Dargh: Ich liebe deine ätzenden Beiträge, auch wenn du es dir natürlich zu einfach machst. In einem sind wir uns einig: dumme Menschen sind schwer erträglich. Dummheit ist als Menschheitsproblem immer noch unterbewertet, ob wohl von vielen klugen Leuten schon mehrfach benannt.
Es ist nicht das Problem dass ein paar fitte Jungs auf ein rundes Kunststoffobjekt eintreten um es in ein Geviert aus (erstmals elektronisch überwachter) Torlinie und drei Aluminiumröhren zu befördern - oder im Falle des italienischen
Catenaccio - ebendieses zu verhindern.
Im Gegenteil: solch kultivierte und zivilisiert Form der Circenses ist verglichen mit dem römischen Gemetzel oder auch heute noch öffentlich praktizierter Tierstechereien oder Kollektivraufereien ein riesiger Fortschritt.
Dass die Dummheit der Menschen aus solchen Spielen immer etwas zu ernstes macht, aus der schönsten Nebensache der Welt eine Hauptsache wird, ist leider unvermeidbar. Die Frage ist, wie sehr es "von oben" gepushed wird, um - wie Gala behauptete - soziale Ungerechtigkeiten oder andere Scheußlichkeiten verordnen zu können, ohne, dass ein Risiko eines Aufstandes besteht.
Das ist die gute alte Marxismus-Leninismus Denke, die ich schon aus den 80ern zur Genüge inhaliert habe. Der eigentliche Normalzustand eines kapitalistischen Systems sei die Verelendung der Massen, die Entwicklung des Klassenbewusstseins und dann die ersehnte Revolution durch die Arbeiterklasse.
Erfahrungsgemäß funktioniert das nicht. Die einzigen Revolutionen die funktioniert haben, waren in beinahe vorindustriellen Feudalstrukturen zu beobachten, in der industrialisierten Welt blieben sie aus. Das muss nachdenklich machen, womit wir wieder beim Thema Dummheit wären.
Denn statt die Theorie einer wirklich ernsthaften Prüfung zu unterziehen und den Fehler zu finden, behilft sich der weniger flexible Geist mit Verschwörungstheorien. Da gibt es zwischen Islamfundamentalisten und Betonsozialisten keinen sachlichen Unterschied.
Die bösen Medien, die durch das Kapital gelenkten Regierungen, die durch das neue Volksopium Sport narkotisierten Massen verhindern den natürlichen Prozess der Bewusstseinsbildung. Den faktisch Ausgebeuteten fehlt die Einsicht in ihre reale Klassenlage.
Deshalb braucht es die Avantgarde! Diejenigen, die hinter die Kulissen schauen, die nicht nur ihre eigene, sondern auch die reale Klassenlage ihrer Mitbürger richtig (nicht im Sinne von wirklich richtig, sondern natürlich theorie-, mithin ideologiekonform) einschätzen können.
Diese Avantgarde weiß es besser (manchmal leidet sie darunter, dass man sie als Besserwisser stempelt, aber keine Sorge, ihre Zeit kommt noch!). Sie taumelt nicht bierselig zum Public Viewing, sie trifft sich in Teestuben und Debattierclubs, in Blogs und Foren. Sie wissen um ihre Bürde: Sie dürfen keinen Spaß haben mit allen anderen. Denn Spaß ist der Feind des Bewusstseins, ihres kostbarsten Schatzes (my precious!).
Diese Bürde bedeutet, notfalls auch gegen die betäubten und verdummten Massen an, sich für genau deren Rechte einzusetzen. Sie wollen Merkel, Fußball und Papst Franziskus - und merken nicht, dass die betrogen werden. Dass die Revolution notfalls kommen muss auch gegen zumindest einen Teil der Massen, für die man sie eigentlich veranstaltet, ist nur ein Zeichen dafür, wie perfekt und perfide die Mechanismen funktionieren, mit denen das Finanzkapital die gesellschaftliche Bewusstseinsbildung verhindert.
Es ist also nicht Schuld der Sozialisten, dass diese Revolution auch über Leichen von Arbeitern und Bauern geht, es ist nicht Schuld der Kommunisten, dass es im Kampf gegen Konterrevolution und Rowdytum ein paar Gulags geben muss, und dass man zur Vermeidung westlicher Verblödung strikte Medienzensur betreiben muss. Es ist alles für das Gute und Gerechte. Es ist für das Volk, für die Massen, für die Arbeiterklasse.
Die Fifa ist schuld. Jetzt wissen wir's.
ZORA