leises Keuchen und Rascheln antwortete mir, sonst bleib alles still. Und obwohl ich es nicht für möglich gehalten hätte, so jagte mir die beklemmende Atmosphäre eine Gänsehaut über den Rücken. Um mich befand sich nur der dunkle enge Gang des Schiffes, dessen Holzplanken im Rhythmus der Wellen knarrten. Muffiger Geruch nach feuchtem Staub kroch aus den Eingeweihten des Indienfahrers herauf und nur alle zehn Schritt erhellte eine funselige Blendlaterne die Finsternis.
Sie mögen vielleicht lachen aber in dieser Situation war mir gar nicht wohl in meiner Haut. Vorsichtig drückte ich auf die Klinke der Tür und hoffte fast, es wäre abgeschlossen und meine Einbildung hätte mir einen Streich gespielt.
Doch wie so oft, sind unsere Hoffnungen und die Realität zwei verschieden Paar Schuhe. Mit einem hässlichen Knarren sprang die Tür auf und schwang einen Spaltbreit nach innen, bevor sie von einem Hindernis gestoppt wurde.
"Fräulein Hartmann?", fragte ich ein drittes Mal durch den Türspalt in den Raum hinein, doch nur das Rauschen des Windes und das Kreischen der Möwen antworteten mir.
'Das Kreischen der Möwen?', mir schwante nichts Gutes.
Vorsichtig versuchte ich, die Tür weiter zu öffnen, merkte aber sofort, dass etwas Schweres auf der Innenseite gegen die Tür gelehnt war. Sollte das Miss Hartmann sein?
Ich drückte gegen das Türblatt, wodurch das Hindernis auf der anderen Seite scharrend weiter in den Raum geschoben wurde. Der metallische süße Geruch von Blut stieg mir in die Nase und ein dünner Faden des roten Lebenssaftes floss unter der Tür hindurch.
Schließlich hatte ich sie soweit geöffnet, dass ich mich in die kleine Kajüte quetschen konnte - was mich beinahe mein Unleben gekostet hätte.
Ich weiß nicht, ob es reines Glück oder einer meiner neu erwachenden Vampirsinne war, der mich im letzten Moment dazu brachte, mich fallen zu lassen. Denn kaum war ich halb in dem Raum, als etwas mit unglaublicher Geschwindigkeit auf meinen Kopf zusauste, diesen nur knapp verfehlte und splitternd die Tür zerhackte.
Mir blieb in jenem Augenblick keine Zeit, mich nach meinem Gegner umzublicken und im Nachhinein bin ich sehr froh darüber. Denn hätte ich in dieser Situation gesehen, welche Abscheulichkeit mich da angriff, ich wäre sicherlich nicht mehr unter den Unlebenden.
So rollte und schlitterte ich weiter in die Kajüte hinein, erwartend, vom nächsten Hieb zerrissen zu werden. Schließlich fand ich mich unter der Koje wieder und hörte, wie etwas mit wildem tierischen Gebrüll die Reste der Tür in Späne verwandelte.
