Comics!

Lisra

Schmusekater
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Seit dem letzten Sommer habe ich weniger Bücher gelesen, sondern, zu meiner größten Überraschung, DC comics. Darüber möchte ich mich jetzt ein bisschen auslassen und hoffentlich ein bisschen Diskussionsstoff schaffen.


Es begann ganz harmlos mit…

Batgirl 2009 (Oder auch Batgirl: Rising; Batgirl: The Flood und Batgirl: The Lesson)

Meine Einführung in die DC Welt. Weil die ersten 2 Sammelbände sehr schwer zu bekommen sind, fing ich mit Band 3, the lesson, an. Zufälligerweise gibt Batgirl zu Beginn einer neuen Freundin und Helferin eine Zusammenfassung des furchtbar komplizierten Plots. Ich gebe ihn wirklich kurz wieder, denn ohne zumindest ein bisschen Hintergrundwissen, und selbst mit viel, können diese Comics seltsam und verwirrend sein.

Am Anfang war Bruce Wayne, dessen megareiche Eltern ermordet wurden. Er schwor Rache, trainierte zur körperlichen Perfektion und wurde Batman. Nach kurzer Zeit nahm er ein Waisenkind, Richard („Dick“) Grayson unter seine Fittiche, und bildete ihn zum ersten Robin aus. Als Robin aber ein junger Mann wurde, überwarfen sich die beiden und Dick zog aus um alleine, als Nightwing, Verbrechen zu bekämpfen. Um den Verlust zu verarbeiten versuchte Bruce ein Straßenkind, Jason Todd, zu einem neuen Robin zu machen, doch aus komplizierten Gründen wurde das nichts, und Jason verschwand, vermutlich tot, und tauchte erst Jahre später als noch schlimmerer Selbstjusitzler wieder auf. Zwischenzeitlich war Bruce von einem dritten Jungen konfrontiert worden, Tim Drake, der seine geheime Identität ganz alleine ermittelt hatte. Davon schwer beeindruckt machte Bruce ihn zum dritten Robin. Selbiger Robin traf unsere Heldin, Stephanie Brown, eines Nachts beim bekämpfen eines Kriminellen. Es stellte sich heraus, dass dieser Kriminelle Stephanies missbrauchender Vater war, und sie es sich zur Aufgabe gemacht hatte, seine kriminellen Unterfangen zu verhindern, in der lila Verkleidung des Spoilers. Die gesamte Batman Crew versuchte sie davon abzubringen, da sie nicht die wahnsinnigen Talente der übrigen Selbstjustizler besaß. Trotzdem blieb sie dabei und wurde sowohl Tims feste Freundin, sondern auch die Freundin Barbara Gordon, Tochter des berühmten Komissars Gordon und das erste Batgirl, und Cassandra Cain, das zweite Batgirl nachdem Barbara eine Pistolenkugel in die Wirbelsäule bekam und, an ihren Computer und Rollstuhl gefesselt, der Hacker des Teams wurde. Alles war gut, bis auf die Tatsache, dass Stephanie sich immer wieder in Gefahr begab um dem Team zu „helfen“. Dann starb Bruce. Dick wurde der neue Batman, Tim wurde sein eigener Herr, und ein aus dem nichts aufgetauchter leiblicher Sohn von Bruce namens Damian wurde der neue Robin. Nach dem Tod von Bruce gab Cassandra, inzwischen auch ein Adoptivkind von Bruce, den Batgirl Mantel auf und übergab ihn an Stephanie, zum allgemeinen Entsetzen der Crew.

….

Yeah.

Es wird am besten durch den darauf folgenden Dialog erklärt.

Barbara: And then she left?
Wendy: And then she left. She could just have said „it’s complicated“.

Und kompliziert scheints tatsächlich zu sein, obwohl ich entgegen dem was ich zuerst behauptet hab, völlig sicher bin dass man seinen Spaß an den Comics haben kann ohne auch nur die leiseste Ahnung zu haben wer wer ist und was warum passiert.

Ok, soweit so gut, aber wie ist der eigentliche comic? Nun… I <3 Batgirl. Jedenfalls Stephanie Brown als Batgirl. Es ist wirklich erfrischend eine DC Figur zu treffen, die weniger wahnsinnig ist, als die ganzen Schurken die unausweichlich immer wieder kommen und gehörig eins aufs Maul kriegen. Steph mag durch ihre schlimme Kindheit (ich habe einiges aus der Zusammenfassung weggelassen, weil es nicht wirklich wichtig und nur extra verwirrend ist, anfangs) zuerst motiviert worden sein, aber jetzt ist sie eine kostümierte Heldin, weil es genau das ist was sie machen will. Batman, und die meisten anderen Helden, sind letztlich nicht weniger neurotisch und psychologisch vernarbt als ihre Gegenspieler. Stephanie hingegen ist verhältensmäßig fröhlich, geistig stabil und optimistisch geblieben und geht Verbrecher verprügeln mit der Freude eines Teenagers bei Rockkonzerten entgegen. Sie ist damit ein bisschen das gute Gegenstück zu Catwoman, die wertvolle Dinge stiehlt weil es ihr Spaß macht.

Stephanie hat also den Batgirl Mantel von Cassandra bekommen und verbringt die ersten paar Hefte damit sich Anerkennung zu verschaffen. Nach einem dramatischen face-off mit Scarecrow, bekannt aus den letzten 3 Batman Filmen, indem sie erfolgreich einen Angst-Gas angriff übersteht, bildet sie zusammen mit Barbara/Oracle, ein neues Team, misstrauisch beäugt vom neuen Batman und Robin. Sie bekommt sogar einen eigenen Kontakt im GCPD, Detective Nick Gage, in den sie sich ein bisschen, aber harmlos, verguckt.
Dem folgt dann das Übliche. Monster, Superschurken, Roboter, magische Wesen und, in einer interessanten Folge, aus einer Kinoleinwand entkommen Dracula Klone, die konstant Weltschmerz-Sprüche von sich geben, während Stephanie eigentlich mit Kara/Supergirl einen kitschigen Mädchenabend machen wollte.

Am meisten stach für mich die Leichtigkeit des Tonfalls, wegen der fröhlich und sprunghaften Heldin, heraus, was einen schönen Gegenpol zu den oft wirklich grimmigen Batman Geschichten bildet. Stephanie wächst über die 21 Hefte als Charakter, was noch besser wirkt wenn man sich etwas mit der Vorgeschichte der Figur beschäftigt. Das ist aber wirklich nicht einfach, wegen der Art und Weise wie Comic-Universen gehandhabt werden. Steph liefert sich auch gleichsam knuffige und leicht verstörende Wortgefechte mit Damian/Robin und die Entwicklung ihrer Beziehung zueinander ist ebenfalls sehr interessant zu lesen. Trotz all der hochnäsigkeit über ihren angeblichen Mangel an Fähigkeiten sieht der kleine Spinner sie in kindlicher Manier als Konkurrent um die Anerkennung von Batman/Dick.

Die Zeichnungen sind bemerkenswert konsistent für eine DC Serie, weil es nichtmal eine handvoll von Zeichnern gibt. Dies verhindert das stellenweise echt schmerzhafte Wechseln von Stilen in einem Sammelband, dass zB. Batman immer wieder plagt. Nicht genial, aber hübsch.

Vielleicht als Schlussbemerkung: Stephanie weicht so sehr von den üblichen Superheldinnen ab, dass ganze 2 Mal in 21 Heften angemerkt wird, dass sie ihr Kostüm ausstopft und push ups trägt. In einem Universum mit Power Girl sind Körper-Komplexe vielleicht schnell zu erklären? Wer weiß.

Insgesamt ein gut geschriebener, leichtherziger Comic mit Action und Charme, der aus einer ganz anderen Ecke kommt als die meisten DC Comics.

Selbstverständlich bedeutete dass das aus nach 2 Jahren. Mittlererweile wurde die Kontinuität neu gestartet. Barabra ist wieder Batgirl und nicht mehr Querschnittsgelähmt und Stephanie ist bisher nicht wieder aufgetaucht. Dies beginnt ein leider sehr schnell vertraut werdendes Muster.


Birds of Prey: Endrun und Birds of Prey: The Death of Oracle

Okay, wie mach ich das verständlich… Also. Die Birds of Prey sind ein Team von überwiegend weiblichen Superhelden (Black Canary, Huntress und Barbara-Batgirl, vor allem) die in Zeiten als Barbara Gordon noch ihre Beine bewegen konnte sehr aktiv waren. Seit dem ist es jedoch still geworden, bis Barbara/Oracle das Team wieder zusammenruft, weil jemand eine wahnsinnig größe Erpressungsaktion vorbeiretet – das veröffentlichen von ALLEM geheimen Identitäten. Der paranoide Batman hatte nämlich im Laufe der Jahre viele Infos über seine kostümierten Kollegen gesammelt, falls mal jemand grob aus der Reihe fällt und aufgehalten werden muss. Offenbar kam jemand an die Daten… aber wer?

Ab diesem Moment wird der Plot total konfus und ich werde ihn nicht weiter beschreiben. Was folgt ist einerseits eine Montage von Frauen in Fetisch Outfits die einander und gelegentlich auch Männer verprügeln (wobei ein Mann auf der Seite der Birds kämpft, Hawk, seineszeichens Avatar des Krieges und die Art von Supermensch der genervt ist wenn man ihn mit einem Panzer anfährt) und andererseits eine komplexe Auseinandersetzung damit, was es heißt persönliche Beziehungen und Familien im Kontext von Superhelden Comics zu haben. Klingt widersprülich? Ist es auch, vor allem mit den Kostümen der Birds. Als interessanter Fakt: Die Serie wurde vor allem durch das Writing einer einzigen Frau, Gail Simone, geprägt. Aber ich schätze entweder Marktkräfte sind hier am Werk, oder auch Frau Simone mag kräftige Frauen in engen Outfits. Wer denn auch nicht?

Das Writing in Birds of Prey ist noch besser als in Batgirl, sobald es die etwas komplexeren Themen angeht. Die Serie wird insgesamt aber durch den wirren und stellenweise ohne Vorkenntnisse völlig unverständlichen Plot nach unten gezogen. Öfters mal kommen Figuren vor die jeder, außer mir, sofort kennt und die irgendwie Bedeutung für das geschehen haben…
Ebenfalls negativ fallen die häufigeren Wechsel an Zeichnern auf. Das ist sicher etwas an das ich mich gewöhnen muss wenn ich Comics lese, aber der Wechsel von Stilen, gerade wenn einer der Zeichner *deutlich* talentierter ist als der andere, vergrätzt mich ein bisschen.

Mit dem Zweiten Band, The Death of Oracle, nimmt der Plot wieder eine Form an die ich verstehen kann. Barbara/Oracle, wie bereits erwähnt jetzt ein Hacker und primärer Zentraler Info-Hub für viele Helden der Welt, möchte ihren Tod vortäuschen um die Menschen (und Helden) um sie herum weniger schnell zu Zielen zu machen. Durchaus einige Schurken haben nämlich begriffen, dass es besser ist die Kommandozentrale anstatt die einzelnen Kämpfer auszuschalten. Deshalb fasst sie einen Plan…

Danach gibt es noch eine, ebenfalls interessante, Storyline die begonnen wird, jedoch traf das gleiche ein wie schon bei Batgirl, nur schlimmer: Die Serie wurde wegen des universumsweiten reboots abgebrochen und die Story wurde nicht zuende erzählt.

Jetzt gibt es die Birds of Prey zwar noch/wieder, aber alles, von den Teammitgliedern zu den Hintergrundgeschichten, wurde verändert. Ich habe wirklich die Tendenz Serien zu kaufen, die zu früh enden.


Nächstes Mal:

*Batman: The Dark Knight Returns, der Miller Klassiker
*Batgirl 2008
 

Lisra

Schmusekater
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Batgirl 2008 (Silent Running, etc.)

