Nun, ich kremple das ganze jetzt mal von außen nach innen - will heißen: Ich fange mit den „materiellen“ Dingen wie Grafik und Sound an, bevor einen Ausflug in die weite, weite Welt des Spielinhaltes mache.
Warum ist in diesen Hallen eigentliche eine lupenreine 3D-Engine so verpönt? 2D mag unter Umständen viel hübscher, runder und saftiger ausschauen, aber mit 3D läßt sich letztendlich mehr anfangen. Der Pluspunkt ist nämlich der, daß sich bei einer Voxel- oder Polygon-Engine alle Objekte manipulieren lassen. Ihre Form kann verändert werden, ihre Texturen, ihre Positionen - ja, beinahe alle Requisiten lassen sich während des Spiels variieren und ummünzen. Versucht das mal mit ‘ner vorgerenderten 2D-Engine - Viel Spaß noch!
Und wer jetzt sagt, 3D sei generell häßlich - so rein aus Prinzip -, der hat noch nie ein Auge auf Gothic geworfen. Das ist nämlich das Werk von Grafikern die auch wirklich ein begabtes Händchen für ihren Job haben - „Mein lieber Scholli“ sag ich da nur! Herrliche Landschaften, wie sie im Bilderbuche stehen - gepaart mit höchst detaillierten Objekttexturen und opulenten Lichteffekten - ja, das ist Speis und Trank für mein Auge. Ja, und Neverwinter Nights scheint auch ein grafischer Leckerbissen zu werden... schaut jedenfalls schon ganz schön schmackhaft aus.
Oder wir schlagen eben einen Mittelweg ein, so wie Pool of Radiance 2 es tut. Also: Umgebung in 2D - Objekte und Spielfigürchen in 3D. So lassen sich vorgerenderte Prachtbilder gleichzeitig mit höchstmöglicher grafischer Objektinteraktion bewundern.
So, Tagesordnungspunkt 2, meine Herren: Die Musik. Hier gebe ich meine Stimme für das Motto „back to the roots“. Nu‘ ja, die pompösen Töne in BG2 sind teilweise so bombastisch, daß ich am liebsten in Ehrfurcht erzittern möchte. Aber sie können sich IHMO niemals mit denen aus BG Uno messen. Hach, das waren noch Zeiten... Ich erinnere mich immer wieder gerne an die sanften Streichklänge bei einem Nachtspaziergang im Wald oder wie die rauhen Posaunentöne inmitten eines heftigen Scharmützels ertönten - für meinereins der Höhepunkt von Michael Hoenigs Komponistenkarriere. Heute? Ts, alle wollen’s immer nur bombastisch, protzig, stets die Lieder mit möglichst viel Pipapo vollstopfen *grummel* - die Hintergrundmusik in BG1 war vergleichsweise schlicht und dezent - und ich habe die wohlklingenden Melodien immer noch im Kopf.
Das war’s mit Gesellschaftskritik
; ein Punkt vielleicht noch, an dem alles so bleiben soll wie es ist: Die komplette BG-Reihe steht bei mir hinsichtlich der außergewöhnlichen, Gänsehaut erzeugenden Dungeon-Sounds immer noch hoch in der Gunst - und das soll gefälligst auch so bleiben!
Nun zum Spielprinzip ein paar Worte.
Vorweg noch: Achtung! Hier postet jetzt ein Idealist! Wer mit imaginären Utopien nichts am Hut haben will, der solle lieber die Flucht ergreifen.
In einem Aspekt hat mich bisher noch keines der BG-Spiele inkl. Add-On beglückt: In der Auswahl der Interaktionsmöglichkeiten. Schau‘nmer mal, was ich denn mit Personen und Objekten so alles machen kann: Reden, Angreifen, Aufnehmen und wenn die Entwickler mal ‚n guten Tach haben: Benutzen.
Huch, ein wahrlich breit gefächertes Repertoire!
Dies ist übrigens kein Einzelfall - auch in vielen anderen RPGs habe ich herzlich wenig Interaktionsfreiheit.
Ich persönlich sehe die Zukunft der Rollenspiele nicht in der x-ten Grafik- und Multiplayer-Verbesserung, sondern darin, daß wir mehr und mehr Handlungsfreiheit beschert kriegen. Deus Ex, war schon ein Schritt in die Richtung - mit Pool of Radiance 2 und Morrowind kommen jedoch 2 Titel auf uns zu, die aus dem Blickwinkel der Interaktion das bisherige übertreffen wollen. Wieso soll sich Baldur’s Gate 3 kein Scheibchen davon abschneiden?