Und trotzdem ich geglaubt hatte, dass ich als Untoter keiner Gefühle mehr fähig sei, spürte ich eine nackte kreatürliche Angst, die mich an den Rand einer Panik brachte. Jeden Augenblick erwartete ich, dass die Koje über mir zerfetzt und ich gepackt und zerrissen würde, von etwas, dessen Gebrüll wie das einer vorsintflutlichen Bestie klang.
Doch die Sekunden dehnten sich endlos, ohne das etwas geschah und verblüfft bemerkte ich, dass ich das Atmen, eine reflexartige Angewohnheit, schon seit einiger Zeit eingestellt hatte und es mir immer noch gut ging!
Es mag verrückt klingen aber in jenem Augenblick, auf einem Schiff mitten auf dem Atlantik unter der Koje einer jungen Frau, die wahrscheinlich von einer Bestie zerfetzt worden war, ging mr zum ersten Mal auf, dass ich ncht mehr atmen musste! Bis zu jenem Augenblick hatte ich unbewusst weiter meine Lungen bewegt, obwohl ich es gar nicht mehr musste.
Diese Erkenntnis traf mich so unvermittelt, dass ich die Gefahr in der ich mich befand verdrängte und meine alte Ruhe wieder fand.
Und mit meiner wiederkehrenden Gelassenheit, kam mir zu Bewusstsein, dass das Untier aufgehört hatte zu toben, ja sogar regelrecht still eworden war.
Vorsichtig lugte ch nter dem Bett hervor und erblickte etwas, von dem die Erinnerung daran mir regelmäßig die Haare zu Berge stehen lässt.
Neben der zerhackten Tür kauerte etwas, dass man weder Mensch noch Tier nennen konnte. Dichtes zottiges Fell bedeckte teilweise den Körper des Wesens, während an anderer Stelle bloße kreidebleiche Haut schimmerte.
Aber das schlimmste an dem, was ich erblickte, war sicherlich der Kopf, es war, als hätte jemad das Antlitz eines Menschen aus Wachs geschaffen und führe nun mit einer brennenden Fackel darüber hinweg. Das Gesicht schien immer wieder zu zerfließen, bewegte sich, als kröchen tausende Maden unter der Haut herum, formte sich beinahe zu einem Gesicht und stürzte dann wieder wie Gelee in sich zusammen.
Mit wachsendem Ekel aber auch Faszination starrte ich die Bestie an, bis ich merkte, dass das seltsame Gestammel der Kreatur Worte waren.
Sie waren seltsam verzerrt, als könnten sich die Stimmbänder nicht entscheiden, zu welchem Geschlecht sie gehörten und was ich hörte, ließ es mir eiskalt den Rücken hinab rinnen:
"Helfen... Ich... Sie... werde Sie... mir!... töten!"
Erst nach einer Weile erkannte ich, dass diese immer wieder wiederholten Worte zwei Sätze waren, zwei Sätze, die von zwei Wesen in einem Körper gesprochen wurden!
Ich bemerkte, dass die wallenden Gesichtszüge immer wieder zwei Formen annahmen, zwischen denen sie hin und her pendelten; das Antlitz einer jungen Frau und das Gesicht eines Mannes.
Mein Abscheu steigerte sich und hätte ich gekonnt, ich hätte mich übergeben.
Welche Teufelei der Finsternis war hier im Gange? Was war das für ein Wesen, das offensichtlich aus zweien zusammen gesetzt war?</i>
 

