<i>Sie können sich sicherlich mein Erschrecken vorstellen. Gerade war der Raum noch verlassen und plötzlich spricht mich jemand aus einem der Sessel an! Inzwischen habe ich zwar selbst die Fähigkeit der Verdunkelung erlernt aber zum damaligen Zeitpunkt, war mir die ganze dunkle Welt der Vampire völlig fremd!
Ich wandte mich also der Richtung zu, aus der die Stimme erklungen war, konnte jedoch nicht mehr als einen dunklen Schemen erkennen. Es schien, als würden die Schatten eine Gestalt formen, die immer wieder verschwamm. Die Gliedmaßen wirbelten ein ums andere Mal umeinander, vertauschten ihre Position und machten es so einem Betrachter völlig unmöglich, diese Gestalt länger mit dem Auge zu fixieren. Ein leichtes Gefühl von Übelkeit kroch durch meinen Magen und ich wandte meinen Blick von meinem Gastgeber ab. Dabei entdeckte ich, dass ich, wenn ich ihn aus den Augenwinkeln beobachtete, durchaus in der Lage war, ihn halbwegs anzusehen. Das Wirbeln der Schatten schien abzunehmen, wenn man sie nicht direkt fixierte.
"Setzen Sie sich doch, Doktor!", wenn ich jemals jemanden gehört habe, der in das Wort ‚Doktor' allen Zynismus und Spott der Welt legen konnte, dann war es der Prinz von Frankfurt.
Wie unter einem Zwang stolperte ich zu einem der Sessel und setzte mich.
"Nun, Herr van Helsing, Sie werden sich sicherlich fragen, warum gerade ich Sie erwartet habe - schließlich sind sie der erklärte Feind aller Vampire!", die Ironie seiner Worte war selbst für einen Stupiden wahrnehmbar.
"Aber wie es scheint, sind Sie wohl in einen, Glaubenskonflikt geraten!", der Prinz kicherte über seinen etwas plumpen Scherz, wurde aber sofort wieder ernst.
"Sie scheinen nicht zu Scherzen aufgelegt. Naja, es wird für Sie noch etwas verwirrend sein. Alle diese neuen Eindrücke, die Kräfte, der Durst - die UNSTERBLICHKEIT! Wie ist es, Doktor, verabscheuen Sie sich schon? Wie viele Sterbliche haben Sie auf dem Weg hierher getötet? Zwei, drei, hundert? Ohh, an Ihrem Gesichtsausdruck sehe ich, dass Sie peinlich berührt sind. So schnell haben Sie ihre Ideale verraten?"
Ich setzte zu einer Entgegnung an aber der Schatten winkte nur kurz gelangweilt mit der Rechten und ich brachte kein Wort hervor.
"Langweilen Sie mich nicht mit ihren Rechtfertigungen. Sie sind nicht der erste Welpe, den ich sehe und ich kenne euch Küken sehr gut. Also lassen wir das Geplänkel, Sie fragen sich sicher, was ich, der Prinz von Frankfurt, von ihnen will."
Ich konnte noch immer nicht reden, also nickte ich kurz, was ihm als Antwort zu genügen schien.
"Nun, sagen wir es so, ich habe da ein kleines Problem mit einem Vampir - wie unerwartet oder? Er muss beseitigt werden, allerdings darf niemand wissen, dass ich ihn habe töten lassen. Deshalb kann ich auch keinen meiner Männer für diesen Auftrag nutzen. Die Freunde meines Problems würden am Geruch erkennen, wer dahinter steckt. Deshalb kommen Sie genau recht, sie riechen noch so schön nach Mensch! Und ihre Abscheu gegen uns Vampire hinterlässt einen geradezu widerwärtigen Gestank nach Rechtschaffenheit - niemand würde bei diesem Geruch auf mich oder meine Leute kommen! Jetzt werden Sie sicherlich fragen, warum Sie jemanden für mich, einen Vampir, beseitigen sollten. Nun, zum Einen sind sie doch der weltberühmte Vampirjäger, in wessen Auftrag Sie nun jagen, kann ihnen ja erst mal egal sein. Und außerdem besitze ich etwas, dass Sie ihm Moment nötiger brauchen alles irgendetwas sonst - Wissen! Ich kann Sie lehren mit ihrer neuen Existenz umzugehen, ihre Fähigkeiten effektiv einzusetzen, ihnen helfen stärker zu werden!"
Er schien gar nicht auf eine Antwort zu warten, der Schatten erhob sich und strebte zu einem der Regale. Kurz darauf warf er mir etwas in den Schoß, einen Stoßdolch, wie ich erkannte. Die Klinge war etwa drei Spann lang und glänzte matt im Licht des Kamins.
"Das werden Sie brauchen. Damit können Sie das Herz des Vampirs herausschneiden. Sobald Sie es haben, kommen Sie wieder zu mir. Bringen Sie mir das Herz meines Problems und ich werde Sie lehren, ein Vampir zu sein!"
Wieder wartete er nicht auf eine Antwort. Meine Hilfe schien für ihn eine Selbstverständlichkeit. Er trat zur Tür, öffnete Sie und wechselte mit dem draußen wartenden Siegfried ein paar Worte: "Er ist soweit. Instruieren Sie ihn und bringen Sie ihn da in die Stadt zurück!"
Er schien dem Vampir noch kurz etwas zu zuflüstern, dann verschwand er auf dem Gang und ließ mich mit Siegfried allein.</i>