Puh. Ja. Wow.
Ok, also Cassandra Cain ist das zweite Batgirl, ein Mädchen dass eher zufällig zu Batman fand und weder sprechen noch lesen oder schreiben konnte, aber ein Talent fürs kämpfen besaß. Ok, das haben wir irgendwie schonmal gehört, aber gut. Nach und nach lernte sie richtig sprechen, blieb aber emotional und sozialskillig apart. Fans von Evangelion werden das als Rei Syndrom wiedererkennen.
Dann tauchte ihr Vater auf der bildfläche auf, Mördermeister David Cain, der sie in Dunkelheit, und Stille erzog und sie, natürlich, zur perfekten killermaschine zu machen. Klappte natürlich nicht, und flugs landete David wieder in der Versenkung. Cassandra aber vergaß nicht, und entschloss sich schließlich dazu ihn aufzuspüren und Rache für alles zu nehmen. Wie es der Zufall will hat Vater David gerade wieder einen großen Plan, zusammen mit 2 Mörder Kollegen. Irgendwas mit Geklonten Super-Kriegerinnen (was ist es mit diesen Männern und Superfrauen?). Seine 2 Kollegen haben ebenfalls Töchter, die sie ausgiebig misshandelt haben in dem Versuch, genau, Superkriegerinnen zu formen. Also schließen sich die 3 Frauen unwillig zusammen und versuchen ihren Vätern die Ohren und anderes abzureißen.

Leider ist der Rest der Bat-Familie damit nicht einverstanden, und ein großer Teil der Spannung kommt dadurch, dass besonders Nightwing ihr nicht mehr über den Weg traut. Batman hat, wie immer, seine ganz eigenen Pläne.

Spoiler!
Nach einem spannenden Kampf stürzt David Cain (vermutlich?) zu seinem Tod. Batgirl ist frei und hat den Bat-Code nicht gebrochen, da sie ihn nicht direkt getötet hat, sie rettete ihn nur nicht. Etwa so wie Batman in Batman Begins.
Spoiler!
Dann adoptiert Bruce sie. Ein durchaus emotionales Ende für Cassandras Zeit als Batgirl, denn als Serie fortgesetzt wurde, gab sie das Kostüm an Stephanie Brown weiter.


Die Dialoge sind direkt-aggressiv und passiv-aggressives Anfeinden, innere Monologe von jemanden mit wenig Fähigkeit dazu Emotionen zu äußern, darum kommt der meiste emotionale Impact durch die Zeichnungen. Die gesamten 8 Hefte lang bleibt der Stil konsistent und man gesteht den Figuren mehr Mimik zu als sonst bei Batman und co der Fall ist. Trotzdem vermisse ich die Leichtigkeit der späteren Batgirl Reihe. Allerdings liegt letztendlich genau wie bei Birds of prey unter all der Gewalt und den albernen Kostümen wieder ein tieferes Thema. Hier geht es um ein Mädchen, dass essentielle Dinge in der Kindheit nie erfahren hat, nie ein richtiges Zuhause hatte, und lange Zeit in dem einzigen was sie kannte, Gewalt, Zuflucht und eine Lösung für alles suchte. Das letzte Heft zeigt genau darin Veränderung, ein Herauswachsen aus purer Gewalt, ein Artikulieren von Wünschen. Nicht schlecht für eine Heldenfantasie mit Lederkostümen im Fledermaus Stil.

Schade ist nur, dass ich keine Ahnung habe warum Nightwing von Beginn an misstrauisch ist.. irgendwas damit dass Cass zuvor durch irgendwas Gedankenkontrolliert worden war…? Keine Ahnung. Fand unter einer Heftreihe statt die ich nicht gelesen habe, Detective Comics oder so.

Insgesamt zu empfehlen. Deutlich finsterer als Stephs Abenteuer, aber trotzdem lesenswert.


The Dark Knight Returns

Das ist der große. Neben Watchmen offenbar einer der wichtigsten Comics die jemals erschienen sind. Davon hab‘ ich aber natürlich nichts gewusst.
Batman ist seit 10 Jahren im Ruhestand und ein Alkoholiker. Jason ist tot, Dick verschwunden, Jim Gordon kurz vor der Pensionierung. Natürlich geht es immer weiter abwärts mit Gotham City. Eines Nachts wurd Bruce von 2 Schurken einer neuen Gang, „the Mutants“, überfallen. Bitter, denn Batman ist immer bitter, fasst er den Entschluss zurückzukehren. Zusammen mit einem 13 jährigen Mädchen namens Carrie, lässt Bruce bald wieder alle Kriminellen vor Batman&Robin zittern, bald verfolgt von Superschurken, normalen Schurken, der Polizei unter Führung eines neuen Chefs und am Ende sogar Superman. Dieser ist übrigens noch tiefer gesunken als Bruce. Einige Jahre zuvor traten beide, und vermutlich andere Superhelden, vor den US Kongress. Superman unterwarf sich der Regierung und wurde eine unsichtbare Wunderwaffe. Batman lachte ihnen ins Gesicht.

TDKR ist finster. Wirklich finster. Gotham ist eine dunkle Alptraumstadt, die Gewalt ist allgegenwärtig und die meisten Bewohner die mehr Screentime bekommen als nötig ist um wegzurennen oder ermordet zu werden sind entweder völlig hilflos oder moralisch genauso verkommen wie die Kriminellen, nur von einer anderen Seite. Vielleicht erinnert sich jemand von euch an einen Satz aus Pratchetts „Guards!Guards!“:

„I believe you find life such a problem because you think there are good people and bad people. You're wrong, of course. There are, always and only, the bad people, but some of them are on opposite sides.”

Das ist ein riesiger Teil der Bevölkerung in TDKR. Strohmänner jder politischen Gesinnung tauchen auf und geben dümmliche Sprüche von sich, allen vorran ein Präsident der kein Stück RR ist. Aber auch die liberaleren Stimmen kommen nicht gut weg, werden sie doch als weltfremd und selbstsüchtig dargestellt. Am Ende gibt es nämlich nur eins dass die Guten Seiten der Menschen von Gotham hervorbringen kann: Batmans mächtige Faust.
Das ganze ist schon ganz schön faschistisch angehaucht, obwohl Batman natürlich dafür bekannt ist Probleme durch harte Schläge zu lösen, selbst in der campigen Adam West Show. Man kann Miller aber, in diesem Werk zumindest, keine rechten Sympathien vorwerfen, denn jende die die Schwachen ausbeuten bekommen es besonders hart ab. Das Werk ist nur durchsetzt von verstörendeb Äußerungen, welche ich wirklich gerne zitieren würde, aber ich habe das Buch bisher nur lesen können, als Zelon es mit aufs Köln FT brachte. Also habe ich es nicht zur Hand. Meine Erinnerung spuckt aber mindestens eine Szene aus, wo jemand dafür abgestraft ist, schwach und beschützenswert zu sein. Aber Opfer werden sowieso gerne als Sündenböcke hingestellt, obwohl auch hier wieder keine klare Gesinnung zu erkennen ist, denn alle werden als gleich schlecht dargestellt. Das ist natürlich ein Problem bei so finsteren Settings, es gibt keine wirklichen Sympathieträger. Batman auch nicht, denn er ist ein neurotisch, gewaltätiger, alter Sack der selbst für Batman eine Menge sinnlose Gewalt verteilt, ein Kind in seinen Kreuzzug einbindet (Als er Robin gerade noch so verletzt rettet sagt er “Good Soldier” während sie sich blutend an Seine breite Brust kuschelt…) und die gewalttätigste Gang der Stadt zu seiner Privatarmee macht und Gewaltexzesse im namen von Verbrechensbekämpfung gutheißt oder zumindest weder ahndet noch in zukunft verhindert. Auch das riecht ganz erbärmlich nach faschistischen Untertönen. Batman ist hier mehr denn je ein Zweck-heiligt-die-Mittel Typ.

Ok, es wird unstrukturiert.

Also, die moralischen und politischen Strömungen in diesem Werk gehen konfus in alle Richtungen und keine ist positiv.

Ist es spannend? Oh ja.

Ist es brutal? Aber sicher doch.

Ist es seinen Ruf wert?
Ja. Aber für mich vielleicht aus einem anderen Grund.

Nachdem Batman mit eiserner Hand wieder etwas Ordnung in Gotham hergestellt hat, schickt die Regierung Superman und eine Armeeeinheit los um ihn kaltzustellen. Batman wirft sich in einen Kampfanzug und prügelt den Mann aus Stahl zu Boden, um all die Frustration die er mit Supermann hatte rauszulassen.
Ganz im ernst, das war richtig großartig. Nicht nur weil Superman als lahme Ente der Regierung rüberkommt, sondern weil es ein schönes letztes FU eines einzelnen gegen ein überwältigendes System ist.
Dann stirbt Batman.

Aber weil es Batman ist, hat er das natürlich auch geplant…


TDKR ist in meinen Augen kein Meisterwerk, aber ein Meilenstein. Es führt all die finsteren Elemente die sich immer mehr in Batman angesammelt haben, kaum zu glauben wenn man die gaaanz alten Comics liest, zum logischen Extrem. Es ist auch ein Zeitdokument der 80er Jahre, wie Queensryche und Blade Runner. Die Dialoge sind viel Macho-Tough Talk, Platitüden von Strohmännern und finster-garstiges Gemurmel voller Angst, Neid und Egoismus. Die Zeichnungen sind… eigen. Nicht so schwer ansehnlich wie andere Comics, aber definitiv ein Schwachpunkt. Man muss Millers Stil mögen.

Man kann hier definitiv auch die ersten Anzeichen für Millers verquere Ansichten sehen, die dann später im Jihad Comic mündeten.

Trotzdem, ein Meilenstein für Comics. Ein finsterer, politisch und moralisch sehr fragwürdiger Meilenstein.
 

Zelon Engelherz

Wachritter des Helm
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"The Dark Knight Returns" Hauptproblem ist halt, dass es mehr sein möchte, als es eigentlich ist. Was zunächst als (noch) düstere Alternative zum klassischen Batman der 80er in einem überdrehten und überzogen versifften Gotham beginnt, verwandelt sich in den Versuch etwas auszusagen oder zumindest die Politik der 80er zu kritisieren.

Gelingt das? Nö, wie Lisra schon schrieb, die Strohmänner labbern zu dümmlich daher und wenn die einzige einigermaßen "gute" (weil halt handelnde) Figur ein Spinner in einem Fledermauskostüm ist, kann man das nicht wirklich ernst nehmen, vor allem dann nicht wenn eben jener Spinner später mit einem Panzer durch die Gegend fährt und trotz seines hohen Alters Stunts wie ein junger Hüpfer macht.

Und am Ende merkt man halt, dass die Welt deshalb so düster ist, damit Batman besser dasteht. Ja er hat Spaß dabei andere zu vermöbeln, ja er ist ein Sadist, aber seine Gegner sind Massenmörder, Kannibalen und töten zum Spaß, da ist er doch bestimmt die bessere Alternative, nicht wahr?

Letztendlich kann man TDKR für vieles verantwortlich machen, was danach geschah. Dafür, dass die Comics düsterer wurden (zum Guten, wie auch öfter zum Schlechten), aber auch dafür Batman aus der Versenke geholt zu haben, da wohl damals die Verkaufszahlen im Keller waren. Und daraus resultierten dann wohl auch echte Klassiker wie "The killing Joke", welche wiederum als Vorlage für den Tim Burton Batman diente und daraus wiederum die Batmanzeichentrickserie aus den 90ern und aus deren Erfolg wieder andere Serien, die ich früher sehr gemocht habe und heute immer noch gerne anschaue.

TDKR hat also einiges Gutes bewirkt, aber das ändert nichts daran, dass es am Ende nur mittelmäßig ist. Was mit einem guten erste Heft beginnt, in dem wir noch einmal die labile Psyche Bruce Waynes präsentiert bekommen, verwandelt sich in einem bekloppten Cartoon, in dessen Verlauf Bats wie gesagt in einem Panzer auf Leute zu schießen und sich mit der Regierung anzulegen beginnt, weil diese plötzlich kostümierte Leute außerhalb des halbgöttlichen Supermans ernst zu nehmen beginnt (der auch massiv kastriert wurde, damit Batman wieder schlauer und besser dasteht).