Dark Hero

Lasombra
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Hochschieb

Verehrter van Helsing

Wir lauschen weiterhin mit Spannung eueren Ausführungen ;)

Und wir werden dieses Topic nicht verschwinden lassen :grmpf: :p

Bis bald
 

Dark Hero

Lasombra
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Hochschieb

Was ist mit unseren Zuhörern? :rolleyes:

Allesamt eingeschlafen :o

@ van Helsing nicht hetzen lassen, aber auch nicht aufhören! :)
Wir warten gespannt wie es weitergeht :D

Bis dann
 

Cordovan

Malkavianer Antitribu
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Verwirrte Grüße!

Ehrenwerter van Helsing.
Wollt ihr uns eure Geschichte nicht weiter erzählen?
Hat es euch vielleicht die Sprache verschlagen?
Oder fehlt euch vielleicht etwas Blut? Das könnte ich ändern, wenn ihr das möchtet. Ich besorge welches. Vertraut mir... oder erzählt weiter... dann bleibe ich hier still sitzen und werde euren Ausführungen lauschen.

Gespannt auf van Helsings Antwort wartet Cordovan ab...


Ciao! Cordovan
 

Lena

Floh
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Seit langem ist Ruhe in dem Zimmer eingekehrt und die Häfte der Zuhörer scheint schon eingenickt zu sein, die andere auf der Jagd.
Plötzlich regt sich etwas in einem der Sessel. Ein verwuschelter Kopf schaut über die Lehne und eine verschlafene Stimme fragt:

"Wann geht es denn endlich weiter??" :)

*drängel*
 

Abraham van Helsing

Vampirjäger
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<i>Während ich noch, gebannt vom Anblick der Kreatur, in der Kajüte stand und nachdachte, ging eine Veränderung mit dem Wesen einher.
Das gerade noch flüssige Gesicht festigte sich zusehends und erstarrte schließlich in den Zügen eines jungen Mannes. Doch statt Erleichterung, spürte ich weiter eiskaltes Grauen, denn der Mann selbst schien ebenfalls eine Metamorphose durchzumachen. Ein Teil seines Körpers war mit zotteligem Fell bedeckt und seine Hände und Füße glichen eher den Klauen von Tiere, als den menschlichen Gliedern.
Noch während ich dies feststellte, bildete sich das Fell zurück, die Knochen verformten sich und schließlich lag der Mann erschöpft vor mir. Sein nackter Körper war von Schweiß bedeckt und er atmete schwer. Unter flatternden Augenliedern hervor blickte er mich verstört an, seine Lippen zitterten, während er kraftlos Worte zu formen versuchte.
Ich beugte mich zu ihm herab, bereit, beim kleinsten Anzeichen von Gefahr aufzuspringen und mich in Sicherheit zu bringen.
Der junge Mann schnappte nach Luft, wie ein Fisch auf dem Trockenen und erst nach einer ganzen Weile konnte ich, trotz meiner geschärften Sinne, verstehen, was er mir zu sagen versuchte.
"Helfen Sie mir! Ich weiß nicht, wie lange ich es noch aushalte! Töten Sie mich! Sie wird immer stärker, bald verliere ich mich in Ihr, dann kann Sie niemand mehr aufhalten!", er seufzte und schluckte schwer.
Verwirrung machte sich in mir breit, natürlich war dies hier ein unnatürlicher Vorgang aber welcher Art? Ich verstand nicht, was mit diesem bedauernswerten Geschöpf vor sich ging. War er besessen? Hatte er eine übernatürliche Krankheit? Oder war es etwas völlig Fremdartiges?
Lange sollte ich nicht darüber nachdenken können, denn der Mann - ein Werwolf? - begann wieder zu sprechen: "Sie sind einer von Ihnen! Wollen Sie ihr Werk vollenden? Zu Ende führen, was ihr nicht gelang?", trotz seiner Erschöpfung schlug er mit seiner Rechten nach mir, die plötzlich wieder der Klaue eines Wolfs glich. Obwohl der Hieb kraftlos geführt war und ich versuchte auszuweichen, erwischte er mich am Arm und vier tiefe Klauenspuren klafften auf.