Wenn ich vor einem Tisch stehe, will ich nämlich nicht nur die Goldmünzen, die auf ihm liegen, nehmen können. Wie wär’s damit, daß ich auf dem Tisch steigen kann um einen Bonus auf den ETW0 zu kriegen? Oder daß ich ihn vor eine Tür schieben kann, um sie zu barrikadieren? Oder daß ich mich unter ihm verkriechen kann - beispielsweise um mich als Dieb zu verstecken? Oder daß ich ihn schlicht abfackeln oder zertrümmern kann, auch wenn es keinen Sinn ergibt?
Selbst wenn niemals die Komplexität eines waschechten Pen&Paper-RPGs erreicht werden kann - daß ich eine meiner Lieblingsstrategien im P&P, nämlich mich im Baum zu verstecken und es Pfeile auf den Gegner hageln zu lassen, durchführen kann, ist doch wohl das mindeste, oder?
Naja, summa summarum kann mal wohl sagen: Je mehr Interaktionen ich habe, desto glaubwürdiger wird die Spielwelt. Einleuchtend, woll?
BG3 könnte IHMO auch noch um einiges realistischer werden. Haalt! Bevor jetzt hier allgemeines Genörgel ausbricht, möchte ich doch ein kleines Mißverständnis aus dem Weg räumen. Ich meine keinen exzessiven Hyperrealismus mitsamt dem dazugehörigen fitzeligen Detail-Hickhack, schließlich spielt das ganze ja in einem Fantasy-Szenario.
Aber einige Dinge sind mir dennoch in BG1&2 etwas weltfremd. Wenn ich z.B. einen Feuerball einem Dieb mitten in sein Gesicht schleudern, dann würde er <b>der Realität gemäß</b> eigentlich als lebende Fackel zählen oder gar sofort den Löffel abgeben. Aber: Vorausgesetzt, er hat genügend Hitpoints, um die Attacke zu überleben, und wird Ziel dieser - dann kämpft er putzmunter weiter. Nix da mit geröstet werden, also. *völlig verwundert aus der Wäsche blick*
Ähm... da kriegt der Feuerball á la AD&D aber eine ganz schön dicke Extrawurst abgeschnitten, mit so einem Ding kann man nebenbei auch nicht mal ‚nen zünftigen Waldbrand von der Stange brechen.
Ein anderer Punkt noch, an dem es mit dem Realismus hapert: Man stelle sich vor, man sei in der Rolle eines Diebes, habe sich gerade an einen Magier angeschlichen, hebt sein Kurzschwert, um zum Stoß auszuholen und... na ja, wenn man jetzt trifft, was - ehm - ziemlich wahrscheinlich sein dürfte (und zwar nach den Maßstäben unserer Welt und nicht denen von AD&D), dann würde so ein Stich schon den Rücken des Gegners durchlöchern.
Nicht aber in BG. Dafür muß man erst mal den verursachten Schaden mal was weiß ich nehmen und dann sehen wir mal, ob’s den Gegner dahinrafft. Selbst wenn kein anderer im Raum ist, der Gegner schwerhörig und die Lichtverhältnisse auf Dunkelkammer-Niveau sind - solange er genügend Hitpoints hat, kann er einfach nicht sterben! Aus Prinzip nich!
Und wenn man ihm das Kurzschwert mitten ins Herz rammt, wie es wohl jeder vernünftige Meuchelmörder tun würde? Nun, dann muß er wohl ein Herz mit Titan-Ummantelung haben... oder so.
Auch hier gilt für meinereins die Devise: Solange man’s nicht übertreibt, steigert Realismus das Gefühl, sich in einer echten Welt zu befinden.
Ach, so ganz nebenbei könnte man eigentlich noch einen <b>optionalen</b> Rundenmodus einfügen. Bei den etwas simpleren Gefechten in BG Uno kam ich mit dem jetzigen Kampfsystem noch zu Genüge aus. Aber wo die Sache dann mit BG Zwo etwas mehr an Komplexität gewann, schrie ich doch regelrecht nach einem echten Rundensystem, weil es für mich eine intensive Fummelei darstellte, in einem Echtzeitsystem die Charaktere auch so zu lotsen und manövrieren, wie ich es haben wollte. Ja natürlich, man kann sich die Blutbäder auch mit der „Auto-Pause“-Funktion versüßen, aber für einen echten Runden-Freak wie mich ist das nie und nimmer eine Alternative.
Ein weiterer Punkt ist auch noch zu nennen. Ich will - welch ein Wunder - auch wieder mehr idyllische Wälder, zerklüftete Felslandschaften und saftige Wiesen durchstreifen können, also „mehr Gebiete“ sozusagen. Aber darauf seid ihr schon zu Genüge eingegangen, deshalb bin ich mit meinem Latein jetzt am Ende.
Ach ja, ansonsten kann ich nur noch sagen: Liebe Jungs (und Mädels) von Bioware, laßt ansonsten das meiste wie gehabt - vielleicht noch ein wenig mehr Rätsel und Dialoge und weniger Hack&Slay, aber bis auf genanntes verzichte ich lieber auf größere Umwälzungen.