TDKR weiß nicht wohin mit all seiner Wut und seinem Verlangen uns zu erklären, warum Batman so toll ist und warum wir ihn als unseren aller Führer akzeptieren sollen und am Ende legt man es mit dem Gefühl aus der Hand, zwar etwas (comic)historisch wichtiges gelesen zu haben, aber jetzt nichts was einem wirklich begeistert oder von Hocker haut. Wie Pflichtlektüre im Deutschunterricht.

Und das ist auch am Ende, wenn man sich für die Historie der amerikanischen Comicindustrie interessiert. Man sollte es zumindest einmal gelesen haben und dann mit weiteren Klassikern vergleichen, damit man auch die moderneren Comics versteht. Vielleicht genießt man diese umso mehr, denn zum Glück ist man dann doch nicht in den 80ern stehengeblieben und hat sich weiterentwickelt.
 
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Kraven

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Hm... ich bin versucht, aber ich glaube, ich unterschreibe einfach Lisras "Kein Meisterwerk, aber ein Meilenstein".
Ein guter, düsterer, brutaler Comic mit einem "Helden", den man wirklich nur in Klammern setzen kann - aber das ist okay. Es bleibt eine gute Geschichte. Lest sie.

Und nun, eine musikalische Unterbrechung.

Wenn alle Männer Mädchen wären, dann wär die Welt perfekt
Keine Sorgen, keinen Hass, kein Mensch, der dich erschreckt
Wenn alle Männer Mädchen wären, wär's paradiesisch hier
Wenn alle Männer Mädchen wären, ich mein natürlich, alle außer mir


Y - The last man

Am 17. Juli 2002 tötet eine unbekannte Seuche innerhalb eines einzigen Augenblicks jedes männliche Säugetier auf dem Planeten. Alle Männer sind tot, jedes männliche Kind, jeder Embryo, jedes befruchtete Ei und jedes Spermium mit einem Y-Chromosom, sterben.
Alle, außer Yorrick Brown, seines Zeichens New Yorker Entfesselungs- und Zauberkünstler, der sich auf einmal in einer Welt wiederfindet, die sehr, sehr seltsam geworden ist...
Denn wenn wir uns die Quotendebatte der letzten Jahre mal angucken, was bedeutet ein Genderzid?
495 der 500 Geschäftsführer der größten Wirtschaftskonzerne dieser Erde sind tot.
85% aller Regierungsmitglieder der Welt.
98% aller Mechaniker, Bauarbeiter und Elektriker der Welt.
Jeder einzelne Priester, Imam oder Rabbi.
Außerdem 75% der US-Polizeikräfte, 95% der Feuerwehrleute, und 80% aller Ärzte.

Kurz gesagt, für die ersten Wochen bis Monate ist die Welt wieder im Mittelalter angelangt. Es ist schwer bis unmöglich, an Lebensmittel heranzukommen, weil die Infrastruktur zusammengebrochen ist. 95% aller Piloten, 90% aller Lokführer, so ziemlich jeder einzelen LKW-Fahrer... Sachen von A nach B zu kriegen, ist auf einmal eine höllische Herausforderung.
Viele Frauen schließen sich zu Gangs zusammen, weil Gemeinschaft Stärke bedeutet und es leichter macht, Essen zu finden und zu behalten. Das reicht von normalen Nachbarschaftswachen bis zu etwas... radikaleren Gruppierungen, im Comic dargestellt durch die Töchter der Amazonen, eine etwas klischeehafte, darum leider nicht minder gefährliche Gruppe durchgeknallter Kampfemanzen.
Die irgendwann herausfinden, dass es da noch einen letzten Mann auf Erden gibt.
Und die von dieser Tatsache ganz und gar nicht begeistert sind...

Okay, Punkt vorweg: Der große Schwachpunkt des Comics besteht, ausgerechnet, in Yorrick. Er ist naiv, hält sich selbst für witzig und findet permanent neue und aufregende Wege, sich und die Agentin, die auf ihn aufpassen soll, in Schwierigkeiten zu bringen.
Das ist beabsichtigt, und der Charakter wandelt sich im Lauf der Serie. Das macht ihn die ersten zwei Bände allerdings nicht weniger nervig.
Letzten Endes ist es aber auch gar nicht so wichtig, weil das eigentlich Interessante an der Serie die Welt ist, die versucht, mit dieser neuen Situation klar zu kommen.
Israel ist auf einmal die einzige Militärmacht im nahen Osten, weil es in Israel keinen Unterschied machte, ob Mann oder Frau - beide mussten an der Waffe dienen.
Australien war das einzige Land, in dem Frauen auf U-Booten dienen durften. Australien gehören jetzt die Meere.
Weil die Wirtschaft in diesem Sinne nicht mehr existiert, ist Geld wertlos geworden - eine Dose Ravioli ist weniger als ein halbes Päckchen Ooloong ist weniger als ein Päckchen Batterien, um Vibratoren anzutreiben - kein Witz.
Und dann ist da noch die Frage, wie um alles in der Welt die Spezies eigentlich fortbestehen soll...

Der Comic ist großartig gezeichnet und schön erzählt, mit einem guten Gespür für Dialoge und einem... im Laufe der Serie besser werdenden Gespür für Charakterisierung. Manche Figuren werden auch bis zum Ende hin nicht wirklich glaubwürdiger.
Das ändert nichts daran, dass der Comic lesenswert ist. Einmal, wie gesagt, die Welt.
Außerdem die Tatsache, dass der Autor darauf verzichtet, eine bestimmte politische Meinung durchboxen zu wollen. Liberale, Konservative, Emanzen und deren Gegenteil... sie alle tauchen in ihren unterschiedlichen Formen und Extremen auf, ohne dass eine Seite behaupten kann, komplett richtig zu liegen. Die Geschichte ist weder Dysto- noch Utopie, sondern meistens irgendwas dazwischen, was die Sache auch wieder sehr sympathisch macht: Weder sind Frauen hier die besseren Menschen, noch völlig hilflos ohne die starken Beschützer. Und ja, das klingt naheliegend, aber wenn man sich mal anguckt, was für Probleme diverse Medien bis heute mit weiblichen Charakteren haben, ist man für solche Darstellungen echt dankbar.

Zuletzt auch einfach: Die Actionsequenzen waren zumindest für mich eine sehr interessante Leseerfahrung. Ich halte mich für einen emanzipierten und aufgeklärten Menschen, aber ich bin ebenfalls mit den Actionhelden und Idealen der 80er aufgewachsen.
Kurz: Wenn eine Reihe von männlichen Handlangern durch den Helden niedergemäht werden, habe ich damit nicht das geringste Problem.
Wenn plötzlich das Hirn von zwei hübschen jungen Frauen an der Wand klebt, irritiert mich das. Enorm. Egal, wie gut sie bewaffnet und trainiert waren.
Was einem auch wieder Stoff zum Nachdenken geben kann.

In diesem Sinne: Lohnt sich, mal gelesen zu haben.
 

Zelon Engelherz

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@Kraven

Von Y hab ich auch schon einige positive Berichte gelesen. Zu schade, dass mein Budget inzwischen etwas eingeschränkt ist, aber wozu tauscht man untereinander, nicht wahr:D;)?

Ich hab dann auch jemanden vorzustellen.

Transmetropolitan

Das https://tytempletonart.files.wordpress.com/2012/04/spider_jerusalem-bastard.jpg ist Spider Jerusalem.

Spider Jerusalem ist vulgär, dem massiven Konsum von Drogen zugeneigt, total durchgeknallt und allgemein kein netter Mensch (zumindest den meisten Menschen gegenüber).

Spider war jedoch auch der größte Journalist Amerikas, bis ihn der Ruhm zuviel wurde und er sich in einer einsamen Hütte auf dem Lande von der Außenwelt abschottete. Doch der Kapitalismus gibt keine Ruhe und ein alter Verleger erinnert ihn daran, dass er dem Verlag noch zwei Bücher schuldet.

Sie wollen sie haben und Spider tut gefälligst was man ihm sagt.

Notgedrungen kehrt er in "die Stadt", ein übergewaltiger Großstadtmoloch, zurück und beginnt erneut Journalismus zu betreiben. Auf seine Art. Es wird keine Gefangenen geben, vor allem nicht bei der anstehenden Präsidentenwahl, die eine wichtige Rolle in der Handlung spielen wird.

"Transmetropolitan" erschien Mitte der 90er bis Anfang der 2000er und spielt in einer fernen oder nicht so fernen Cyberpunkzukunft, in einer Welt, die so ganz anders ist als unsere und dann doch wieder nicht. Die Menschen verhalten sich so wie immer, Kapitalismus herrscht überall, die Werbung ist noch schlimmer als je zuvor und man wird so mit Reizen überflutet, dass einen die Werbung noch bis in die Träume verfolgt. Außerdem bekommt man jetzt Schimpansenfleisch in Hamburgerform angeboten, mjamjamjam.

Das Szenario kann man also zurecht als überzeichnet und satirisch bezeichnen und genau das zieht sich auch durch den ganzen Comic. Alles ist größer, überzogener, abgefahrener und die Figur Spider Jerusalem gehört in diese Welt, denn von allen Karikaturen dieses futuristischen Amerikas, ist er die lauteste und aufgedrehteste. Und man hat einfach Spaß dabei ihn bei seiner Arbeit zuzusehen, wie er sich mit dem Grinsen eines zugedröhnten Haifischs mit allen Bösewichtern der Staaten anlegt, darunter die Präsidenten von Amerika, gegen die er einen besonderen Hass hegt.

Wie schon geschrieben, ist er kein netter Mensch.

Er ist laut, er flucht wie ein englischer Minenarbeiter, er liebt es seine Umwelt in den Wahnsinn zu treiben (besonders seinen leidgeplagten Redakteur) und jeden zu sagen wie dumm sie doch alle sind.

Und doch kann man nicht anders als ihn zu mögen, denn im Grunde setzt er sich für die richtige Sache, für die Rechte der Bürger, die ihm genauso Herzen liegen wie sie ihn auch zur Weißglut treiben, ein. Denn Transmetropolitan ist unter all der Satire und dem Spaß an oftmals auch derben Witzen, ein gesellschaftskritischer Comic, der voller Idealismus und Elan die Macht des Volkes hinaufbeschwört und sich für die Rechte aller Menschen einsetzt und sich gleichzeitig voller Zynismus der Schwächen der Menschen bewusst ist. Und selbst wenn einem all das herzlich egal ist, so hat man doch zumindest herzlich zu lachen wenn Spider wie ein bekiffter Schimpanse im "Museum für besonders zerbrechliche Dinge" zu wüten beginnt und erfreut sich an dem daraus entstehenden Chaos.

Die Reihe wird die ganze Zeit nur von einem Mann, Darick Robertson, gezeichnet, der die Menschen von den Proportionen her zwar real zu zeichnen vermag, jedoch ansonsten alles überspitzt zeichnet und vor allem ein Auge für jedes wirklich noch so schmutzige Detail beweist. Sieht toll aus und trägt ungemein zum Lesespaß bei.

Zum Schluss möchte ich noch etwas über die Welt "Transmetropolitan" erzählen. Wie schon geschrieben ist sie eine satirisch überspitzte Zukunftsversion unsere Welt. Man kann alles kaufen, alles essen (ALLES) und mit dem technologischen Fortschritt haben sich weitere Subkulturen gebildet, von denen Leute die an Katzenschwänzen nuckeln noch zu den normaleren Anblicken gehören dürften. Und doch fühlt sich diese Welt auf ihre Art schon wieder real an. Woran es auch liegen mag, man kauft "Transmetropolitan" einfach ab, dass diese Welt existiert, real ist und zu keiner Zeit stellt man infrage, wie dieses oder jenes funktionieren soll.

Der Alltag halt.

Fazit: Kaufen, lesen, Spaß haben und sich vielleicht von der Botschaft mitreißen lassen. Wenn nicht, auch nicht schlimm, der Spaß bleibt ja bestehen.
 
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Lisra

Schmusekater
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New 52: Batwoman Vol.1 "Hydrology"

Get this book.