Die Wunde brandte fürchterlich und ein Gefühl der Schwäche durchlief meinen Körper. Wie konnte das sein? Bisher hatte ich geglaubt, dass mein untotes Fleisch nur schwer verletzbar sei aber dieses Wesen hatte mich mit einer spielenden Leichtigkeit verletzt, die mich entsetzte.
"Wovon sprechen Sie? Wer hat Ihnen das angetan?", statt zu antworten, blickte er nur auf meinen Arm, über den ich gerade meine Hand presste, um die Blutung zu stoppen. Im selben Augenblick wurde mir klar, dass es gar nicht blutete! Kein klebriges feuchtes Gefühl unter der schützend auf den Arm gepressten Hand, kein Schmerz mehr.
Ich hob vorsichtig die Hand von meinem Arm, erwartend, einen zerfetzten blutigen Muskel zu sehen. Statt dessen blickte ich auf einen makellosen Arm herab. Im wahrsten Sinne des Wortes makellos! Kein Härchen, kein Leberfleck, nichts, dass darauf hingedeutet hätte, dass der Arm einem Mann gehörte, der sich jenseits der Fünfzig befand!
Vorsichtig tastete ich über die frische Haut, die sich anfühlte, wie die eines Säuglings. Wie hatte ich das gemacht? War dies eine weitere sonderbare Kraft, die mir Dracul mitgegeben hatte?
Langsam begann ich mich zu fragen, was noch für Kräfte in mir schlummerten, von denen ich nichts wusste.
"Wusste ich es doch, Ihr seid einer von Ihnen, ein Tzimisce! Was habt Ihr nun vor? Löscht Ihr mich völlig aus, wie es die Absicht eurer unheiligen Verbündeten war? Dann tut dies schnell, denn lange werdet Ihr nicht mehr haben, um mich zu quälen!"
Ich schüttelte verwirrt den Kopf: "Ich weiß noch immer nicht, wovon Sie sprechen. Wohl kenne ich jene, die sich die Tzimisce nennen, doch habe ich mit ihnen nichts zu schaffen. Vielmehr jage ich sie, denn einer der ihren war es, der mir die Unheiligkeit dieses Daseins aufzwang! Wenn Ich könnte, so würde Ich euch helfen, nur weiß ich nicht wie!"
Der Mann lachte spöttisch bei meinen Worten und sein Grinsen erinnerte an einen Wolf mit gebleckten Zähnen.
"Erwartet Ihr ernstlich, dass ich einem Vampir, noch dazu einem Tzimisce Glauben schenke?“
Ratlos stand ich vor ihm, wie sollte ich ihm helfen, wenn ich nicht wusste, was mit ihm vor ging? Noch dazu, wenn er mir offensichtlich nicht vertraute?
Doch ich sollte keine Zeit zum Nachdenken erhalten. Wieder bäumte sich der Mann – das Wesen? – vor mir auf, seine Haut platzte, Fell schoss aus den Wunden hervor, Knochen bogen und verformten sich. Die ganze unheilige Metamorphose überschattet vom Gebrüll des Mannes, das von dem eines Mannes zu dem eines Wolfes wurde, schließlich aber in Höhen empor kletterte, die nur eine Frau erreichen konnte.
Und tatsächlich, kaum lag vor mir di halbfertige Gestallt eines Wolfes, da veränderte er sich weiter. Dicke Geschwüre überzogen den geschundenen Leib, brachen auf oder schrumpften zusammen.
Etwas scheußlicheres hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht erblickt. Durch den Raum zog ein Gestank, wie er in einer Kloake nicht schlimmer herrschen konnte.
Dann beruhigte sich der Körper, auch wenn er sich immer noch weiter veränderte, bis schließlich eine junge Frau vor mir lag, die mir schrecklich vertraut war: Mina Harker!
Sie blickte zu mir auf und ihr Mund verzog sich zu einem spöttischen Grinsen.
„Doktor van Helsing, mein Ritter mit der schmutzigen Rüstung, der unheilige Prophet! Sie verstehen es, im rechten Augenblick zur Stelle zu sein. Oder hat Vladimir dies organisiert?“
Sie wartete meine Antwort nicht ab – wenn ich denn eine gehabt hätte – sondern starrte mir auf eine Art in die Augen, die mich vergessen machte.
‚Komm zu mir Abraham!’ flüsterte es verführerisch in meinen Gedanken, ‚Komm!’
Es war wie der Hauch einer Liebenden, der mich unweigerlich zu ihr hinzog, auch wenn ich sie am Liebsten erschlagen hätte.
Schon machte ich den ersten Schritt, wissend, dass mich nunmehr nur noch Sekunden von meinem unweigerlichen Ende trennten.</i>
 

