Ein kleiner Nachtrag von mir, da ich mich inspiriert fühlte und den Post hoffentlich stehen lassen kann
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Gottesdiener
,,Oh Herr, großer Vater im Himmel, Vater des Sohnes, heiliger Geist, bitte erhöre deinen Diener, der in finsterster Nacht seine Worte an dich richtet.
Ich wollte mich für dein Geschenk bedanken, oh großer Herr im Himmel. Wie närrisch ich doch war, es zunächst für einen Fluch zu halten und jemals zu glauben, dass du mich verlassen haben könntest.
Dabei warst du immer bei mir, von Anfang an, nicht wahr?
Ah, wie gut erinnere ich mich doch daran, wie alles begann.
Der schwarze Tod, dein vom Himmel gesandter Diener, der die Menschen für ihre Sünden strafen sollte, fegte über die Länder und verschonte niemanden, waren sie in deinen Augen in ihrer Sündhaftigkeit doch alle gleich. Doch nicht nur die Sünder, auch die Frommen wurden von den schwarzen Beulen dahingerafft.
Die Menschen blickten zum Himmel und fragten mit erhobenen Händen laut „Warum?“, verstanden nicht, dass du sie prüfen wolltest, dass dies nur eine weitere Hürde auf den Weg zu wahrer Glückseligkeit in diesem düsteren Jammertal auf Erden war.
Sie verstanden nicht und vergingen daher mit Verzweiflung in ihren Herzen. Auch ich gehörte dazu, Herr, schreiend wie ein schwaches Weib, um deine Gnade flehend, die du mir nicht gewährtest.
Und warum solltest du auch, hattest du doch viel größeres mit deinem bescheidenen Diener im Sinn.
Wie eng es doch in jenem Massengrab war, in dem ich erwachte, umgeben von einem Meer aus totem Fleisch, aus dem ich langsam nach oben entstieg. Ich schlug nach rechts und nach links, schnappte verzweifelt nach Luft, schmeckte Erde und Würmer, zog, schob, schrie wie ein abgestochenes Schwein, bis meine Hände endlich den Weg zur Oberfläche freigemacht hatten.
Dort oben angekommen spie ich alle Erde zunächst aus und erlitt Schmerzen wie der Heiland selbst, als sich mein Körper seiner Verwandlung unterzog. Die überall auf meinem Körper verteilten schwarzen Beulen platzten alle gleichzeitig auf, der Eiter floss zäh an mir hinab und der Schmerz war unbegreiflich, während nur der Vollmond den finsteren Nachthimmel erhellte.
In tiefster Agonie, nur die Leiden des Heilands werden wohl größer gewesen sein, schrie ich auf, flehte dich an, es doch bitte endlich enden zu lassen, mich wieder in das finstere Reich der Vorhölle zurückzusenden. Doch auch ein weiteres Mal ließest du dich nicht zur Umkehr bewegen, Herr, denn dir zu dienen heißt zu leiden, um den wahren Wert deiner unendlichen Güte ermessen zu können.
So also geschah es, dass ich neu geformt, neu geboren wurde und bald schon schlossen sich die aufgeplatzten Wunden und wurden zu gewaltigen Narben, die ich heute mit Stolz, damals mit Schande trug. Die Anstrengungen meiner Verwandlung hatten mich sehr erschöpft und ich war zunächst noch orientierungslos. Dann erwachten meine natürlichen Instinkte und rieten mir ein Versteck für die restliche Nacht zu suchen. Noch zu geschwächt von dem Prozess der Verwandlung, tat ich wie mir befohlen, ohne groß nachzudenken und verbarg mich in einem dunklen Loch, unterhalb eines großen Steins. Dort fiel ich in einen traumlosen Schlaf, der gleiche, den ich seitdem habe und als die Nacht hereinbrach, begab ich mich zum ersten Mal auf die Jagd.
Wie ein Tier kroch ich auf allen Vieren am Boden, die Kordel meiner Mönchskutte durch den Dreck ziehend, erfüllt von einer Gier die mir noch so fremd war, jedoch mein ganzes Wesen ausfüllte.
Ich spürte weder Kälte noch Wärme, mein eigenes Fleisch war bar jeglichen Gefühls, mein eigener Herzschlag nichts weiter als eine dumpfe Erinnerung. Aber den Hunger, ja, wie ich schon sagte, der Hunger war allgegenwärtig und dominierte alle Teile meiner selbst.
Schließlich fand ich, ohne es zu diesem Zeitpunkt zu wissen, meine erste Beute: einen Hasen, der nervös die Ohren spitzte und angespannt in die Nacht hinein lauschte.
Ich ließ meine Instinkte mein Handeln führen, rannte einfach drauflos, den Mund weit aufgerissen, die Augen nur auf das Ziel gerichtet. Der Hase hoppelte davon, schlug Haken, war so schnell wie es ihm seine gewaltigen Beine erlaubten, doch am Ende war er mir, seinem Jäger, unterlegen.
Nie werde ich vergessen, wie köstlich sein Blut schmeckte, welch Euphorie sich meiner bei diesem ersten, glorreichen Mahle bemächtigte, wie erhaben es sich doch anfühlte, meine Zähnen in seinen Nacken zu bohren.
Es war, als wäre ich den Himmelsreich so nah wie noch nie.
Nie wieder sollte sich dieses Erlebnis wiederholen, obgleich der rote Nektar noch unzählige Male meine Kehle hinunterlaufen sollte.