Nachdem das aus dem Weg ist, vielleicht etwas mehr Details. Batwoman entstand, soweit ich das überblicke, als Zusatz zu Batman, nachdem zu vielen Leuten aufgefallen war wie homoerotisch und ephebophil die ersten Batman & Robin Comics doch waren. Nicht zu verwechseln mit den zahlreichen Batgirls. Nach zahllosen reboots steht der Charakter nun wie folgt: Kate Kane ist eine reiche Erbin. Unehrenvoll unter der "Don't Ask Don't Tell" Regel aus dem Militär entlassen verbringt sie ihre Tage mit Party und Exzess und ihre Nächte damit Verbrecher, besonders einen besonderen Kult, zu jagen. Ihre Wendung zum Vigilatentum kam, nachdem Terroristen sie, ihre Mutetr und ihre Zwillingsschwester entführten. Sie beide kamen dabei ums Leben. Klingt wie Batman? Durchaus - obwohl unser lieber Bruce bemerkt, dass sie sich in ihrer "Tarnung" mehr gehen lässt als er das jemals könnte. Vielleicht ist es deshalb auch keine Tarnung? Wer weiß. Batman beschließt auf jeden Fall sie gewähren zu lassen und sie in seine neue "Batman Inc." Organisation einzuladen. Von da an folgt die Story drei Pfaden: Kates Versuch den Kult zu stoppen, ihre Beziehung zu ihrer Familie (ihr militärischer-Held Vater und ihre Cousine Bette, welche auch ihr Helden-Sidekick "Flamebird" ist) und einer beginnenden Beziehung mit einer Polizistin des GCPD.

Verbunden ist das ganze mit fantastischen Zeichnungen von Haden Blackman und einem handwerklick soliden Skript von JH Williams, von beiden hatte ich noch nie gehört.

Wie Birds of Prey ist Batwoman eine erwachsene Serie. Das heldenhafter Verprügeln von Gesetzesbrechern ist eher eine abgedrehte Nebenerscheinung zu einer abhandlung von emotionalen Konflikten, die alle Figuren des DC Universums mit sich herumtragen. Ebenso wie bei Birds of Prey geht es viel um Familie und was damit zu tun hat - allerdings geht es auch um Sexualität, was bei den Birds ja eher eine Domäne der Nebenfiguren ist. Ich bin, entgegen jahrealter Gerüchte, keine lesbische Frau und kann nur schwer beurteilen mit wie viel Umsicht die beiden Männer mit dem Thema umgehen, aber es wirkt zumindest gut.

Nach meinen eher leichtherzigen Leseaffären mit Batgirl ist Batwoman ein angenehmer, und vor allem wunderschön illustrierter, Kontrast.

In Hardcover für ~20€ erhältlich, digitale Ausgaben für so 2USD pro Einzelcomic.
 
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Wedge

Wedgetarian
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Der Reboot der Serie ging ja damals mit viel trara seitens DC ein, die, sofern ich mich recht entsinne, die neue Batwoman als ersten major gay lead character promotet haben, mit der Absicht, die Diversität ihres Publikums in ihren Charakteren wiederzuspiegeln. Ich selber kann mit der ganzen erweiterten Batfamilie nicht so viel anfangen und habe da auch schon seit Jahren nichts mehr gelesen, aber ich bin mir recht sicher, dass die Reaktionen auf der abwartend positiven Seite lagen.
 

Lisra

Schmusekater
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Yo, das hab' ich auch gehört. Selber davon natürlich nichts mitbekommen, weil ich nur comics lese und mit der Community drumherum nichts zu tun hab'. Aber das Experiment scheint auf jeden Fall viel besser funktioniert zu haben als mit dem schwulen alternativ-Universum Green Lantern.

Weil ja auch niemand die beiden Nebenfiguren aus Birds of prey beachtet.
 

Wedge

Wedgetarian
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Also ich weiß davon auch nur, weil ich die Daily Show schaue und Fox News damals über die neue Batwoman sehr abwertend berichtet hat (wie auch über Harry Potters Dumbledore :D), was Stewart und seine Crew halt durch den Kakao gezogen haben.
 

Lisra

Schmusekater
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New 52:Catwoman: The Game

Urgh. Ein Problem das sich mir beim schreiben über Catwoman stellt hat mit der Natur der diebischen Katze zu tun. Kann ich einen Charakter, der im wesentlichen aus Sexappeal und Lederfetisch besteht genau dafür kritisieren? Ich denke schon, denn wie bei allem kommt es auf die Ausführung an. Catwoman ist einer der interessanteren Bösewichter/Liebhaberinnen von Batman, weil sie, zumindest im Vergleich mit den meisten anderen in der Nähe, bei Verstand ist. Von Two-Face bis Batman himself ist Gotham ja voll mit Neurotikern und Psychopathen und Catwoman mit ihrer "ich machs weils mir Spaß macht" Motivation ist eine willkommene Abwechslung. Allerdings ist auch klar, dass so ein gefährliches Spiel in einer Stadt voller bereits erwähnter Wahnsinniger der guten früher oder später in den oft gezeichneten Hintern beißt.

Catwoman ist Selina Kyle, eine reiche Geschäftsfrau die durch in dieser Version der Ereignisse noch nicht erklärte Machenschaften von Prostituierten/Tänzerin/Straßenkind (löschen was nicht stimmt) erst zu Catwoman und später zu bereits erwähnten Reichen wird. Stehlen ist aber immer lustiger als normal Geld verdienen und deshalb macht sie weiter. Sie verärgert die falschen Gangster, Leute die sie mag kommen zu schaden, sie muss flüchten und versuchen neu klarzukommen. Dazwischen hat sie Hassliebesex mit Batman, reichlich gelegenheiten einen Ausschnitt wie Lara Croft zu präsentieren, sich auszuziehen, oder blutig zusammengeschlagen zu werden, damit sie erst irgendwo in einer Ecke weint und dann zurückkehrt um blutige Rache zu nehmen. Das ist als Ausgangsplot angenehm "noir", aber die Ausführung ist zweifelhaft. Genauso wie bei Batwoman kann ich nicht genau sagen wie viel meine Einschätzung wert ist, weil ich ja bekanntweise keine Frau bin, aber mir scheint als hätte sich DC eindeutig vertan. Catwoman ist im Prinzip eine empowerte Frauenfigur, aber sie wird so oft zusammengeschlagen, gefesselt und bedroht, dass ich mich frag wie das mal eben in den freien Handel gekommen ist. Im Gegensatz zu dem exzellenten und noch gestörteren "The Killing Joke" feat. Batman, den Joker und eine Menge kranken Scheiß, scheint Catwoman: The Game keinen tieferen Punkt zu haben. Sicher, Catwoman steht immer wieder auf und kratzt den bösen Männern ein Auge aus, wirft sie von Hochhaus, und kickt eine angeheuerten Söldnerin voll aus dem Bild - aber es wirkt ein bisschen wie ein Rettungswurf des Autors; so wie I Spit On Your Grave auf jeden Fall die explizit gezeigte Vergewaltigung nicht gut fand, sondern nur das blutige Entsorgen der Täter durch zufällig am Leben gelassenes Opfer. Ist klar.
Dazwischen wirkt Catwoman abwechselnd selbstsicher und völlig zerbrochen, wie Batwoman ohne Skrupel und Selbstbeherrschung - wobei der Vergleich nicht ganz zieht, denn Catwomans emotionaler Outlet wirkt noch leerer und verzweifelter als der von Kate Kane. Was zurückbleibt ist nicht die stolze Katze, sondern voyeuristisch misshandelter Charakter. Ich will dem Autor nicht zu viel Absicht damit unterstellen - vielmehr ists ein Fall von gewollt aber nicht richtig gekonnt. Mit bisschen mehr Umsicht, etwas mehr Beherrschung beim Zeicher, hätte daraus ein richtig guter, düsterer Anfang für eine Serie sein können. Stattdessen ist es ein finsterer, adoleszenter Versuch eine starke Frauenfigur zu zeigen, die durch Unfähigkeit noch schlimmer wird als die Werke die sie vermeiden wollten.

Achja, ein Panel sieht verstörend so aus als würde Batman gleich über sie herfallen.

Und, entweder hat Batman die doppelte Anzahl an Bauchmuskeln, oder der Zeichner muss drigend Anatomiestunden nehmen. Dazu gehört nämlich etwas mehr als Kurven zeichen. Das kann er aber.
 
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Sir Darian

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Zelon Engelherz

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Rezensionen von mir über die "Religionstrilogie" von Ralf König.

Prototyp

Gott hat sein Ebenbild geschaffen.

Das heißt Adam, ist etwas überjustiert und spricht in physikalischen Formeln und philosophischen Phrasen die alle die Existenz des großen Schöpfers in Frage stellen, doch nach ein paar Handgriffen belässt er es bei Kirchenliedern aus dem evangelischen Gesangsbuch.

Hurra!

Mit Adams Ankunft beginnt nun eine interessante Zeit im Paradies, an die der Leser nun bis zum Ende des knapp über hundert Seiten großen Bandes mitverfolgen wird.

"Prototyp" ist der erste Band einer religionskritischen Trilogie, in der sich Autor und Zeichner Ralf König kritisch mit dem Thema Religion in seinen zahlreichen Facetten auseinandersetzt. Während die Folgebände "Arche-" und "Antityp" vom Humor her wie auch von ihren Gedanken anregenden Handlungen jedoch zu dem besten gehören, was es auf dem Comicmarkt zu lesen gibt, stellt "Prototyp" einen interessanten, jedoch bei weitem noch nicht so ausgereiften ersten Versuch dar.

Anstatt einer durchgehenden Handlung, hat man es hier mit mehreren kleinen Episoden zu tun, die mal amüsant, mal nachdenklich, auch gerne mal schlüpfrig und provokant sind und sich an sich allesamt recht vergnüglich lesen. Doch es fehlt ihnen an der intellektuellen Differenziertheit der Nachfolger und im direkten Vergleich fallen sie zu diesen deutlich ab. Für sich alleinstehend sind sie trotz der erwähnten nachdenklichen Anklänge, auch nur leichte, durchschnittlich atheistische Kost, die zwar wie gesagt ganz unterhaltsam sind, aber eben auch nicht mehr. Leichte Kost eben, die nicht groß das anficht worüber sich der durchschnittliche nichtgläubige Bürger (wozu sich auch der Rezensent zählt) nicht sowieso schon im Alltag lustig macht, wenn er nur gelegentlich seinen Verstand gebraucht.

Am Ende ist "Prototyp" ein netter, aber noch nicht überragender Start einer Trilogie, die Höhen erklimmen wird, die hier noch nicht ganz zu erkennen sind, aber sich zumindest an einigen kleinen Stellen andeuten.

4 (von 5) Sterne und ein inbrünstiges "Hallelujah!" einfach so zum Spaß.

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Archetyp

Noah will den Weltuntergang, denn um ihn herum herrscht nur Sünde und Verkommenheit (dass die Leute einfach nur ein gesundes Verhältnis zur Sexualität und zum Leben allgemein haben kann oder will er sich nicht eingestehen. Nicht solange er nicht dran teilhaben kann). Alle sind sie verderbt außer ihn, der kleine hässliche Kerl mit der Kartoffelnase, der fromm bis zum geht nicht mehr ist und die Krone der Schöpfung darstellt. Und so nervt er den Schöpfer aller Dinge im regelmäßigen Abstand mit seinem Anliegen, dass dieser keine andere Möglichkeit sieht als die Schlange aller Schlangen, Luzifer, um Hilfe zu bitten. Und der weiß auch schon Rat und spinnt einen listigen Plan um dem fanatischen Moralapostel die Lektion seines Lebens zu erteilen.