Lara-Mira

Jazz-Katze
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Mit gestocktem Atem lauscht Lara den Worten des Vampirjägers. Kaum verklang seine Stimme, so wünschte sie sich, er würde sie bald wieder erheben...

“Fahrt fort, fahrt fort. Was ist mit euch geschehen? Gelang es dem Wesen euch in ihren Bann zu ziehen?“

Mit klopfendem Herzen rutscht sie näher an den Vampirjäger heran, um kein Wort, keine Silbe der spannenden Geschichte zu verpassen.
:)
 

Tiriki

Schalk
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Du, Abraham? Erzählst du bald weiter?
Du machst das so schön und ich hab schon ganz viel davon gehört!

Tiriki macht es sich in einem der Sessel bequem und wartet.
 

Lara-Mira

Jazz-Katze
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Süßliche Schwere machte sich in dem dunklen Raum breit. Lara rutschte aus dem Poster und spazierte durch das kleine Kaminzimmer. Die Glut der Feuerstelle war lange erloschen und der Geruch von kaltem Rauch lag in der Luft.
Sie näherte sich der vom Atem beschlagenen Luke und rüttelte an der Verriegelung.
Der Hebel ächzte und knarzte, offenbar wurde er selten benutzt. Es kostete sie ein wenig Mühe den Riegel zu öffnen. Aber es wurde belohnt. Klare frische Luft bahnte sich in den Raum und löste sanft die herumziehenden Nebelschwaden auf.
Lara sah sich um. Ihr leises Wispern klang beinah unverhohlen und zerbrach abrupt die Stille. „Sagt hochgeschätzter Herr van Helsing, wollt Ihr denn so gar nicht weitersprechen? Uns berichten, was dann mit Euch geschah?“
 

Abraham van Helsing

Vampirjäger
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Entschuldigt, meine treuen Zuhörer, lange ließ ich euch warten. Eine tiefe Melancholie hatte mich ergriffen, als ich die alten Erinnerungen wieder hervorgrub. Doch hört nun, was weiter geschah.

<i>Ich wäre in jener Nacht sicherlich endgültig gestorben – was vielleicht viel Leid verhindert hätte, sicherlich aber noch mehr dunkles Verderben über die Welt gebracht hätte.
Kaum machte ich den ersten Schritt, da glaubte ich plötzlich eine andere, männliche, Stimme zu hören: ‚Wehren Sie sich! Sie dürfen es nicht zulassen!’
Und wieder sie: ‚Komm Abraham, komm! Ich werde Dir Dinge zeigen, die du nie zu träumen wagtest!’
Ich fühlte mich hin und her gerissen und machte dabei den zweiten Schritt. Noch ein Weiterer und ich würde in ihrer Reichweite sein – und der ihrer Fänge!
Entsetzen und Verlangen kämpften in meinem Inneren.
Aber nicht nur ich führte einen stillen Kampf. Mina und der Fremde rangen um den gemeinsamen Körper. Schweiß glänzte auf dem Gesicht der Kreatur.
Und ich verstand: Wer immer den Kampf um mich gewann, würde auch den Kampf um den Körper gewinnen!
Mit dieser Überlegung machte ich den letzten Schritt.
Ein triumphierendes Lächeln umspielte den Mund der Kreatur, während ihre Augen blankes Entsetzen ausdrückten.
Ihre Arme zuckten vor und wieder flüsterte Minas Stimme in meinem Kopf: „Abraham! Dein Leiden wird jetzt ein Ende haben, fürchte Dich nicht!“
Ihre Umarmung war sinnlich verführend und abstoßend schrecklich zugleich.
Die Hand in meinem Nacken schien zu pulsieren, als wäre sie flüssig, steinhart und wächsern zugleich.
Ihr Mund mit den gebleckten Fängen näherte sich meinem Hals, während sie mich mit ihren Augen bannend anstarrte.
In diesem Moment veränderten sich ihre Pupillen, von dem sanften Braun eines scheuen Rehs verwandelten sie sich zu den gelbgrünen Schlitzen eines Raubtieres. Eine Wolke nach altem metallisch stinkendem Blut schlug mir ins Gesicht. Mein Kopf zuckte zurück.
Was tat ich da?
Mit einem Aufschrei warf ich mich nach hinten, in die unerbittliche Kraft ihres – seines? – Arms hinein.
Endlich erlangte ich die Kontrolle über meinen Körper zurück und nur ein Gedanke brannte in mir: ‚Bloß weg von dieser Kreatur!’
Meine Arme fuhren empor und ich versuchte sie von mir weg zu drängen, die eiserne Klammer ihres Griffes zu lösen aber es schien aussichtslos. Es konnte nur noch Augenblicke dauern, bis Mina wieder die Oberhand in diesem ungleichen Kampf gewann.
So konnte, so durfte es nicht enden!
In diesem Moment drängte etwas aus den Tiefen meines Geistes empor. Wie eine dunkle Woge riss sich etwas in meinem Inneren los, drängte sich nach vorn und stieß jeden Gedanken, den ich hatte beiseite.
Ich sah Bilder von Orten, die ich nie besucht hatte. Personen, die ich nie getroffen hatte und Dinge, die ich nie getan hatte.
Schreckliche Dinge. Ein Labor – eine Kajüte – und ich? Beugte mich über eine gefesselte Frau, die mich in den Armen hielt. Meine Hände strichen über ihr Gesicht, prüften ihre eisernen Klammerarme. Ich lachte, schrie, triumphierte, wimmerte, als meine Hände, die sich zu langen Klingen aus Knochen und Fleisch verformt hatten, der gefesselten Umklammernden in ihre Brust glitten.
Es war, als wäre ich in ihren Körper eingetaucht, als existierte eine fleischliche Verbindung zwischen mir und ihr – und IHM!
Die Hände meines fremden Ich glitten durch den Körper, folgten ihren Herzschlägen. Tastend, suchend, sortierend!

