Ich fand's damals cool und die Bugs hielten sich meiner Meinung nach in Grenzen. Und mit dem inzwischen herausgekommenen Fanpatch ist das Game ja wohl durchaus eine Empfehlung wert (ich hab's hier im Forum selbst damals, ohne irgendwelche Patches, empfehlenswert gefunden).
G3 ist für mich ein Lehrstück, wie Meinungen entstehen. Im Vorhinein gab's 'nen Riesenhype, mit tausenderlei Vorberichten, Gejubel über die tolle Grafik usw. Bei ersten Tests, z.B. in der PC Games (das wird ihnen wohl ewig anhängen...
) gab es Höchstnoten jenseits der 90er Marke. Dann stellte sich heraus, daß bei vielen Leuten nicht nur die üblichen Schwierigkeiten auftauchten (Wildschwein-"Bug"), sondern noch ettliche andere, welche den redaktionellen Testern nicht aufgefallen waren. Und so mutierte der Ruf von G3 vom Super-Duper-RPG zum "bugverseuchtesten Game ever". Zwar stimmte es, daß manche Bugs überall vorkamen (z.B. die unfertige Feuerkelch-Quest), und mangelhafte Kollisionsabfragen immer mal wieder zu in der Erde versinkenden Speeren usw. führten. Aber die Feuerkelch-Quest und überhaupt die meisten verbuggten Quests waren nicht plotrelevant und fielen mir z.B. überhaupt erstmal nicht auf, während ich Stunden über Stunden in den Wäldern, Wüsten und Eislandschaften unterwegs war und mich an dem Spiel erfreute. Kurz: die "unvermeidlichen" Bugs empfand ich nicht als wirklich gravierend.
Über alles andere ließ sich dann freilich endlos streiten. Zu einfache Kämpfe? Zu schwere Kämpfe? Zu wenig sinnvolle Quests? Zu komplizierte Quests? Schwierigkeitsgrad zu hoch? Zu niedrig? Und so weiter und so fort.
Wenn ich allerdings auf Hirschjagd war und dabei unvorsichtigerweise einem Rudel Wölfe zu nahe kam und nun zusehen mußte, wie ich da heil wieder rauskam - dann hatte mich das Game längst so gepackt, daß mir dieses ganze Für-und-Wider nicht mehr sonderlich interessierte.
Vielleicht hätten mich die Schwächen damals mehr interessiert, wenn ich aufmerksamer die online-Diskussionen darüber verfolgt hätte. Will sagen: Vielleicht haben manche, die heute erst das Spiel sich zu Gemüte führen, vielleicht (trotz Fanpatch) gar nicht mehr die Chance, sich so davon fesseln zu lassen, wie ich es tat - weil die ganze Debatte darüber ihnen schon zu sehr im Hinterkopf herumspukt.
Mein Tip wäre: Zuschlagen, wenn man Gothic 1 und 2 nicht so wie Gala - dem ja eh nicht zu helfen ist in dieser Hinsicht
- gehaßt haben sollte. Mit dem Fanpatch handelt es sich nun auf jeden Fall um ein durchspielbares Produkt, welches extrem umfangreich ist und athmosphärisch (trotz der wenig schönen Menschendarstellungen
) ein ziemlicher Knaller. Als ich zum ersten Mal durch die nordischen Eisregionen schlich, mit dieser geilen Hintergrundmusik, und dann ging die Sonne auf und ich stand auf einem Felsen oberhalb einer Bisonhorde und schaute in die Ferne - puh, das war ein Feeling, so intensiv, wie ich's selten bei Computerspielen erlebt habe! Oder die Szene, wo ich - noch ein ziemlich schwächlicher Held in den Anfangsleveln - im Wald auf eine von mehreren Trollen bewohnte Höhle stoße und nun versuche, die Kerle, gegen die ich absolut keine Chance habe, von ihren Schatztruhen wegzulocken - schleichen, mit Pfeilschüssen reizen, im Bogen weglaufen, aufpassen, keinem anderen Ungetier dabei vor die Pranken zu geraten, die Trolle überholen, ran an die Truhe - und dann feststellen, daß die Viecher währenddessen zwischen mich und den Höhlenausgang geraten sind... Aber vielleicht gibt's ja einen Hintereingang? Uuuups - das geht da aber steil runter in die Dunkelheit...
*Rutsch, stolper, fall... Aufrappel, Heiltränke einwerf.* O- oh - wie komm ich jetzt hier raus? Und was raschelt da hinten so chitinartig? Minecrawler? Einer? Nein, mehrere. Noch mehrere... Wie war das noch mit dem Regen und der Traufe?
Wie ich aus der Situation heil herausgekommen bin - das war ein derart spannender Spieleabend, wie selten vorher erlebt. Da ging das Konzept der komplett frei begehbaren "open world" voll auf, auf das andere Leute so schimpften.
Also, falls Ihr das Spiel noch nicht angetestet habt: Gebt ihm eine Chance. Es wurde nach dem Bekanntwerden der vielen Bugs meiner Meinung nach ebenso gnadenlos runtergemacht, wie man es vorher schamlos gehypt hatte. Die wenigen Negativpunkte, die man ihm jetzt, nach dem Fanpatch, noch ankreiden kann, sind teilweise "Luxus"-Meckereien. Zum Beispiel die, daß man am Ende zu stark, quasi unbesiegbar wird. Ja gut - aber bis dahin hat man schon Dutzende spannende Spielstunden hinter sich! Und das Problem haben andere gute Games auch - ob man nun Oblivion, Morrowind oder Fallout3 nimmt, um mal strukturell ähnliche RPGs zu nennen. Ja, die Hauptquest ist nicht wirklich spannend, bzw. wird sie über die Länge hin etwas öde, weil man in jeder Stadt nach einem ähnlichen Schema vorgehen muß. Aber wenn man jede Stadt für sich spielt, sind da dann diverse unterhaltsame "Unter-Quests" enthalten. Es kommt eben immer darauf an, worauf man sich konzentriert: Auf den Hauptquest-Zusammenhang? Oder auf das Hier und Jetzt?
Mir hat das Spiel viele schöne Spielstunden - ja Spieltage! - beschert. Und ich fände es schade, wenn nun mancher, durch all die Negativkritiken beeinflußt, darum gebracht würde, den gleichen Spaß daran zu finden. Lästern und Polemisieren mag ja an sich schon eine unterhaltsame Sache sein. Mach ich ja häufig auch ganz gerne...
Aber man sollte zwischendurch auch mal überlegen, ob man nicht anderen Leuten damit einen Spaß verdirbt.
Insofern schließe ich mich Vitez an:
Gothic3 war und ist Klasse. Und die Bugs sind ja inzwischen ausgemerzt.