"Archetyp" ist der zweite Teil der Religionstrilogie von Ralf König und damit die Fortsetzung von "Prototyp" und im direkten Vergleich zu diesem noch einmal eine deutliche Steigerung. Anstatt einer Ansammlung loser Episoden, haben wir es hier mit einer durchgängigen Handlung zu tun und auch die religionskritischen Ansätze sind in dieser kleinen Geschichte mit leicht erhobenen moralischen Zeigefinger zielsicherer und bissiger. Dies liegt vor allem daran, weil König in dieser Geschichte von Gott selbst, der als unerreichbare und maulfaue höhere Instanz ja auch im echten Leben sich eher durch Abwesenheit auszeichnet, ablässt und sich stattdessen auf die Menschen stürzt, die glauben Gottes Wille am besten auslegen zu können und ja eh alles besser wissen (wie Noah auch in den Gesprächen mit Gott immer mal wieder durchblicken lässt).

Es wird also nicht die Idee hinter der Religion angegriffen, sondern die nur zu menschlichen sterblichen Moralapostel, deren Fanatismus oft zu mehr Schaden führt, als sie eigentlich vermeidet und statt der von ihnen angestrebten "besseren" Welt stattdessen einen leereren und vor allem weniger schönen Anblick zurücklässt, als vielleicht sogar von ihnen in ihren verblendeten Hass auf alles was anders ist beabsichtigt war. Es wird also nicht die Religion an sich, sondern ihre allzu strikte und verbohrte Auslegung kritisiert, eine Kritik die man durchaus auch auf andere, nicht weniger verbohrte Ideologien ausbreiten könnte, da sich solche Dinge leider allzu oft in ihrem Aufbau doch zu sehr ähneln.

König plädiert also für eine Gesellschaft der Akzeptanz und der freien Entfaltung und das auf wunderbar lustige Art und Weise, dass man den intellektuellen Wert der Geschichte zwar schätzen kann, es aber nicht muss um "Archetyp" zu Gänze genießen zu können. Neben der offensichtlichen Witze wie zum Beispiel von "jeder Art ein Paar" auf die Arche zu packen, amüsiert König durch den von ihn gewohnten Wortwitz und zu Papier gebrachte Stellen aus der Bibel, denen ja schon in ihrer ursprünglichen Form gewisse bizarre Faktoren nicht abzusprechen sind. Der eigentliche Star der Geschichte ist jedoch Noah selbst, über den man sich nur zu gerne amüsiert, vor allem wenn sich im Laufe der Geschichte immer mehr sein schäbiger und heuchlerischer Charakter abzeichnet (sagen wir es so: für einen frommen, arbeitsamen Gläubigen, legt er kaum Enthusiasmus in den Teil mit der Arbeit rein) und von König zu einer Figur mit Kultfaktor gestaltet wird, die schon stark Züge aus den frankobelgischen "Funnies" annimmt.

Am Ende ist "Archetyp" ein sehr guter, witziger und geistreicher Comic geworden, der auch nach mehrmaligem Lesen weder an Geist noch Biss einbüßt und mit zum besten gehört was König je geschaffen hat. Ein sehr unterhaltsames Stück neunte Kunst, welches sich seine 5 Sterne verdient hat und nur vom letzten Teil der Trilogie, "Antityp", übertroffen wird, in dem sich König einer weiteren berühmten Person aus der Bibel zuwenden wird, die jedoch mehr bewirkt hat, als Noah in diesem Comic geschafft hat (zum Glück, möchte man sagen).

Man darf auf jeden Fall gespannt sein und amüsiert sich bis dahin fröhlich mit "Archetyp" weiter.

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Antityp

Paulus. Wer ist eigentlich Paulus?

Diese Frage zu beantworten schickt sich Autor und Zeichner Ralf König im dritten Teil seiner Religionstrilogie "Antityp" am ausführlich zu beantworten. Paulus, das ist der ehemalige jüdische General Saulus, der sich zu Beginn der Geschichte auf der Jagd nach Jesus und seinen Anhängern befindet, mit dem Anliegen diese "ungläubigen Häretiker" zur Strecke zu bringen. Doch dann fällt er vom Pferd und in einer Vision kommt sein wahrer Charakter zum Vorschein: selbst ein sich selbst hassender, masochistisch veranlagter, humorloser Mann, fürchtet sich Paulus vor dem Tod und das was ihn im Leben danach erwartet. Doch was wäre, wenn er seinem Leben einen neuen Sinn geben und das Wort Gottes unter den dummen Heiden verbreiten würde, fragt ihn die Schlange Luzifer? Vielleicht könnte er sich damit ja das Leben nach dem Tode sichern und am Ende seinen Namen neben denen des Messias und seiner Apostel verewigen? Davon motiviert ernennt sich Paulus selbst zum dreizehnten Apostel und beginnt seine Reise durch die bekannte Welt.

Für ihn ein langer Leidensweg, für den Leser ein Grund sich ausgiebig auf Kosten dieser kleinen Witzfigur zu amüsieren.

"Antityp" dürfte von allen Teilen der Religionstrilogie der Provokanteste sein. Denn abgesehen von den angeblichen Wundern, ist der heilige Paulus eine reale Persönlichkeit, die den Grundstein für die größte Religion der Welt legte und dann entpuppt er sich in Königs Version nicht als der große und charismatische Prophet, sondern als rhetorisch unbegabten Giftzwerg, mit einem cholerischen Temperament, den man sich nie zu sich nachhause einladen würde. Doch kommt diese Interpretation nicht von ungefähr, stützt König sich doch auf die von ihnen verfassten Dokumente selbst (die auch fleißig zitiert werden) und darauf, was "seine" Religion später predigen sollte. Mehr noch als in den Vorgängerbänden stellt König Parallelen zur heutigen Welt dar, wenn er das damals "moderne" und nicht gerade von wenigen klugen Männern (die Philosophen natürlich) bewohnte Griechenland, gegen die wirren Reden der Hauptfigur antreten lässt und diese ihn, durchaus nicht zu Unrecht, verlachen. Darin erkennt man durchaus eine gewisse Parallele zu unserer heutigen Zeit, in der man Leuten wie Paulus wenig Aufmerksamkeit schenkt, da ihre Thesen für das geschulte Ohr doch zu unsinnig klingen.

Doch irgendwann müssen genügend Leute dem Paulus zugehört haben, so König und am Ende war es dann doch eine so lebensfeindliche Religion wie die seine (die sie durchaus auch im Konflikt mit dem jüdischen Original steht, wie die recht heftigen Diskussionen mit den elf originalen, noch lebenden Aposteln zeigen), die sich durchsetzte und mehr Leid brachte, als sie eigentlich vermied. Das Detail, dass die katholische Kirche sich erst durch die Unterstützung des römischen Kaisers Konstantin und seiner gewaltigen Staatsmacht wirklich zu dem entwickeln konnte was sie später war und heute ist, wurde entweder von König vergessen oder nicht berücksichtigt, doch die kritische Botschaft ist eindeutig zu erkennen. Doch obwohl dieser Band das wohl finsterste Ende von allen aufweist, gibt es da doch einen kleinen Hoffnungsschimmer, der ganz am Ende des Bandes aufleuchtet und erneut auf eine lebensfreundliche und akzeptierende Welt zu hoffen wagt und so dem Band doch noch eine versöhnliche Note verleiht.

Abseits solch schwer verdaulicher Kost, hat der Band noch mehr an Humor zugelegt und ist noch einmal bei weitem etwas feinsinniger geraten. Neben den üblichen Witzen über Paulus unangenehme Person, gibt es hier und da einige nette Gags, die Kennern der heiligen Schrift durchaus zusagen werden (Stichwort: Petrus und der Hahn) und die Dialoge sind weiterhin so bissig wie man es von König gewohnt ist. Dazwischen noch einige Witze die sich wohl besonders an die schwule Leserschaft Königs richten (man kommt wohl einfach nicht aus seiner Haut raus) und fertig ist der krönende Abschluss einer der klügsten und witzigsten Comic-Trilogien aus deutschen Landen, die es durchaus über die Staatsgrenzen hinaus verdient hätte gelesen zu werden, damit alle Leser lachen und mit Herrn König auf eine bessere Welt hoffen können, zu der wir immer und jederzeit vielleicht in der Lage sein dürften.

5 (von 5) Sterne(n).
 

Zelon Engelherz

Wachritter des Helm
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Rezension der Miniserie "Scars" von Warren Ellis (Autor) und Jacen Burrows (Zeichner).

Scars

Narben im Geist hinterlässt der Alltag von Detective John Cain, zuständig für das Morddezernat einer namenlosen amerikanischen Stadt. Er sieht sich mit einer Grausamkeit konfrontiert zu der nur der Homo Sapiens Sapiens in der Lage ist und als er mit der Auflösung eines Mordes an einem kleinen Mädchen beauftragt wird, zerbricht etwas in ihm und er setzt alles daran den Mord aufzuklären und den Killer zur Strecke zu bringen. Notfalls mit allen nur erdenklichen Mitteln...

Warum liest man Krimis? Vielleicht um sich selbst mit einem Problem (einen Mord meistens) zu konfrontieren, welches man auf kalte Logik und eine Abfolge von Ereignissen reduzieren kann, ohne den emotionalen Input noch reinpacken zu müssen, damit die Welt mit einigen raschen Handgriffen wieder in ihre geordneten Bahnen zurückgeführt werden kann? Vielleicht aus morbider Neugierde, um indirekt in die tiefen Abgründe des menschlichen Geistes hinabsteigen zu können, mit dem Polizisten als Avatar des Lesers der an seiner Stelle seelisch wie geistig "vernarbt" wird, nur damit der Schaulustige Leser seinen Kick hatte und wieder in den friedlichen Alltag zurückkehren kann? Beides hat wohl durchaus seine Daseinsberechtigung für den Krimi als literarisches Genre, doch im Falle von "Scars" wird die Katharsis durch die Lösung dieses Falles "ausbleiben" oder hätte es zumindest, doch dazu später mehr.

"Scars" ist erstmal als erstes ein "realistischer" Krimi. Das heißt es finden keine Verfolgungsjagden statt (bis auf eine, was eines der Probleme des Bandes ist), die Hauptfigur, John Cain, ist zwar kaputt, aber nicht auf eine romantisierte Art und Weise und der Killer des kleinen Mädchens ist keine dämonisierte Karikatur eines Menschen, sondern wie Cain selbst ein Angehöriger der Gesellschaft, der auf den ersten, zweiten und dritten Blick normal und von der Glaubhaftigkeit seiner Motive her sogar erschreckend greifbar wirkt. Dadurch wird Scars zu einer düsteren, sehr hässlichen und leider auch allzu "wahren" Geschichte trotz seiner fiktiven Basis und zieht daraus auch seine Anziehungskraft und die Intensität, die dieser kleinen, schmutzigen Geschichte anhaftet. Es macht "Scars" real und könnte trotz der teilweise überzeichneten Bilder Jacen Burrows (man sieht den Personen einfach schon an ihren Kinns ihre Fiktivität an) eines der besten Werke des Autors Warren Ellis sein, das zwar keinen Spaß bereitet aber in seiner Eindringlichkeit das Potenzial hätte einer der besten existierenden Krimicomics der westlichen Hemisphäre zu sein.

Und dann beginnt es den Fehler doch zu sehr in das fiktive Feld abzurutschen.

Ab einem gewissen Punkt wandelt sich Detective Cain von einem psychisch labilen, aber identifizierbaren, Ermittler zu, nun, Dirty Harry wenn man ehrlich ist. Aus dem lebensechten Polizisten wird ein Avatar der Rache, der den Leser genau das bringen soll, wonach er sich wohl nach dieser schrecklichen Tat wohl verzerrt und sie auf einem Tablett und mit blauen Bohnen als Beilage serviert. Damit verlässt "Scars" sein realistisches Umfeld und wandert in das generische Umfeld ähnlich gestrickter "harter" Krimis ab und dadurch büßt es am Ende auch seinen künstlerischen Wert ein, den es bis dahin hart und erbittert gewahrt hatte.

Man kann Warren Ellis, immerhin selbst ein liebender Familienvater, aus menschlicher Sicht wohl daraus keinen Vorwurf machen, denn die Idee dahinter dürfte nur allzu menschlich sein. Immerhin darf eine solch schreckliche Tat nicht ungesühnt bleiben, Blut muss mit Blut vergolten werden, so dürfte die einhellige Meinung vieler emotional aufgewühlter Leute sein, wenn sie "Scars" lesen.