Irgendwann übermannte mich Dunkelheit, bleierne Müdigkeit breitete sich in mir aus – und der Durst. Aber ich trank.
Meine Zähne bohrten sich in ihren weißen makellosen Hals. Mit einer Umarmung umfing ich ihren jungen Körper, der sich nur noch schwach wehrte. Dann strömte ihr Blut über meine Lippen und nie gekannte Extase durchströmte meine Adern.
Und wieder sah ich Bilder. Erinnerungen, die nicht meine – oder doch? – waren. Ihre, meine, Mutter, wie sie mich, sie mit einem glücklichen Leuchten in den Augen in die Arme nahm.
Ein Begräbnis; Mutter war gestorben aber ich verstand es nicht. Dann die Nacht, als ich das Fenster öffnete, während van Helsing auf seiner Wacht eingeschlafen war. Hinaus in den Garten, wo er schon auf mich wartete, endlich, endlich konnte ich bei ihm sein, für immer! Das Gesicht Drakuls, als er sich über mich beugte.
Schreiend riss ich mich von ihr los. Ihr lebloser Körper stürzte zu Boden, wo er wie ein altes nasses Kissen liegen blieb.
Eine kräftige Hand hatte mich zurückgerissen – eine Hand, die vollkommen behaart war!
Müde, entsetzt und zitternd wandte ich meinen Kopf von der toten Vampirin ab, wahrnehmend, dass ihre Haut zerfiel und wie Staub in die Ritzen zwischen dem Holz davon wehte.
„Danke Doktor, sie haben mir das Leben gerettet!“
Der Fremde war ein aufrecht stehender Wolf.</i>
 

Lara-Mira

Jazz-Katze
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„Fürwahr, verehrter Herr van Helsing. Das, was Ihr erleiden musstet, entbehrt jeglicher Vorstellung. Gut oder Böse! Es scheint mit, dass es schwer zu sagen ist, wer mit rechten Absichten, wer mit verheerenden Gedanken Euch entgegentritt.“ Nachdenklich stieß sich Lara von dem Fenster ab und kehrte zu ihrem Sessel zurück. „Nach all diesen Schrecken, die Euch widerfahren sind, ...!“ sie legte eine kleine Pause ein. „könnt Ihr doch so besonnen und gefasst erzählen! Ihr seid ein wahrlich erstaunlicher Mann.“ Sie lehnte sich zurück, griff zu ihrem Tee und wartete [flüster]geduldig[/flüster], dass er mit seiner Geschichte fortfuhr. :)
 
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