Von da an schlich ich jede Nacht umher, war eine Bestie unter dummen Tieren und gab mich mit dem, was ich hatte, genügsam zufrieden. Niederer als die niederste Kreatur auf Erden verlebte ich mein Dasein, bis dein Wirken mich an meine eigentliche Aufgabe heranführte. In dieser Nacht fand ich kein Tier, weder Reh noch Hase, weder Wolf noch Fuchs und der Hunger verzehrte mich, trieb mich beinahe in den Wahnsinn. Dann erblickte ich von weitem ein kleines Licht, dem ich mich von Neugierde getrieben näherte. Es war ein kleines Lagerfeuer, an dem eine einsame Gestalt saß und sich die Hände wärmte. War es ein Krämer, ein Scharlatan, ein entflohener Sträfling oder ein Minnesänger in jener Nacht? Ich weiß es nicht mehr, wichtig ist nur, dass ich mich auf die Gestalt stürzte und ihr bis zum letzten Tropfen das Blut aussaugte. Wie sehr war ich doch von Schuld erfüllt, als ich gewahr wurde, dass durch meine Gier ein Menschenleben ausgelöscht worden war! Ich hatte eines deiner obersten Gebote gebrochen, die Schuld, die ich in meinem Innern fühlte, wog unermesslich auf meinen Schultern. Auf Knien die Hände zum Himmel erhoben flehte ich dich um Vergebung an, zum ersten Mal seit langem meiner wieder wirklich bewusst und wieder erhielt ich keine Antwort von dir, denn selbstverständlich hattest du es bereits vorausgesehen und akzeptiert. Von da an waren die Tiere nicht mehr in der Lage meinen Durst zu stillen, war das Blut des armen Menschen doch tausend Mal süßer, als das jeder Bestie und so trieb mich der düstere Hunger wieder in die Nähe der Städte.
Zwischen den dunklen Gassen und leeren Häuserruinen innerhalb der Stadtmauern fand ich meine neue Zuflucht, um erneut nach Einbruch der Nach wieder auf die Jagd zu gehen. Zunächst hielt ich mich von den guten Christenmenschen fern, hielt ich meine neue Existenz doch immer noch für einen Fluch. Stattdessen waren es die Ungläubigen, die Huren, die Gaukler und die Aussätzigen an denen ich mich labte, um zu überleben. Wie sehr ich mich doch dafür hasste. Wie groß doch meine Zweifel waren, welch große Schmerzen es mir doch bereitete, als eine Kreatur der Nacht, deinem strahlenden Lichte fern, umherzustreifen. Ich fragte mich, welche Sünden ich begangen haben musste, um von dir so gestraft zu werden. Hatte ich nicht das gesamte Vermögen meiner Familie hergegeben, um mich dem Dienst an dir zu verschreiben?
War ich nicht immer treu deinen Geboten gefolgt?
Erfüllten mich deine heiligen Worte nicht immer all auf meinen Wegen?
Und versuchte ich trotz meiner dunklen Neigungen nicht weiterhin daran, dir so gut zu dienen, wie es mir in meinem derzeitigen Zustand möglich war?
Ist es nicht wahr, dass du allmächtig und allwissend bist und nichts auf Erden und ohne dein Wirken geschieht?
Stimmt es nicht, dass alles, was du tust, einen Zweck zu erfüllen hat, um uns schwache Kreaturen des Fleisches wieder auf den rechten Pfad deiner transzendenten Herrlichkeit zurückzuführen?
All diese Gedanken erfüllten mein Wesen und schon bald kamen mir andere Gedanken, die etwas Licht ins Dunkel brachten. Und nach vielen dunklen Stunden des Nachdenkens, verstand ich endlich, oh Herr, endlich wurde mir gewahr, was du damit bezwecktest.
So wie meine Glaubensstärke und Willenskraft gefordert wurden, so sollte nun auch ich, als dein Engel der Finsternis, deine Prüfung an die anderen Sterblichen herantragen. An diejenigen, die stark im Glauben sind, die deren Tugend so groß ist, dass sie über alle Ländergrenzen hinweg gelobt werden. Denn wenn uns auch der Glaube Schwert und Schild zugleich sein mag, so gibt es doch immer wieder größere Hürden, die es zu überwinden gilt, um das ewige Seelenheil zu erfahren.
Oh Herr, wie erfreut ich doch darüber bin, dass du mich, den niedrigsten unter all deinen Dienern, dazu auserwählt hast, als der personifizierte schwarze Tod durch die Lande zu reisen, um Menschen von nah und fern zu prüfen! Wie glücklich es mich doch macht, das Werkzeug deiner väterlichen Strenge zu sein, wie schön es doch ist, dass du dir weiterhin um die Standhaftigkeit deiner Kinder Gedanken machst und nicht müde wirst, uns auf so mannigfaltige Art und Weise zu prüfen!
Ich werde dich nicht enttäuschen.
Noch heute werde ich meiner Pflicht nachkommen und ein Nonnenkloster in der Nähe aufsuchen. Die Frauen dort werden deine prüfende Berührung zu spüren bekommen und von da an wird es an ihnen liegen, auch weiterhin auf deinen Pfaden zu wandeln.
So unbescheiden es auch klingen mag, ich kann es kaum erwarten, als dein Werkzeug deinen Willen zu vollziehen, dein treuer Diener immerdar.
In deinen Namen, dem deines Sohnes und des großen Geistes der du bist.
Amen.