Doch in der Realität findet so etwas nur selten, bis überhaupt nicht statt. Schon alleine deswegen weil die Gesellschaft versucht gewissen Idealen gerecht zu werden, die uns von jenen kranken Menschen trennen sollen, die solche verabscheuungswürdigen Taten begehen oder weil es am Ende doch keinen Rächer der Entrechteten gibt, wohl auch aus guten Gründen.

Jedenfalls sorgt diese Abbiegung ins Generische dafür, dass "Scars" sich von einem zwar harten, aber bewundernswert realistischen Krimi, in einen weiteres Stück Genrekost der "harten" Schule verwandelt und damit auch leider die Relevanz einbüßt, die der Band im Grunde verbreiten will, weil am Ende doch alle bekommen, was sie sich wünschen.

Damit bleibt es zwar weiterhin "gut", ist aber im Grunde immer noch nur beliebig und Teil jener fiktiven Traumwelt, in der man als Leser nur zu gerne flüchtet, weil einem die reale Welt an manchen Tagen doch zu fürchterlich erscheint, um lange in ihr verweilen zu wollen.
 
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Chinasky

Dirty old man
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Danke für die Mühe, die Ihr Euch mit Euren Rezensionen macht! Ich habe gerade richtig Lust bekommen, mal wieder mein nicht vorhandenes Geld für diverse der von Euch besprochenen Comix rauszuhauen. Insbesondere Zelons "Vorstellungen" lassen mir das Wasser im Munde zusammenlaufen. :)
 

Ribalt

Ork-Metzler
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The Dark Knight Returns gibts übrigens auch animiert als Zweiteiler (jeweils Spielfilmlänge) zum schauen. Da ich den Comic nicht gelesen habe muss ich auf die Reviews anderer vertrauen. Im grossen und ganzen sei die Umsetzung sehr gut gelungen, manche Dinge die im Comic funktionieren (Nachrichtensprecher) wurden aber bemängelt.

Ich würd sagen es ist die beste Comicadaption die ich bis jetzt gesehen habe.
 

Zelon Engelherz

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@Hank

Da lies man gern. Ich hab die Rezis alle bei Amazon (natürlich selbst verfasst!) stehen und dachte mir, dass sie hier auch ganz gut aufgehoben wären, vor allem da ich als großer Freund der bunten Bilder ja eh der Meinung bin, dass mehr Leute wissen sollten was es so Unterhaltsames zwischen den ganzen Superheldenkloppereien zu lesen gibt:D.


Rezension von Warren Ellis "Fell: Feral City", die erste Volume 1 von 2 (wobei Teil 2 erst erscheinen wird, wenn die Hölle gefriert, so voll wie der Terminplaner des Autoren Warren Ellis ist).

Fell: Feral City

Wenn die Hölle ein richtiger Ort wäre, käme Snowtown ihr wohl am nächsten. Wahnsinnige, Suizidgefährdete, Perverse und unzählige gescheiterte Existenzen scheinen sich Zuhauf in dieser kleinen Stadt auf der anderen Seite einer Brücke zu häufen und niemand scheint freiwillig dort zu wohnen, wenn er keine finsteren Absicht hegt. Welche Sünde Detective Richard Fell wohl auch begangen hat ( er selbst sprich noch nicht darüber), er muss sich nun auf jeden Fall damit abfinden in Snowtown für eine Weile seinen Dienst schieben zu müssen. Er ist ein guter Cop, einer von den Besten und vielleicht kann man ihn als Segen für diesen Pfuhl der Verdammnis empfinden oder als eine schwere Prüfung für ihn, in deren Verlauf sich die Frage stellen wird ob ihn Snowtown nach einiger Zeit endgültig brechen wird...

"Fell: Feral City" ist eine Sammlung von acht kurzen Episoden, die sich alle mit verschiedenen Erlebnissen aus dem Polizistenalltags Richard Fells befassen. Die Episoden sind alle recht düster und reichen von bizarr bis hin zu zutiefst verstörend und zeigen ein finsteres Bild dieser Welt auf, dass jedoch nicht ganz ohne Hoffnung ist. Denn auch wenn Fell nicht immer gewinnt, so ist und bleibt er doch als Verkörperung der Gerechtigkeit eine Art Hoffnungsschimmer, selbst in einer solch stilisierten Vorhölle wie Snowtown eines ist. Es hilft auch sehr, dass er selbst eine recht sympathische Persönlichkeit ist, jemand der vielleicht etwas zu verbergen hat und dem manchmal das Temperament durchgeht, der jedoch alles in allem ein guter und anständiger Mensch ist, der noch nicht ganz Zynismus und Verzweiflung versinkt. Dadurch sind die Geschichten nicht ganz so trostlos und düster und es macht sogar Spaß sie zu lesen.

Was auch hilft ist der Humor, der hier und da an genau den richtigen Stellen aufblitzt. Zwar ist es die bizarrste und schwärzeste Art von Humor die man sich vorstellen kann, aber sie bringt einen durchaus zum lachen und lockert das bedrückende Gefühl, welches man teilweise beim lesen verspürt, durchaus auf, sodass man nicht allzu deprimiert ist.

Vom Inhalt her ist "Fell" also anständig gemacht und dürfte mit zum Besten gehören was der bekannte Comic- Autor Warren Ellis (Transmetropolitian, Planetary, Freakangels) jemals geschrieben hat, was bei einem so gewaltigen Output wie seinem durchaus ein Kompliment ist, doch wie sieht es zeichnerisch aus?

Vorhang auf für Ben Templesmith, dessen Zeichnungen fernab der Realität und mit ihren starken Farben regelrecht surreal wirken. Die von ihm gezeichneten Menschen sind oft nichts anderes als abstrakte Karikaturen mit oftmals deformierten Extremitäten, die scheinbar schon im nächsten Moment zu verschwinden gedenken. Und sie passen wie die Faust auf's Auge zu den inhaltlichen Aspekten Fells, geben ihnen erst recht jene alptraumhafte Atmosphäre, die Mister Ellis wohl beim schreiben vorschwebte und sind damit die perfekte Wahl für diese Serie gewesen. Hässlicher und düsterer geht es wohl kaum und anders soll es wohl auch nicht sein.

"Fell" ist damit also eine perfekte Krimiserie im Episodenformat (was auch beabsichtigt und von Anfang an geplant war) und wenn man einmal angefangen hat möchte man am liebsten, dass es ewig so weitergeht. Doch abgesehen von den bereits existierenden acht Episoden sind nur acht weitere geplant, womit die Serie wohl bald ihr Ende finden wird (sollte Mister Ellis es bald mal schaffen die restlichen sechs Episoden fertig zu schreiben und bei Mister Templesmith einzureichen), aber so bleibt es ihr wenigstens erspart eines Tages ihren Reiz und ihre Persönlichkeit zwischen zu vielen Episoden zu verlieren.

Und mit dem was man hat, hat man zumindest schon einen sehr guten Sammelband, einer sehr guten Ausnahmeserie, die zum immer wieder lesen einlädt.

5 (von 5) Sterne und das mehr als verdient.
 
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Zelon Engelherz

Wachritter des Helm
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Noch eine Rezi, ehe es ab morgen für fünf Tage woanders hingeht.

Diesmal "League of extraordinary Gentlemen" von Alan Moore und Kevin O'Neill (dessen Name ich jahrelang falsch geschrieben habe und nun zu faul bin, das in all den alten Rezis zu überarbeiten), welche ich in mehreren Posts vorstellen werde. Als erstes kommen die ersten beiden Sammelbände und "The Black Dossier" in diesem Post und dann die "epische" Trilogie "Century", welche den gesamten, dritten Teil der Reihe darstellt und nach dem ersten Band konstant zur Hölle fährt.

Here we go.

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League of extraordinary Gentlemen


Das britische Empire Ende des neunzehnten Jahrhunderts(genauer gesagt im Jahre 1898) ist in Gefahr und benötigt Helden um dem Herr zu werden!

Doch müssen die dafür benötigten Recken erst gefunden werden und so macht sich Wilhelmina Murray gemeinsam mit Kapitän Nemo und der Nautilus auf um den gealterten Alan Quartermain, Doktor Jekyll und sein böses Alter ego Mister Hyde und den unsichtbaren Hawley Griffin zu rekrutieren, um sich dann in den Kampf gegen den chinesischen Teufelsdoktor zu stürzen.

Kommen Ihnen einige der Namen bekannt vor liebe Leser? Dann liegen Sie auch gar nicht so falsch, denn bei den eben erwähnten Personen handelt es sich tatsächlich um die bekannten Figuren aus der Literatur, die in Form eines amerikanischen Superheldenteams gegen ihre ebenso literarischen Bösewichte antreten, denn im Universum der Liga geben sich Figuren aus den Abenteuerromanen gemeinsam mit Gestalten aus den Pulp-Heften gegenseitig die Klinke in die Hand, was bedeutet dass die großen Alten eines H.P. Lovecrafts ebenso lebendig sind wie das sagenumwobene Land Liliput aus den Reisen des Lemuel Gullivers und oder die eben schon erwähnte Nautilus so gut funktioniert wie in den Romanen von Jules Vernes beschrieben.

Es ist ein düsteres Szenario, in die uns der Autor Alan Moore und Zeichner Kevin O'Neil entführen, was schon bei den Hauptfiguren anfängt. Alan Quartermain ist zu Beginn nur ein opiumsüchtiger Greis, Käpt'n Nemo ein Misanthrop reinsten Wassers, Mister Hyde eine reißende Bestie und der Unsichtbare ein vor sich hin kichernder Mörder und Vergewaltiger und auch Miss Murray scheint gewisse Geheimnisse mit sich rumzutragen.

Man merkt dem Heft an dass die ersten sechs Ausgaben mehr einer spontanen Anwandlung denn klarer Überlegung zu Grunde legen. Zwar wird in fast jeder Seite auf alle möglichen Geschichten der englischen Literatur Bezug genommen doch die eigentliche Geschichte ist eher geradlinig, dafür recht witzig und Action geladen. Trotzdem fehlt ihr die Tiefe des zweiten Bandes Krieg der Welten" oder die enorme Detailverliebtheit und verrückte Experimentierfreude eines Black Dossiers. Nichtsdestotrotz ist auch die erste Gesamtausgabe der Liga ein sehr guter Comic, der vor allem noch einige geschmackvolle Extras enthält.

Eines davon ist die von Alan Moore verfasste und Kevin O'Neil illustrierte Geschichte "Alan und der geteilte Schleier" die auf ihre Art als Vorgeschichte zum Comic zählen könnte. In sechs Kapiteln wird von Alan Quartermains Reise auf eine andere Ebene im Stile eines Fortsetzungsromans eine spannende Geschichte erzählt, in der Moore auch sein Können abseits des Comicmarkts unter Beweis stellt und erneut völlig verschiedene Geschichten und Ideen von Wells, Lovecraft und Edgar Rice Burroughs zu einem grandiosen Ganzen zusammenführt. Da die Geschichte wie gesagt als Fortsetzungsgeschichte konzipiert wurde, kann man sie auch eine Weile liegen lassen und dann im letzten Kapitel wieder einsteigen, da man problemlos an die Hand genommen wird.

Was bleibt noch zu sagen?

Neben der Geschichte werden noch einige satirische Elemente, wie einige abstruse Erfindungen oder die fiktiven und hirnrissigen Biographien der beiden Macher hinzugefügt. Überhaupt ist der Stil des Heftes so gehalten dass man ihn für einen Teil der alten Literatur halten könnte.

Betrachtet man den Umstand, dass der erste Teil heute schon als moderner Klassiker gilt und nächstes Jahr sein zehnjähriges feiert, könnte man schon eine gewisse Ironie dahinter sehen.

Fazit: Ein guter Auftakt, einer sich fortentwickelnden und mit ihren Alter reifenden Comicserie der neueren Zeit, ein Muss für alle Moorefans und Freunde der Literatur.

4 (von 5) Sterne(n)


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Volume 2: War of the Worlds

Die Marsianer greifen an! Aus ihrem Reich auf dem roten Planeten vertrieben, machen sich die bösartigen Außerirdischen daran, die Welt der Liga im Jahre 1898 mit ihren dreibeinigen Maschinen(von den unkundigen Menschen Melkschemel" gerufen) zu erobern. Nur die Liga unter Mina Murrays Führung ist in der Lage die Invasion zu stoppen. Doch dies scheint zum scheitern verdammt zu sein, gibt es doch einen Verräter in den eigenen Reihen.

Zwei Jahre hatte das Team Alan Moore und Kevin O'Neill gebraucht um die zweite Miniserie ihrer viktorianischen Heldentruppe anzufertigen und dies hat ihr auch qualitativ gut getan. Denn ihre Version des Krieges der Welten" von H.G. Wells schlägt den ersten Band schon alleine thematisch. Ging es im ersten Band um reines Abenteuer mit der abschließenden Konfrontation mit dem Erzbösewicht so übt die vorliegende Geschichte, ganz im Sinne der Vorlage, klare Gesellschaftskritik. Die Zivilisation zerfällt langsam aber sicher, aus zur Schau getragener Gleichgültigkeit wird Furcht und daraus folgt Resignation der sich übermäßiger Alkoholkonsum und verzweifelt ausgelebte Triebhaftigkeit anschließen. Die auf ihre Vernunft und Intelligenz stolzen Engländer fallen zurück auf eine tiergleiche Stufe, legen alle Vernunft ab und werden sichtlich nihilistischer, was durch die Figur des Mister Hyde- der neben Mina Murray und Alan Quartermain, die eigentliche Hauptfigur stellt- perfekt im fünften Kapitel(von sechs) auf die Spitze getrieben wird, unterstützt von Verweisen auf der Wind in den Weiden" von Kenneth Grahame.

Wenn sich das Ganze sehr düster liest, so möchte ich es hiermit noch einmal bestätigen. Trotz des teilweise Cartoonhaften Zeichenstils Kevin O'Neills ist Krieg der Welten nichts für zartbesaitete Naturen, dafür ist die Thematik zu düster. Dabei ist nicht alles hoffnungslos, denn trotz des nahen(oder vielleicht genau wegen) Weltuntergangs finden- soviel sei vorneweg genommen- zwei Mitglieder der Liga zueinander. Nichtsdestotrotz sollte man kein Happy End erwarten.

War's das? Mitnichten, denn das eigentliche Kernstück ist der drangehangene Reiseführer" in dem nahezu jeder erforschte Fleck der Ligawelt kurz beschrieben wird und sich dann insgesamt zu einem großen Ganzen zusammenfügt. Lesefaule Naturen, sollten wohl einen großen Bogen um die Lektüre dieses eng bedruckten und vollgepackten Monsters machen, auch wenn es ihnen das Verständnis für den Nachfolgeband The Black Dossier" ungemein erleichtern wird, alle anderen dürfen ihr fiktionales Allgemeinwissen prüfen und erfreuen sich an den vielen kleinen Verweisen auf H.P. Lovecrafts Cthulhu Mythos", den Werken von H.G. Wells, Robert E. Howards Conan, der altchinesischen Sage um den Affenkönig und vielen mehr. Die Welt der Liga ist eine Welt voller Wunder und dieser Reiseführer ermöglicht es einen teilweise diese zu erforschen, auch wenn noch mal angemerkt werden sollte, dass dessen Lektüre viel mehr Zeit beanspruchen wird als der eigentliche Comic.

Auch hier wieder eine klare Kaufempfehlung für Liebhaber der Literatur, Fans von Alan Moore und diejenigen die das Eine wie das Andere noch werden wollen.

5 (von 5) Sterne(n)

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Und hier mein privater Favorit der Reihe:

The Black Dossier

1958. Das Big Brother Regime ist zu Staub zerfallen und England beginnt sich gerade von dessen Schreckensherrschaft zu erholen. Zwei verdächtige Individuen(eine gewisse Mina und ein junger Mann namens Alan), überlisten den Geheimagenten "Jimmy" und stehlen das namensgebende "Black Dossier". Eine halsbrecherische Jagd beginnt, in der der verhinderte Geheimagent im Trio mit Hugo Drummond und Emma Night(besser bekannt als Emma Peel), den eigentlichen Hauptprotagonisten durch England bis zu einem überraschenden Finale folgt.

The Black Dossier ist etwas für Liebhaber. Für Leute die es lieben die verschiedenen Referenzen aus den entnommenen Vorlagen herauszupicken, für experimentierfreudige Naturen, Leute die sich auch über das Medium Comic literarisch bestätigen und die während des Lesens gerne mitdenken. Denn passend zum tonangebenden Thema der Agentenstory, muss der Leser kombinieren und notieren, um an den Erkenntnissen Minas und Alans teilzuhaben und von ihnen, genau wie sie überrascht zu werden. Darin liegt auch der eigentliche Reiz der recht geradlinigen, aber spannenden Story, weswegen ich nun in den nächsten Zeilen auf das Dossier an sich eingehen möchte.

Erfuhr man in Volume 2 alles über die Geographie der Ligawelt, so erfahren wir hier über Umwege bis zum Jahre 1953 alles über die Geschichte dieses Paralleluniversums, in dem sich finstere Zeitalter, mit strahlenden Epochen abwechseln und Helden wie Schurken immer ihren Platz finden. Aufgeteilt in pseudowissenschaftliche Texte, Tagebucheinträge, einer Tijuana Bible, die so tut als sei sie im Verlauf des Big Brother Regimes entstanden, einem "unvollendeten" Stück von William Shakespeare und Berichten von Agenten des MI5's, werden hier einige Wissenslücken aus den vorangegangenen Bänden geschlossen und entfaltet sich hier das Gesamtbild einer Welt, die zur Zeit sich in einem Zeitalter der Wunder befindet und doch selbst nach dem Ende Big Brothers einem weiteren, düsteren Zeitalter entgegenblickt, wie es Helden wie Jimmy(James Bond übrigens, der hier als frauenhassender Vergewaltiger und unfähiger Psychopath dargestellt wird) deutlich machen, weswegen die "Flucht" der alten Helden(Mina ist Mina Murray aus Bram Storkers Dracula und Alan der berühmte Abenteurer Alan Quartermain. Beide die Hauptfiguren aus den ersten beiden Teilen der Liga), wohl doppelt symbolisch gesehen werden kann. Zu deren Darstellung möchte ich noch einmal anmerken, dass es sich hierbei um zwei in sich ausgereifte Persönlichkeiten handelt, deren Liebe über Jahrzehnte hinaus(auch wenn man nur indirekt durch die vorliegenden Dokumente darüber erfährt) bestehen blieb und die sich trotz mancher Streitigkeiten immer noch fest miteinander verbunden fühlen. Ein wirklich schöner Aspekt des Comics, der ihm einen kleinen Teil seiner düsteren Grundstimmung nimmt.

Komplett finster kann man das Ende des Bandes auch nicht bezeichnen, denn wie die Geschichte der Ligawelt lehrt, ist nichts für die Ewigkeit festgeschrieben und wer weiß, ob dem nicht ein weiteres Zeitalter der Hoffnung und wundersamen Errungenschaften folgen wird?

Als Leser kann man wohl nur auf weitere Abenteuer der Liga hoffen, um weiterhin gemeinsam mit dessen Helden diese zu durchreisen und sich an ihren Schrecken wie Wundern zu erfreuen.

5 (von 5) Sterne(n)
 

Zelon Engelherz

Wachritter des Helm
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Und hier die Rezis zur "League of extraordinary Gentleman: Century-Trilogie" von Alan Moore und Kevin O'Neill. Für mich persönlich gehört das Ganze nach dem starken ersten Band zu den größten Enttäuschungen, die ich jemals bei einer Comicserie erlebt habe.

Nicht etwa weil Century "schlecht" ist, sondern weil sich die Reihe vor lauter Metakommentar über Fiktion im Wandel der Zeiten und wie doof die Moderne doch ist, ihren Kopf so tief in ihrem Hintern vergraben hat, dass man sie nicht wirklich genießen kann, wenn man kein intellektueller Snob ist, der diese bunten Bildergeschichten zur intellektuellen Erbauung und nicht etwas aus etwa so schnöden Gründen wie "Spaß" (Gott bewahre!) liest.

Nun ja, hier die Rezis der drei Bände.

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1910

Man schreibt in der Welt der Liga das Jahr 1910. Ein neuer König soll gekrönt werden und der Geheimdienst befürchtet Anschläge. Derweil plagen den Hellseher Carnacki schreckliche Visionen von einer obskurren Sekte, die scheinbar den Untergang der Welt plant und Londons gefährlichster Serienmörder ist anscheinend zurückgekehrt. Und unbemerkt von allen landet ein Mädchen namens Janni in London und versucht sich von dem Erbe ihres Vaters, dem berüchtigten Käpt'n Nemo, zu befreien doch wird ihr dies nicht gelingen. Niemand ahnt zu welch schrecklichen Ereignissen all diese Fäden schlussendlich führen werden.

1910 ist schwierig zu bewerten. Zwar werden sich Kenner der Vorgänger schnell zurechtfinden, vor allem wenn sie das Black Dossier gelesen haben, aber für Neueinsteiger ist der vorliegende Comic schon deswegen nicht geeignet, da die hier agierende zweite "Murray-Liga" bereits als voll funktionsfähiges Team agiert und deswegen detaillierte Vorstellungen der Neuzugänge Carnacki und A.J. Raffles übergangen werden, genau wie wir hier die bekannten Helden Mina Murray, Alan Quatermain Jr. und Orlando erneut als fertige ausgereifte Figuren erleben, weswegen sich eine starke Charakterentwicklung ebenfalls erübrigt. Schwierig ist es auch das Heft als Teil einer Trilogie anzusehen, da die Ligamitglieder zwar ermitteln und gewisse Ereignisse auch schon angedeutet werden, die wohl in den Folgebänden eine wichtige Rolle spielen, aber am Ende bleibt der Leser zunächst nur grübelnd zurück, sollte er die Vorlage für die Geschichte um das "Moonchild" nicht schon kennen(beschämenderweise musste ich da kapitulieren, genau wie bei den meisten anderen Anspielungen).

Als Einzelgeschichte ist "1910" jedoch hervorragend. Zu Beginn fürchtet man, dass Moore sich in den einzelnen Handlungsfäden verheddert doch mit einem großartigen Finale löst er alle Fäden auf und stößt seinen Ligahelden, wie auch dem Leser kräftig vor den Kopf wodurch es einen schlußendlich wie Schuppen von den Augen fallen wird, worum sich die Geschichte eigentlich drehte und er im anschließenden Epilog erneut sein meisterhaftes Können bewiesen hat. Dies gelingt ihm allerdings auch erneut nur dank des außerordentlichen Könnens Kevin O'Neils, dem es erneut meisterhaft gelingt das Porträt eines düsteren Londons zu entwerfen, das sich oft von seiner finsteren und grausamen Seite zeigt und scheinbar jeden seiner Bewohner ins Verderben zu stürzen droht.

Abgerundet wird das Comic durch ein paar Seiten beschriebene Prosa, die uns im Stil des Fortsetzungsromans ebenfalls auf die folgenden Ereignisse im nächsten Comic vorbereiten und auch nichts Gutes ahnen lassen.

Als Einstieg in die Serie ist 1910 völlig ungeeignet, hierfür bieten sich der erste Band der Serie oder "The Black Dossier" eher an. Als Auftakt einer Trilogie ist er ebenfalls schwer zu bewerten, da die kommende Handlung nur angedeutet wird, aber als Heft für sich ist 1910 ein lesenswertes Kleinod bei guter Papierqualität und guten Format, ob man nun die Anspielungen versteht oder nicht.

Deswegen erhält er von mir 5 (von 5) volle Sterne.

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1969


London 1969: Neunundfünfzig Jahre sind vergangen, seit Jack MacHeath wie Jack the Ripper Prostituierte ermordete, Captain Nemos Tochter Janni in einem Akt der Rache die Londoner Docks mit dem Schiff und der Mannschaft ihres Vaters verwüstete und die Liga zum ersten Mal mit einem finsteren Kult um den Magier Oliver Haddo konfrontiert wurde.

Vor allem Letzteres scheint sich dieses Mal zu wiederholen, denn der Magier Prospero entsendet Mina Murray, Alan Quatermain und Orlando, um sich der nicht minder finsteren Aktivitäten des scheinbar die Jahrzehnte überdauerten Kultes Haddos anzunehmen.

Doch erneut ahnen die verbliebenen Mitglieder der Liga nicht, mit wem sie es zu tun haben.

Gleichzeitig versucht der Auftragskiller 'Jackie' (wie es scheint der Antiheld des Filmes ,,Get Carter' Jack Carter, aus dem Jahre 1971) im Auftrag eines Gangsterbosses, den Mörder eines Protegés von diesem zu finden.

Über kurz oder lang werden sich die Wege aller Protagonisten kreuzen, während um sie herum Hippies freie Liebe und den Konsum von Drogen feiern und die Atmosphäre sich im wahrsten Sinne ,,magisch'' auflädt.

,,1969'' setzt die in ,,1910'' begonnene Geschichte um Oliver Haddos Kult und dem mysteriösen ,,Moonchild'' vor einer kreischend bunten Kulisse fort. Im Gegensatz zu ,,1910'', wo dieser Plot neben Jack MacHeaths Morden eher dazu diente um von der eigentlichen Geschichte (Jannis Werdung zur neuen ,,Nemo''), stehen die Ermittlungen der Liga tatsächlich im Vordergrund und man erfährt mehr über den Gegenspieler der Liga und seine Arbeitsweise. Die Geschichte ist in sich tatsächlich abgeschlossen, auch wenn sie wie ihr Vorgänger mit einem großen Cliffhanger endet, dessen Auflösung uns (wie sollte es anders sein) erst im 2009 spielenden Finale erwarten dürfte.

Dazwischen wird weiterhin fröhlich mit Referenzen um sich geworfen (in einem Bild kopiert Kevin O'Neil mal eben ein Plattencover der Beatles und es wird auf die zukünftige Handlung des oben schon genannten ,,Get Carter'' angespielt) und wie in der Liga üblich spielt auch der Sex eine große Rolle. Die Geschichte ist stärker fokussiert, da sie sich zum größten Teil auf die Ermittlungen des Heldentrios Murray, Quatermain und Orlando konzentriert und der eigentliche ,,Plot'' wird auch vorangetrieben.

Trotzdem ist der Band insgesamt schwächer als sein Vorgänger.

Dies liegt unter anderem daran, dass die Geschichte um Janni viel dichter und in sich runder war, aber das größte Manko sind dieses Mal die Zeichnungen von Kevin O'Neil zu nennen. Sein besonderer Stil haben der Liga ihr Gesicht gegeben, doch wirkt dies in diesem Heft erschreckend grob und noch skizzenhafter als gewohnt. Dies ist gut an Mina Murray zu sehen, deren Gesichtszüge manchmal doch sehr einer (nicht besonders hübschen) Puppe und irgendwie möchte der Funke der späten 60er (auch wenn ein Drogentraum am Ende einen großen Teil der Ehre des Comics zu retten vermag) nicht so recht auf den Leser überspringen, was wohl aber vom persönlichen Geschmack abhängt (ich persönlich bevorzuge das Steampunk Szenario von 1910).

Doch ist 1969 keineswegs schlecht, im Gegenteil, es ist immer noch vergnüglich zu lesen und macht auf den finalen Band der Trilogie neugierig, denn nun verlässt die Liga gewohntes Terrain, die entfernte Vergangenheit und betritt nun die Zukunft (oder die jüngere Vergangenheit, wenn man es so will) des Jahres 2009.

Man darf wohl gespannt sein und vergnügt sich bis dahin mit den beiden Vorgängerbänden und den anbei hinzugefügten Fortsetzungsgeschichten (denn natürlich werden diese auch in ,,1969'' weitererzählt), die wie immer ihre eigenen Geschichten erzählen.

4 von 5 Sternen

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2009

2009.

Die Liga gibt es nicht mehr und die Apokalypse steht kurz bevor. Nach langen Jahren des Krieges kehrt Orlando nach London zurück und möchte eigentlich seine Ruhe haben. Doch dann kontaktiert ihn der Zauberer Prospero und fordert ihn dazu auf, die Apokalypse abzuwenden. Der/die Unsterbliche sieht sich nicht in der Lage dies allein zu tun und begibt sich nun seiner-/ihrerseits auf die Suche nach Mina Murray, der früheren Anführerin und treibenden Kraft der Liga, in der Hoffnung, dass ihr (Minas) Verstand die Situation retten wird. Doch dazu muss sie die Hilfe von alten Bekannten einfordern, die vor vielen Jahren längst nicht so gut auf die Liga zu sprechen waren, was die Sache umso mehr zu einem Wagnis macht...

Wenn man eine Ausgabe der Liga liest, gilt es immer einen Punkt abzuhaken, nämlich den betreffend der Referenzen. Diesmal zitieren Moore unter anderem die Serien 24, Little Britain und widmen auch dem obskuren Kultklassiker "Showgirls" ein kleines Panel. Wenn man diesen Punkt abgehakt hat, stellt sich dann die Frage, wie die Welt in der diese zeitgenössische Fiktion entstanden ist, dargestellt wird.

Die Antwort lautet: als eine finstere, desolate Welt, in der die Kultur (um einmal die Figuren zu zitieren) irrelevant geworden ist, ein Haufen Exkremente (ungelogen wird oft darüber gesprochen), voller Desillusionen und Gewalt, eine so banale und kaputte Welt, dass sogar die Apokalypse davon betroffen wird und der Antichrist (übrigens nicht Harry Potter, wie man anfangs glauben möchte) nichts weiter ist als ein kleines, selbstmitleidiges Würstchen ohne eigenen Antrieb oder dem Verlangen aus seiner Situation zu entkommen.

Kurz gesagt, die Gegenwart ist Mist, früher war alles besser.

So liest sich der große Teil des Heftes, wenn da nicht hier und da kleine Hoffnungsschimmer aufblinken würden, die aber vielleicht auch nur nostalgische Verklärungen damaliger (in den Augen der Macher besserer) Werke sein könnten. Vielleicht sind es aber auch wütende Auflehnungen der Macher, gegen eine Welt, in der es weniger um den kreativen Akt geht, als darum aus dem Material gewaltige Franchises zu machen (wie man anhand der verweise auf James Bond sieht), sodass der fantastische Funke mit der Zeit irgendwann verloren geht?

Man weiß es nicht und für den Leser dürfte das wohl eher irrelevant, da er sich eine viel wichtigere Frage stellt: Ist der Abschluss der Trilogie ein guter Comic, das heißt erzählt er eine spannende Geschichte?

An manchen Stellen tut er das tatsächlich, vor allem emotional wird man einiges erleben, aber nach einem spannenden und sehr dichten Start, folgt die wie oben beschriebene Desillusionierung, der Fall ins banale, der auch noch beabsichtigt ist. Wenn man genau hinschaut, ist es tatsächlich eine gute Story die erzählt wird, aber der niederschmetternde Tonfall der Geschichte hält einen davon ab, in ihr zu versinken und mehr zu fühlen als Resignation und vielleicht auch Wut. Trotzdem ist die Geschichte bei weitem nicht schlecht und im Vergleich zum sehr triphaften "1969" eine deutliche Steigerung. Und so jämmerlich der Antichrist auch sein mag, man kommt dann doch nicht umhin laut darüber zu lachen, was Moore dieser Karrikatur eines bedrohlichen Charakters so alles in den Mund legt.

Auch die Zeichnungen von Kevin O'Neil sind wieder besser geworden, doch gibt es diesmal kein zeichnerisches Highlight, sieht man von dem wundervollen Cover einmal ab.

Am Ende ist "2009" genauso schwierig zu bewerten, wie sein Vorgänger "1969".

Es wird den Erwartungen (wohl mit voller Absicht!) nicht gerecht und auch als richtiges Ende der Franchise kann es nicht herhalten, vor allem da laut Moore schon weitere Ausflüge geplant sind. Man kann es wegen seines kritischen Blickes auf die Neuzeit lieben oder hassen, dafür verachten dass es nicht einmal versucht dem Ansatz von Epik gerecht zu werden und wohl nicht zu Unrecht denken, dass Alan Moore sich zu sehr in seinem Thema (die Geschichte der Fiktion und wie sie sich gewandelt hat) verhaspelt hat, aber man kann den Band irgendwie auch nicht "schlecht" nennen.

Es bleibt einen wohl nichts anderes übrig als auf sein Bauchgefühl zu sagen und das des Rezensenten sagt 4 Sterne, wenn auch nicht mit der Befriedigung eines glücklichen Konsumenten, sondern als jemand der den Ansatz zwar respektieren, die Ausführung aber nicht mögen kann.

4 von 5 Sternen
 

Zelon Engelherz

Wachritter des Helm
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Der letzte bisher existierende Teil der "League". Und hiernach ist es für's erste vorbei, mit der Liga-Rezensiererei

Nemo: Heart of Ice

1925.

Obwohl die Geschäfte gut laufen fühlt sich Piratenkönigin Janni, Tochter des berühmten Kapitän Nemos, nicht sonderlich erfüllt, vor allem da sie im Hintergrund weiterhin den großen Schatten ihres Vaters über sich geworfen fühlt. Um endlich mehr als nur die Tochter ihres Vaters zu sein durchsucht sie einige seiner Aufzeichnungen und stößt auf Hinweise auf eine abgebrochene Expedition ihres alten Herrn und beschließt spontan diese zu beenden und dort erfolgreich zu sein, wo er scheiterte.

Doch in der eisigen Kälte des Südpols lauern Gefahren, die keiner erahnen kann und außerdem sind der jungen Piraten weitere Feinde auf den Fersen, deren Fähigkeiten ebenfalls nicht zu unterschätzen sind.

Nach der in dem Wulst von Referenzen und im Metakommentar über den kaputten Zustand der modernen Fiktion jammernden "Century-Trilogie" haben wir es mit dem vorliegenden Band wieder mit einer klassischen Abenteuergeschichte in der Welt der Liga zu tun. Kevin O'Neills Zeichnungen sind gekonnt, die üblichen Referenzen vorhanden (diesmal haben Charles Foster Kane aus "Citizen Kane" und einige obskure, britische Science- Heroes ihren Auftritt), da bleiben nur noch die Fragen wie sich der vorliegende Band insgesamt macht und ob er an den Spaß und die Qualität der ersten beiden Bände herankommt.

Die Fragen lassen sich mit jeweils einem Wort in umgekehrter Reihenfolge beantworten: "Nein" und "Nett".

Es ist einfach ein "netter" Abenteuercomic mit schönen Referenzen an Lovecraft und eventuell einem angedeuteten Konflikt der Generationen, wie die Alten die Jungen beeinflussen und wie letztere die ihnen nun überlassene Welt formen und das alles liest sich einfach ganz "nett", ohne dass man großartig überanstrengt oder ein weiteres Mal von der schieren Genialität des langsam wohl auch älter werdenden Comicgurus Alan Moores überwältigt wird. Man öffnet den Band, liest ihn, nickt kurz und legt ihn wieder beiseite, ohne groß etwas dabei zu empfinden. Nichts anderes als bei einem durchschnittlichen (die Betonung liegt wirklich auf "durchschnittlich" und nicht "durchschnittlich gut") Comic also und mehr gibt es nicht mehr zu sagen. Man könnte sich jetzt durchaus darüber beschweren, dass Mister Moore scheinbar nicht in der Lage ist die hohen Ansprüche die er an die Fiktion von heute stellt selbst nicht halten kann ( und seit Beginn der Liga, wenn man ehrlich ist), aber das wäre verschwendete Zeit, die man in andere, viel erquicklichere Comics stecken könnte, was der Rezensent auch tun wird.

3 (von 5) Sterne(n) und hoffentlich findet Mister Moore auf seine alten Tagen doch nochmal zu alter Stärke zurück, wie er es Ende der 90er zu Beginn der Liga einmal getan hat.
 
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